Kategorie-Archiv: Mein intimes Tagebuch – Aus dem Leben eines Künstlers

19.03.2017 – Test

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Ich sitze gerade bei einem Glas Wein am Meer und habe nichts besseres zu tun, als zu testen, ob ich diesen Blog auch mit meinem smartphone pflegen kann. Klappt offensichtlich und ganz so von der Sonne hirnverbrannt ist der Testlauf nicht. Wenn wir erst mit dem Urinal von duchamps zu Fuß zur documenta pilgern, muss das sitzen. Ich schlepp doch nicht zusätzlich ein Netbook da mit!
Aber musste der Testlauf ausgerechnet am letzten Urlaubstag sein. …
Doch zuviel Sonne
Und ab morgen wieder Regen und Stress. Seufz. Hoffentlich hab ich im Lotto gewonnen.
Andererseits : würde ich mit 500.000 Ocken Gewinn irgendwas anderes machen? Das wäre die Attitüde des Spießers. Das denn doch nicht. Jetzt noch Blog speichern und dannen noch einen Wein. 20170318_131008

05.04.2015 – Eiersuche. Osterhäschen war großzügig, zwei Körbchen, Größe C.

Besseres Intro, als wenn ich geschrieben hätte: Adorno war Popmusik gegenüber kritisch eingestellt. Sie sind jetzt mitten im Text, grübeln, ob ich das ernst gemeint habe, währenddessen nehme ich Sie mit in die Welt der Kunst. Ich weiß nicht, was Kunst ist (Lüge! Weiß ich doch, hab genug Vernissagereden gehalten, ich muss es also wissen.). Ich weiß aber (Richtig! Ich weiß ziemlich viel.), was Kunst zu leisten hat, wenn sie auf der Höhe einer Zeit sein will, die unsere Welt aus allen Fugen gehen lässt. Diese Kunst muss radikal sein, parteiisch, sie darf nicht in Museen, Galerien und Ateliers verfaulen und unter dem vor Langeweile stinkenden Atem eines Spießermobs zu reiner Dekoration verkommen. Sie muss dahin gehen, wo es schmutzig ist, sie muss sich einmischen, flüchtig sein, kurz Besitz ergreifen von unseren Gedanken und Gefühlsströmen, und dann wieder weg, untertauchen, mäandern, um irgendwann, irgendwo unter besseren Bedingungen wieder zuzuschlagen, wie ein Leberhaken, kurz trocken, mit maximaler Wirkung.
kunst
Gesehen in Hannover-Linden, Grotestr., März 2015, zum Thema Gentrifizierung in diesem Stadtteil (war am nächsten Tag weg). Präziser Strich, ideale Dialektik von Form und Inhalt, Ironie, das ist zeitgenössische Kunst at its best. Ich weiß, dass die Bitte vergebens, naiv ist, aber ich bitte die Produzentin dieses Werkes, sich bei mir zu melden. Ich hab einen Auftrag für Sie, für echtes Geld, im Rahmen einer spannenden Kunstintervention, bei der sogar die zweite Kunstwährung lockt: öffentliche Aufmerksamkeit. Denn das erst unterscheidet den Künstler vom therapeutisch vor sich hinpinselnden Volkshochschulmaler (nix gegen Therrapien und VHS): Geld und Öffentlichkeit. Alle Kunst will Ware werden, sonst ist sie keine. Klingt für alle Gutmenschen wohl gruselig, ist aber, wenn man/frau erst mal den Analyseapparat angeworfen hat, eine zwingende Erkenntnis.

22.03.2015 – Wie ich neulich der Caritas den Jesus am Kreuz machte und es trotzdem ein toller Erfolg wurde.

der Jesus von der Caritas
Momentaufnahme bei Caritas-Auftritt (kulturelles Rahmenprogramm bei einem Festakt). Das ist eine Warmin-Up Nummer, das Publikum rät bei einem Pantomime Quiz Werke der Weltliteratur (in dem Fall ganz offensichtlich: Die Bibel). Für richtige, gute, falsche und komplett dämliche Antworten – also für jede – gibt es Preise, dazu muss ich natürlich immer ins Publikum, kann ein Schwätzchen halten („Was machen Sie denn hier? Wollen Sie Zuhause Heizung sparen?“) und schwupps, schon ist die erste Hälfte des Abends rum. Grandios wird es immer dann, wenn Bildungsagnostiker auf die eingangs gestellte Frage antworten: Titanic. In Erinnerung wohl an das Plakatbild, wo die Hauptdarstellerin ähnlich an der Reling abhängt. Titanic als Werk der Weltliteratur, was für ein Untergang.
Mein Caritas Publikum erwies aber als Bibelfest, es hagelte richtige Antworten und der Auftritt war überhaupt ein grandioser Erfolg. Aus zwei Gründen: er fand in meiner alten Heimat, dem Eichsfeld statt, in Duderstadt, einem zauberhaften alten Ort mit Fachwerkhäusern. Und ich war in maximal kurzer Zeit maximal auf dem Punkt. Ich hatte 10 Minuten vor Auftritt-Beginn erfahren, dass ich aus Zeitgründen statt der geplanten 20 Minuten nur 5 (in Worten: fünf!) Minuten Zeit hätte. Wer das überlebt, mit Beifall und Gelächter, wie in meinem Fall, der versteht was von seinem Handwerk.
Wenn ich bloß mehr Zeit hätte für dieses Metier. Aber man will ja nebenbei auch noch leben. Und die Gartenarbeit ruft. 45 Quadratmeter wollen bespielt werden – plus 2 Quadratmeter Teich.
So komm ich nie groß raus …

Mein intimes Tagebuch Teil 1

Mein intimes Tagebuch – Aus dem Leben eines Künstlers

Motto:
Theodor Wiesengrund Adorno:
„Aufgabe von Kunst ist es heute, Chaos in die Ordnung zu bringen.“
Donald Duck:
„Kreisch, Jaul, Jammer, Zeter!“

10.03.2015 – Ich kaufe kein Gänseschmalz mehr. Der Winter ist also vorbei, das ist mein persönliches Eichinstrument, wenn mein Appetit darauf weg ist. Von einem Tag auf den anderen. Mitunter ist es interessanter, in seinen Körper reinzulauschen als auf den Kalender zu gucken. Gibt es eigentlich Schafschmalz?

Schafe, vor dem Atelier des Kollegen Sievers. Wir planen unter anderem die Herausgabe der NETZ, Niedersächsische Einheits-Zeitung, zum Tag der Niedersachsen im Juni. Als Nachfolgerin der HEZ, Hannöverschen Einheits-Zeitung. Der NETZ Inhalt steht fest, aber die Diskussion darüber, wie man den am besten mit Bildern an den Mann/die Frau bringt, schwappt immer mal wieder hoch. Jeder, der auch nur mal ein Flugi gemacht hat, kennt das. Mit Bleiwüsten und Argumenten allein kann man heute nur Fisch auf dem Markt einwickeln und das ist wahrscheinlich auch EU-seitig verboten. Kinder und Tiere gehen eigentlich immer. Aber Bilder mit Kindern (zu Kinderarmut) in eine Zeitung wie die NETZ? Da diskutiert man heute völlig anders als früher drüber. Bleiben Tiere. Niedlich sind die Beiden auf dem Bild oben ja schon und an schwarz und weiß kann man auch sogar echt inhaltlich was aufhängen. Hm. Was meinen Sie, liebe Leserinnen?

09.03.2015 – Wer keine Träume und Utopien mehr hat, befindet sich im prämortalen Dämmern. Ich hab noch welche und neulich fiel mir ein, was ich mir diesbezügl. da früher so zusammenphantasiert hatte. Ich wollte große Hallen bespielen, die Plätze der Republik begeistern, sogar Rathäuser erobern. Was ist daraus geworden?

Neulich war ich im Kongresszentrum Bremen, bei der ver.di Landesbezirkskonferenz.

Drei Tage vorher im Rathaus von Duderstadt bei einer Caritas Fachveranstaltung. Jeweils als kulturelles Rahmenprogramm. Mit der Mauer und/oder als Kunst-Hausierer. Das Ganze war auf jeden Fall aufklärerisch, es war sinnvoll, ich war nicht schlecht bis manchmal richtig gut, mitunter gab’s sogar Begeisterung, auch Folgeaufträge. Ich könnte also zufrieden sein, auch, weil es vermutlich mehr ist, als 95% des Kulturarbeiterrestes erreicht. Das Wesen der Utopie ist es aber, dass der Durst nach ihr im Arbeiten daran nie gestillt wird. Insofern ähnelt die Utopie dem Glücksspiel und dem Rauchen, jeder Akt dabei als solcher ist nur ein noch größeres Versprechen nach mehr.
Hat man also, wenn man sich auf die Utopie – und den Traum – einlässt, die Arschkarte gezogen? Ich glaube, nein. Siehe oben. Und wenn ich ehrlich bin, war ich auch immer ziemlich geerdet bei aller Utopiererei: Den Traum, eine Kongresshalle ganz alleine zu bespielen, so wie Mario Barth z. B., also den hatte ich nie.

05.03.2015 – Shitstorm over me. Der 1. April steht wieder vor der Tür. Kann, soll, darf man überhaupt als Satirker zu so einem abgestandenen Scherztermin eine Intervention machen? Vor Jahren haben wir mal was gemacht, das Konsequenzen hatte:

Wochenblatt 01.04.2009. Daraufhin brach ein Shitstorm im Internet über mich herein, weil zahlreiche Zeitgenossen im maroden Ihmezentrum die Witzothek gesucht hatten und sich – horribile dictu – verhohnepipelt (welch zauberhaftes Wort!) fühlten. Ich aber sah ein Geschäftsmodell am Horizont und gründete den ersten Witzeverleih der Welt, ein Unternehmen, dass mich über manchen misslungenen Auftritt hinweg rettete. Ob ich heuer mal was explizit politisches zum 1. April wage? Sie erfahren es live, exclusiv und vorab in diesem Blog, bleiben Sie drin, liebe Leserinnen!

03.03.2015 – Das Herz schlägt links, das Portemonnaie sitzt rechts. Achten Sie aber drauf, liebe Leserinnen, Ihr Portfolio umweltfreundlich und politisch korrekt auszugestalten.
Mein Tipp der Woche, mit dem Sie kursmäßig a la longue durch die Decke gehen werden, ist die Deutsche Cannabis AG, siehe hier. Viel Rauch um nichts? Von wegen. Heute morgen war meine Marmelade zu dünnflüssig. So was macht mich rasend. Eine Marmelade muss Fruchtstücke haben und darf nicht verlaufen. Da kann ich mir ja gleich Honig ums Maul schmieren, verdammt noch mal! Das heutige Bild im Blog können Sie sich selber malen. Sie können ja auch mal aktiv werden, nicht immer nur passiv meine geistreichen Ergüsse genießen. Schütten Sie zum Beispiel einfach mal Ihre Marmelade auf den Küchentisch und malen mit Ihrem Mittelfinger ein Peace Zeichen rein. Oder lassen Sie Ihre Phantasie spielen. Bilder und so. Ich wünsche Ihnen einen versauten Resttag …;-)

02.03.2015 – Der vorletzte Tango.

Ein junges Pärchen tanzt auf einer Brücke Tango. Die Sonne schien, der Himmel war in ein vielversprechendes milchiges Blau getunkt, die Luft getränkt vom Frühlingsahnen, selbst notorisch mürrisch dreinblickende Spaziergänger schienen einen Hauch von Heiterkeit hinter das Ohr getupft zu haben. Nur ich war mal wieder sowas von Scheisse drauf. Das kann ja ein toller Frühling werden, dachte ich mürrisch, und warf einer Forsythie einen hasserfüllten Blick zu.

26.02.2015 – Fragen eines arbeitenden Lesers (Brecht revisited).
Bis zu welchem Alter kann man noch Hoodies tragen?
Wann habe ich das letzte Mal ein Telephonbuch aus Papier in der Hand gehabt und Telefon mit „ph“ geschrieben?
Ab welcher Qualität kann man einen Sekt auch alleine trinken oder ist es grundsätzlich deprimierend, Sekt alleine zu trinken?
Muss man auch viere mal gerade sein lassen?

Werden die Meisen dieses Jahr mein Vogelhäuschen annehmen?
Werden Künstler dieses Jahr einen bunten Block bei der Maidemonstration bilden und gegen prekäre Arbeitsverhältnisse demonstrieren?
Bringen die Bauern jetzt schon Gülle aus oder ist was mit den Abwasserleitungen in unserem Haus nicht in Ordnung?
Sozialismus oder Barbarei oder was?
Verändert sich der Blickwinkel auf die eigene Existenz beim Schreiben eines Internetblogs?
Warum ist Dummheit kein Straftatbestand?
Warum muss das Prinzip Aufklärung als Verknüpfung von Ratio, Argument und Logik notwendigerweise scheitern und was ist die Alternative?
Es ist jetzt 8.29 Uhr, der erste Termin droht, ich habe noch nichts dafür vorbereitet – müsste ich nicht langsam anfangen zu arbeiten und aufhören zu denken?

25.02.2015 – 1500 Schritte hinter dem Ende der Welt.
„Kunst am Kiosk“, „Armut? Das ist doch keine Kunst!“, „Der Witze-Verleih“ alles erfolgreiche Kunstprojekte, bei denen beteiligte Künstler sogar Honorare kriegen. Was auf dem Kunstmarkt ungefähr so häufig passiert wie eine Sonnenfinsternis. Hinter einem erfolgreichen Kunstprojekt verbergen sich zahlreiche Fehlversuche, Missgriffe, Frustrationen. Ein gescheitertes Projekt von mir waren serielle Fotografien von Bahnhöfen. Damit wollte ich Strukturen sichtbar machen. Aber nicht rein mechanisch-ästhetische, sondern durchaus auch mit einem kritischen Impuls: fortschreitende Dekonstruktion und Delegitimierung öffentlicher Bauten. Bahnhöfe als Orte von Kommunikation und Mobilität verkommen zusehends zu trostlosen Funktionsbutzen auf der einen Seite oder ausgrenzenden Konsumtempeln auf der anderen. Absolut nix neues auf dem Fotografiesektor, meine Vorbilder sind hier die Bechers.

Speiseraum LPG Fortschritt Brehna. Nach einem Auftritt in Brehna auf dem Gebiet der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone SBZ habe ich das Projekt eingestellt. Ich hatte zusehends Depressionen gekriegt, wenn ich in öden verfallenden Bahnhöfen in menschenleeren Regionen an verregneten Vormittagen ankam, und dieses Elend sich durch den Blick mit der Kamera blitzartig in einem Moment fokussierte, verstärkte, ins Unerträgliche auswuchs. In Brehna wollte ich mir ein Taxi vom Bahnhof zum Auftrittsort nehmen, einem Tagungshotel außerhalb, direkt an einem Autobahnzubringer. Dieses Unterfangen war ungefähr so naiv wie mit einem Segelflugzeug eine Mondlandung zu versuchen. Der Bahnhof in Brehna war derartig von nirwanahafter Ödnis, von Niedergang, Verfall und Ende aller Zivilisation geprägt, 1.500 Schritte noch hinter dem Ende der Welt, dessen Name Brehna lautet, dass ich umgehend einen Weinkrampf kriegte. Was eindeutig dem Diktum „Echte Männer tanzen nicht, echte Männer weinen nicht“ widerspricht.

Drogerie Brehna. Ich habe danach nie wieder einen Bahnhof fotografiert. Wie der Auftritt war, weiß ich nicht mehr. Am nächsten Morgen habe ich vor Zugabfahrt noch einen Spaziergang durch Brehna gemacht, was ich, wenn irgend möglich, immer mache, auch wenn ich jobmässig unterwegs bin.Dabei habe ich ein ganz seltenes und anrührendes Bild gesehen.

Ein al fresco Bild, in den Wandputz geritztes Motiv. Modernes al fresco Genre kennt jeder: Graffiti. Sie stehen in dieser kunstgeschichtlichen Tradition. Das aber, was ich Brehna sah, war so selten, so anrührend und aus der Welt gefallen, dass ich fast wieder … siehe oben.

24.02.2015 – Man nennt mich „Blutgrätsche“. Wenn man die Suchbegriffe „SCHUPPEN 68 und Kiosk“ zusammen googlet, erhält man 25.400 Ergebnisse. Auch irrelevante, aber viele, mit Bildern, die eines belegen: Der SCHUPPEN 68 hat zur Kultur- und Stadtgeschichte des Kiosk ein konsistentes Kunstprojekt in die Praxis umgesetzt. Dazu existiert ein umfangreiches, weiterführendes Konzept, auf dessen Basis wir unter anderem mit dem hiesigen Staatstheater über eine Kooperation verhandelt haben. Da ist aus verschiedenen Gründen bisher nichts draus geworden. Aber wir arbeiten dran, unter anderem im Rahmen des Projektes „Armut? Das ist doch keine Kunst!“. Das Thema „Kiosk“ ist permanent in der öffentlichen Diskussion, an ihm lässt sich wunderbar der Strukturwandel von Öffentlichkeit und Stadtgeschichte ablesen und verarbeiten, siehe aktuell hier . Wir haben uns für den künstlerischen Interventionsweg entschieden.

Die Presse berichtete darüber.
Sollte irgendjemand ein Kunstprojekt zu „Kiosk“ in die Praxis umsetzen, dass auch nur entfernt nach Urheberechtsverletzung riecht, zerre ich den oder die vor den Kadi (eine weibliche Form davon gibt es nicht. Im Islam können nur Männer ein solches Amt einnehmen, nach Sure 4:34 „Die Männer stehen über den Frauen, weil Gott sie ausgezeichnet hat“. Den passenden musikalischen Kommentar dazu gibt es hier) . Wer die Kadi Drohung für eine leere hält, kann sich bei dem Gesichtsauerkrautträger & Riesenökonomen Prof. Hans Werner Sinn erkundigen, der mit mir ein Tänzchen vor dem hiesigen Amtsgericht wagen wollte und dabei so schwindelig getanzt wurde, dass er fürderhin den Untergang des Abendlandes resp. Euro noch griesgrämiger herbei delirierte als ohnehin. Seitdem nennt man mich in Sinnkreisen ehrfürchtig die „Amtsgerichtblutgrätsche“. Ich halte den Rechtsstaat für einen der letzten zivilisatorischen Dämme, ohne wenn & aber. Dazu gehört auch das Urheberrecht. Testen Sie’s lieber nicht aus, könnte teuer werden.

21.02.2015 – Wollen Sie Fleisch essen, das Suppenkonsistenz hat? Gestern Kino, Birdman, Oscarverdächtig, wird als Komödie oder Satire beworben. Der Film ist weder eine Komödie, dafür ist er bei weitem nicht unterhaltsam, geschweige denn komisch genug, noch ist er eine Satire, dafür ist er bei weitem nicht bissig genug. Der Film ist ein ziemlich öder Stremel, nach Art des Hauses Kammerspiel, wo sich – zugegeben gute – Schauspieler in Großaufnahme oder Halbtotale über mehr als zwei Drittel des Filmes Dialoge um die Ohren deklamieren. Das Ganze dreht sich selbstreferentiell um die Schwierigkeiten von Kunstproduktion, mit ein paar Schnittkunstgriffen, genau der langweilige Mist, der bei Kritikern und Intellektuellen gut ankommt, gerade in Hollywood. Deshalb wird er heute nacht auch Oscars gewinnen. Irgendwann haben die Macher gemerkt, dass sie nur abgefilmtes Theater produzieren und ans Ende ohne Sinn für Dramaturgie eklektizistischen computergenerierten Filmzauber drangepappt.
Ich ärgere mich deshalb so darüber, weil ich Kino mag. Kino ist die angemessene Kunstform des 20. Jahrhunderts zur Verarbeitung unserer Wirklichkeit. Theater ist das nicht. Das ist nicht von mir, diese Kritik kam spätestens mit der Einführung des Kinos als Massenmedium auf. Bei der Kunstform Theater treten die drei ein Kunstwerk als Ware konstituierenden Merkmale Produktion, Distribution und Konsumtion in eins. Heisst: Die Aufführung läuft und ich sitze ich im Theaterraum, habe dafür bezahlt und gucke mir das Stück an, in der gleichen Zeit- und Raumachse wie die Theaterproduzenten (bisschen verkürzt, darüber gibt’s mit Sicherheit 800seitige Doktorarbeiten). Das ist im 21. Jahrhundert mit seinen unfassbaren crossmedialen Möglichkeiten und komplexen Teilrealitäten völlig obsolet. Das wissen die Theatermacher auch, deshalb müllen sie ihre Stücke gerne stundenlang mit Video zu. Gähn. Kino funktioniert offensichtlich ganz anders. Deshalb finde ich jenes Kino ganz schrecklich, über das es heißt: „… faszinierte durch eine dichte Kammerspielatmosphäre.“ Wenn ich so was, will gehe ich ins Theater! Wenn Kino, dann Kino. Wenn Fleisch, dann Fleisch. Und keine Suppe. Oder wollen Sie Fleisch essen, über das es heißt: „…faszinierte durch seine sämige Suppenkonsistenz.“
Und weil das hier ein Internetblog ist, der nicht nur aus Laber Laber bestehen darf, weil er sonst hinter die Möglichkeiten des Mediums fällt, kommt jetzt Bild, egal wie eklektizistisch computergeneriert drangepappt es wirkt.

Fotomontage aus der Zeit, als es noch keine computergenerierten Bilder gab (19. Jahrhundert?). Man musste mit Papier, Schere und Klebestoff arbeiten. So sieht das Bild, das sich an der Jekyll und Hyde Doppelidentität versucht (misslungen), auch aus.

17.02.2015 – Existiert Gott? Keine Ahnung. Ich bin erzkatholisch groß geworden, Messdiener, jesuitische Schule. Von daher wohnt mir nicht nur barocker Hang zur Inszenierung inne, sondern auch rabulistische Spitzfindigkeit und so halte ich mir das Hintertürchen des Glaubens bis zum Ende offen. Schaden tut’s nix und für den Fall der Fälle …. Sollte es allerdings einen (?) Gott geben, schwant mir übles. Ich bin – siehe oben – eher im Geiste des alttestamentarischen Gottes groß geworden, der zornig, rachsüchtig, nachtragend und brutal agierte. Lesen Sie mal das alte Testament richtig, da ist Stephen King im Vergleich wie die Kinder von Bullerbü. Deswegen ist mir gestern auch die Formulierung „Oh Herr, lass Drogen vom Himmel regnen!“ rausgerutscht. Ich traue also im Unterbewusstsein dem alten Herrn da oben jede Nickeligkeit zu. Hätte ich z. B. gefleht: „Oh Herr, lass Bier vom Himmel regnen!“, was vom Flüssigkeitsbild her passgenauer wäre, wer gibt mir die Garantie, dass der zornige Zottel nicht in dem Moment, wo ich vor die Tür trete, Bierdosen Sonderzahl auf mein unbedecktes Haupt prasseln lässt, frei nach dem Motto: „Dich wird ich lehren, den HERRN zu versuchen!“ Ich glaube, wenn ich auf der Zielgeraden doch wieder dem Glauben anheim falle, lasse ich mich eher auf die Version einer attraktiven, gutmütigen und verzeihenden Göttin ein, die im Zweifel einen grünen Vorhang von Marihuana Blättern auf mich herabgleiten lässt, auch wenn das illegal ist.

Wie ist eigentlich die politische Perspektive nach der Hamburg Wahl? Keine Ahnung, aber wir von Deutschlands erster Satirepartei SCHUPPEN 68 wussten bereits 1991, warum wir diese Frage so stellten, wie hier abgebildet (das ist ein altes Marlboro Plakat, was wir umfunktionierten). In Erinnerung von der HH Wahl bleibt mir das TV Interview mit einem schwer angezechten Olaf Henkel von der Bürgermob Partei AfD. Henkels Nase leuchtete, gezeichnet vom chronischen Alkohol-Abusus derart in allen Rottönen in die Kamera, dass mir vom reinen Anblick die Leber zuckte.

16.02.2015 – Rasierschaum wird nicht schlecht. Als Erkenntnis immerhin kein ganz schlechter Tagesauftakt. Dafür macht mich das pfeifende Sirren meiner Thermoskanne auf dem Schreibtisch verrückt. Ich müsste sie einfach nur zudrehen. Aber dafür reicht meine Energie nicht. Die reicht nur zum Tippen dieser vermutlich niemanden interessierenden Blogeinträge. Draußen wechselt trübes Grau in mattes Fahl, in lichten Momenten wird ein bleicher Dunst draus. 50 Shades of Grey kann man als neoliberale Erzählung eines Gender-Rollback lesen, aber solche wohlfeilen Erkenntnisse kann man zwölf auf ein Dutzend im Feuilleton jeder Bildzeitung lesen. Oh Herr, lass Nacht werden oder Drogen vom Himmel regnen.
Und wenn Sie, liebe Leserinnen, angesichts wachsender Barbarei und Terrors in der Welt, wie in Kopenhagen, das hier für egozentrische Nabelschau hatten, bedenken Sie bitte, dass jeder seine kleinen Fluchten braucht.

Es gibt eben Tage, da macht einen schon die eigene Thermoskanne fertig.

12.02.2015 – Kennen Sie dieses Gefühl auch? Neulich stand ich versonnen vor meinem Kühlschrank, ausnahmsweise nicht wegen der Entscheidung zwischen einem Pils oder einem chilenischen Sauvignon „Montes“, besser als jeder Sancerre und kostet die Hälfte. Vielleicht kennen Sie, liebe Leserinnen, ja dieses Gefühl auch: bestimmte Veränderungen im eigenen Leben vollziehen sich schleichend, hinter dem eigenen Rücken quasi. Irgendwann wird man sie doch gewahr und ist fürbass erstaunt, was einem das jäh erwachte Bewusstsein für eine Rechnung präsentiert. Konkret: Meine eigene Kühlschranktür ist nicht Gegenstand permanenter Gestaltungsreflexionen eines ästhetischen Pro und Contra. Meine Güte, es ist einfach eine Scheißtür, die jeden Tag 20x auf- und zu geht. Manchmal klebt man was drauf, pappt was dran, macht sie sauber (seltener als nötig). Und Ende im Gelände. Ich habe genug zu tun, als mich um so was zu kümmern. Aber neulich eben, siehe oben.

Hm, dachte ich. Das ist aber voll retro. Sieht ja aus wie ne Pinnwand aus den Siebzigern. Bist Du das wirklich – diese Tür da?
Es geht nicht so sehr um den Inhalt, der ist aktuell. Hier gilt das Grundgesetz und nicht die Scharia. Ende der Durchsage. Auch nicht um das radfahrende Schwein, dass mir eine wohlmeinende Freundin schenkte zur internen Diskussion, ob denn nun alle Männer Schweine seien (sind sie, immer noch – außer mir). Nein, es geht um die ästhetische Anmutung. Und die ist echt so was von retro. Und jetzt plage ich mich eben mit der Frage, ob ich das wirklich bin. Außerdem plage ich mich mit der Frage, warum ich kaum noch Angebote im Spam habe von rattenscharfen Jennys, Fickdates und hey Süßer sondern eher welche für Treppenlifte, Stützstrümpfe und Notalarm Handys. Was wollen mir Spamfilter und Kühlschranktür sagen? Das war’s, Alter? Ende im Gelände?

08.02.2015 – Rote Fahnen sieht man besser.

Rote Fahnen der IG Metall vor dem Fenster meines Arbeitszimmers. Anlässlich des Warnstreiks zur diesjährigen Tarifauseinandersetzung, hier die Kolleginnen von Hanomag, der Firma mit dem Hammermann vom Eintrag vom 23.01.2015.
„Rote Fahnen sieht man besser“, so hieß auch ein Film aus den Siebzigern über den Stand der Klassenauseinandersetzung am Beispiel einer Werkschließung mit Massenentlassungen.
Selbst der chronisch linke Sender Radio Bremen strahlte den Film nur zensiert aus, siehe Spiegel Archiv.
Artikel 5, Absatz 1 Grundgesetz: Eine Zensur findet nicht statt.
Und die Erde ist eine Scheibe.
Heute muss niemand mehr per ordre du mufti aus der Chefredaktion, Verlagsleitung, woher auch immer zensieren. Der Stand der Klassenauseinandersetzung ist auf den Hund gekommen, den Rest erledigt die vorauseilende Schere im Kopf. Die Arbeitsbedingungen bei Journalistinnen, Kreativarbeitenden etc. sind begleitet von chronischer Existenzangst. Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral. Fragen Sie mich mal.
Zum Stand der Klassenauseinandersetzung heute siehe auch das Debattenpapier der IG Metall zu ihrem diesjährigen Gewerkschaftstag:
Ich war lange Jahre Delegierter der IG Metall und habe es durchaus als Ehre empfunden, dieses Ehren-Amt bei einer ehemals linken und kämpferischen Gewerkschaft ausüben zu dürfen. Dieses Debatten-Papier ist allerdings derartig deprimierend nichtssagend, zahnlos redundant und peinlich profillos, was die gesellschaftspolitischen Positionen angeht, dass ich noch nicht mal Lust habe, mich an der internen Diskussion zu beteiligen. Nur hohle Stanzen zur wachsenden Spaltung der Gesellschaft, zur Verteilungsdiskussion, zur Gerechtigkeitsdebatte. Einfach nur Interessenvertretung für die Klientel der männlichen, weissen Facharbeiterkernbelegschaften. Die IG Metall – als Papiertiger gestartet und in meinem Papierkorb gelandet.
Wir sehen uns am 1. Mai.

07.02.2015 – Den Auftritt im raum2 in Neu Tramm werde ich mein Leben lang nicht vergessen.

Muss 2010 gewesen sein. Wir fingen erst nach 23 Uhr an, weil der Veranstalter noch für alle in der Volxküche gekocht hatte. Auch für die Besucher, die bis dahin eingetrudelt waren. Der einzige Dämpfer an dem Abend: Der anwesende Bürgermeister war kurz nach Beginn unserer Show eingeschlafen. Ich war auch schon todmüde, verstand den Mann nur zu gut, aber ich musste ja arbeiten. Ansonsten war es ein einziges Happening, zum Schluss war das ganze Publikum auf der Bühne und gestaltete das Programm selber. Nur selten erwischt man die perfekte Welle im Leben, in Neutramm war es eine. Nicht die Tatsache, dass für jeden von uns nach Abzug aller Kosten 2 Euro übrig blieben (die noch heute in einer kleinen Holzschachtel in meinem Regal liegen), hat mich davon abgehalten, meine Kabarettkarriere weiter zu forcieren. Ich hab gemerkt, dass ich für die Ochsentour zum Durchbruch schlicht und einfach zu alt bin. Sex and Drugs and Rock’n Roll und Tourleben ist was für Zwanzigjährige. Wie gesagt, über dreißig Jahre zu spät angefangen…Aber allein Neutramm war es wert. Die ganze Story würde ein Buch füllen.

Umgestiegen sind wir in Bad Bevensen, der Stadt der Jod-Sohle-Therme. Wer wollte da nicht verweilen, in der Stadt der Jod-Sohle-Therme.

06.02.2015 – Pünktlich zum Jahreswechsel Listen erstellt mit allen meinen zwangsneurotischen Macken.
Liste 1:
1. Zwanghaft pünktlich
2. Manisches Erstellen von Listen
3. Flaschenentleerungszwang (siehe auch: Tubenausdrückzwang). Kann keine angebrochenen Flaschen in der Wohnung stehen haben. Halten Sie das mal als Ouzotrinker durch.
4. Größenwahnsinnig. Vermutlich genetischer Defekt. Bin Mann.
5. Eitel. Verständlich, ich sehe gut aus.
Entweder stimmt die Prämisse nicht oder aus den Listen 2 – 7 wird nie was.

Vergessen auf der Liste: Zwanghaftes Zuordnen von Bildern zu Texten, egal wie unpassend. Hier Kollege Sievers mit unserer Gage nach einem Auftritt in Neutramm im Raum2 Nach vier Stunden bin ich betrunken von der Bühne gefallen, jemand hatte uns eine Flasche Wasser auf die Bühne gestellt. Es war aber Tequila, was ich im Rausch des Erfolges zu spät merkte. Von der Gage – Teil der Abendkasse – gingen noch Fahrtkosten ab. Seitdem verfolge ich meine Kabarettkarriere nicht mehr so zwanghaft wie früher. Ich hätte dreissig Jahre früher anfangen sollen …

02.02.2015 –Erinnerungen sind, soweit sie die Vergangenheit angehen, was für Jammerhaken und Loser. Immer den Blick voraus. Arbeit und Struktur! Arbeit und Struktur, so lautet der Blog des Verfassers von „Tschick“. Wolfgang Herrndorf beschriebt darin präzise und frei von jedem Jammerton seinen Weg von der Diagnose seines Hirntumors bis zum Selbstmord. Was ihm immer wieder hilft zwischendurch, ist Arbeit und Struktur. Also Arbeit: Wir arbeiten gerade an Nachfolgeausgabe der HEZ, die wir zur Einheitsfeier rausbrachten.

HEZ – Dahinter stecken immer mehrere kluge Köpfe! Die Zeitung heißt jetzt NETZ – Niedersächsische Teilhabe-Zeitung und wird kontinuierlich erscheinen.

Das Problem der Finanzierung haben wir beim Besuch des niedersächsischen Ministerpräsident Stephan Weil an unserem Stand bei der Einheitsfeier 2014 in Hannover geregelt. Unsere Argumente hält er mit der HEZ in der Hand (Jüngere kennen die Argumente viell. garnicht mehr). Auch als Dichter ist er ganz passabel, Zitat aus seiner letzten Büttenrede:
Als Ministerpräsident,
gehe ich dahin, wo´s brennt.
Zuletzt ich in der Wüste war.
Ich traf den Emir von Katar.
Grundsätzlich fühlte ich mich wohl,
doch fehlten Schnee und Alkohol.“

Ich hör schon die Moralapostel zetern, von wegen immer diese Drogenverherrlichung und so…Wenn es nach mir ginge, könnte der Mann glatt in der NETZ veröffentlichen. Aber ob das nicht ne Nummer zu schleimig wäre, muss ich erst mit den beiden anderen klugen NETZ Köppen Beinsen & Sievers klären. Also Arbeit. Arbeit. Arbeit.


31.01.2015 – Ente gut, alles gut.
Und hier die am 30. versprochene Geschichte des Entenkaufs. Ich trug meinen Kaufwunsch in einem Sanitätshaus vor: „Ente, in Glas.“ – „Aber das hat man doch heute gar nicht mehr. Heute sind die aus Kunststoff. Mit Glas ist das doch eine ziemlich unbequeme Quälerei.“ Und wieder ritt mich der Punk in mir: „Ja, das ist ok so. Ich kann den Typen, für den das ist, eh nicht leiden.“
Die Konkurrenz hatte dann doch noch eins, im Keller. Heute werden die (halb)hoch gehandelt, auf Ebay. Ente in Glas. Lady in red? Von wegen.

Lady in Folie. Meine Garten-Lady, in Folie. Wegen Winter. Der Winter nervt nur. Sitze innerlich permanent auf gepackten Koffern, was ne echt schräge Metapher ist. Statt dessen Arbeit am Wochenende. Mein Gott, Life is too short to be wasted. Wer sang das noch mal? Apropos Singen, ich konnte Dylan nie leiden. Rock’n Roll hat ja wohl auch was mit Sex zu tun, und dieser Jammerhaken ist in seiner ganzen Ausstrahlung so was von unerotisch, dieses als Gesang verkleidete kraftlose Gejaule und Gegreine, da hör ich mir echt lieber die Kojoten bei uns im Zoo an. Aber seine frühere Band, The Band, die hatte was. Höre gerade „Don’t do it“, die Geschichte eines gebrochenen Herzens: „My pride is all gone, whether I’m right or wrong. I need you baby to keep on keepin‘ on.“ So viel Sehnsucht und Trauer in der Stimme. Aber mit cojones, kastriert ist der Typ nicht. Der Sänger Levon Helm (drums) geht aufrecht unter. Chapeau. Und die Musik, schwarz, schwärzer, wer dabei ruhig sitzen bleiben kann, muss gemütskrank sein. Wenn ich mir vorstelle, was Dylan aus der Geschichte gemacht hätte, hole ich gleich meine innerlichen Ohrenstöpsel raus. Ich wollte mir The Band in mal hier in Hannover anhören. Das Konzert wurde mangels Nachfrage abgesagt. Unfassbar. Gute Güte, wenn jetzt noch mehr Erinnerungen hochkommen, werde ich gemütskrank. Dann lieber arbeiten.

30.01.2015 – Wiewohl auf der Erscheinungsebene eher dem Hippietypus zuzuordnen, war ich dem Wesen nach schon früh ein Punk! Eben fiel mir ein – respektive hatte ich überhaupt keine Lust, an einem mein Gemüt niederdrückenden Kostenplan für ein Kunstprojekt zu arbeiten – dass ich meinen Blog mal wieder pflegen sollte. Ich betrachtete das Bild meiner Pernod saufenden Katze vom 25.01 noch mal genauer und das Blut gefror mir in den Adern. Hinten links auf der Fensterbank, mit Spiegelreflexen versehen und unschwer als solches zu erkennen:

Ein Urinal für mobilitätseingeschränkte Männer, vulgo „Ente“. Aus Glas. Großer Gott! Dachte ich, was müssen meine Leserinnen, im letzten Jahr immerhin über 90.000, von mir denken! Also um das mal klarzustellen: Das ist kein Sportgerät für nichtolympische Wassersportarten a là „Liebling, stell schon mal den Natursekt warm“! Vielmehr war ich ja, siehe oben, früher dem Wesen nach ein Punk und arbeitete auch auf der künstlerisch-ästhetischen Ebene mit der kathartischen Wirkung des Schocks. Dazu gehörte, meinen Gästen edlen Rotwein wie einen Morey St. Denis in einer Karaffe zu kredenzen, eben besagter, natürlich nie ihrem ursprünglichen Zweck zugeführten Ente auf der Fensterbank. Worin ich die Suppe servierte, muss ich Ihnen nicht jetzt nicht mehr erklären. Oh ja, ich war ein ein Rebell, ein Punk! Und ein klitzekleiner Rabauke schlummert immer noch in mir. Die „Karaffe“ gibt es nämlich noch.

Da setze ich das Öl mit Kräutern aus meinem Garten drin an. Wenn ich den Salat anmache für Gäste, krame ich die Karaffe aus einer dunklen Ecke hervor, drehe ich die Sexpistols auf und denke dann ganz zornig: Punk is not Dad! Dann stelle ich die Karaffe wieder weg. Man wird ja doch milde im Alter. Meistens. Und die schöne Geschichte vom Kauf der Ente erzähle ich beim nächsten Mal.
Das nenn ich mal einen gelungenen Cliffhanger.

25.01.2015 – Wie der Herr, so’s Gescherr. Das verdiente Herausgeber-Kollektiv der Arbeit der HEZ – Hannöversche Einheits-Zeitung (demnächst mit Relaunch und neuem Namen auf dem Markt) hat eine innige Beziehung zu Tieren. Herr Sievers in Form von Steaks auf dem Grill, Herr Beinsen als Besitzer des niedlichsten Australian Sheperd der westlichen Hemisphäre und ich als Katzennarr. Wenn Sie den Werdegang des Sheperd und auch sonst neues aus Canidistan erfahren wollen, sind Sie hier richtig. Der dort beschriebene TV Event in Sachen „Synchronabnehmen“ von Herr und Hund trifft natürlich auf das Herausgeber-Kollektiv nicht zu. Richtig ist vielmehr, dass wir drei trotz fortgeschrittenen Alters aber auch noch so was von knackig und zum Anbeißen sind …
Dass Tiere nach ihren Besitzern gehen, ist eine Binse. Ich habe in meinem Archiv sofort einen Beleg gefunden

Meine Luci, mein Augenstern. Gott, was hab ich geweint und getrauert, als das Tier in die ewigen Mäusegründe einging. Vermutlich Leberschaden, ich hab damals weiß Gott nicht reingespuckt, unsere WG war gepflastert mit Gläsern und Flaschen (auch solchen auf zwei Beinen!) und Gelegenheit macht Trinker. Luci stand auf Pernod, keine Ahnung wieso. Das arme Tier hatte dauernd einen Kater. Die Aufnahme muss vor dem Krieg entstanden sein, keine Ahnung, welcher, Vietnam, Irak, Balkan… Irgendwo ist immer Krieg. Und ich kann mich nicht erinnern, siehe oben. Aber der Vorhang auf dem Foto, das gehäkelte WG Grauen! Und die Heizung, Norton Brenner mit offener Flamme, das Ding war doch schon vor der industriellen Revolution verboten! Dass ich die Zeiten damals überlebt habe, ein blaues Wunder. Und heute? Keine WG, Zentralheizung, Grüntee und keine Katze mehr. Was für ein Scheißleben.

23.01.2015 – Männerbilder.

Hammermann, Arbeiterskulptur von 1935 vor dem Hanomag Gelände in Hannover, Linden-Süd. Der hat aber auch einen Hammer, ob der den überhaupt hochkriegt und kann man, und in dem Phall passt das „man“ aber auch so was von ungegendert, dann damit überhaupt richtig arbeiten, bei dem Gewicht? Also ich wär nach einem Schlag schon kaputt.
Interessant an diesem Arbeiterdenkmal von 1935 ist mehrerlei: Es ist vom gleichen Macher wie die Brezelbrothers von diesem Kekskasper, deren Diebstahl weiland um die Welt ging und den Medien mir unterstellten. Da hätt ich echt eher den Hammermann geklaut und neben

meine nackte Lady im Garten gestellt! Sie wissen schon, gender mainstreaming auch in der Kunst und so. Der Fama nach sollen ihn Arbeiter der Hanomag nach der Niederlage der Nazifaschisten versteckt haben, in der berechtigten Angst, dass die Amerikaner ihn ebenso berechtigterweise mit zwei, drei gezielten Panzergranaten auf den Misthaufen der Nazikunstgeschichte entsorgen würden. Soviel zum revolutionären Potential des Proletariats. Linden-Süd hinwiederum war jahrelang der schmuddlige Asi-Hinterhof der hippen Szeneviertel Linden-Nord und Linden-Mitte. Mittlerweile entstehen hier auf dem Hanomaggelände Ateliers, Lofts, schicke Eigentumswohnungen, etc. pp. Auffe Hanomag backen noch knapp 600 revolutionäre Proletarier Bagger und ähnliches wo früher über 10.000 Panzer zusammenschraubten. Mannomann (hier bietet mir meine Rechtschreibkorrektur „Mangomann“ an, auch nicht schlecht), die Zeiten ändern sich.

21.01.2015 – Was machen Sie zuerst, wenn Sie morgens in den Spiegel gucken? Augen zu? Zähne putzen? Rest Make-up oder Fettcreme entfernen (für Männer: rasieren)? Licht aus und hoffen, dass das ein Gemälde von Francis Bacon war, auf das Sie geblickt haben? Die Antwort ist insofern nicht uninteressant, als sie viel über Ihren Typus aussagt und wie Sie in den Tag hineinkommen.

Das ist kein Screenshot meines morgendlichen Spiegelbildes, das ist der derzeitige Zustand der Totenmaske von Donald, die sich in meinem Besitz befindet. Man muss sich Donald also post mortem als glückliche Ente vorstellen. Ich jammere hier ja des öfteren über Verfall meines Körpers, Siechtum etc. pp. Das kann mitunter nervig sein und ich will keinesfalls den Eindruck erwecken, das sei Leitmotiv meines Tages, meines Denkens und Handelns.
Deshalb will ich Ihnen, liebe Leserinnen, die Antwort auf die Frage nicht schuldig bleiben, was ich denn wohl als erstes mache, wenn ich morgens in den Spiegel blicke. Ich schalte zwei zusätzliche Strahler an und Arthur Conleys „Sweet Soul Music“. Wenn Sie einen Sinn für feine Ironie haben, hören Sie mal im Zusammenhang meines letzten Satzes auf den Text.
Aber wer hört bei diesem unfassbaren Bass von Donald Duck Dunn noch auf Texte. Schönen Tag noch, ich geh meinen Spiegel putzen.

15.01.2015 – „Gab es in Ihrer Familie ansteckende, gefährliche, bösartige Krankheiten?“ Fragte mich gestern Arzt. Mich ritt der Sitcom Teufel: „Ja, meine Mutter war eine.“ Der Arzt war unsymphatisch. Er hatte die Antwort verdient und ich mir die nächste Sitzung bei meiner Therapeutin erspart.

14.01.2015 – Bin ich hier der Versammlungsleiter? Ich besitze Charisma und natürliche Autorität. Tolle Sache, funktioniert aber nicht immer und überall. Hitler hatte auch Charisma, wirkte aber auf zurechnungsfähige Menschen damals und heute sowieso in der Hinsicht nur als grausige Witzfigur, siehe auch The Great Dictator. Was mich angeht, denke ich in der Hinsicht auch manchmal: Was war das denn jetzt? Die aktuelle Geschichte geht so: Der hannöversche Pegida Ableger Hagida blamierte sich am 12. hier bis auf die Knochen. Ich war zum angemeldeten Demonstrationsbeginn am Ort, wollte für die nächste HEZ drüber berichten. Die kommt im April, schon mal vormerken. Vor Ort war niemand, in Zahlen: 0 – außer natürlich Zuschauer, Hundertschaften Polizei und jede Menge Presse. Ein paar verschüchterte Bürger, unter ihren Lodenmänteln den Muff von 1000 Jahren, wieselten verschreckt hin und her, um den Platz herum wie die Katze um den heißen Brei. Man roch ihnen förmlich ihre Pegida Wut an, aber sie trauten sich nicht, sich zu formieren, einfach mal in die Landschaft zu stellen und Flagge zu zeigen. Unsere Fotografin Marie machte also ein paar Fotos von der Blamage,

ich posierte ein bisschen dazu und stand sonst einfach nur da. Und wirkte offensichtlich, siehe oben. Mehrfach fragten mich verschüchterte Bürger: „Entschuldigung (!), sind Sie der Versammlungsleiter hier?“ Meine Antworten fielen tendenziell nicht druckfähig aus, was im nachhinein ein Fehler war. Die richtige Antwort wäre gewesen: „Jawoll. Sie formieren sich jetzt hier umgehend in Reih und Glied und zeigen den Hitlergruss. Habe dafür Sondererlaubnis vom zuständigen Polizeieinsatzleiter.“ Presse war ja genug da.
Aber deprimierend ist das schon. Da arbeitet man jahrzehntelang an seinem Habitus als Künstler und Intellektueller und dann kommt Pegida-Versammlungsleiter raus. Das Leben ist eine Kette von Niederlagen und Demütigungen. Aber lustig.

10.01.2014 – Ich hatte einen Alptraum.

Ich ritt auf einem Zebra durch ein Einkaufszentrum. Ein kleiner Junger stand staunend dabei und wollte mit genommen werden. Ich aber wusste nicht, wie man ein Zebra zügelt und

galoppierte weiter, immer weiter, bis ans Ende aller … Da kam ich schweißgebadet zu mir und stellte zu meinem, Edgar Allan Poes schlimmste Alpvisionen übertreffenden, Horror fest, dass das kein Traum war! Eine ganz andere Frage ist, wie geht man in einem Blog wie diesem mit dem Attentat auf Charlie Hebdo um. Normalerweise findet der alltägliche Weltwahnsinn hier nicht statt, das ist kein Forum dafür. Aber kann man zum Mord an Kulturproduzenten schweigen, die sich beruflich und dezidiert mit Ironie, Satire, Scherz & tieferer Bedeutung befassen, dem Inhalt auch dieses Blogs eben und meiner Arbeit? Wie verhält man sich dazu auf Anti-Pegida Demos? Gesten a la „Je suis Charlie“ sind nicht mein Stil, das ist mir einen Tick zu hilflos-pathetisch, aber was dann? Schreibt man darüber in der HEZ? Hier im Blog? In einem Metablog, der vor Satire nur so trieft? Wo nicht mal sicher ist, ob ich überhaupt ein alternder, männlicher, larmoyanter Kulturproduzent bin oder nicht vielmehr eine junge, aufstrebende Kreativarbeiterin, die genau dieses Gegreine und Gejammere und diese ganze Blog-Kacke grundsätzlich auf die satirische Schippe nimmt? Wo also Missverständnisse ohne Ende lauern? Sind so viele Fragen, musst Du tüchtig trinken (Bettina Wegner zugeeignet).


04.01.2015 – Wenn ich König von Sintra wär‘


dann wäre diese Bar mein Amtssitz. Die Burgen und Schlösser in Sintra sind übrigens teilweise funktionslos, schon beim Bau. Ritterromantik, mit Zinnen, Wehrgängen, erbaut Ende des 19. Jahrhunderts, wo Ritter nicht gerade das bestimmende Moment der Gesellschaft waren. Ich mag sinnlose Dinge, die nur der Ästhetik, Zerstreuung dienen. Zuhause raunen einem Weinverkäufer zu, diesen Roten müßte man unbedingt vor dem Verzehr atmen lassen, in einem Ton, als ob sie einem damit das Rätsel der Quadratur des Kreises exclusiv verraten würden. Oder Blumenverkäuferinnen: „Sie sollten die Blumen anschneiden, bevor Sie sie ins Wasser stellen!“ Wahnsinn.
„Vor dem Stuhlgang, nach dem Essen:
Händewaschen nicht vergessen!“

Das Jahr nimmt langsam Fahrt auf. Und wie meistens, gleich zu Beginn in die falsche Richtung.

03.01.2015 – Was bringt die Zukunft – vor allem für meine Therapeutin?! Irgendwann den Tod. In der Zwischenzeit Erinnerungen an früher. Früher war die Straßenbahnhaltestelle in Sichtweite meiner WG. Vom Weckerklingeln bis zur Sichtung der Straßenbahn als Startschuss für einen fulminanten Sprint zur Haltestelle, hechelnd, kauend mit Restfrühstück zwischen den Zähnen, vergingen exakt 10 Minuten. Vergingen 9 Minuten, kriegte ich die Bahn nicht und kam zur spät zur Arbeit. Das waren noch Zeiten! Meine Therapeutin kennen Sie ja alle. Sie hat drei Standardfragen bei jeder Sitzung: „Wie sehen Sie sich zukünftig?“ „Wie geht es Ihnen dabei?“ „Haben Sie das Geld für die heutige Sitzung mit?“ Sie hat sich bei der Finanzierung ihrer Eigentumswohnung etwas verhoben, daher bevorzugt sie Barzahlung. Die Hälfte der Sitzung gebe ich ihr Anlagetipps. Sie hält mich für eine zweiten Warren Buffett, nachdem ich neulich einen DAX Fonds innerhalb eines Jahres mit 30 Prozent Gewinn verscherbelt hatte. So schwer ist das für einen Linken, der mit Standards der Nationalökonomie wie den zyklischen Krisen des Kapitalismus groß geworden ist, nun auch wieder nicht. Man muss nur den richtigen Zeitpunkt treffen. That’s all, baby, sag’ ich dann immer zu ihr. Sie steht auf Amerikanismen. Was wäre die Frau ohne mich. Auf ihre Frage, wie ich mich zukünftig sehe (es geht dabei um meinen Überwertigkeitskomplex, ich halte 99 Prozent meiner Umgebung für nicht satisfaktionsfähige Luschen) hatte ich eine klare Antwort: „Als König von irgendwas.“

Hier als König von Sintra. Wenn Sie mal in Lissabon sind, fahren Sie unbedingt nach Sintra. Niedlich da.


31.12.2014 – Die Mauer ist weg!


Symbolisch zumindest, hier eingerissen von einer Punkerin, die Stiefel voran in die Mauer reindonnerte. Zahlreiche Medienvertreter standen sich gegenseitig im Weg, als Passanten die Mauer einrissen. Beispiele von Medienberichte hier: NDR TV und rtl. Die Szene mit der Punkerin gibt es es ab ca. 1.09 Min., kurz und heftig. Und schön. Die Mauer wächst mir immer mehr ans Herz,

leicht verständliche Symbolik, informativ. Und interaktiv, wie man sieht. Außerdem was für Medien, die brauchen starke Bilder. Und natürlich starke Interviewpartner … Allen Leserinnen guten Rutsch und ein frohes Neues Jahr!

29.12.2014 – Die Mauer muss weg! Nicht die zwischen Ost und West oder die zu unserem Nachbargrundstück. Die zwischen Arm und Reich. Es ist doch grotesk, dass in einem der reichsten Länder der Erde auch dieses Jahr wieder Obdachlose auf der Strasse erfrieren werden, während das Vermögen der Familie Albrecht Aldi Nord in Hunderteuroscheinen übereinander gestapelt mehr als zweimal so hoch ist wie der Mount Everest. Reicht da nicht auch der Brocken?

Die Mauer zwischen Arm und Reich. Hier bei der Einheitsfeier in Hannover. Revisited am 29.12.2014, ab 12 Uhr, in Hannover, Ecke Georgstr./Große Packhofstr. Details hier in derPM LAK Aktion zu 10 Jahre Hartz IV Und das bei dem Wetter. Brrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr.

27.12.2014 – White Christmas, Palmen & Blow Jobs. Dunkelheit, Kälte & Schnee, ich hasse die Weihnachtszeit, zumal ich am 29.12.2014 eine Intervention in der City machen muss – zu 10 Jahren Hartz IV. Kunst & Arbeit, sowas gehört zu meinem Job. Mehr demnächst hier. Aber der Unterschied ist schon krass: Vor einer Woche noch am Strand in der Sonne gelegen und in den Fluten des Atlantik Bahnen gezogen und am Montag bei klirrendem Minus gegen die soziale Kälte im Lande intervenieren. Na ja , langweilig wird es eben nie …

Weihnachtsmann unter Palmen an der Algarve. Was war Weihnachten hier? Unter anderem TV. „Tatsächlich … Liebe“, mit Hugh Grant. Mein Lieblingsschauspieler. Wobei Schauspieler bei dem übertrieben ist. Er gibt halt immer den ewig gleichen jugendlich-verschmitzt hilflosen, romantischen Lover, perfekt besetzt, oft gutes Drehbuch, teils exzellente Dialoge und gute Typennebenrollen, prima Handwerk, das nie mehr sein will als es scheint. Die Verpackung ist der Inhalt, das erspart einem das Grübeln. Genial in dem Film die Musik. Unter anderem der größte Soulsänger ever, der inkommensurable Otis Redding, mit „White Christmas“. White Christmas & Otis Redding– das ist echt gut.
Echt gut auch der Karriereknick in den Neunzigern vom jugendlich-verschmitzt hilflosen, romantischen Hugh Grant, als er auf frischer Tat bei einem Blowjob im Auto ertappt wurde. Die ausübende Dame verdiente in der Folge des Skandals über 2 Mio. Dollar mit TV Auftritten an dem Job. Schönes Happy End. Kann mir nicht passieren. Ich fahre fast nur Fahrrad.

26.12.2014 – Weihnachtssplitter.


Mein Lieblingsbuch für Weihnachten. Es gibt Leute, die sind offensichtlich sogar zu blöd, um Geld zu verschenken. Für die bringe ich nächstes Jahr den vierten Band meiner Trilogie „Toilettenpapier – richtig benutzt“ raus. Gestern mit Freund & Kollegen Beinsen im Hochamt in St. Clemens in Hannover. Wir sangen (die anderen, ich nicht. Die Gabe des Gesangs ist mir nicht gegeben) „Es ist ein Ross entsprungen, aus einer Wurzelzart.“ Wurzelzart hört sich immer noch, nach über 50 Jahren Erstwahrnehmung, verlockend an. Beinsen, früher Roter, ist mittlerweile beinhart römisch-katholisch, Freund & Kollege Sievers glaubt eher an die alleinseligmachende Wirkung eines guten Roten. Ich zweifle, meistens an allem, mitunter auch am Verstand der Beiden. Beinsens interner Kampfname ist „Monsignore“, was er von Anfang an nicht nur akzeptierte, sondern diese Anrede mittlerweile regelrecht huldvoll segnend entgegennimmt. Das kann 2015 heiter werden, vor allem, wenn er anfängt, Wasser in Wein zu verwandeln. Ob Sievers dann dem Glauben anheim fällt? Und was wird dann aus mir? Ich werde mich darauf freuen, daß wir gemeinsam Folgenummern der HEZ rausbringen werden. Vermutlich auch eine zum 1. Mai, mit einem eigenen Stand auf der hiesigen Maikundgebung. Der 1. Mai ist mir als Feiertag dann doch näher als Weihnachten, zumal der gestern dekantierte 1985er Marquis de Terme eine einzige Feiertagsenttäuschung war. Überlagert. Und den Unterschied zu alltagstauglichen Roten trinkt man bei den Fürsten des Bordeaux, Burgund, Barolo etc. eh oft nicht wech.

24.12.2014 – Warten auf das Christkind. Nee, eher nicht. Heiß ich Edarthy? Das Christentum steht ja auch für Utopie, eine Utopie, deren Realisierung in eine jenseitige Welt verlagert wird. Ich bin mehr für das Paradies auf Erden. Ein Ort, verbunden mit dem Begriff „Utopie“ ist Grandola. Ich wollte immer schon mal, und werde es auch nächstes Jahr, wenigstens diesen geographischen Ort am Tag der Nelkenrevolution besuchen.

Heuer hat es wieder nur zum Vorbeifahren im Zug gereicht. Verwischte Spuren einer Reise. Nachher Weihnachtsessen, was handfestes statt Utopien: Rouladen. Vorher einen weißen Portwein von Fonseca, dazu einen Rotwein aus dem Alentejo und hinterher einen Maciera Weinbrand. Hoch nicht nur die Tassen, sondern auch die internationale Solidarität!

23.12.2014 – Reisetagebuch Algarve Teil 3 – Bei den Künstlerkolleginnen in Barão de São João. Das Dorf nahe der Küste der Algarve gilt als Künstlerkolonie, mit hoher Kneipendichte. Details hier
Für mich also ein Pflichtbesuch. Per Bus, feine Sache, so zu reisen. Entspannt aus dem Fenster blicken, die Landschaft rauscht in einer Art Meditation an einem vorbei und ab und zu ein Schluck aus dem Flachmann mit Maciera. Machen Sie das mal am Steuer eines Auto.

Es war ein trüber Tag, aber das üppige Grün, über die Hügel gewürfelt, tröstete darüber mehr als hinweg.

Dieses Quartett flotter Mitvierzigerinnen hatte ich mir gerne mal angehört, aber der Esoterikmüll hat mich fluchtartig das Weite suchen lassen. Visionssuche und Seelenrückholung! Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen, hat ein Bundeskanzler mal gesagt. Damit hatte er zwar recht, aber da er Utopien meinte, hatte der kenntnisarme Helmut Schmidt auch damit wieder unrecht gehabt. Das ist allerdings eine ganz andere Geschichte. Ich nahm wieder einen Schluck Maciera aus meinem Flachmann und stellte mir vor, wie mir das Gesangsquartett eine Klangmassage angediehen ließ. Die Busrückfahrt verlief in aufgeräumter Stimmung. Der Urlaub nahm Fahrt auf …

21.12.2014 – Reisetagebuch Algarve Teil 2 – Granaten, Minen, Sprengkapseln, Gegens-tände und Anal-phabeten.

Trenne nie st denn es tut ihm weh. Gilt ja nicht mehr nach neuer Rechtschreibung, die ich eher ignoriere. Da kann man trennen auf Deu-bel komm raus. Mit Trennungen ist das so eine Sache und gut, dass ich es in diesem Blog nicht mit Anal-phabeten zu tun habe. Sorgen macht mir eher der Hinweis (gesehen auf dem Flughafen von Malle), dass ich keine Minen und Granaten mit ins Flugzeug nehmen darf. Da ist einem doch irgendwie im Vergleich zu früher, wo man schon mal eine Bazooka im Reisegepäck mitführte, gleich der Urlaub verdorben. Apropos früher: Vor Jahrzehnten war die Algarve einer der Spots, wo Hippies abhingen und Aussteiger ihre Träume vom anderen Leben versuchten, zu realisieren. Reste davon sieht man in letzter Zeit gehäuft, zerfrucht, mit Zahnlücken und vom harten Leben ohne ausreichende Gesundheitsfürsorge in der Altstadt von Lagos, teils betteln, teils Silberschmuck feilbieten, den keiner haben will. Manch einer hatte es in den letzten Jahren sicher geschafft mit Ökolandwirtschaft, kleinem Restaurant oder biodynamischem Ayurveda Nasenduschstudio. Aber viel hat die Krise davon nicht übriggelassen, nach meiner subjektiven Wahrnehmung.
Als ich von einem Ausflug ins Monchiquegebirge abends ins Hotel zurückkehrte, musste ich kurz noch was klären mit der Dame an der Rezeption. 12 Stunden später saß sie immer noch da. Auf meine erstaunte Nachfrage sagte sie, dass sie zum Schlafen nach Hause gefahren sei und jetzt wieder im Dienst. Soviel zu Krisenauswirkungen auf die einheimischen Arbeitsplätze, selbst außerhalb der Saison.

Nach soviel Realität was Besinnliches. Hat was, das Bild. Frohe Weihnachten.

19.12.2014 – Alleine in Urlaub zu fahren ist blöd. Nach meinem letzten Blogeintrag ist mir der Kragen geplatzt und ich bin ein paar Tage an die Algarve und nach Lissabon geflogen. Im Winter ist das billig und es ist sehr relaxed da, kaum Touristen. Ich mache viele Fotos und auch Video, da hat man Zuhause noch was vom Urlaub und realisiert Sachen, die man im ersten Moment des Erlebens so gar nicht wahrgenommen hat. Außerdem dokumentiert es Orte, deren Namen man sonst vergisst, und kreative Ideen sonder Zahl. Ich habe auch nichts dagegen, selber auf Fotos zu sein, wär ja bei meiner Art der Kunst auch komisch, wenn das anders wäre. Mit den Jahren guckt man auch kritischer hin, ob das alles noch so stimmt von wegen: Mein Body besteht nur aus Muskeln und Rest.
Aber wie soll man alleine ein Foto von sich machen, an einem Wintermorgen an der Algarve in einer Bucht, wo man der einzige Gast ist und das auch so bleiben wird?

Mit Selbstauslöser, der nach 10 Sekunden auslöst. Toll, was dabei rauskommt. Sehr gnädig.
Am Morgen danach, im grellen Licht meines Hotelbadzimmers, sah das von nahem und in groß ganz anders aus. Der ganze Körper eine Zone von Verfall, Siechtum, Niedergang. Es ist blöd, alleine in den Urlaub zu fahren, weil einen dann niemand so fotografieren kann, wie man eben ist. Aber schmeichelhafter ist Urlaub mit Selbstauslöser auf jeden Fall.

07.12.2014 – Und das hat mich dann doch gefreut. 2007 veranstaltete ich in Deutschlands größter innerstädtischer Bauruine, dem Ihmezentrum in Hannover-Linden, eine Lesung mit Gedichten des von mir verehrten Friedrich Hölderlin.

Diese Performance spielt auf den Mythos von Orpheus an, der mit seinem Gesang sogar die Steine erweichen konnte.

Wenig überraschend ließen sich weder die Steine des Ihmezentrums durch mich erweichen noch krähte irgendein Hahn oder, was mir deutlich lieber wäre, irgendeine Henne, nach meiner Intervention.
Doch neulich stellte der Moderator einer Veranstaltung, bei der ich auf dem Podium saß, mich vor als jemanden, der eine Hölderlinlesung in einer Bauruine veranstaltet hätte. Da hatte ein Moderator nicht nur seine Recherchehausaufgaben gemacht sondern auch noch Geschmack bewiesen. Und das hat mich dann doch gefreut.
Kleine Volte am Rande: Ich hatte damals noch die Bausparkasse Schwäbisch Hall angeschrieben, ob sie die Performance nicht sponsoren wollte, wegen der Steine und so und immerhin ist Schwäbisch Hall ja im weiteren Sinne Heimat Hölderlins.

Ich hatte den Bausparschwaben sogar zugesagt, sie werbetechnisch ins rechte Licht zu rücken. Die haben noch nicht mal geantwortet. Der Weg des Künstlers ist gepflastert mit Entbehrungen, Niederlagen und Demütigungen. Ich brauche Urlaub, Sonne , Meer….


05.12.2014 – Autonomes Zahnarztzentrum.
In dem hannöverschen Viertel, in dem ich wohne, findet eine Gentrifizierungsdiskussion statt, mitunter mit illegalen Mitteln wie Graffiti

Beispiel Neubau mit zahnmedizinischer Praxis. Den Altbau hatte jemand günstig erworben, abgerissen, diesen Neubau errichtet und verkauft, eher nicht mit Verlusten. Gentrifizierungskritiker forderten hier einen Freiraum zur nichtkommerziellen Nutzung. In der öffentlichen Diskussion stellte sich heraus, dass der Verkäufer Migrationshintergrund hatte. Er behauptete, den Neubau für sich und seine Familie als Wohnsitz und Altersruhesitz zu errichten. Natürlich glaubten diese schlitzohrige Schmonzette nur Schlichthirne und es ist ja dann auch das draus geworden, was man sehen kann. Aber den Gentrifizierungsgegnern war natürlich erst mal der Wind aus den autonomen Segeln genommen. Migrationshintergrund gleich Gutmensch ergo unantastbar. Das schien die schlichte Formel, die außer acht ließ, dass der Migrant an sich nicht per se ein guter Mensch ist, sondern einer wie Du und ich. Und mitunter schlimmer. Wir erinnern uns: Adolf Hitler hatte Migrationshintergrund. Der wurde erst 1932 eingebürgert, als er sich anschickte, Reichskanzler zu werden. Verantwortlich für die Einbürgerung: Braunschweig.

Das zum Hintergrund dieses Graffiti. Mir fällt dazu ein, dass ich mal Schöffe war und mich immer maßlos über die groteske Missachtung des Gesetzes gegenüber körperlicher Unversehrtheit erregte, anders als beim Schutz des Eigentums. Sie können jemanden totschlagen und wenn alles gut geht, kommen Sie mit Bewährung nach Hause. Klauen Sie zweimal einen Lippenstift und wenn alles schief läuft, fahren Sie in den Knast ein. Diese Schieflage führt zur juristisch geklärten aber ethisch umstrittenen Frage:
Was ist die schlimmere Normverletzung, die Anbringung eines Graffiti oder die Verdrängung von Menschen aus billigen Wohnungen in die Obdachlosigkeit? Die Obdachlosigkeit nimmt wieder deutlich zu, nachdem der soziale Wohnungsbau in Niedersachsen zum Erliegen kam. Der kommunale Wohnungsbestand ist zum großen Teil an Finanzinvestoren wie Gagfah und Deutsche Annington verscherbelt.
Wenn Ethik und Justitia aufeinanderprallen, gibt das mitunter einen unschönen Klang.

04.12.2014 – Salbei und Rose.

Eine Rose in meinem Garten weigert sich hartnäckig zur Kenntnis zu nehmen, dass Winter ist. Während die Wäsche draussen in kurzer Zeit beinhart friert, blüht sie zart und komprosmisslos vor sich hin, erfreut mein Auge in grautrüben Zeiten. Der Salbei daneben ist dickfellig, was Kälte angeht, der kommt immer durch. Ich muss jetzt zum Zahnarzt, eine Stunde ist anberaumt. Gott steh mir bei.

30.11.2014 – Pünktlich zum 1. Advent hatte sich wie jedes Jahr der antizyklische Osterhase bei mir eingefunden.


29.11.2014 – Die Linken hassten uns dafür.
Ich brauche einen neuen Rechner. Ich brauche keine noch größere Festplatte, auf der man das ganze Wissen der Menschheit speichern kann oder irgendwelches Leistungsgedöns, an dem sich Männer mitunter derartig erregen können, dass man meint, nächtens bespringen sie in sexueller Technikraserei diese alten Blechkästen noch. Meiner ist schlicht uralt und wird irgendwann abrauchen und das passiert meistens am Vorabend einer ganz wichtigen Veranstaltung etc. pp. Also mach ich es jetzt, wo es gerade passt. Heißt aber, Daten aufräumen. Was einem da so alles in die virtuellen Hände fällt …

Beispiel Wahlplakat 1991

Neue Presse nach der Wahl. Die Linken hassten uns dafür, dass wir ihnen angeblich Stimmen geklaut hätten. Erstens war das Blödsinn, weil unsere Wähler klassische Autonomenklientel war, die nie zu einer Wahl gehen würden und die wir mit Hektolitern von Freibier bestochen hatten, uns zu wählen. Zweitens fand ich eine derartige linke staatsfixierte Legalitätsorientierung damals sehr drollig. Deren höchstes Ziel war vermutlich die Ausrufung der Bezirksräterepublik. Pshaw, hätte Winnetou gesagt. Schön auch die Tatsache, dass im Rahmen eines „Ideentransfers“, vulgo Diebstahls, unsere Wahlparole „Sie können uns kreuzweise“ einige Zeit später als Siegerbeitrag irgendeiner staatstragende Institution bei einem Designer-Wettbewerb auftauchte, in dem es darum ging, junge Leute an die Wahlurnen zu bringen. Also irgendwie kann ich schon auf ein gewisses Lebenswerk zurückblicken. Für jede Idee in meinem Leben einen Euro und ich würde den ganzen Winter an der Algarve hocken, Medronho verklappen und den Bestseller schreiben, den ich schon seit 30 Jahren im Kopf habe. Stattdessen muss ich hier Daten sichern von irgendwelchen Veranstaltungen von vorgestern, an die sich übermorgen kein Schwein mehr erinnert. Seufz, jaul, kreisch, jammer, würde Donald sagen. Aber unser Wahlkampf damals, der hatte was. Jubel, boom, bang, Jippi ja jeh!

24.11.2014 – Flächendeckende Bargeldversorgung. Mit meinen Unternehmensgründungen habe ich bisher noch nicht den Durchbruch geschafft, der Sackkarren-Service für Verliebte ist in Abwicklung, der Witze-Verleih rumpelt vor sich hin. Ob meine Leistungsgarantie für flächendeckende Bargeldversorgung den break-even point schafft?

Im Zeitalter von Photoshop sind solche analogen Klebe-Montagen leider entwertet. Witzig finde ich es trotzdem, die Vision einer flächendeckenden Bargeldversorgung hat was. Wenn das Schild vor Ihrer Nase baumelt, sind sie entweder in einer Sparkasse oder an meiner Tür. Bis es soweit ist mit dem break-even point, der leider kein point of no return ist, bei meiner neuesten Unternehmung, bleibt es bei unter anderem Fachtagungen organisieren, wie dieser hier:

Die Bündniserklärung aller Beteiligten dazu gibt es hier. Die Fachtagung lief super, sowohl inhaltlich als auch vom Ablauf her. Nach einem 10 Stunden Tag plumpst man dann zufrieden ins Fauteil. Toller Erfolg etc. pp. Dann setzt Nachdenken ein: Die Armut in Niedersachsen ist schon wieder gestiegen, kontinuierlich seit 2010, mittlerweile ist fast jeder sechste Niedersachse arm. Die Selbstmordrate in Griechenland hat sich seit Ausbruch der Finanzkrise mehr als verdreifacht. Wenn man das Vermögen der reichsten Familie Deutschlands, Quandt, in Hundert-Euro-Scheinen übereinander stapelt, erhält man einen Berg, der viermal so hoch ist wie der Mount Everest. Das lässt sich beliebig fortsetzen.
Meine Zufriedenheit zerkräuselte sich wie der Qualm meiner Rauchwaren über die Veranda ins Nachtdunkel.

Sollte ich doch lieber bei der Landesreichtumskonferenz anheuern?

20.11.2014 – Als Radfahrer ist man dauernd dem Tode nahe. Das ist man als Mensch grundsätzlich. Einmal braucht nur die Aorta zu platzen, Peng! Oder ein tollwutinfizierter Waschbär namens Arnold beisst einen in die Wade, Zack! Aber Radfahrer tragen zusätzlich noch Risiken des Totlachens zum Beispiel. An dieser Stelle wurde die hiesige Malerin Pinselquäler von einem Vorfahrt missachtenden Autofahrer auf die Kühlerhaube gespiesst. Ging nochmal knapp untot aus, Hallelujah! Irgendwann bequemte sich die Stadt zu einem Warnhinweis (der Radfahrerinnen auch nix nützt, wenn bescheuerte smartphonequatschende Autofahrerinnen einfach durchbrettern). Und dann so ein Schild!

Botschaft: Vorsicht! Entmenschte Fahrräder zerstören wehrlose Autos! Was für Zeug rauchen die da eigentlich in der Schildamalerstelle der Stadt? Gesehen Ecke Lavesallee/Archivstr. in Hannover. Aber achten Sie drauf, da nicht hinzugucken! Sie wissen ja, Autofahrer ….

16.11.2014 – Kunstfieber Tribunal. Wenn in Deutschland einer was Neues ausprobiert, findet sich immer irgendjemand, der das zarte Pflänzchen nach alter Teutonenart am liebsten gleich platttrampeln möchte. So bei der „Kunstfieber“ Veranstaltung Anfang November. Dort zieh ein Schmähwicht aus dem Publikum die Veranstaltung als „Tribunal“, bloß weil da ein paar Leute Künstlern ein paar Fragen stellten. Mir schwoll umstandslos der Kamm und nach alter Fussballerart grätschte ich den Intervenierenden coram publico verbal um. Dazu benutzte ich einen klassisch-rhetorischen Kniff mit dem Satz:

„Ich würde es komplett anders machen als Ihr, aber so wie Ihr es macht, finde ich es ganz toll.“
Zu Beginn Spannungsaufbau a la „Was kommt denn jetzt wohl ?“ und dann Auflösung und Erlösung in Lob und Begeisterung. Wobei ich danach als krönenden Abschluss noch ein identitätsstiftendes „Wir“ des gesamten Publikums organisierte gegen den Schmähwicht, indem ich es aufforderte, den Veranstaltern als Dankeschön einen Applaus zu spendieren.
Im Applaus schwang so etwas mit gegen den Kritiker wie „Du gehörst nicht zu uns. Sei still.“
Nicht gerade das feine Florett des öffentlichen Diskurses. Aber sehr wirksam. Besagter Kritiker soll noch gerüchteweise in meine Richtung was geäußert haben von „Schleimer“, womit er nicht ganz unrecht hatte. Das tat er aber vorsichtshalber so leise, dass ich es nicht mitkriegte. Ist die Welt fair? Nein, ist sie nicht. Und solange ich eine gute Presse habe, ist mir das auch egal, zumindest was die Kunst angeht. Andererseits unterstellt mir die Presse ja auch verklausuliert, ich hätte einen Dachschaden, wie hier:

„Eher hätte ich hier öffentlich Sex haben können …“ Auch was aus dem Lehrbuch für Öffentlichkeitsarbeit: In Interviews können Sie gerne auch mal was inhaltliches äußern. Aber konzentrieren Sie sich vorrangig auf Sätze, die sich als Überschriften eignen: Subjekt, Prädikat, Tabubruch und Ende im Gelände.

13.11.2014 – Feeling like a Karibu. Auf meinem Ritt zum Ende des Doppelregenbogens hatte ich Zeit. Stille und Einsamkeit umwehte mich in der Natur wie kühler Herbsthauch, der das Nahen des Winters ankündigt.Mich fröstelte, ich hatte Sehnsucht nach Gesellschaft, weiblicher Gesellschaft. Ich stimmte zwecks Anbahnung derselben orgelnd-grunzende Liebeslaute an. Warum sollte bei mir, der ich jetzt eins mit der Natur war, nicht das funktionieren, was bei Karibus auch klappt? Und für Gleichberechtigung bin ich sowieso.

Orgelnd-grunzende Liebeslaute. Nichts rührte sich, nur eine traurige ältere Karibudame lugte um eine Tanne und wandte sich frustriert wieder ab. Ich ritt weiter, der untergehenden Sonne entgegen. Wie es mir in der Nacht erging, erfahren Sie demnächst.

12.11.2014 – Regenbogen ist auf der Grenze zwischen Poesie und Kitsch.

Aber Doppelregenbogen hat was. Besonders, wenn man abgenervt von Arbeit, Leben und dem Rest zum Luftholen in den Garten schaut und dann sowas sieht. Ich sattelte mein Pferd und gallopierte umgehend in Richtung Ende des Doppelregenbogens. Was ich dort fand? Mehr darüber beim nächsten Mal.

11.11.2014 – Ich sitze in der Todeszelle. Gestern ging ich in einen „sympathischen und familienfreundlichen 1-Euro-Discounter“ (Eigenwerbung), um Gewinne für meinen Satirequiz zu kaufen, den ich auch bei Seminaren und Vorträgen einbinde. Irgendwas müssen die Leute doch aus meinen Veranstaltungen mitnehmen. Gerne Groschenhefte mit Themenzentrierten Titeln wie „Aus Liebe wurde Hass“, das passt immer. Ich betrat den geöffneten – logisch, sonst wäre ich ja nicht reingekommen – Laden um 9.04 Uhr. Eine Verkäufern blaffte mich an:
„Wir ham noch nicht auf.“
Ich, als Gewerkschafter immer auf Solidarität mit der arbeitenden Bevölkerung bedacht:
„Oh, sorry, wann machen Sie denn auf?“
„Um 9.“
„Aber es ist doch schon 9 und der Laden ist doch auf.“
“Auf unserer Uhr ist noch nicht 9 und der Laden ist noch nicht auf.“
„Aber ich bin doch im Laden drin, dann ist er doch auf.“
„Auf unserer Uhr ist es noch nicht 9.“
Wortlos packte ich das Beil aus meinem Rucksack, das ich für solche Zwecke immer dabei habe, und fing an, systematisch den Laden zu zertrümmern, erst die Regale, dann die Tische, Stühle, Kasse, alles. Als eine Verkäuferin darauf insistierte, dass der Laden immer noch nicht geöffnet sei, weil es ja auch nach ihrer Uhr noch nicht 9 sei, spaltete ich ihr umstandslos den Schädel, die Schädel der Kolleginnen sukzessive.
Die ersten Kundinnen, die den Laden betraten – er war ja geöffnet, es war ja nach 9 – ereilte das gleiche Schicksal. Jetzt sitze ich in der Todeszelle des Zuchthauses Hannover und warte auf meine Hinrichtung. Quentin Tarantino will meinen Fall verfilmen.
Quizfrage: Ab wann ist diese wahre Geschichte etwas übertrieben?
Ergänzungsquizfrage für Lehrer: Ab wann setzt in dieser Geschichte der innere Monolog ein?
Wer die richtige Antwort an die NSA mailt, nimmt an der Verlosung des Hauptpreises teil, einem Bastei-Lübbe Band mit dem Titel „Aus Liebe wurde Hass.“

09.11.2014 – Umtauschaktion Bild gegen Titanic und 100-DM-Begrüßungsgeld voller Erfolg.

Zehntausende drängelten sich in Hannovers City am Stand der Partei „Die PARTEI Niedersachsen“. Der Vorsitzende Marc-Oliver Schrank und Jens Bolm, 2. Schatzmeister, übten den Schulterschluss mit Hermann Sievers & Klaus-Dieter Gleitze vom Politbüro des SCHUPPEN 68. Das SCHUPPEN Duo unterstützte solidarisch die Umtauschaktion mit 100-DM-Begrüßungsgeld für jeden Zwangsumtauschenden.


Kultureller Rahmenbeitrag – auf jedem Schein ein Gedicht von Hermann Sievers!

Arbeitsergebnis aus dem SCHUPPEN 68 Workshop „Wie verarbeite ich einen Zwangsumtausch angstfrei und nachhaltig?“

06.11.2014 – SCHUPPEN 68 unterstützt mit 100-DM-Begrüßungsgeld Umtauschaktion „Bild“ gegen „Titanic“!
Termin: 08.11.2014. Ort: Hannover, Platz der Weltausstellung, Karmarschstr., ab 12.30 Uhr.

Klaus-Dieter Gleitze und Hermann Sievers vom SCHUPPEN 68 werden am 08.11.2014 ab 12.30 Uhr die Umtauschaktion „Bild“ gegen „Titanic“ der Partei „Die PARTEI Niedersachsen“ unterstützen: Jeder Umtauschwillige, der seine Bildzeitung gegen ein Exemplar der „Titanic“ eintauscht, erhält zusätzlich 100-DM-Begrüßungsgeld! Klaus-Dieter Gleitze & Hermann Sievers vom SCHUPPEN 68 unterstreichen lebhaft:
„Wir unterstützen seit Jahrzehnten die Partei „Die PARTEI Niedersachsen“, zwischen den SCHUPPEN 68 und die Partei „Die PARTEI Niedersachsen“ passt kein Blatt, höchstens mal eine Kiste Bier. Diese Umtauschaktion ist besonders sinnvoll, weil sie gut ist. Umgekehrt gilt das Gleiche!“

Prominentester und begeisterter Abnehmer des 100-DM-Begrüßungsgeldes war bei der Einheitsfeier Ministerpräsident Weil. Details in unserer PM hierPM SCHUPPEN 68 unterstützt Umtauschaktion „Bild“ gegen „Titanic“

04.11.2014 – Unsere Personaldecke ist zu dünn!

Personaldecke SCHUPPEN 68 – zu dünn! Wir sind ein harter Kern von sechs bis acht Leuten und wenn drei von uns ein neuartiges Zeitungskonzept entwickeln und das fertige Produkt dann auch noch vertreiben, kommen wir sofort an Grenzen, zumal jeder von uns noch anderswo Geld verdienen muss. (Zeitungsprojekt HEZ – Hannöversche Einheits Zeitung zum Angucken hier) Natürlich „kaufen“ wir immer weitere Künstler/innen und Dienstleistungen dazu, wir sind in der glücklichen Lage, für Kulturarbeit bezahlen zu können, weil wir Fördermittel einwerben. Aber für die großen Projekte der nächsten Jahre brauchen wir ein größeres Kernteam. Wer also Lust und Interesse hat, kann sich gerne melden.

03.11.2014 – Zwangsumtausch! Am 8.11 werden alle Haushalte bundesweit gratis mit der „Bild“ vermüllt. Dazu eine Pressemitteilung der Partei „Die PARTEI Niedersachsen“, einer Organisation, die man dem erweiterten Umfeld des SCHUPPEN 68 zurechnen kann.

Liebe Medienvertreter,
gerne möchten wir Sie über folgende Aktion der Partei Die PARTEI in Kenntnis setzen, die am 08.11.2014 in vielen Städten Deutschlands, darunter eben auch in Hannover stattfindet:
Am 8.11. wird erneut an alle Haushalte in der BRD ungefragt eine Bildzeitung zugestellt. Leider wird nicht mitgeteilt, was man mit diesem reaktionären Schmierblatt machen soll. Eine wünschenswerte Heizstoffspende nach Syrien oder Irak kommt aus logistischen Gründen nicht in Frage, so dass sich Die PARTEI mit ihrem Sponsor Titanic-Magazin eine praktikable Lösung des Papierproblems erdacht hat. Zum großen Mauerevent am 08.11.2014 tauschen wir jede (in Worten: jede) „Gratisbild“ gegen ein Faktenmagazin der Marke „TITANIC“ um. Ohne wenn und aber! Machen Sie das Beste aus Ihrem Papiermüll und genießen Sie einen Frühnachmittag mit Mauerpropaganda und bunten Witzheftchen. Lernen Sie mit uns den alten ostdeutschen Brauch des Zwangsumtausches kennen, ein heute weitgehend vergessener Ritus der SED Schreckensdiktatur (in der übrigens Leute wie Joachim Gauck und Manfred Stolpe für des Seelenheil der Bürger zuständig waren. Zum Glück lange vorbei). Das hat die Welt noch nicht gesehen und wir versprechen, dass sie das auch nie wieder sehen muss.
Der Info-Stand der PARTEI ist angemeldet für den 08.11.2014 ab 12 Uhr in der Fußgängerzone Hannovers, Nähe Kröpcke. Über eine Vorberichterstattung würden wir uns sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Jens Bolm
Die PARTEI Niedersachsen
Jens Bolm, 2. Schatzmeister
Tel.: 0179/5176599
e-Mail: bolm@partei-nds.de
Politbüro: Die PARTEI Niedersachsen, An der Lutherkirche 10, 30167 Hannover

31.10.2014 – Für jede Aufnahme einen Cent und ich würde sofort auf die Malediven fliegen.

Für jede Aufnahme unserer Mauer von der Einheitsfeier einen Cent und ich würde sofort auf die Malediven fliegen. Das Teil war das meistfotografierte und gefilmte Objekt da. Zurecht.

29.10.2014 – Das Video unserer Kunstintervention zur Einheitsfeier ist da, klick hier!

Was hat es mit der Geldübergabe an Ministerpräsidenten Weil auf sich? Das alles und noch viel mehr über unsere Aktion „Die Mauer muss weg“ und die vom Kinderschutzbund „Mitten drin!“ in einem bunten Bilderreigen, bei dem uns sogar eine leibhaftige Bundeswehrkapelle den Marsch bläst. Das Video ist vom Videokünstler Christian Donner vom hannöverschen „Atelier ohne Titel“. Wer Videodokumentationen oder Videokunst möchte, hier der Kontakt. Denken Sie daran: Was nicht dokumentiert ist, hat niemals stattgefunden. Ob das auch für Ihr Leben gilt, liebe Leserinnen? Das ist eine philosophische Frage von derartig grundlegender Bedeutung, dass wir sie ein andermal diskutieren.

28.10.2014 – Mal was völlig anderes an diesem Ort (ist das Internet ein Ort?) – aus aktuellem und beruflichen Anlass:

Grenzen der Gerechtigkeit? Armut in Europa und Niedersachsen. Die Spaltung zwischen Arm und Reich wächst. Mehr soziale Gerechtigkeit und weniger Armut in Europa und Niedersachsen – aber wie? Antworten auf diese Frage sucht ein breites Bündnis von Veranstaltern einer Fachtagung am 20.11.2014 im Freizeitheim Linden in Hannover. Details hier LAK Fachtag Flyer Anmeldung-Grenzen der Gerechtigkeit-Armut in Europa und Niedersachsen. Ich freue mich auf zahlreiche Anmeldungen, wir sehen uns am 20.11!

26.10.2014 – Der Tod von Promis macht mich nicht betroffen. Ich kenne die ja nicht und „betroffen“ ist eine ähnliche Gruselkategorie wie „querdenken“, „rebellisch“ oder „sensibel“. Mit Leuten, die diese Eigenschaften auf sich vereinen, möchte ich den Planeten lieber nicht teilen. Aber die Nachricht, dass Jack Bruce gestorben ist, hat mich schon berührt. Kein Musiker hat mich mehr beeindruckt. 1968, im Gründungsjahr des SCHUPPEN 68, gab er mit seiner Band Cream das Abschiedskonzert, einen Eindruck erhält man hier. Zur Erinnerung und zum Vergleich: Nr. 1 Hits in Deutschland waren 1968 Peter Alexander mit „Der letzte Walzer“, Heintje mit „Heidschi Bumbeidschi“ oder auch Oberschülerfolkore wie „Hey Jude“ von den Beatles, ein jammervoller Tiefpunkt der Rockmusik. Kein Wunder, dass die Musik von Bruce meinen Schülerschädel mehr von Konventionen freipustete als alle gängigen Pamphlete der damaligen Zeit. Über das ganze aufgesetzte heuchlerische 68er Politikrebellengetue hatte er nur Spott übrig:
“Hey now baby, get into my big black car.
I just want to show you what my politics are.
…..
I support the left, though I’m leaning, leaning to the right.
But I’m not there when it’s coming to a fight.”

(aus “Politician”, 1968, hier beim Cream Reunionkonzert 2005)

1988 war er anlässlich eines Auftritts in Hannover bei einer Aftershowparty im SCHUPPEN 68, der damals noch stand. Ein Mitglied unserer damaligen Band „Flying Sackbarrow Brothers“ erzählte ihm begeistert, wie er in ihn London 1964 in einem Konzert erlebt hatte. Bruce: „Good God, must have been my father.“ Schön auch sein Spruch über die mitunter nicht enden wollenden Improvisationen von Cream:
„… we’d get to the end of a long improv and I’d be wracking my brain to remember what the song was!“ Wer so einen Humor hat, kann auch singen, und wie, hier bei „Theme from an imaginary western.“
Leberkrebs. Kein Wunder, der Mann war Schotte. Ein finales „Prost“ und nun wieder an die Erwerbsarbeit, an einem Sonntag um 08.32 Uhr, da könnte man echt besseres machen:-(. Das Leben ist .. ach, was soll das Gejammer. Ist schon ok so.

25.10.2014 – Was ist an diesem Foto obszön?

Stilgefestigte Leserinnen haben es sofort erraten: Der offene Knopf des Hemdes, der den Blick auf Unterwäsche freilegt. Asche auf mein Haupt! Hier noch einmal zu Erinnerung ein paar Kleidungsgesetze für Männer: Das synchrone Tragen von Sandalen und Socken ist verboten. Das Tragen von Sandalen ist verboten. Das Tragen von kurzen Hosen ist verboten. Der Blick auf Unterwäsche ist verboten. Das Tragen von 96 Prozent dessen, was Männer in der Öffentlichkeit tragen, ist verboten. (Man wird von Grauen gepackt, wenn man sich vorstellt, wie sich diese Männer im privaten Bereich kleiden. Es muss apokalyptisch aussehen.) Grundsätzlich sollten Männer sich in Geschmacksfragen an dem orientieren, was ich trage. Da kann man wenig falsch machen.
Zu Accessoires: Das sichtbare Tragen von Kamerataschen am Gürtel wie im hier vorliegenden Fall ist nur in Ausnahmesituationen gestattet wie Beruf, Hobby, Erotik.
Und sagen Sie, meine Herren, bitte nicht, Stilfragen seien doch nachrangig, Geschmack beliebig und überhaupt käme es doch auf innere Werte an. Blödsinn! Wer in Stilfragen nachlässig ist, dürfte es im Normalfall auch in Fragen von gedanklicher Präzision, Ethik und zwischenmenschlichen Beziehungen sein. Something completely different: was macht eigentlich die FDP?

19.10.2014 – Pünktlich zur Grippesaison wird Hannover vom Kunstfieber infiziert und ich bin mittendrin. Als Gast bei der Premiere der gleichnamigen Veranstaltung am 05.11.14, 20:00 Uhr, in der Cumberlandschen Galerie in Hannover. Zitat: „Kunstfieber wird einen neuen und performativen Weg gehen, um Persönlichkeit, Arbeitsprozess und den Blick des Künstlers auf sein Werk zu thematisieren. Die Zuschauer werden keine passive Rolle spielen. Sie werden ermutigt, sich am Gespräch zu beteiligen.“
Das kann echt drollig werden, wenn Zuschauer meine Persönlichkeit thematisieren. Die thematisiere ich noch nicht mal selber, aus Rücksicht auf mein empfindliches und cholerisches Naturell. Ich halte es eher mit Drafi Deutscher, „Nimm mich so wie ich bin“. Mit so Zeug bin ich musikalisch sozialisiert worden, das Lied ist von 1966. Da waren vermutlich die Eltern der anderen anwesenden Künstlerinnen noch nicht mal geboren. Wenn das kein Anlass für eine Altersdepression ist …Andererseits lässt Eos gerade verheißungsvoll den wohl letzten wundervollen Spätsommertag des Jahres über meine Veranda gleiten, der mit einem Viré-Clessé begrüßt werden will. Wer wollte da hadern. Und der verantwortliche Kollege Florian Fischer geht das Kunstfieber energisch und professionell an, in Künstlerkreisen weiß Gott keine Selbstverständlichkeit. Das muss unterstützt werden, also werde ich performativ mein Bestes und Letztes geben und alle Leserinnen sind ultimativ aufgefordert, zu kommen, am 05.11.2014 in die Cumberlandsche .

Für einen Moment der Geschichte existierte die Mauer zwischen Arm und Reich nicht mehr, kaputt geschossen an unserem Zelt bei der Einheitsfeier

17.10.2014 – Hotels sind ein Universum für sich. Keine neue Erkenntnis. Aber Erfahrungen am eigenen Leibe prägen erheblich nachhaltiger als papierne Lektüre, zumal unter den Umständen eines Kulturarbeiters, der wie ich nicht gerade der Topliga angehört. Angesichts eines Etap Hotels nach einem Auftritt auf dem Gebiet der ehemaligen Ostzone entfloh mir der bittere Stoßseufzer: „Danach kommt nur noch die Parkbank.“ Wenn dann auch noch eigenes Programm und Publikum so gut zueinander passen wie ein Marihuanaraucher als Pförtner beim Landeskriminalamt, wünscht man sich schon, man wäre was ordentliches geworden. Mittlerweile habe ich wenigstens jede erdenkliche Art der Türöffnung an Hotelzimmern enträtselt, Schlüssel gibt es nur noch in kleinen Hotels in Südeuropa, und wie man das Wasser an Waschbecken zum Laufen bringt – der Hahn ist eindeutig eine aussterbende Gattung. Manchmal aber wird man für alle Unbill dieser Art des Reisens entschädigt, wie hier in diesem tollen Hotel in Brüssel, das sogar Spione in der Zimmertür hat.

Stundenlang starrte ich gruselnd fasziniert durch den Spion, jeden Moment schien Jack Nicholson mit der Axt durch die Tür zu brechen. Und der Auftritt war auch, wie gesagt, toll. Das zaubert mir angesichts des Regens, der gerade um 7.12 Uhr an mein Fenster prasselt, in der Erinnerung immer noch ein paar Sonnenstrahlen ins Gemüt. Mit dieser tendenziell ins Kitschige lappende Formulierung entlasse ich Sie, liebe Leserinnen, mit den besten Wünschen ins Wochenende.

12.10.2014 – Mein Erstaunen war grenzenlos.

Da hatte ich zum Gründungskongress einer Landesreichtumskonferenz 10 der reichsten Niedersachsen eingeladen und keiner war gekommen! Geschehen bei der Einheitsfeier am 3.10 in unserem Zelt bei der Intervention „Die Mauer muss weg!“. Wenn ich was nicht leiden kann, ist es Unhöflichkeit.Ein paar hatten abgesagt, Maschmeyer wegen Flitterwochen, das geht in Ordnung, aber der Rest scheint unter einem eklatanten Mangel an Courtoisie zu leiden. Sollte etwa was dran sein am Diktum, dass gerade die höheren Stände mitunter Mob- oder Prollähnliche Züge an den Tage legen? Für einen Moment war ich echauffiert, aber die Sonne überstrahlt in diesen zauberhaften Spätsommertagen eines Oktobers aus dem Bilderbuch einfach alles.

09.10.2014 – Der Beinahe GAU.

Auftritt in der nieders. EU Vertretung in Brüssel vor illustren Gästen, direkt nach der Einheitsfeier. Was man nicht sieht (logisch): Als ich am Morgen des Auftritts aufwachte, war meine Stimme weg. Kein Wunder, unverstärkt 2 x 10 Stunden bei der Einheitsfeier gegen den Mega-Lärm da moderieren, diskutieren, Walk acts, das hätte selbst Demosthenes die Stimmbänder zersägt. Gut zu wissen, dass Freund & Kollege Sievers mit von der Partie war, dessen mitfühlender Kommentar im Zug auf der Hinfahrt lautete: „Dass ich Dich noch mal schweigend erleben darf…“
Es wurde dann einer unserer besten Auftritte. Das politische Brüssel war begeistert und im Zugabenteil war ich derartig Adrenalin gepowert, dass ich selbst mit zwei gebrochenen Beinen Steptanz aufgeführt hätte.

01.10.2014 – Was da brennt, ist echtes Geld!

NDR TV Hamburg Journal Wollen Sie sich so was am 02. und 03.10 bei unserer Intervention zur Einheitsfeier „Die Mauer muss weg“ entgehen lassen? (Hannover, Niedersachsenmeile, Zelt Landesarmutskonferenz, Ecke Friedrichswall/Culemannstr.) Das alles und noch viel mehr …

26.09.2014 – Volles Programm bei der Einheizfeier!

Die Mauer muss weg Programm – Die Mauer muss weg!! Mittlerweile kündigen sich schon Promibesuche an unserem Zelt an. Unter anderem die niedersächsische Sozialministerin Cornelia Rundt, was mich besonders freut. Aus ihrem Haus kommen gute Politikansätze (könnte man noch besser machen, aber auf mich hört in dem Laden ja keiner) und sie ist angenehm unprätentiös, anders als manche Herren der Politikschöpfung, die gerne schon mal einen auf dicke Hose machen. Das geht mir unter anderem auch deshalb auf den Senkel, weil ich selbst mitunter zu Gockeltum neige und andere schon mal en passant spüren lasse, dass ich der Barthel bin, der den Most holt.
Ob die Sozialministerin ihre Mitarbeiter auch mal richtig zusammenscheißt? Gut, dass ich nirgendwo Chef bin. Andererseits: Immer nur mit der reinen Kraft der Überzeugung Leute dazu zu bringen, an Projekten mitzuarbeiten (bei denen es normalerweise keine Reichtümer zu verdienen gibt), ist manchmal echt anstrengend.
Jetzt muss ich aber hurtig 5 Euro Scheine einstecken, morgen verbrenne ich echtes Geld am Jungfernstieg in Hamburg. Eine Gegend, in der jeder zweite Flaneur Millionär ist. Echtes Geld zu verbrennen dürfte einer der letzten Tabubrüche sein. Wenn ich am Jungfernsteig Sex hätte, würde das vermutlich weniger öffentliches Ärgernis erregen. Andererseits, ich bin keine 30 mehr und ….

22.09.2014 – Die Mauer muss weg – Mauern einreissen für alle. Performance am 02. und 03.10 um 17 Uhr an unserem Zelt.

Aufnahmen von der Generalprobe 1990 in Berlin. Heute gibt es nur noch wenige Restsegmente, die bekannte Touri-Ära East Side Gallery ist nur eine ehemalige Hinterlandsicherung. Aus heutiger Sicht würde man vermutlich die komplette Mauer stehen lassen und zu einer riesigen Event Zone gestalten. Bin gespannt, was aus unserer Mauer wird. Kommen Sie doch einfach mal vorbei und lassen Sie Ihrem Destruktionstrieb freien Lauf. Wo genau, siehe unter 16.09.

18.09.2014 – Zwei großartige Künstlerinnen sind am 02. und 03.10 an unserem Zelt auf der Einheitsfeier vertreten (siehe auch Eintrag vom 16.09.).

Sigi Grunwald mit „Stay Rich! The fundamental rules for living the Richies life“ von 2013. Ein Leuchtband, auf dessen Display Regeln des Kapitalismus durchlaufen, immerfort, 24 Stunden am Tag. Der Kapitalismus macht ja schließlich auch keine Pause. Auf mich wirkt das Betrachten dieser flackernden Werbepenetration des eigenen Hirns wie eine negative Kontemplation; nach ein paar Minuten möchte ich schreien, irgendwas kaputt machen. Da sage noch einer, Kunst löst nichts aus. Geniale Idee, hintersinnig umgesetzt (Der Spruch „Stop loss“ hängt an der Eingangstür zum Unterbewusstsein eines jeden Börsendealers).
Übrigens, wussten Sie schon, dass das Geschäftsmodell von Künstlerinnen der Verkauf ihrer Werke ist? Sämtliche Arbeiten aller Künstlerinnen, die an unserem Zelt vertreten sind, können gekauft werden!
Harriet Sablatnig ist mit einer Kunstaktion vertreten, die noch nicht verraten wird. Mehr demnächst, schauen Sie wieder rein. Hier Harriets Bild vom Projekt „Armut? Das ist doch keine Kunst!“

Harriet Sablatnig, Das goldene Kalb. Dieses Bild ist keine Behauptung. Normalerweise sind Kunstwerke Träger von Bedeutungen, sie behaupten etwas. Das goldene Kalb nicht. Das ist Gold, echtes Gold, der Stoff, aus dem Träume sind und für den Kriege geführt werden. Jetzt sieht das Kalb schon nicht mehr ganz so niedlich aus, oder? Wenn Sie das begriffen haben, wissen Sie, wie Kunst funktioniert. Trauen Sie niemals Ihrer Wahrnehmung. Das Bild ist also gleichzeitig ein kleiner Exkurs über die grundsätzliche Wirkungsweise von Kunst. Beide Künstlerinnen sind überaus sympathische Zeitgenossinnen, die sich gerne mit Ihnen an unserem Zelt über ihre Kunst unterhalten und mit Ihnen einen Termin zur Atelier-Besichtigung ihrer Werke zwecks Kauf vereinbaren.
In meinem Garten krabbelt mühsam die Morgensonne über den Horizont, in den Tag hinein. Bald wird sie strahlen und dann sinkt meine Lust auf Arbeit sofort unter Null und der Freiheitsdrang schreit: Raus, ins Leben! Scheißkapitalismus.

16.09.2014 – Die Mauer muss weg, schön und gut. Aber wo steht das Teil überhaupt?

Da, am LAK Zelt Nr. 207. Das Volk ist dabei und auch viel Prominenz. Ein Zyniker aus dem erweiterten Lenkungsausschus des SCHUPPEN 68 zur Planung der Feierlichkeiten zum Einheitstag merkte an: „Tolle Intervention und geniale Gelegenheit. Es gibt nur Dinge, auf die ich da verzichten kann: Auf die Prominenz und auf das Volk.“
Oh, Ihr Spötter, ist nichts Euch heilig?!
Ist es nur schnöde Gier nach Geld und fahlem Ruhme, die Euch treibt?
Weht in Euch kein Hauch von Ehre, Stolz und schöneren Gefühlen?
Dass einem Ganzen Ihr Euch zugehörig fühlt, das größer noch als Ihr?
Nein? Tut es nicht? Das ist Euch völlig piepenhagen?!

Na, das kann ja was werden an unserem Zelt…..

15.09.2014 – Die Mauer muss weg! Erste Einzelheiten unseres sensationellen Programms vom 02. und 03.10.2014 bei der Einheitsfeier sickern durch. Aus gewöhnlich wohlunterrichteten Kreisen (von mir, ich muss es ja wissen, ich plane das Ding ja auch gemeinsam mit Beinsen & Sievers) verlautet, dass es das beliebte 100-DM-Begrüßungsgeld wieder geben soll

War bei den Zonis sehr beliebt. Ist immer noch gültig. Es wird darauf hinauslaufen: unsere poetischen Inszenierungen, ambivalenten Anspielungen und hintersinnigen Kommentare zur Lage der Nation interessieren wieder keine Sau, aber für das Begrüßungsgeld wird „Wir sind das Volk“ unser Zelt einer Stampede gleich in den Erdboden stampfen. Ich werd Beinsen & Sievers für diese Aktion einteilen und mich in den VIP Bereich, gleich bei uns um die Ecke, verzupfen. Wozu hat man schliesslich Freunde …

12.09.2014 – HEZ, Hannöversche Einheits Zeitung.

Dahinter stecken immer mehrere kluge Köpfe, siehe auch hier. Die dort erwähnten drei Art-Brothers Beinsen, Gleitze & Sievers drohen schon nächste Schritte an: „Rosa Luxemburg hat 2021 Geburtstag: 150 Jahre! Da verhüllen wir den Reichstag ganz in Rosa, mit einem Leuchtband, auf dem steht: „Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden!“. Den Soundtrack dazu liefern die ingeniösen Neville Brothers mit „Sister Rosa“, wobei es um diese Rosa geht. Sah die Neville Brothers mehrfach live, unfassbarer Grove, Soulgetränkt, mit Ethnoarabesken der funkigsten Art. Wer dazu nicht tanzt, ist schon tot. Manche Zeitgenossen in der Straßenbahn riechen mitunter schon zu Lebzeiten so. Die Welt ist ein Jammertal voller Zumutungen, Ödnis und schierer Impertinenz. Hinwiederum – unlängst lächelte mir die schöne Unbekannte wieder zu. Bin mir jetzt sicher, es war ein Lächeln und keine Gesichtslähmung, was ich beim ersten Mal noch ins Kalkül zog. Und nun zu etwas völlig anderem…

07.09.2014 – Lieber Hammern und Sicheln als Jammern und Picheln. Hieß es früher mal. Also das mit dem Jammern kann ich nach wie vor vorbehaltlos unterstützen. Ich hasse Jammern. Und daher will ich meine Bemerkung vom 04.09 über ökonomisch erfolgreichere Angehörige meiner Alterskohorte keinesfalls als Jammern verstanden wissen, sondern nur als quantitative Feststellung. Ein humanistisch gebildeter Logisgast brach unlängst beim gemeinsamen Frühstück in meinem Garten in den Ruf aus, indem er das Areal mit ausholender Geste beschrieb:

“Welch locus amoenus (lieblicher Ort)!“ Wohl wahr und wer wollte da klagen. Das Gegenstück dazu ist „locus terribilis (schrecklicher Ort)“. Der baut sich dräuend vor mir auf: mein Schreibtisch. Die Einheitsfeier am 2. und 3.10 in Hannover wirft dunkle Schatten. Fragen drängen sich in mein ohnehin von Melancholie und Regen getrübtes Gemüt: Kommen alle Künstler zu unserer Intervention pünktlich, meint: Treffen sie ungefähr den richtigen Tag? Wie rechne ich die Fünf-Euro Scheine ab, die ich wieder coram publico verbrennen will? Hat die Partei doch recht? Wer hat den Käse zum Bahnhof gerollt? Sind so viele Fragen, daher kann ich in Anbetracht meines derzeitigen Zustandes das mit dem Picheln nicht unterstützen. Ein charmanten Start in die neue Woche und denken Sie daran: Wer zu spät kommt, ist immer rechtzeitig am falschen Platz.

04.09.2014 – Ich bin immer noch ein Revoluzzer!

Streetfighting man. Die meisten Angehörigen meiner Alterskohorte sind ökonomisch mehr reüssiert als ich. Das kommt auch zur Feier von Geburtstagen zum Tragen, den die Besserverdiener gerne in gutbürgerlichen Restaurationen der gehobeneren Schichten begehen. Wenn ich von Freunden dazu eingeladen werde, halte ich die allfälligen Reden lieber selber. Außer mir höre ich kaum jemanden gerne reden und die meisten Vorträge zu solchen Anlässen sind furchterregend öde. Wenn man Glück hat, versteht man den Redner nicht, weil er zu leise ist. Oder ich schon eingeschlafen bin. Ich veranstalte bei so was gerne einen Pantomimequiz, bei dem das Publikum Stationen aus dem Leben des Jubilars raten muss und bei richtigen Antworten Buerlecithin, Frauenherz oder Viagra gewinnt. Wenn Lehrer im Publikum sind, dürfen sie auch Werke der Weltliteratur raten. Im obigen Fall Faust. Von Goethe. GEWlerinnen kommen dann auch schon mal auf das Kapital. Von Marx.
Das freut das Herz eines Revoluzzers. Ich bin eben immer noch ein streetfigting man, jetzt aber Umständehalber drinnen. Draußen wird es ja jetzt doch langsam kühl.

30.08.2014 – Die Mauer muss weg: Erste Einzelheiten sickern durch!
Am 02. und 03.10.2014 findet in Hannover die Einheitsfeier statt. Die Mauer zwischen Arm und Reich in unserer Gesellschaft wird immer größer. Diese Mauer muss weg. Eine Intervention zur Feier des „Tag der Deutschen Einheit“ in Hannover 2014 von Achim Beinsen, Klaus-Dieter Gleitze und Hermann Sievers, für die

Landesarmutskonferenz Niedersachsen. Jeder kann dabei mitmachen und besonders herzlich sind Menschen mit geringem Einkommen eingeladen. Ein Feuerwerk der kreativen Laune, mit:
Die Mauer muss weg! – Performance Mauern einreißen für alle. Mit echter Mauer! Eine Landesreichtumskonferenz mit den 10 reichsten Niedersachsen (eingeladen u. a. Dr. h. c. Carsten Maschmeyer, Martin Kind und Dirk Rossmann), Straßenmusik mit den Violin Guys, Onkel Olli’s Einheits-Cocktailkutsche, die HEZ – Hannöversche Einheits Zeitung, 100 DM-Begrüßungsgeld, das beliebte Einheitsquiz mit wertvollen Preisen, eine Tauschbörse: Ideen gegen Armut für ideellen Reichtum, Poetry Slam mit den „Einheizern“ usw. …

27.08.2014 – Die Natur ist manchmal albern.

Sonnenblume versperrt mir den Weg nach draußen. Kaum bin ich paar Tage weg, macht die Natur was sie will, alles wächst kreuz und quer, ohne das mal einer nachdenkt. Ich bin ja schließlich derjenige, der da schneidet, düngt und gießt. Was ist, wenn ich nicht mehr rauskomme?! Aber nein, soweit denkt eine Sonnenblume ja nicht. Bisschen arrogant geworden, seit wir das Symbol der Grünen sind, oder? Oder ob die Sonnenblumenbockigkeit daran lag, dass ich dieses Mal vergessen hatte, die Nachbarin ums Giessen zu bitten?

25.08.2014 – Gegen den Normalzustand.

Mein derzeitiger Normalzustand ist müde. Ausserdem ist mir schweinekalt. Blick auf Thermometer innen: 16,8 °!
Ich sitze im Pulli am Schreibtisch, meine Hände sterben ab, der Rest bestimmt bald auch. Behalten Sie mich in guter Erinnerung. Aber im August mach ich die Heizung nicht an. Was ist das für ein Sommer …

22.08.2014 – Bericht über die Turnhalle
Unsere Turnhalle ist nicht sehr groß aber auch nicht sehr klein.
Bevor Frau Brunnenmeier entscheidet was wir heute machen
Dürfen wir so 10 min. alleine spielen und wenn Frau Brunnenmeier. dann dreimal pfeift
Dann müssen sich alle Kinder auf die Bank oder in den Kreis setzen je nach dem bei manchen
Kindern klappt das aber noch nicht so richtig wie zum Beispiel Kevin, Samira oder Marc Oliver.
Die Spiele von uns:
Brennball, Chinesische Mauer, Fußball, Fischer, Fischer wie tief ist das Wasser. , Hockey, Springseil.

Einer der seltenen Fälle, in denen ich anderen Autoren Raum in diesem Blog einräume. Dieser Bericht ist vom Fähnleinführer R. (8 Jahre) der FJS (Freie Jugend SCHUPPEN 68), den ich hiermit herzlich grüße. Fähnleinführer R. berechtigt zu den allergrößten Hoffnungen im Kreativbereich. Vater H., sachlich und nüchtern: „Er kann alles, singen, schreiben, zeichnen.“

Ceci n’est pas une Turnhalle. Da wurde aber auch gesungen, geschrieben und gezeichnet…

20.08.2014 – Manchmal breche ich auf offener Strasse zusammen.

Na ja , ersatzweise in hysterischer Gelächter aus, wenn ich derartiges Scharlataneriegedöns lese.
What the fuck ist zum Beispiel BodyTalk? Ficken für Esoteriker? Wer glaubt, ich sei wohl respektlos ohne Kompetenz und Humor unvorhergesehen aus dem Bett gefallen und jetzt krank, weil ich verbal so rumrempele, dem empfehle ich Lektüre von der Homepage der Dame, Rechtschreibung und Grammatik, soweit man davon reden kann, im Original:
„Dazu bietet das Zusammenspiel meiner langjährigen therapeutisch, energetischen Körperarbeitserfahrung mit meiner Qualifikation im BodyTalkSystem einen sicheren, geschützen Raum, in welchem Respekt, beidseitige Kompetenz und Humor ihren Platz haben. Dieser Dynamik entsprechend arbeite ich gerne mit Unvorhergesehenem & Wunderbarem, welches sich in unserem Leben Gehör verschafft – meist zunächst in Form einer Krankheit oder Krise.“
Ob da ein Lacksack in der Praxis steht, wegen Humor? Es ist alles ein so grauenhaftes Geschwalle, ohne jeden Respekt vor irgendetwas, dass man schier verzweifeln möchte. Und für so was gibt es Zuzahlungen von den gesetzlichen Krankenkassen. Ich krieg vor lauter Ärger gleich wieder Migräne …Aber die ist ja auch nur etwas Wunderbares, was sich in meinem Leben Gehör verschafft.

17.08.2014 – Verfall einer Utopie.

Gesehen am Boxhagener Platz, Berlin-Friedrichshain. Grenzüberschreitendes Wanderkino. Am Kollwitz Platz in Prenzlberg gerieten wir in die Dreharbeiten für eine ZDF Serie namens „Die Lebenden und die Toten“ und Thomas Gottschalk kreuzte unseren Weg. Der Unterschied liegt in der Differenz, sach ich immer. Der Sommer dreht ins frühherbstliche, da kann man schon mal Depressionen kriegen. Auch sonst. Und wo bleibt das Positive? Was tröstliches für den Wochenanfang? Fällt mir nicht ein. Bin ich Pfarrer Sommerauer? Soviel zur Verortung meiner frühkindlichen TV Sozialisation….

16.08.2014 – Kunst mich mal.

Berlin-Friedrichshain, Hauswand, Tape Art. Unter einer dicken Schlacke von Tourismus (ja, dazu gehöre auch ich) und Gentrifizierung (ja, davon teilprofitiere auch ich) lodert in Friedrichshain doch noch ein Rest wilder Kreativität. Das ist wohl der Unterschied zu Prenzlberg. Da lodert unter einer dicken Wohlstandsschlacke nur noch der Verfall. Das Essen im „1900“ am Kollwitzplatz, dem rotgrünen Schickimickiplatz in Prenzlau schlechthin, war allerdings wieder ganz herausragend. Fürn schlappen Zehner drei Gänge (das bezahlen Sie am Montmartre nur für ein Lächeln des Kellners, das Sie eh nie kriegen)), dazu gab es einen muskulösen Grauburgender, hinterher einen fruchtigen Quittenbrand. Das Ganze am frühen Nachmittag, ich war entsprechend breit, dann klingelte das Handy und eine Castingfirma wollte mich für eine Quizsendung casten. War das ein „Hallo“ an unserem Tisch. Berlin ist eben immer eine Reise wert. Ich musste in meinem Leben allerdings schon so oft abseits der Norm improvisieren, dass es mir ein Leichtes war, den Nüchternen zu spielen. Und am schlimmsten ist für mich nach wie vor Technikaufbau (manchmal brauch ich Beamer und so Zeug) im laufenden Betrieb einer Veranstaltung oder Auftritt, bei der die Verantwortlichen Null Plan haben. Dann lieber den Nüchternen geben.

11.08.2014 – Freibier & Erbsensuppe: diese (einzige) Wahlkampfparole unserer Partei SCHUPPEN 68 aus dem Jahre 1991 wird mich sicher bis an mein Lebensende verfolgen.

Einer von zwei Wettgewinnen bei meinen ansonsten krachend in die Hose gegangenen Wetten zur WM. Es ging um eine ungewöhnliche Flasche Bier und diese Flasche gewann ich gegen die bezaubernde E. G. (vollständiger Name der Redaktion bekannt) – nicht ohne im Gegenzug eine Pulle Roten gegen sie zu verlieren. Sic transit gloria mundi. Ich bin nicht mit dem Internet groß geworden, muss es aber nutzen und tue dies mitunter sehr gerne, wie im hier vorliegenden Blog. Dieser Blog wird von mehreren tausend Leserinnen im Monat offensichtlich nicht nur besucht, sondern auch aufmerksam gelesen. Kaum verabschiedete ich mich im letzten Eintrag für kurz nach Berlin, halbierten sich die Besucherinnenzahlen. Kann aber auch am Sommerwetter gelegen haben. Trotz NSA: wer weiß das schon so genau. Trotzdem bin ich irgendwie gerührt. Aber jetzt bin ich wirklich wech; Ende der Woche wieder da. Aber wer weiß das bei Künstlern schon so genau….

09.08.2014 – Brotlose Kunst.

Mein Beitrag als Künstler für die famosen Papergirls. Jetzt wissen Sie, warum ich mein Geld auch als Kulturmanager verdiene mit der Organisation von Events. Bei dieser Preisgestaltung von Kunstwerken reißt auch der größte Umsatz mich nicht aus den roten Zahlen.
Ein Event Beispiel, an dem ich gerade arbeite: Das Projekt „Armut? Das ist doch keine Kunst!“ finden Sie beim Fest der Einheit am Stand 207. Ein schönes Beispiel für einen brillanten Claim (früher nannte man das schlicht: Slogan): Die Mauer muss weg. Das erregt Aufmerksamkeit und bringt den gesamten komplexen Inhalt unserer Intervention, die soziale Spaltung im Land, präzise auf vier Wörter. Vergleichen Sie das mal mit dem Rest der Claims und Intros bei der Präsentation der Ländermeile. Wenn ich daran denke, was hochbezahlte Werbeagenturen nur für so einen Claim abgreifen, kommen mir angesichts meines Stundenlohns mal wieder die Tränen. Kann aber auch die verdammte Zwiebel sein, die ich nebenbei gerade schneide für Tomatensoße. Glauben Sie bloß nicht, dass Homeoffice das Paradies auf Erden ist. Sonnige Tage noch, ich bin dann mal kurz wech, in der urbanen Vorstufe des Paradies: Berlin.

06.08.2014 – Oralsex auf meiner Veranda.

Wo ich hinkomme, überall Ferkeleien, Sauereien, Schweinereien. Der Kapitalismus wurde nicht mit hemmungslosem Triebleben, sondern Verzicht zur Blüte gebracht. Das scheint zu den Engeln nicht durchgedrungen sein. Engel sollen laut meiner Erinnerung –das verifiziere ich bestimmt nicht durch googlen, sooo wichtig ist mir das auch nicht – geschlechtslose Wesen sein. Ich glaube das nicht, ich glaube vielmehr, dass Engel androgyn sind und zu polymorph-perverser Sexualität neigen, was von interessierter Seite bisher unterdrückt wurde. Ich stelle mein Beweismaterial der Welt zur Verfügung und möchte darauf hinweisen, dass hier auch Liebe mit im Spiel ist, siehe Engel im Vordergrund, es sich also keineswegs um Emotionsfreies Rumferkeln handelt! Bin gespannt, was sich da morgen früh abspielt, vielleicht ein flotter Dreier oder so was!? Andere gehen in Peepshows (gibt’s die noch?), ich auf meine Veranda. Und wenn ich mir den Berg Arbeit angucke, der auf mich wartet und mein Geschreibsel hier, frage ich mich allen unterdrückten Triebernstes, ob ich noch alle Latten am Zaun habe, so meine Zeit zu vergeuden, damit Sie, verehrte Leserinnen, sich einen Jokus machen können.

01.08.2014 – Ich bin ein analer Zwangscharakter mit wahnhafter Fixierung auf Sekundärtugenden. So eines der Urteile meiner Umwelt über mich. Ja, ich bekenne, ich insistiere auf Disziplin, Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit (!), auch in Kunstprojekten. Bei Künstlern hat man mitunter Glück, wenn die bei Terminen den richtigen Tag treffen. Wer zu spät kommt, stiehlt mir Zeit. Zeit ist wichtig, wichtiger zum Beispiel als ein Pferd. Pferde
gibt’s genug, Zeit nicht. Pferdediebe hat man im Wilden Westen aufgehängt. Wie soll man dann mit Zeitdieben verfahren? Und was ich noch so alles bekenne, sehen Sie hier:

Einweihung des einzigen fahrbaren Lenindenkmals der Welt, Dezember 1991 (!) auf dem vom SCHUPPEN 68 so unbenannten „Lindener Marxplatz“. Ich bekenne eine Jugendsünde und bitte die Gesellschaft um Vergebung und einen Job, vielleicht als Außenminister? Ich war jung, Drogenbenebelt und brauchte kein Geld. Aber geil war die Aktion schon und so was von antizyklischer Avantgarde. Beinahe hätte es Schlägereien gegeben. Meine armen Gegner. Auch wenn ich nicht so aussehe, ich bin Karateka, roter Gürtel. Wo ich eine Fußtechnik hinsetze, wächst kein Grass mehr. Und das wär’ doch schade, siehe oben.

27.07.2014 – Das unverhoffte Lächeln einer fremden Frau rettet einen verlorenen Tag. Auch so was passiert mal. Der Tag war total beschissen. In einem Riesenprojekt zum 3.10, der Feier des Einheitstages in Hannover, läuft zur Zeit so viel schief, dass ich mir wünschte, die DDR würde noch existieren. Und ich bin sowieso eher nicht der Typ, der am Einheitstag die Nationalflagge zum Fenster raushängt, auf einem Bein „Hurra“ schreit und mit dem anderen die Nationalhymne intoniert. Aber ich bin alt, ich brauche das Geld. Und dann dieses Lächeln…..
Was gibt es am 3.10 in dem erwähnten Projekt, Arbeitstitel „Die Mauer muss weg“?

Olaf Heinrich, „Protektor“ – Performance zur Solidaritätstafel, 19.07.2014
Spektakulär ist noch untertrieben: Bei 35 Grad lag Olaf Heinrich eine Stunde unter einer langsam abbindenden Ganzkörper-Gipshülle auf der Georgstraße in Hannover.

Dieser „Protektor“ ist ein Symbol für die ungeschützte Situation von Obdachlosen, die immer öfter Gewalt ausgesetzt sind. Wie gehen wir mit einer Gesellschaft um, die die immer größer werdende Spaltung zwischen Arm und Reich zulässt? Olaf Heinrich ist am 3.10 ebenso dabei wie die bewährten

Kunsthausierer Gleitze & Sievers, die mit einem grafisch aufwändig gestalteten Memory zum Thema „Armut/Reichtum“ die Tafel bespielten.
Egal, wie skeptisch ich der Bier & Bratwurst-Einheitsfeierei gegenüber stehe: Allein aus professionellen Gründen wird es am 2. und 3.10 ein buntes, kreatives, witziges Feuerwerk an Interventionen & Aktionen geben, das auch mit satirischen Mitteln die Mauer zwischen Arm & Reich zum Thema macht. Kommen lohnt sich: Die ersten 500.000 Besucherinnen an unserem Zelt kriegen 100-DM-Begrüßungsgeld und „Blühende Landschaften to go“ – solange der Vorrat reicht!
(Bilder: Dirk Addicks, Ines Götsch. Danke dafür, tolle Bilder!)

19.07.2014 – Das Leben zerrinnt mir wie Wasser zwischen den Händen. Kennen Sie dieses Gefühl, dass die wichtigen Dinge immer da passieren, wo Sie gerade nicht sind oder, schlimmer, immer dem passieren, der Sie gerade nicht sind? Es gibt noch soviel zu leben, aber wann? Ich hab im Moment so viel zu tun, dass ich zu nix komme. Und draussen tobt der herrlichste Sommer. Ich komme natürlich auch nicht dazu, diese Homepage auf dem Laufenden zu halten. Sorry. Mehr aktuelles demnächst und ich tröste mich mit dem Anblick von Donalds Totenmaske, dem kostbarsten, was ich besitze – nach meinem Verstand.

Totenmaske Donald. Bewusst auf meiner Veranda der Witterung ausgesetzt, bemoost und der saure Regen zerfrisst den Gips. Selbst der Tod ist ein Prozess und nicht das Ende. Und: Man muss sich Donald auch post mortem als glückliche Ente vorstellen. Ente gut – alles gut. In dem Sinne: Denken Sie stets daran, zu leben, liebe Leserinnen!

16.07.2014 – Maria Treben und anderer Esoterikmüll.

Scharlataneriewaren. Rolf Sextro. Ausstellung im Edelhof, Hannover Ricklingen. Wunderschönes Gelände, bei der Ausstellung allerdings sind offensichtlich einige Künstler/innen der Natur auf den Leim gegangen. Zu große Nähe macht kurzsichtig, soo toll ist die Natur in ihrem Rohzustand auch wieder nicht. Wir leben nicht mehr in Fellen auf den Bäumen und da will auch keine wieder hin. Eine Lungenentzündung und schon ist Ende im Gelände. Maria Treben statt Antibiotika? Ohne mich. Daher ist das Werk von Rolf Sextro ein ganz excellentes. Auf den ersten Blick denkt man: „Oh je, Schamanenmist a la Joseph Beuys, Blut, Filz und Boden.“ Doch beim näher hingucken … und genau darauf kommt es bei Kunst an, die Schärfung der Wahrnehmung und der Sinne. Wegen des Geländes und Rolf Sextro: Empfehlenswert, hingehen! Beuys ist entgegen landläufiger Meinung kein Jahrhundertgenie, sondern ein Einfaltspinsel von hohen Graden. Für den gilt das erste Newtonsche Axiom der Schlichtheit: Einfaltspinsel gleich Ausfallspinsel.

15.07.2014 – Angstfrei das Tier in mir entdecken.

Und was sonst noch so an unserem hausinternen Schwarzen Brett steht, lesen Sie demnächst hier, mit allen Hintergrundinformationen.

13.07.2014 – Jaaaaaaa! Endlich! Nach 24 Jahren!!! Abends durchflutet mich ein regelrechtes Glücksgefühl. Kurz vor Mitternacht ist es soweit: Das erste Mal seit 24 Jahren habe ich es geschafft, meinen Keller aufzuräumen.

12.07.2014 – Marx is alive and kicking.

Impressionen vom Uni Wahlkampf in Marburg, einer alten Hochburg der Linken. Ich grüße alle Genossinnen. Marx am Leben erhalten, heißt die Idee der Utopie nicht zu verraten. Das Bild ist vom SCHUPPEN 68 Arbeiterfotografen-Korrespondenten und Bereichsleiter Südniedersachsen/Nordhessen mit angrenzenden Gebieten. Besten Dank dafür.

11.07.2014 – 5555555. Bier auf die Tastatur, paar Tropfen nur. Und schon klebt alles, vor allem die „5“. Wie ich das hasse! Alle Tasten raus, in Spülwasser, Reservetastatur dran, grrrr. Und alles nur, weil ich natürlich glaube, sowas blödes passiert mir nie: Getränke über die Tastatur verschütten. Ich bin ja schlauer als der Rest. Schon ist die ganze Erholung von ein paar Tagen Wendland weg.

Impressionen aus dem Wendland – Kuhklopfer.

Impressionen aus dem Wendland- Pferdpfosten.
55555555. Argh!!!

06.07.2014 – Ich habe sogar einen eigenen Strand. An meinem Gartenteich.

Da steht eine Figur, aus Sperrholz gesägt, Geburtstagsgeschenk eines im Orkus der Imponderabilien des Lebens verschollenen Freundes. Das bin ich (Klaus-Dieter), in meiner Reggae Hochphase. Da war alles bei mir in Rastafarben, bis hin zur Unterhose. Die Figur ist auch eine Versinnbildlichung des Sprichwortes: „Dem Affen Zucker geben.“ Kommt nicht so ganz rüber, weil der Zucker fehlt. Bei Regen kommt die Figur rein. Es ist ein sonniger Tag draußen und in dem Moment, wo ich das schreibe, fällt mir auf, was für eine dämliche Formulierung das ist. Wo soll der Tag wohl sonst sonnig sein? In meinem Keller? Das ist der Nachteil, wenn man so einen Blog just-in-time online pflegt:
Semantik, Syntax, Sinn,
alle fliegen sie in meinem Blog dahin,
ins Internet hinaus und suchen Freud.
Demnächst probier ich es erneut.

Nicht schlecht, für spontan zusammen gezimmert. An so was dichten andere mitunter Tage.
Und das Ganze schreibe ich nur, weil ich wieder nicht im Lotto gewonnen habe, demzufolge weiterhin für die Realisierung von größeren Projekten auf öffentliche Mittel angewiesen bin und an diesem herrlichen Sonntag morgens um 9.22 Uhr an einem … Förderantrag sitze, der mich zur Verzweiflung bringt. Aus der Verzweiflung flüchte ich in diesen Blog. Wobei, und das geht einem kritischen Geist wie mir – auch so eine Formulierung! – nur schwer aus der Feder (Feder? Wo lebt der Mann?): Wo sonst könnte man mit öffentlichen Fördermitteln die wachsende Spaltung eines Landes zwischen Arm und Reich zum Thema einer kreativen Intervention bei der öffentlichen Feier des Nationalfeiertags machen? Versuchen Sie das mal in den USA. Oder im United Kingdom, um hier nicht dem chronisch-deutschen Anti-USA Ressentiment Zucker zu geben. (Also für jeden, der noch alle Erbsen in der Schüssel hat: Nein zum Freihandelsabkommen TTIP!!)

03.07.2014 – Lauter nackter Weiber!

Ob das nun eine Obsession von mir ist, sollte ich mal offen und angstfrei mit meiner Therapeutin bereden. Jedenfall steht nach wie vor hinten beim Pfeil die Installation mit der nackten Schaufensterpuppe in meinem Garten. Unlängst flog vom Nachbargrundstücke zwei Buben der Ball beim Boken über den Zaun, direktemang neben die Figur. Die Buben holten das Leder brav aus dem Garten ab und rammten sich angesichts der nackten Frau in Lebensgröße den Ellbogen in die Seite: „Boah, ey, guck Dir das an!“
Seitdem fliegt der Ball andauernd rüber und ich stelle mir die Frage, ob die Jünglinge vielleicht Migrationshintergrund haben und der Anblick vielleicht Schaden an ihrem kindlichen Gemüt nimmt. Vielleicht sollte ich aber einfach nur den Zaun höher machen oder dem Ball die Luft rauslassen. Auf solche Fragen hab ich nämlich echt keinen Bock, ey. Auch wenn ich sie mir selber stelle.

29.06.2014 – Der SCHUPPEN 68 ist heuer bei der zentralen Einheitsfeier am 3.10 in Hannover (am Maschsee) vertreten, in offizieller Mission, gemeinsam mit anderen Künstler/innen aus dem Projekt „Armut? Das ist doch keine Kunst!“ Die ersten Brainstormings sind schon gelaufen. Eine Idee: Ein Denkmal, das Aufsehen erregt.

Favorit ist zur Zeit dieser Entwurf. Er hat auch aus meiner Sicht die Zielvorgabe erfüllt: Aufsehen erregen und zum Nachdenken und Mitmachen animieren. Darüber hinaus kann man ihn auch auf Grund seiner Größe im ambivalenten Wortsinne als „Stein des Anstoßes“ sehen. Es wird am Maschsee Nordufer kaum ein Durchkommen sein. Mir gefällt der Entwurf (aus Pappmache) aus ästhetischen Gründen nicht. Das Vorderteil in naturalistischer Anmutung beisst sich disproportional mit dem abstrakt-erdschweren Hinterteil. Das sieht nicht aus! Ganz zu schweigen vom Abtransport. Wir arbeiten dran. Herzlichen Dank für Bild-Zusendung an unseren Berliner Arbeiterfotografenkorrespondenten.
In nächster Zeit an diesem Ort erste Details zum 3.10. Bleiben Sie drin! Ich wünsche allen Leserinnen dieses Blogs einen entspannten Start in die Woche.

27.06.2014 – Schicki-Micki Gedöns. Ganz selten verschlägt es mich, aus nahe liegenden Gründen, in Restaurants der etwas gehobeneren Preisklasse, aber Impulse kriege ich auch da. Im Winter bei einem ambitionierten Italiener kredenzte der Inhaber vor weg mit Grandezza auf weißen Designertellern Öl und ein Stück Weißbrot. Das Öl schwenkte er ein aus einer Art Glasölkanne, in der man Rosmarin und anderes Kraut schwappen sah. Selbst eingelegt von der Großmutter nach jahrhundertealtem Familienrezept, schwadronierte die Nervensäge, der selbst mit mir so tat, als ob wir seit dem ersten gemeinsamen Paddeln in Gosse beste Kumpels seien. Ich war vorher nie in dem Laden und werde nie wieder dorthin gehen. Ich hasse undistanzierte Plumpheit, selbst wenn sie mit südländischem Temperament garniert ist. Für Fremde bin „Sie“ – nicht „Du“. Merk Dir das, Du Du Du….. Aber die Ölidee war genial.

Flugs füllte ich sämtliche leeren Glasgefäße in meinem Haushalt mit allerlei Kräutern, die in meinem Garten und auf der Veranda des Verzehrs harren, ein bisschen Knobi dazu, Zitronenschalen, Ingwer (das ist der Bringer!), sechs Wochen im Dunkeln stehen lassen und dann bei Grill mit Kumpels und sonstigen Bekannten mit Grandezza über die Teller geschwenkt: „Rezept von meiner Großmutter aus dem Eichsfeld, jahrhundertealtes Geheimrezept. Unfassbar teures naives kalt erpresstes Olivenöl aus einer winzigen Plantage in der Nähe eines Hippiedorfes auf Korfu, Vatos.. Und alles Öko!“ Letzteres ist für die Damen immer wichtig. Natürlich alles gelogen. Aber wer interessiert sich für die Wahrheit wenn eine gute Geschichte viel besser schmeckt. Und das Zeug ist wirklich lecker. Vor allem die ingwergeschärfte Rosmarinnote, das hat was. Jetzt hoffe ich nur noch, dass niemand aus dem eingangs zitierten Gästekreis das hier liest und die Ostgoten im 1/8 Finale rausfliegen. Ich habe mir kindliche Naivität bewahrt. Einen sonnigen Tag allen Leserinnen.

22.06.2014 – Was auf meiner Toilette so alles passiert.

Dieses Objekt ist eine Hommage an „Le trahison des images“ von René Magritte
Es sind 68 Seiten, alle mit einem Ausschnitt beklebt aus der Jubiläumsausgabe der BILD, die vor Jahresfrist kostenlos in alle Briefkästen vermüllt wurde und von mir umgehend einem sinnvollen Zweck zugeführt.
Es hängt auf meiner Toilette. Es ist ein Kunstwerk. Man soll sich nicht den Arsch damit abwischen. Es hängt ja auch nicht neben der Kloschüssel, wo das Papiermaterial dafür hängt, wie auf allen anderen Toiletten in unserem Kulturkreis. Es hängt locker einen halben Meter höher, in direkter Blickrichtung, wenn frau diesen Raum betritt. Neulich betrat ich das Etablissement und sah zu meinem Entsetzen, dass die sinngebenden ersten 10 Seiten abgerissen waren. Ich fragte, bald hyperventilierend, die in meiner Wohnung zu diesem Zeitpunkt anwesende, mir nahestehende Person, , womit sie sich den Allerwertesten gereinigt habe. Als ich nach der Antwort wieder aus meiner Ohnmacht erwacht war, unterdrückte ich den Impuls, besagte Person zu Boden zu schlagen und organisierte umgehend ein neues Exemplar des Organs für die niederen Stände und die Gerhard Schröders dieser Welt. Was nicht einfach war. Wer hebt so was auf. Jetzt gibt es ein Ur-Original, beschädigt. Und ein Zweit-Unikat, wie hier. Über solche Begriffe können Sie nun grübeln. Und die Moral dieser Geschichte? Kennst du Personen, hast Du Ärger. Personen sind noch schlimmer als Nachbarn, Verwandte und Kollegen. Und die sind schon schlimm genug. P.s.: Was ich dem Lügenblatt besonders übelgenommen habe, war die Vereinnahmung von Donald. Dafür sollte man allen BLÖD Mitarbeitern den Bürzel versengen.

20.06.2014 – Kunde wurde zum ficken eingeladen. Kommunikation ist die Schlüsselfunktion zwischenmenschlicher Beziehungen, egal ob privat oder geschäftlich. Fehlerhafte Kommunikation ist oft Voraussetzung für das Scheitern privater oder geschäftlicher Beziehungen, da werden interkontextuelle oder interkulturulle Grundbedingungen nicht beachtet oder einfach nur rumgeeiert, so dass mitunter kein Schwein weiß: Was will der Andere eigentlich? Klartext ist oft der erste Schritt zum Erfolg und heuer waren in meinem Spamordner wieder einige herausragende Beispiele an Klartext.

Ficktreffen. Kunde wurde zum ficken eingeladen. Aber „Melanie Kaiser von Reisen.de“ und „Ihre Lieblingsinseln für 222 Euro“ ist auch nicht schlecht. Die Frau kennt meine Bedürfnisse: Bei dem Schweinewetter, 13 Grad und Niesel, nach Korfu für 222 Euro – das wär’s! Stattdessen bereite ich gerade einen Fachtag zum Thema „Armut in Niedersachsen und Europa“ vor.
Mitunter ist das Leben eine Aneinanderreihung von Zumutungen, Ödnissen und schlechtem Wetter, so dass man einfach nur in Thanatos’ Arme sinken möchte. Aber die von Morpheus täten es auch erst mal. Meine Botschaft an Sie, liebe Leserinnen, für heute: Einfach mal wieder Klartext reden.

18.06.2014 – WM-Fieber 36,8 Grad. Ist bei mir ruck-zuck abgekühlt. Da mein Herz als Kosmopolit und Internationalist alter Schule eher für Nationen wie Portugal, Spanien oder Griechenland schlägt und keinesfalls für die Schweiz oder gar das Ostgotenreich, vulgo BRD, ist meine WM Laune im Keller. Portugal – BRD 0:4, Spanien – Kasköppe 1:5, merken Sie was? Den wirtschaftlichen gebeutelten Nationen wird nun auch die WM Freude geklaut, während die Maden im Speck sogar da abräumen. Ist das gerecht? NEIN! Außerdem platzen dadurch alle meine WM-Wetten, was mich einiges kostet (Mein Denken wird nicht ausschließlich von utilitaristischen Grundsätzen geleitet. So edel, wie sich das hier vielleicht manchmal liest, bin ich nicht durchgängig. Auch in mir schlummert ein Schwein.).

Lusitanische Abenddämmerung – Ferragudo, Algarve, Dezember 2007. Bei diesem Anblick wird mir ganz fado.

16.06.2014 – Mit solchen Augen wäre ich der Schwarm aller Frauen.

Deutschlands, ach, was sage ich, der Welt schönster Australian Shepherd namens Satchmo. Mehr und unterhaltsames zum Thema auf der Seite „Hund um Hannover“ meines Freundes und Kollegen Achim Beinsen Dass Satchmo ein beinharter Hütehund ist, an dem kein Schaf vorbei kommt, sieht man. Darin ähnelt er Berti Vogts, bei dem es aber keine Schafe waren. Dass ich nochmal auf meine alten Tage auf den Hund kommen würde, als chronischer Katzenhalter… Der Katzengräber sind sonder Zahl in meinem Garten (Lauschen Sie dem Klang des Ausdrucks „sonder Zahl“ nach, liebe Leserinnen, wer weiß, wann Sie ihm wieder begegnen).

12.06.2014 – Karneval der Kulturen in Berlin. Seit Jahren für mich Treffpunkt mit den ältesten Freunden, die ich habe – Schulfreunde, seit über 40 Jahren. Obwohl sie teilweise haarsträubenden Müll absondern, der nicht nur auf Altersstarrsinn zurückzuführen ist, ist dieser Uraltkitt stärker als alles Trennende. Faszinierend. Solche Traditionen muss man aufrecht halten, es werden immer weniger, sie beißen nun in das Gras, was sie früher geraucht haben.

Aber der bunte Karneval mit zahlreichen phantasievollen Wagen und hunderttausenden fröhlichen Besucherinnen vertreibt die trüben Gedanken.
Selbstinszenierungen allenthalben am Wegesrand.

Interessant diese Installation, die den medialen und psychischen Paradigmenwechsel der letzten Jahrzehnte ins Bild rückt. 1978 hieß es bei Nina Hagen noch „Ich kann mich doch gar nicht entscheiden, ist alles so schön bunt hier!“ in der Medienkritik von „Ich glotz TV“ (Im Original „White Punks on Dope“ von den inkommensurablen Tubes).
2014 zeigt die Karneval Installation: Ich glotz TV – und seh mich selbst! Nicht mehr das kritikwürdige „Außen“ der vorgeblich so destruktiven Medienwelt bei Nina Hagen ist wichtig sondern die egozentrische und damit kreative Widerspiegelung des eigenen „Ich“ im vielfältigen Medienangebot. Die Apparate werden zur Selbstinszenierung genutzt: „Ich bin so schön bunt hier – und überall in den virtuellen Welten von facebook, twitter, youtube und porn.“ Logischerweise ist durch soviel Egozentrik die Welt um keinen Jota besser geworden. Was lernt uns das, Genossinnen? Wenn ich das wüsste … Dieser Karneval bringt eine gigantische kostenlose Berlin Werbung weltweit in den Medien, generiert zig Millionen Umsätze in Kneipen, Clubs, Hotels – und wird vom Senat mit gerade 250.000 Euro gefördert. Die Künstlerinnen im Zug machen das alle nicht nur umsonst, sondern zahlen dabei noch drauf, für das ganze Material etc.. Das, mit Verlaub, ist eine schäbige Schweinerei und spiegelt die völlige Verkennung von Kultur als weichem und hartem Standortfaktor wider. Aber nächstes Jahr bin ich wieder dabei.

10.06.2014 – Copacabana am Weissensee.

Vor 14 Tagen war der Weissensee in Berlin noch ein idyllisches Familenstrandbad mit studentischen Einsprengseln, einigen älteren Semestern und ein paar notorischen Muskelbergen aus der Bodyshaper-Türsteher Szene, alles sehr ruhig, unaufgeregt, mit Bratwurst, Bier, Eis und Niveasonnenmilchgeruch. Für mich eine Zeitreise in die Kindheit meiner ersten Freibaderfahrungen. Am Pfingstwochenende war das Ganze gekippt

Copacabana am Weissensee, ein brodelnder Hexenkessel voll fiebriger WM Erwartungen. Schön war’s trotzdem wieder. Ein echter Geheimptipp in Berlin. Man merkt die Nähe der Kunsthochschule Weißensee. Exclusiv für Sie, liebe Leserinnen, hier im Internet.

06.06.2014 – Neues vom Zeichner.

Thomas Stethin. Besten Dank dafür!

03.06.2014 – Selbstzensur. Gestrigen Eintrag gelöscht. Beim Lesen eben gerade Depressionen. Da ich für diesen Blog nicht bezahlt werde, muss ich das nicht haben. Raus in den Garten,

vorsichtig Rosenblätter von diesem Prachtexemplar entfernt. Der Duft, nach Zitrone, Heu und exotischen Früchten, das macht süchtig. Die Handvoll Blätter habe ich hoch in die Luft geworfen und auf mich herabregnen lassen. Diese Bruchteile von Sekunden, wenn sich eine zartrosa Wolke gegen den azurblauen Himmel über einem entfaltet, sind Momente schieren Glücks. Das Herz pocht wild vor lauter Luxus und Verschwendung. Der richtige Moment für diese Inszenierung ist dann gekommen, wenn sich die Blätter wie von selbst in die eigenen Hand begeben. Rosen sind wie Frauen, am schönsten im Gipfel ihrer Blüte. Mit zarten Knospen können Sie mich jagen. Wissen Sie übrigens, welcher Vorname der Schlimmste ist? Andie. Wegen Andie Arbeit. Andie muss ich jetzt nämlich. Und das nach der Rose. Grausamer Absturz.

31.05.2014 – Was löst dieses Bild in Ihnen aus?

Blau – die Farbe der Sehnsucht? Kommt hin, ich verspüre schon ein sanftes Ziehen irgendwo zwischen Herz und Magengrube beim Anblick, schwer zu bestimmen, wonach. Einem besseren Ort, anderen Leben? Nach einem unbeschwerten Sommer? Bevor hier Melancholie, die kleine traurige Schwester von Sehnsucht, aufkommt, eine Geschichte aus dem Kneipenleben des am 30.05 erwähnten Boxi. Ich wollte Wein trinken, bestelle grundsätzlich immer 0,1 Liter, auch wenn nur 0,2 auf der Karte angeboten werden. Wenn ich einen schlechten Wein erwische, muss ich nicht soviel wegschütten und bei einem guten Tropfen ist noch Platz für ein zweites Glas. Boxi Kellner: „Geht nicht, wir haben nur 0,2 Liter Gläser.“ Ich starrte ihn an, um dann schlagfertig (das ist mein zweiter Vorname), zu erwidern: „Umgekehrt wär das tatsächlich ein echtes Problem.“ Er starrte mich an, es arbeitete in ihm. Ich kriegte mein 0,1 Glas. Anders als in Systemgastronomien, wo man zur Antwort kriegt: „Geht nicht, das ist nicht im System.“ Damit wären wir mal wieder bei der Systemfrage. Ein sonniges Wochenende oder Start in die Neue wünscht Ihnen der Autor.

30.05.2014 – Wir können auch anders! Unter diesem Motto steht ein Haus mitten im durchgentrifizierten Friedrichshain am Boxi (Boxhagener Platz, an dem ich übrigens gerne sitze).

Selbstverwaltet und unrasiert – Zielona gora am Boxi. Millionen von Touris strömen da jeden Tag dran vorbei.

Subtiler Humor – Graffiti Zielona Gora

28.05.2014 – Penthouse für 600.000 Euro in einem Neubau bei mir um die Ecke, 180 qm. Ich kann nicht beurteilen, ob der Preis für die dort angebotene Leistung angemessen ist. Beurteilen kann ich das intellektuelle Niveau der Argumentation der Firma Lenz Häuser, die die Objekte vertreibt: „Wir verteuern ja keinen Wohnraum, wir schaffen neuen. Dagegen kann man doch nichts haben.“ Ja, nee, schon klar. Welche Auswirkungen solche Preise zukünftig auf das Wohnumfeld haben werden, hatte sich zu den Meisterdenkern aus dem Hause Lenz bis dato noch nicht rumgesprochen. Wir sind gespannt auf die nächste Verlautbarung aus dem Hause Lenz unter der Überschrift: „Niemand hat die Absicht, hier zur Förderung von Gentrifizierung zu bauen.“ Von einer Gentrifizierungsdiskussion, die hier im Viertel und in den Medien seit Jahren geführt wird, hat die Fa. Lenz noch nichts gehört. Da kann man nur hoffen, dass die wenigstens schon mal was von der Erfindung des elektrischen Stroms gehört haben. Nicht, dass die Bewohnerinnen des Penthouse da im Dunkeln tappen. Allerdings mache ich mir seit Jahrzehnten keinerlei Illusionen mehr über die Macht der Argumente, von Logik und Ratio. Ich bin eher dafür, dem Gegenüber den Kakao zum Frühstück zu kredenzen, durch den er gerade gezogen wurde.

Gesehen im Ernst-Thälmann Park in Berlin

27.05.2014 – Im Alltäglichen das Abgründige sehen.

Gesehen in einem Matratzengeschäft. Therapievorschlag: Schauen Sie sich das Bild gemeinsam mit Ihrem LAP (LebensAbschnittsPartner oder auch LebensAbschnittsBeauftragter) an. Dann schreibt jede die Geschichte auf, die ihr dazu einfällt, in maximal 68 Worten. Anschliessend diskutieren Sie angstfrei und offen über Ihre Geschichten und mailen sie mir zu. In mir erweckte dieser Anblick tiefe Sehnsucht nach meiner perversen Gespielin vom 21.04.2014 in diesem Blog (siehe dortselbst).

25.05.2014 – Ohne Worte.

Ein Blogeintrag, über dem steht „Ohne Worte“ – sind das nicht ein Paar Worte zuviel für „Ohne Worte“? Oder wie Horst Hrubesch sagte: „Ich brauch, glaube ich, nur dieses eine Wort sagen: Herzlichen Dank!“

24.05.2014 – Dieses Gentrifidingsbums interessiert mich auch in anderen Städten insofern, als ich in einem Viertel wohne, in dem die soziale Entmischung zugunsten wohlhabender Wohnungseigentumsbesitzerinnen heiß diskutiert und mitunter auch schon militant orchestriert wird. In Berlin gehört Neukölln, in Fachkreisen Kreuzkölln, genauer der Reuterkiez, zu diesen Gegenden, durch die bei Gelegenheit ich gemächlich mich mit dem Radl treiben lasse, um die Scene zu checken, was halt so abgeht. Besser als tausend Worte bringen die folgenden zwei Bilder den Stand der Dinge dort auf den Punkt. In einem kleinen Weinlokal in der Fiedelstraße suchte ich die Toilette auf und fand zu meinem Entsetzen noch ein Scheißhaus in arabischer Version vor, guckst Du hier:

Da wurden Erinnerungen an meine ersten Urlaube in Portugal wach, wo die Dinger noch flächendeckend Ouzo waren. Wer da einmal besoffen drauf gekackt hat, weiß, was Ambach ist. Vorne gab’s den Ausgleich dafür

die beste Kohlrabisuppe ever, mit frischestem Gemüse, Lorbeerblatt und scharf-köstlich abgeschmeckt, für schlappe 3,50. Dazu ein anbetungswürdiger weißer Sauvignon aus Italien.
Noch sitzen vor dem Laden mittags von der Mühsal der Arbeit gezeichnete Migrationshintergündlinge bei einem Glas schwarzen Tee. In fünf Jahren sitzen da ausschließlich Szeneschwaben mit Tablet (?), für die Friedrichshain so was von out ist und junge Chinesen auf der Durchreise nach Heidelberg.
Gott erhalte mir meine Vorurteile. Aber ich hab halt fast immer recht.

19.05.2014 – Wir warten auf den Pfingstochsen.

Kein Untertitel!

18.05.2014 – Ich war am Wahlstand der FDP. Die Vertreterinnen der Splitterpartei taten mir irgendwie kreatürlich leid. In der Anfangsphase war unsere Partei SCHUPPEN 68 ja auch eine Splitterpartei, von allen verlacht, verspottet, verhöhnt. Da macht man was mit. Ich griff einige Give aways ab, für meine Fotoserie „Der Müll dieser Welt“ und verlor aufmunternde Worte wie „Holt doch mal den Möllemann hierher, was meint Ihr, was das für einen Auflauf gibt.“ Ein zufällig des Wegs flanierender Freund war irritiert: „Das finde ich geschmacklos. De mortuis nil nisi bene…!“ Ich warf ein: „Quas Hector sensurus erat, poscente magistro Verberibus iussas praebuit ille manus.“ Er gab klein bei.

FDP – die muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Wahlgeschenk der Partei der Zahnärzte. Passt schon. Ich finde mich auf diesem Close Up eher eklig, nicht ausrasierte Stoppeln und die Zunge erst – dieses wundervolle Organ, Zentrum des Genusses! Erinnert mich an ein prosaisches Schweinefilet. Bäh. An manchen Dingen sollte man nicht rühren, den Schimmer des Unsagbaren und Unzeigbaren über ihnen lassen, sonst zerstört man ihre Aura. Und wenn die erst mal im Arsch ist …

16.05.2014 – Hinten ist bei mir das Paradies, vorne die Hölle. „Hinten“ meint den Garten, den Sie schon kennen, vorne eine der zentralen Magistralen dieser Stadt, auf der Zehntausende Autos täglich vorbeidonnern, LKWs, Panzerkolonnen, Tiefflieger, es ist ein unglaublicher Lärm und Dreck, Asphalt, Beton, kurz: Vorne ist bei mir die Hölle. Aber der Mensch richtet sich auch in der Hölle wohnlich ein. Mein Arbeitszimmer geht nach vorne raus und im Sommer arbeite ich da bei gekipptem Fenster. Gestern hörte ich unter dem Fenster ein metallisches Scharren und Klacken, nicht sehr laut, mechanisch, im Takt, aber hörbar von Menschenhand. Es schien an der Hauswand zu sein und kam immer näher, wurde fast bedrohlich. Ich lunzte durch die Lamellen und traute meinen Augen nicht. Ein älterer Herr im Blaumann scharrte mit einer Unkrauthacke

die wenigen Grasbüschel und Löwenzahnpflänzchen aus den Fugen zwischen Hauswand und Gehweg fort. Ich riss das Fenster auf: „Was machen Sie da, um Himmelswillen?“ Er schaute kaum auf: „Unkraut weg.“ Ich, empört: „Lassen Sie das bitte.“ Er: „Aber das sieht doch nicht aus. Dieses ganze Unkraut.“ Ich: „Ich möchte Sie bitten, das zu unterlassen. Wenn wir als Eigentümergemeinschaft dieses Hauses den Wunsch nach ästhetischer Verschönerung unseres Eigentums haben, werden wir uns gegebenenfalls bei Ihnen melden.“
Ich war so empört, dass ich keine Argumente sondern die normativ-faktische Kraft des Gesetzes bemühte. Sonst nicht meine Art. Und das Schönste an der Sache war: Er war auch empört, nach dem Motto: Da ist man schon mal ehrenamtlich unterwegs und wie wird es einem gedankt. Ein zufällig des Wegs flanierender Freund sinnierte bei dem Anblick der rasierten Platten:

„Mich erinnert das an die zeitgenössische Unsitte der Schamhaarrasur. Schlimm. Es gibt nichts ätzenderes als einen kahlgeschorenen Bären. Die laufen doch in der Natur auch nicht rasiert rum.“

11.05.2014 – Wurst Case Szenario. Ein Travestiekünstler namens Conchita Wurst hat bei einem europäischen Trällerwettbewerb gewonnen und alle sind ganz besinnungslos vor Freude darüber, wie tolerant, weltoffen und liberal Europa letzten Endes doch ist. Das mit der Weltoffenheit werden die Flüchtlinge aus den immer mehr werdenden Krisenregionen der Welt in ihren Nussschalen auf dem Mittelmeer gerne hören.
Der SCHUPPEN 68 hat das Trällerergebnis Wurstmässig antizipiert und eine Fashioncollection zum Event rausgebracht: Die Wurst Line.

Hier unser geschmackvolles UniSex T-Shirt „Wurst No. 5“, für Ihn, Sie und Es. Wenn Sie schon immer als Original auffallen und Ihren ganz individuellen Geschmack verwirklichenwollten, dann ist das T-Shirt „Wurst No. 5“ genau das Richtige für Sie! Auflage: 50.000. Heute noch bestellen, handsigniert mit meinen eigenen Wurstfingern kostet es nur 68 Euro! Man muss eben immer mit den Würsten heulen.

10.05.2014 – Dem Geld geht es so wie mit mir: Überall da, nur nicht, wo es gebraucht wird. Aber wo werde ich schon gebraucht? Zur Zeit werden die Thesen von Piketty im Feuilleton ausgiebig diskutiert. Das Geld ist ungleich verteilt, das wird immer schlimmer und der Kapitalismus ist doch irgendwie Kacke. Potzdonner, da muss man erstmal draufkommen. Ich will mich ja jetzt nicht dicke tun,

aber der SCHUPPEN 68 hat bereits Anfang der Neunziger des vorigen Jahrhunderts den „Lindener Marktplatz“ in „Lindener Marxplatz“ umbenannt. Ein eingreifende Intervention, die jedes Feuilletongeschwalle um Lichtjahre hinter sich liess und aber auch sowas von antizyklisch war (Für die Jüngeren: Anfang der Neunziger war die Ostzone gerade annektiert worden). Ausserdem war die Intervention von gewissen persönlichen Mut gekennzeichnet: Wir führten sie mitten im samstäglichen Marktbetrieb durch. Wie gesagt: Ich will mich ja jetzt nicht dicke tun …

03.05.2014 – Formationsschwimmen meiner Goldfische

Es hatte Jahre gedauert, meinen Goldfischen Formationsschwimmen beizubringen. Doch Heute Morgen waren sie nur noch zu zweit. Was war passiert?
Ein weiteres Rätsel der Natur: seit Jahrzehnten schaufele ich im Frühjahr zuverlässig 50-Liter Pakete voller Blumenerde in meinen Garten. Er ist nicht sehr groß, passt in jedes Wohnzimmer auch nur mittelmäßig erfolgreicher Zahnwälte. Wo bleibt die ganze Erde? Rein rechnerisch müsste mein Garten schon an die Unterkante des ersten Stocks reichen, so viele Pakete sind da verteilt. Tut er aber nicht, seine Oberkante rührt sich nicht vom Fleck. Ist das ein ähnliches Phänomen wie mit den Socken in der Waschmaschine?

02.05.2014 – Oops, they did it again. Impressionen vom 1. Mai.

Stalin und Mao. Fehlt bloß noch Pol Pot. Ich litt. Außerdem hat es geregnet, was es seit 30 Jahren nicht mehr am 1. Mai getan hat. Und Versammlungsort war nicht mehr wie seit Anbeginn aller Zeiten der Klagesmarkt in Hannover, von wo aus schon 1918 revolutionäre Umwälzungen ausgingen, sondern der Platz vor dem Rathaus. Hoch die internationale Solidarität! In dem Fall zwischen ver.di und der Stadtverwaltung. Früher gab es zwei Marschsäulen zum Versammlungsort (ganz früher, vor Anbeginn der Zeiten drei), jetzt nur noch eine. Trotzdem war der Zug kürzer.

Allzweck Transpi, erinnert mich an mein Lieblingslied Kommunismus in Bernau
Hopsa, hopsa, rüber und nüber.
Jetzt gehen wir zum Kommunismus über.
Hopsasa!


Dann rettete Jesus noch die Eisenbahnergewerkschaft. Und so wurde letztlich doch alles gut am 1. Mai!
Eben erreichen mich von unserem SCHUPPEN 68 Arbeiterkorrespondenten (solidarische Grüße und paul mich nicht am frühen Morgen an, dass ich mit dem Tagebuch nicht nachkomme) erschütternde Nachrichten aus Hamburg: Auch da hat es geregnet
Wenn Sie, liebe Leserinnen, ähnliche Bilder und Geschichten haben: Her damit.

30.04.2014 – Heraus zum 1. Mai! Bilder vom letzten Marsch zum Appetitanregen

Die Jugend taugt nichts? Von wegen ..

Mahl ehrlich – wo gibt es sonst noch Erbsensuppe …

Appetitanregung für Kolleginnen

Und jede Wette, dass dieses Gruselbanner auch heuer wieder dabei ist. Bleiben Sie drin, ich halte Sie auf dem Laufenden. Und vergesst mir den 2. Mai nicht, Genossinnen!

27.04.2014 – Nelkenrevolution, Nachlese.

Nelken und Bier am 25. April, dem 40. Jahrestag der Nelkenrevolution im „Algarve“ in Hannover-Linden. Meine Haare und ich sehen etwas derangiert aus, will ich gerade vom Schwimmen im nahegelegen Kiesteich kam, bei max. 14 Grad Wasser. Brrrr. Der Abend wurde dann doch nicht revolutionsnostalgisch peinlich. Es stellte sich heraus, dass die Wirtin aus der Nähe des Dorfes Sao Pedro de Muel kam, wo ich mal ein paar Wochen bei einer Familie gelebte habe. Trampen nach Portugal in den Siebzigern, Land und Leute kennen lernen, was man damals so machte. Elisabeth, die Gastgeberin, war Mitglied der kommunistischen Partei, ihr Großvater war von der Geheimpolizei Pide der vormaligen Diktatur verschleppt und gefoltert worden, ihr Mann Valter hatte im Kolonialkrieg in Angola gekämpft. Wir besuchten damals u. a. Glasfabriken in Marina Grande, Klein Moskau genannt, weil der Bürgermeister auch Kommunist war. Ich hatte bei den Männern des Dorfes verschissen, als sich herausstellte, dass ich im Haushalt mithalf, beim Abwasch etc. und konnte das nur mühsam wieder einholen auf Grund einer gewissen Meisterschaft beim allabendlichen Spiel auf dem Marktplatz. Alle Männer des Dorfes warfen mit einem Hufeisen nach einem Pflock und wer am nächsten dran war, hatte gewonnen. Die Verlierer mussten ein Glas Rotwein zahlen, umgerechnet fünf Pfennig. Maria hatte sich als einzige Frau des Dorfes zumindest das Recht erkämpft, dabei zu sein. Ich war regelmäßig pickepacke blau. Solche und andere Geschichten gab es den Abend über im „Algarve“ zu erzählen, ich schenkte der Wirtin meine Nelke, sie spendierte diverse Medronhos, im Fernsehen liefen Übertragungen der Revolutionsfeiern in Grandola und Lissabon, es war alles gut.

Nelken und Bier mit portugiesischer Kachelkunst im Hintergrund. Ich frage mich Aufschreiben hier: Ist das kitschig? Es gibt kaum ein schlimmeres Gefühl als Kitsch, sei es in der Kunst, in Beziehungen, in der Politik (da wird es regelrecht mörderisch, siehe Hitler, Kitsch und Pathos pur). Vielleicht rettet das Ende des Abends vom 25. vor Kitsch. Da lief nach den Revolutionsfeiern globalisierter Dreck im TV namens „The Voice of Portugal“. In mir quoll Hass auf, was schon mal besser ist als unechte Gefühle wie Kitsch.

24.04.2014 – Ich bin hoffnungslos romantisch. Morgen ist der 40. Jahrestag der Nelkenrevolution in Portugal und eigentlich wollte ich den in Grandola mitfeiern, die Stadt, die dem Revolutionsfanal „Grandola Vila morena“ ihren Namen gab. Ungünstige Winde des Schicksals verwehten wie so oft meine Pläne. Was bleibt, ist ein zünftiges Zechgelage beim Portugiesen um die Ecke, wo die inferiore Qualität des Essens durch hochtourigen Medronho spielend übertönt wird.

Passend dazu trägt der Revolutionsnostalgiker eine rote Nelke in der Faust. Ersatzweise, wo das zu peinlich wird, im Knopfloch. Ich also rein in einen Blumenladen um die Ecke, in meinem von ex-alternativer Mittelschichtsklientel übervölkertem Viertel (hier stellen die Grünen den Bezirksbürgermeister). Antwort: „Nelken ham wa nich. Will hier keiner. Das sind arme Leute Blumen.“ Ich radelte ins Nachbarviertel, deutlich restproletarischer bis randständig angehaucht (noch ….)… Da holte ich mir im einzigen Blumenladen eine Faustvoll roter Nelken. Für mein Viertel empfinde ich fürderhin Verachtung. Hoffentlich halten meine Nelken bis zum 1. Mai.
Wen interessiert, wie die hoffnungsvolle Geschichte in Portugal nach Verstaatlichung von Schlüsselindustrien und Banken (was hier vor zwei, drei Jahren auch wieder diskutiert wurde, Sie erinnern sich? Krise? War da was?) ausging: das kann man hier vertiefen. Das traurige Ende wurde unter tätiger Mithilfe der hiesigen SPD mit beschleunigt. Ihr reisender Mann für alle Fälle Siegfried „Ben Wisch“ Wischnewski reiste mit Koffern voller Bargeld nach Lissabon und sorgte dafür, dass es in die rechten Hände kam … „Hoffnungslos romantisch“ ist übrigens weder niedlich noch sonstwie positiv, sondern neurotisch realitätsunfähig. Soviel zur Psychopatholgie von Idealen.

21.04.2014 – Sexuelle Perversionen. Wo fangen die an? Musste ich mich gestern aus aktuellem Anlass fragen.

Diese Dame kennen Sie vielleicht, teilweise. Aber nicht in diesem Zustand, sie ist hier frisch und glänzend lackiert (sieht aus wie Massageöl vom feinsten). Macht ja auch Sinn, wie man zur Zeit auf grässlich-neusprech sagt. Die Dame steht nackicht im Garten und leidet natürlich unlackiert unter Witterungseinflüssen. So zog ich mich also unlängst mit ihr in den dunklen Keller zurück und rückte ihr mit meinem Pinsel zuleibe. Was mir anfangs Probleme bereitete. Im Halbdunkel des Kellers strahlten ihren sehr naturalistisch anmutenden Formen ein kühle und dezente Erotik aus. War ich neurotisch, als mich Unbehagen beschlich, weil sie mir nicht wie ein x-beliebiger Tisch zum Lackieren vorkam und ich es unpassend fand, ihr quasi ungefragt zu nahe zu treten? Ich riss mich am Riemen, schalt mich lächerlich, eine Schaufensterpuppe hat doch keine Intimsphäre. Mit der muss ich doch nicht darüber verhandeln, ob das Bestreichen mit einem Pinsel zum einvernehmlichen Repertoire gemeinsamer sexueller Handlungen gehört! Lächerlich. Und so pinselte ich munter drauf los. Und kam vom Regen in die Traufe. Beim Berühren des anmutigen Schwungs ihres Pos und der rundlichen Wölbung ihrer Brüste (nur die Hüften waren mir etwas zu schmal) geriet mein Blut in Wallung. Potzdonner! Dachte ich.
Und fühlte im gleichen Moment so etwas wie ein Einverständnis von ihr, ja, etwas zart Forderndes, nach mehr.
Ich rang nach Luft und stürzte aus dem Keller in den Garten. War ich pervers, krank? Sollte ich mit meiner Therapeutin darüber reden, betroffen, aber angstfrei? Oder es lieber ins Internet stellen?
Am nächsten Tag verpasste ich ihr eine zweite Lackschicht. Geplant war eigentlich nur eine.

19.04.2014 – Fröhliche Ostern allen Leserinnen dieses Blogs! Alles grünt und blüht, der Flieder duftet, die Natur jubiliert, selbst die Installationen in meinem Garten scheinen aufzuatmen, freundlicher dreinzublicken.

Der Osterhase hatte sich wieder verspätet, tröstete sich aber mit dem Motto: „Wer zu spät kommt, ist immer rechtzeitig am falschen Platz.“

14.04.2014 – Griechenland ist an die Kapitalmärkte zurückgekehrt. Stand überall in dicken Lettern. Diese Meldung ist wie Popcorn: man kaut auf irgendwas rum, denkt, man nimmt was zu sich, es ist aber bloß Luft.
Der Bürger fühlt sich wohlig informiert, sagt sich „Guck mal an, der Grieche. Es geht doch, man muss nur wollen und schon ist man ruck zuck wieder an den Kapitalmärkten.“ Aber was bedeutet diese Meldung?

Griechinnen auf dem Weg zum Kapitalmarkt.
Ich las gerade versteckt irgendwo in einer Mail im Spam, dass im Februar alle 350 Polikliniken (Gleichbehandlung aller Patienten, siehe auch: sozialistische Wärmestubenromantik, Ostzone) geschlossen und die 8 500 Beschäftigten entlassen wurden. Damit ist die Basisversorgung für Menschen ohne Krankenversicherung in ihrer Existenz gefährdet. Ca. 30 % der Bevölkerung sind nach Schätzungen gar nicht oder unterversichert. Das wäre als Meldung schon gehaltvoller, auch, weil man sich vorstellen kann, was sie bedeutet, das nämlich zunehmend Leute auf der Strasse den Löffel weglegen werden.
Eigentlich ist dieser Blog ein „intimes“ und kein „politisches“ Tagebuch, aber wir wissen ja: Das Private ist politisch. Und deshalb ausnahmsweise hier ein Link zur Unterzeichnung einer Petition (kann man auch anonym).Da kann man auch die detaillierte Begründung und Hintergrundinfos lesen. Ich gehe jetzt Kohlrabi kaufen, auf dem Markt. Brauch ich Kapital für. Ist das dann auch ein Kapitalmarkt? Mir brummt um 8.28 Uhr schon wieder Kopf vor lauter Fragen.

11.04.2014 – Die Rolle des „Witze-Verleih“ in der Psychotherapie! Ist noch völlig unerforscht. Gestern hob ich die Rolle dieses Blogs als Therapieersatz lobend hervor und nun dieses:Humor hilft in der Therapie gegen Depressionen. Therapeutinnen können also meine mobile Witzothek mieten: Anruf genügt – Witzothek fliegt! Nachtragend wie ich bin, folgendes: Ich esse jetzt jeden Morgen statt meines Frühstücksapfels ein Kotelett zwecks Amöbenvermeidung, trage immer ein West-Nil-Fieberthermometer bei mir (die Seuchen kommen immer näher!) und liefere Ihnen die andere Hälfte meines Fotoprojektes „Keine halbe Sachen!“.

Die andere Hälfte

10.04.2014 – Dondolo oder was kann ich gegen Killeramöben machen. Die Amöbenart Entamoeba histolytica frisst lebendige Zellen des menschlichen Darms, was für den Wirt unerfreulich, weil tödlich enden kann. Die mobile Amöbe findet ihren Eingang in unseren Ausgang unter anderem über ungewaschenes Obst. Na Mahlzeit. Das sind Morgenmeldungen, bei denen einem der Frühstücksapfel im Halse stecken bleibt. Die Amöbe tummelt sich überwiegend in Kenia, aber was sagt das schon? Malaria gibt’s mittlerweile in Griechenland, Dengue Fieber auf Madeira, vom West-Nil-Virus ganz zu schweigen. Reisen bildet? Vor allem Krankheiten!

Korfu – noch idyllisch (Foto 2012; Teile der SCHUPPEN-Besatzung beim Frühstück in Vorbereitung einer Ohrensuppe-Sendung aus Griechenland).
Und kann mir mal jemand erklären, warum mir in letzter Zeit dauernd „Dondolo“ von Rex Gildo durch den Kopf geht?
Zitat:
Fliegen, fliegen
in einer Schaukel aus Elfenbein
Tanzen, tanzen
Wir halten gar nichts vom Traurigsein
Dondolo
Wir stell´n die Welt auf den Kopf
und schaukeln, bis sich alles dreht
Dondolo

Es ist mir scheißegal, ob man dieses Lied von 1969 als reaktionären Eskapismus lesen kann oder als lyrische Drogenmetapher, ich will dass Lied einfach aus meinem Kopf kriegen! Ich singe es schon so laut beim Einkaufen, dass sich die Leute umdrehen. Ich ertappe mich dabei, dass ich Rex Gildos Tanzchoreo vor dem Spiegel einstudiere. Wo soll das alles enden? Amöben und Dondolo – jetzt weiß ich auch, warum ich diesen Blog schreibe. Das ersetzt jede Therapie. Und nun zum Wetter.

09.04.2014 – Ich bin eine arme Sau. Die geneigte Leserin könnte ja denken, mir ginge es finanziell Gold bei all dem Gerede von „Veranda“ und „Spaziergang im Garten“ am 08.04. Richtig ist vielmehr, dass ich zu folgender Klientel gehöre: “Im Jahr 2009 gab es 164.555 sozialversicherte Künstler in Deutschland, mit einem jährlichen Durchschnittsverdienst von 12.000 Euro.“ (Zitat aus dem Materialband zum Projekt „Armut? das ist doch keine Kunst!“) Das Haus, das an besagtem Garten dranhängt, wird überwiegend von gutem Willen und Weinranken zusammengehalten.

Beweisstück 1: Haus des Künstlers, Hannover, Fössestr. 67. ((Kann man auch streetviewen, aber vielleicht hätte ich mein Auto vorher wegfahren sollen?) Ich bin also, ökonomisch gesehen, eine arme Sau. Aber eher nicht vom Zufriedenheitsstatus her. Ich würde allein deshalb nicht klagen, weil es meine freie Willensentscheidung war, Kulturschaffender zu werden. Niemand hat mich mit vorgehaltener Waffe dazu gezwungen. Ich hätte ja auch Vorsitzender der FDP Bundestagsfraktion werden können. Was für ein Leben! Abends in Hotelbars auf Parteikosten sich die Kante geben, Mutmaßungen über die Dirndlfüllungen anwesender Journalistinnen anstellen und darüber dann Bücher schreiben! Aber nachher hätte mir irgendein Ethikapostel erzählt: Du bist eine dumme Sau. Dann doch lieber siehe oben. Und jetzt ab in den Garten. Die Heckenbraunellen sind da wieder am Vögeln, dass es eine rechte Lust ist.

08.04.2014 – Nackte Frau im Garten!

Jedenfalls ein Halbe. Morgens spaziere ich gerne kurz durch den Garten, gucken, was die Natur so macht, ob meine Goldbitterlinge noch da sind, die Heckenbraunellen schon brüten. Mitunter liegen da noch Objekte vom Vortag, von oder für eine Aktion, für Fotos, Video, so Zeug halt. Was man als Künstler eben so macht, wenn man nicht gerade Geld verdienen muss (Die Aussage spricht Bände und für sich). So ein Anblick wie im Bild im verträumten Halbschlaf bringt einen wieder auf Vordermann/frau. Ich hatte keine Ahnung mehr davon, dass die halbe Schaufenfensterpuppe da noch lag, von der Fotoaktion „Keine halben Sachen“. Ich hab mich fast zu Tode erschreckt. Halbe Frauen machen mitunter mehr Ärger als Ganze.

04.04.2014 – Bis zu 28-mal am Tag habe er seit Jahren Pornos geschaut und sich dabei selbst befriedigt. So steht es in der HAZ von heute. Potzdonner! In besten Zeiten habe ich schlappe 27-mal geschafft. Da ziehe ich den Hut und hoffe nicht direkt kontextuell, dass ich auch nächstes Mal nicht ausgleitze auf dem schlüpfrigen Fußboden des Durchgangs zu Europas zweitgrößter Schlucht Sa Calobra in der Tramuntana.

Völkerrechtlich schlüpfriger Fußboden. Warum damals der Hinweis auf DDR-Deutsch erfolgte, weiß ich nicht. Dass hier ein konsequenter Bilderstürmer am Werk war, beweist die Tatsache, dass er versucht hat, die Hoheitssymbole der ehemaligen DDR am Ein- und Ausgang wegzuzerkratzen. Uneingeschränkt freut mich die Tatsache, dass es unser Sackkarren-Service bis auf das Board der Immenhof Kids geschafft hat! Herzliche Grüße, aber ich will verdammt sein, wenn das, was gerade im Hintergrund ruft, nicht die Arbeit ist!

31.03.2014 – Morgen geht der SCHUPPEN 68-Sackkarren-Service ins Rennen! Bin noch aufgeregter als damals beim Witze-Verleih. Im aktuellen Start-Up ist wesentlich mehr Kapital gebunden und wir müßen den Turnaround schaffen, noch bevor wir am Break-even sind. Es geht nicht nur um ROI, den Return on Investment, es geht auch um unseren Spirit! Ich will auf keinen Fall in einen Bail-Out. Dafür setze ich sogar den Rolls-Royce unter den Sackkarren ein,

eine von weltweit sechs noch funktionierenden Oeringer & Weber Sackkaren von 1934! Mit Eisenrädern!
Das wird ein genialer Medien Scoop, wenn die jede Nacht hier im Viertel im Einsatz ist. Lass die Anwohner doch jaulen. Per aspera ad astra. Wer zur Kohle will, muss durch Scheisse waten. That’s capitalism, my friend. It’s the economics, stupid! Said who?
Andererseits, what the fuck ist so schlecht an einem Bail-out?

Was bleibt, wenn der Tag sein müdes Haupt auf weisse Tücher bettet?

28.03.2014 – Tribut zollen! Die Blumen des Bösen Kollegen Sievers kann man/frau (!) hier in gereimter Form nachlesen: Tribut zollen. Neues zum Stand der Geschlechterbeziehung: formal brillant und wenig hoffnungsvoll. Darin ähnelt das Werk den bösen Blumen von Charles Baudelaire.

27.03.2014 – Synchronboßeln.

Hier ein Szenenfoto aus der Performance „Synchronboßeln“ auf dem Gelände des ehemaligen SCHUPPEN 68. Boßeln war uns immer sympathisch, weil dabei Unmengen von alkoholischen Getränken seitens der Teilnehmer/innen verzehrt wurden, anders als bei Fußball, Schach oder Reckturnen, um nur zwei Beispiele zu nennen. Wir erweiterten die Sportart um die Kategorie „Synchronboßeln“, wo zwei Teilnehmerinnen das Sportgerät gemeinsam in Bewegung setzen und es auch auf Haltungsnoten ankommt, also eine zusätzliche ästhetische Kategorie (B-Note!). Wir waren überzeugt, damit einen Paradigmenwechsel im Boßeln eingeleitet zu haben und meldeten die Kategorie Synchronboßeln beim Norddeutschen Boßelverband an. Um die Ernsthaftigkeit unseres Anliegens zu unterstreichen, veranstalteten wir dazu eine Performance, siehe oben (u.a. mit Frau Dr. Anna-Maria Kötner-Holz, der Entdeckerin des Holzweges, mit Pumpen-Hardi und dem „Prokuristen“). Die Performance fand im Frühjahr (sieht man ja) 1993 statt. Auf eine Antwort des Norddeutschen Boßelverbandes warte ich immer noch. Also irgendwann nervt es dann auch …

26.03.2014 – Streik! Außer „Guten Tag. Danke. Bitte. Ein Bier. Einen Wein. Einen Medronho. Eine Tortilla“ rede ich nicht viel mit Fremden im Urlaub. Natürlich in der jeweiligen Landessprache, so dass ich mir einbilde, jede Menge romanischer Sprachen zu beherrschen. Ich führe meist Selbstgespräche, das ist unterhaltsamer.

Auf der Terrasse dieses Hotels mit Blick auf die Bucht von Porto Soller brabbelte ich so laut vor mich hin, dass sich ein anderer Gast, der dort rauchte, umdrehte. Ich beging den Fehler, etwas zu ihm zu sagen, in der Richtung „Selbstgespräch, Sie waren nicht gemeint, blabla“.
Small talk. Schwerer Fehler. Dieser distanzlose Geselle schwallte mich sofort voll mit einer jener notorischen Tiraden a la „In Deutschland gibt es keine Dienstleistungsmentalität, hier ist das Personal ja noch freundlich, aber in Italien! Italien furchtbar, da haben die Gewerkschaften alles im Griff! Und Deutschland erst. Da streikt jetzt ver.di. Wo gibt es denn so was. Die Kindergärten, blabla. Verbieten! Kreisch, zeter, jaul, jammer!“
Ein würdeloses Schauspiel, bar jeder Contenance. Anstatt diesen Lemuren einfach über die Brüstung in die Bucht von Porto Soller zu kippen, drehte ich mich wortlos um. Schwor mir aber im Fortgehen:
„Nie wieder ein Wort an Fremde im Urlaub, jedenfalls nicht, wenn es Deutsche sind.“

25.03.2014 – Sackkarren-Service auch in Meßkirch. Das dort geschilderte Ambiente „ … gemütliche Atmosphäre, ohne Hektik, ohne große Wartezeiten und mit allerbester Bewirtung … “ trifft selbstverständlich auch auf das Angebot des SCHUPPEN 68-Sackkarren-Service zu. Auf Grund der enormen Nachfrage werden die kurzen Wartezeiten allerdings nicht mehr lange zu halten sein. Die Wartezeit kann bei uns mit einem Single Malt Whisky überbrückt werden, den es aber auch für Paare gibt. Worin liegen die Geheimnisse des Whisky? Bei meiner Materialsammlung für den Bilderzyklus „Menschen mit Sackkarren im Süden Europas, vorzugsweise in Mittelmeerregionen“ fand ich die überraschende Lösung in Fornalutx, (wurde mal zum schönsten Dorf Spaniens gewählt, ob zu Recht, kann ich nicht sagen, da ich nicht alle Dörfer dort kenne, aber atemberaubend ist es da tatsächlich)

Los secretos del Whisky für 1,50

Fornalutx

24.03.2014 – Es ist ein wahnsinniger Dreck bei uns. Elfriede Jelinek ist für mich eine der erotischsten Frauen schlechthin, nicht nur, aber auch wegen der Aura, die sie umgibt. Endgültig verfallen bin ich ihr aber ob eines 30 Jahren alten Interviews, bei dem sie sich u. a. mit Ulli Hoeneß, unserem geschätzten Tagebuchschreiber, über Ehe, CSU und saubere Socken austauschte. Allein Jelineks Antwort auf die Moderatorenfrage nach der Arbeitsaufteilung in ihrer Ehe:
„Wer macht dann die Hausarbeit bei Euch?“
ist Nobelpreiswürdig:
“Wir machen eigentlich gar nichts. Es ist ein wahnsinniger Dreck bei uns.“
(Das ganze Interview sollte Pflichtlektüre an Deutschlands Schulen werden)
So müsste man gelebt haben.
Aber ich will nicht klagen. Ich war für meinen Bilderzyklus „Menschen mit Sackkarren im Süden Europas, vorzugsweise in Mittelmeerregionen“ – regelmäßige Leserinnen dieses Blogs werden sich erinnern – heuer aus aktuellem Anlass (Start Anfang April des SCHUPPEN 68-Sackkarren-Service)

in Valldemossa, einem Bergdorf in der Tramuntana, in dem unter anderem 1 Österreicher lebt, ob verwandt mit Elfriede, konnte nicht eruiert werden in der Kürze der Zeit, und

von dem es schöne Postkarten gibt. George Sand und Chopin waren auch schon mal da. Bata Illic setzte Sand ein musikalisches Denkmal mit „Ich hab noch Sand in den Schuhen aus Hawaii“. Schuhe aus Hawaii sind übrigens von ganz inferiorer Qualität. Aber das ist ein völlig anderes Thema.

15.03.2014 – Prozesstagebuch Uli Hoeneß – Gedanken zu Schuld und Sühne. Teil 4: Demnächst dann eben Knasttagebuch. Irgendwie hab ich mich richtig an das Tagebuchschreiben hier gewöhnt. Man wird klarer im Kopf und so unsympathisch ist dieser Gleitze auch nicht.

Jemand, der beim ersten Sonnenschein sofort den Grill rauspackt und Würstl drauf, kann kein schlechter Mensch sein. Und geschäftstüchtig ist er auch. Diese Idee mit dem Sackkarren Service, das hat doch was, da investier ich mal ein bisschen Spielgeld. Zwei, drei Millionen, da könnt was gehen, Werbung im TV, Freifahrten für Promis, Sonderaktionen für Hochzeiten und ruckzuck geht das als Franchise Modell nach ganz Deutschland. Billige Arbeitskräfte gibt’s wie Sand am Meer, jeder Vierte arbeitet im Niedriglohnsektor. Paradiesische Zuständ’ san dös. Mia san mia. Sakra. Jetzt geht’s mir besser. Ich glaub, ich schreib hier auch Knasttagebuch. Landsberg. Wie das wohl wird? Ein bisschen bang ist mir schon. Meine Alte muss mir unbedingt die Betablocker einpacken, wegen dem Hochdruck. Blöd, dass das so auf die Potenz geht. Wenn mit der Gerichtssprecherin was laufen soll, mit dem Mett, das wär’ geil, dann bräucht’s schon Viagra.
In Landsberg hat der Hitler ja „Mein Kampf“ geschrieben. Ich könnt’ auch ein Buch schreiben. Erst lese ich eins, da weiß ich, wie das geht, und dann schreib ich eins. Am besten darüber, wovon ich was verstehe. Würstl zum Beispiel und gegen dieses ganze Vegetarische. Der Hitler immer mit seiner Erbsensuppe. Was die arme Eva Braun hat ausstehen müssen! Einen Buchtitel hab ich schon. Ich nenn’ das Werk: „Mein Mampf“.

14.03.2014 – Prozesstagebuch Uli Hoeneß – Gedanken zu Schuld und Sühne. Teil 3: So eine Scheiße. „Dreieinhalb Jahre. U n f a s s b a r. Da wäre ich ja beim Volksgerichtshof besser weggekommen. Sitzen in der Justiz denn nur noch rotgrünvegetarische Sozialneidlinge? Für einen Moment dachte ich, mein Blutdruck geht durch die Gerichtssaaldecke, bestimmt wieder 180 : 120. Das ist nun der Dank des Vaterlandes. Gefängnis, das kann ich mir überhaupt nicht vorstellen. Früher dachte ich immer, das sind alles Luxuspensionen, wo es Kinderschändern und Terroristen vorne und hinten reingeblasen wird auf Steuerzahlers Kosten. Jetzt seh ich das irgendwie anders. Ob mich da Schwuchteln unter Dusche vergewaltigen? Meine Güte, ich komm auf den Horror, bloß an was anderes denken. Die Gerichtssprecherin, ob da was läuft? Vielleicht sollte ich der ein gutsortiertes Wurstpaket schicken aus unserem Sortiment. Das wird sie beeindrucken.
Der Gleitze spinnt wirklich.


Der macht Gesichtswurstmobiles und nennt das Kunst.
Das ist krank. Ich sollte Geld von dem nehmen, dafür, dass ich dem hier das Internet voll schreibe. Ich war mal in einer Kunstausstellung, meine Alte hat mich dahin geschleift. Da waren Sachen von einem Dieter Rot oder so ähnlich (Rot! Was sonst!), der hat da Wurst verrotten lassen und das nannte sich Kunst, für die man tausende Mark bezahlten sollte. So muss man verbieten. Da hätte der Staat jede Menge Arbeit. Wenn ich im Knast sitze, geht in meiner Wurstfabrik bestimmt alles drunter und drüber. Die Kommunisten von der Gewerkschaft wiegeln doch jetzt die Belegschaft auf, von wegen, der Hoeneß und so. Wenn die Betriebsräte gründen, wandere ich aus! Nach Kasachstan oder Transnistrien!. Ach so, geht ja erst mal nicht. So eine Undankbarkeit bei den Arbeitern. Ich zahle den 8 Euro Stundenlohn, da kann man sich heute 8 Pakete Butter von kaufen! Ich hab damals als Bub beim Zeitungsaustragen gerade mal 2 D-Mark verdient! Und dann kriege ich bei der ersten Gelegenheit von denen einen Dolch in den Rücken. Mein Gott, was soll aus Deutschland werden?

13.03.2014 – Prozesstagebuch Uli Hoeneß – Gedanken zu Schuld und Sühne. Teil 2: Wurst-Case- Szenario. “Diese elenden Satireschmutzfinken. Jeder, der die Tinte nicht mehr halten kann, wagt es, mich durch den wurstbraunen Satiredreck zu ziehen und kommt sich witzig vor, wenn er ein Wurst-Case-Szenario schildert, wie ich im Knast keine Nürnberger Rostbratwürstchen mehr kriege. Hahahha. Dass da der Staat mal durchgreift! Aber nein, da hält man sich lieber an die Steuerzahler anstatt dass man ein paar von diesen Tucholsky(Tolstojewski? Dombrowski?)-Verschnitten hinter Gittern bringt. Das sind doch alles vegetarische Sozialschmarotzer. Die bestreiten alles, außer ihren eigenen Lebensunterhalt! Wer hat das noch mal gesagt? Churchill? Karl Marx? Hm. Als ich gestern die Gerichtssprecherin im TV gesehen habe, bin ich spitz wie Lumpi geworden und hab mir vorgestellt, wie ich mich mit der in einem Haufen Mett wälze. Rindermett. Ich mag kein Thüringer Mett. Das ist immer so versalzen. Diese Thüringer sind sowieso alle Vollidioten. Wer von denen hat denn überhaupt studiert? Die Gerichtssprecherin kommt bestimmt nicht aus Thüringen. Hab ich Lumpi heute morgen seine Wurst gegeben? Ich muss mich einfach mehr konzentrieren. Ob das so ein gute Idee war, hier Tagebuch zu führen? Dieser Gleitze ist doch auch irgendwie dubios.

Gesichtswurst-Button
Ob der wirklich in der CDU ist? Cool aussehen tut er ja. Ich glaube, die Gerichtssprecherin wäre eher hinter dem her als hinter mir. Aber es geht ja Gottseidank nicht nur nach dem Aussehen. Ich glaub, ich krieg doch Bewährung. Heute morgen hatte ich keinen Durchfall mehr. Die Wurst sah aus wie von Rembrandt gemalen. Das ist bestimmt ein gutes Zeichen.“

12.03.2014 – Intimes Tagebuch von Uli Hoeneß zum Prozess. Normalerweise stehen hier Blogeinträge von mir, Klaus-Dieter Gleitze. Intim, betroffen und Angstfrei berichte ich aus meinem Alltag als Künstler, spontan, mit allen Aspekten, mit Höhen und Tiefen – auch, um mehr Verständnis zu bilden für das Heer (ca. 1,5 Mio.) von Kultur- und Kreativschaffenden. Weil dieses Tagebuch so intim und Angstfrei ist, hat mich Uli Hoeneß gebeten, hier sein Prozesstagebuch veröffentlichen zu dürfen, als Gegengewicht zu all den anderen Online Minutentickern, Tagebüchern und Blogs der Mainstreammedien, die ja immer nur einseitig berichten mit dem Tenor: „Sehet, ein Schuldiger!“ Was aber wirklich in dem Wurstfabrikanten vorgeht, erfahren Sie exclusiv in diesem Blog. Warum ich das mache? Sicher nicht, um die Klickzahlen dieser Seite zu erhöhen. Aufmerksame Leserinnen wissen, dass ich nicht erst seit 2008 von Wurst fasziniert bin, speziell von Gesichtswurst. So schuf ich anlässlich einer

Performance zum Gedenken an Marcel Duchamp das einzige begehbare einteilige Gesichtswurstpuzzle der Welt (Hallo Linden berichtete auch) Aus Sympathie räume ich also Uli Hoeneß hier Raum ein, der das Tagebuch online in den Prozesspausen schreiben wird. Es beginnt hier:
“ Prozesstagebuch Uli Hoeneß – Gedanken zu Schuld und Sühne. Heiß ist es im Gerichtssaal, da macht sich keiner eine Vorstellung, schlimmer als in einem Wurstkessel. Ich komme mir vor wie eine Brühwurst. Hunger hab ich auch, aber wenn ich jetzt mein Jausenwurstpaket auspacke, steht morgen in allen Zeitungen „Guck mal, der Hoeneß, so einer ist das“. Der Richter ist ja auch so komisch, so verkniffen-mager. Und die Gerichtsprecherin erst, so ein dürres Gehopse. Bestimmt beides Vegetarier, die können mich nicht leiden, das ist was persönliches. Hitler war auch Vegetarier. Unmöglich so was. Wenn die Leute mehr Wurst essen würden, gäbe es keine Kriege. Andererseits, irgendwie finde ich die Gerichtssprecherin ja geil. Ob die im Bett wohl quiekt, wie ein kleines Ferkelchen? Oh Gott, bin ich jetzt pervers? Normal ist das nicht. Meine Verteidiger sind Vollidioten. Was die wohl studiert haben? Ob die überhaupt studiert haben? Was die in der Pause wohl essen? Neumodische Gurken-Sandwiches bestimmt. Die sollten lieber Leberwurstbrote essen. Ich schätze, ich kriege vier Jahre und sechs Monate. Eine Scheiße ist das. Kacken muss ich auch schon wieder. Durchfall. Kein Wunder.“

08.03.2014 – Internationaler Frauentag! Ich werde mich hier nicht über den beklagenswerten Mangel einer politischen Frauenbewegung äußern. Frauen verdienen 23 Prozent weniger als Männer, 44 Prozent aller Alleinerziehenden sind arm und das sind zu 90 Prozent Frauen, Vorstandsposten werden in unserem Land zu 4 (nicht: 40) Prozent von Frauen besetzt. It’s the economics, stupid. So simply ist das. Oops, jetzt hab ich mich ja doch geäußert. Dabei wollte ich bloß die Geschichte der beiden SCHUPPEN Masterminds Gleitze & Sievers erzählen, die sich heute zufällig beim Marktgang über den Weg liefen,

spontan den Ouzo Flachmann zückten, auf ihren verstorbenen Ohrensuppe-Koproduzenten und Corfu-Afficionado Harri anstießen, den internationalen Frauentag hochleben ließen und alle vorbeieilenden Kumpels zum Mitzechen einluden, hier jedoch lediglich verächtliche Blicke ernteten „Am helllichten Tage Ouzo? Seid ihr verrückt!?“ –

„Nee, aber betrunken!“ zurück schleuderten und in der Folge melancholisch fluchten über das Schickimickipack aus anderen Vierteln, dass den total in Mode gekommenen Lindener Marktplatz derartig unerträglich verstopft, dass Herr Sievers den schon lange nicht mehr aufsucht, sondern vielmehr… und hier kommt dann wieder der Griff zum Flachmann ins Spiel.
Das Argument „Am helllichten Tag Ouzo? Seid Ihr verrückt?!“ ist übrigens an Indolenz nur schwer zu überbieten. Was machen solche Herrschaften im Sommer am Polarkreis, wo die Sonne nie untergeht? Sechs Monate Milch saufen? Nur mal so als ein willkürlich gegriffenes Beispiel.
Auch mit Nichtsaufen kann man sich um den Verstand trinken. Prost!

05.03.2014 – Des närrischen und bacchantischen Treibens ward kein Ende. Abends beim geschätzten Kollegen und SCHUPPEN 68 Mediamaster Achim Beinsen ein superbes Mahl: Als Hors d’œuvre froid Chicoree Carpaccio mit honigbasiertem süßsaurem Dressing, das öffnete frisch und knackig Gemüt und Gaumen für Nachfolgendes wie eine würzige, die Sinnen belebende Zwiebelsuppe und zum

krönenden Höhepunkt ein unglaubliches Boeuf Bourgignon aus dem Römertopf mit Papas Arrugadas (kanarische Salzkartoffeln) und überbackenen Zucchini. Die Soße allein war den Abend wert, wie ein gutes Gedicht auf den Kern reduziert, die pure Essenz des Geschmacks! An Weinen sei hier nur ein kraftvoll in Nase und Gaumen präsenter autochthoner Weißer aus Portugal erwähnt. Alle Gäste, das bewährte SCHUPPEN 68 Duo Gleitze & Sievers sowie das korrespondierende Mitglied Heiko, vergaben für das Mahl die Höchstnote, waren erst des Lobes voll über den Gastgeber und später auch sonst. Wenn die Gespräche mitunter nicht das Niveau des Essens erreichten, so waren sie doch jederzeit unterhaltsam, kurz: Ein Abend, gelungen wie aus dem Lehrbuch.

Ob die Verkleidung und Scherze der anwesenden Herren allen Anforderungen des Karnevals gerecht wurden? Wir decken den gnädigen Mantel der Geschichte darüber, gedenken des unglaublich luftigen Schokoladenmousse zum Nachtisch und begrüßen die bevorstehende Fastenzeit mit einem lauten: Prost!

04.03.2014 – Die Doku von Klaus-Dieter Gleitze & Michael Doege über den kürzesten Karnevalsumzug der Welt war für den Oscar nominiert! Beinahe – durch Intrigen der BRD-Filmmafia, die uns unabhängige Autorenfilmer nicht hochkommen lassen will, wurden wir dann doch im Vorfeld aussortiert. Hierzulande will der Mob immer nur Till Schweiger und Keinohrblasen oder derartigen Müll, Independentfilmer wie wir haben da keine Chance. Wir zeigen den Film noch einmal hier auf dieser Seite, bevor er im Frühjahr in die Programmkinos kommt (auf Bild klicken):

Die beiden Autorenfilmer Klaus-Dieter Gleitze (Umzug) & Michael Doege (Kamera, Regie, Schnitt) sind

hier bei der Karnevalsfeier zum Auftakt der Programmkinotour zu sehen. Von wegen Niedersachsen können keinen Karneval! Helau und am Arsch!!

03.03.2014 – Heute ist Rosenmontag. Künstlern, Intellektuellen und Artverwandten wird mitunter nicht zu Unrecht vorgeworfen, sie blickten mit Herablassung auf das Treiben der niederen Stände, hier insbesondere DSDS, Karneval etc. pp.. Obwohl Niedersachse mit Leib und Seele und also Karnevalsunaffin, bin ich da völlig anders!

Ich bin immer an der Seite der niederen Stände, der Arbeiterbewegung, der Karnevalisten, der Wähler/innen und anderer Minderheiten. Aufgenommen wurde das Papierbild (!) in den Neunzigern, damals befand sich mein Wahlbüro auf dem Gelände eines Abfallwirtschaftsbetriebs, der zu der Zeit vermutlich noch Mülldeponie hieß. So kann man Demokratie auch symbolisch in jene Tonne kloppen, die heute ein Bio ist.

28.02.2014 – Ich glaub, ich steh im Wald! Der geschätzte Kollege aus der Villa Peppermint hat die Sommerresidenz (Sommerrenitenz?) des SCHUPPEN 68 entdeckt, hier!. Villa Chef, diese unautorisierte Veröffentlichung kostet Dich ne Pulle Oppenheimer Sackträger, die die Chauvis aus dem SCHUPPEN und der Villa synchron leeren am: 8. März! Prost.

26.02.2014 – Sackträger. Weine aus dem Ausland heißen zum Beispiel Puligny-Montrachet Premier Cru oder Château Mouton Rothschild 1er Cru Classé. Ganz nett anzuhören und der Kenner weiß, ja, o.k, kann man kaufen, ordentliche Qualität (Kostenpunkt um die 400 Ocken) Aber von der Namensgebung her doch irgendwie phantasielos.

Ganz anders dagegen der Oppenheimer Sackträger. Kaum ein Schwein weiß, was das für eine Qualität ist, beim dem Durcheinander der deutschen Weinlagen. Aber ist in dem Namen nicht Musike drin? Der Tropfen ist übrigens köstlich. Ich kühlte ihn im schonenden Schnellverfahren auf dem Eis meines Gartenteiches herunter. Aber das Eis ist lange weg oder wie der alte Geheimrat dichtete:
Vom Eise befreit sind Teich und Bäche
durch des Frühlings holden belebenden Blick,
im Garten grünet Hoffnungsglück;
der alte Winter, in seiner Schwäche,
zog sich in rauhe Berge zurück.
Morgen schaue ich nach, heuer ist es noch diesig.
südwärts ragt der Lindener Berg, rauh und riesig.

89 Meter über Normal-Null. Was auch ein schönes Schimpfwort ist: Du Normal-Null. Schönen Tag für alle Doppelnullen und den Rest.

20.02.2014 – Warum lachen wir? Nicht als philosophisches Erkenntnisproblem gemeint, inwieweit und aus welchem Grund sich der Mensch als solcher durch das Lachen vom Tier unterscheidet (tut er nicht, Affen lachen auch, das Unterscheidungsmerkmal ist das, was Sie, liebe Leserinnen, hier in Form von Zeichen vor Augen haben: die Sprache als Symbolträger), sondern warum lachen wir beim Anblick einer Sahnetorte im Gesicht – eines Anderen, versteht sich.

Und warum habe ich neulich gelacht, als eine Orange von meiner Veranda rollte? Im Winter lagern dort Lebensmittel, bei weniger als 68 (sic) qm Wohnfläche bin ich über jeden Stauraum dankbar. Beim morgendlichen Hantieren dort löste sich eine Orange und rollte die Veranda hinunter in Richtung Garten. Das sah so unpassend, unbeholfen, ja albern aus, Orangen hoppeln mehr als dass sie rollen, dass ich lachte, bis mir die Tränen kamen. Aber warum im letzten Grund? Weil die Orange ihr Rollenbild verlassen hatte?
Die Orange liegt noch immer da und jeden Morgen, wenn ich sie sehe, muss ich wieder lachen.

18.02.2014 – Oral, bürsten, Batterien. Die Montage ist in der Literatur und Kunst ein gängiges zeitgenössisches Verfahren. Mitunter produziert die Realität im Montageverfahren Bilder im Kopf, die … aber entscheiden Sie selbst. Heute morgen hatte ich direkt hintereinander zwei Spams im Mailkasten mit den folgenden Betreffzeilen:
„Gratis anmelden und sich von attraktiven Frauen kontaktieren lassen, Herr Gleitze“
(von „schüchtern?“)
„Zahnbürstenkopf passend für Oral-B, Batterien“
(von Deal LX)
Dazu gibt es hier ausnahmsweise kein Bild, weil Sie ja jetzt welche in Ihrem Kopf haben. Sie können mir gerne eine Auswahl davon mailen.

17.02.2014 – Strauchbeeren 2013: Steigerung von Flächen und Erntemengen. Das statistische Bundesamt versorgt mich zuverlässig jeden Morgen mit Pressemitteilungen zu dem, was Staat und Gesellschaft im Inneren zusammenhält. Ich brauche das zur Erwerbsarbeit, privat ist mir das eher schnurz. Privat stehe ich mehr auf Individualität, Abenteuer und Freiheit und so Zeug und deshalb ist das hier eines meiner besten Fotos:

Von 1995, kann man vermutlich an der Werbekampgane verifizieren. Das obige Amt schätze ich aber doch, auch wegen tendenzieller Ideologieferne. Und die Tatsache, dass die Strauchbeerenanbaufläche im letzten Jahr um 7 % angestiegen ist, hat doch was tröstliches und erinnert von fern an die Fanfarenstösse der Plansollerfüllungen in der ehemaligen SBZ. Beruhigt starte ich in den Tag.

13.02.2014 – Welche Art von Lust bevorzugen Sie? Anzukommen in Orten, die so klein sind, dass an den Bahnhöfen noch nicht mal ein Taxistand ist oder Bushalt, im Winter, bei Nieselregen, hinter den Bahnhöfen ein graubraun matschiger Kartoffelacker und vor sich ein schlecht bezahlter Auftritt oder öder Job – das wird nur noch von der Hölle getoppt. Insofern ist eine Kugel in den Kopf in solchen Situationen auch keine Lösung, man weiß ja nie, wohin die letzte Reise geht. Womit wir automatisch beim Paradies sind, aus dem Adam und Eva vertrieben wurden, als sie die Lust entdeckten. So sagt zumindest die offizielle Bibelexegese. Das glaube ich nicht. Ich glaube vielmehr, das den Beiden irgendwann langweilig wurde, immer nur rammeln, kann ja auch nicht der Sinn des Lebens sein. Also packte sie eine ganz andere Lust, nämlich die Reiselust und sie gingen auf Walz, mal gucken, was hinter dem Paradies liegt. Das erboste die Paradiesverwalter derartig, dass sie den freiwilligen Auszug aus dem Paradies in eine Vertreibung aus ganz anderen, schmutzigen Gründen umschrieben und aus Gehässigkeit und zur Bekämpfung von Reiselust noch Bahnhofskategorien wie obig beschrieben erfanden.

Dieser Bahnhof gehört nicht zur Kategorie „Vorhof der Hölle“, es ist der von außen attraktive hannöversche, Teil der großen SCHUPPEN 68 Intervention von 2007, als an 68 öffentlichen Orten in Hannover 68 Installationen „Freibier und Erbsensuppe“ aufgestellt wurden, an 68 aufeinander folgenden Tagen.

08.02.2014 – Was man früher so alles mit der Hand machte.

Zum Beispiel das Layout für die Programmzeitung eines Bürgerfunks (Radio Flora in Hannover), mit Rasterfolie und Kopierer. Das ist bald 20 Jahre her.

Lizenz zum Senden
Die beiden Entwürfe des SCHUPPEN Kollegen Hermann Sievers waren dem Sender irgendwie nicht alternativ genug. Hätte James Bond statt Smoking eine lila Latzhose getragen, wäre das wohl was anders gewesen. Mittlerweile ist die Lizenz zum Senden flöten gegangen, Flora gibt es nur noch im Internet. Dort betreibt Kollege Sievers mit Kollegin Dr. Dinghaus das SCHUPPEN 68 Satiremagazin Ohrensuppe und Kollege Gleitze freut sich darüber, dass ihm sein Smoking von vor 20 Jahren immer noch passt. Die Entwürfe des Kollegen Sievers sind übrigens weder alternativ noch progressiv, sondern einfach zeitlos gut. Die Botschaft kommt präzise, elegant und witzig rüber.
What’s left? Das Sinnieren darüber, wie der Lauf der Zeiten mitunter Konturen klarer und klarer herausmeißelt – wobei ich mir nicht sicher bin, ob besagter Lauf das handwerklich hinkriegt: Konturen heraus (herein?) meißeln – und die Tatsache, dass ich bald wieder auf jenen gepackten Koffern, die im Zweifel immer Trolleys sind, sitze.

07.02.2014 – Spanner-Drohnen am FKK Teich! Unweit des SCHUPPEN 68 sind idyllische Kiesteiche gelegen, an denen ich, wenn Zeit und Wetter es zulassen, kreative Projekte entwickele, aber mitunter auch einfach die Seele baumeln lasse oder kraulend der sportlichen Ertüchtigung fröne. Es geht dort eher textilreduziert zu, was natürlich Spanner anzieht. Das ist mitunter eklig, oft ätzend, manchmal skurril. Wobei ich mich in der Gesamteinschätzung dieses Phänomens zurückhalte, weil das für Frauen wesentlich übler und einschränkender als für mich ist. Im Winter fahre ich mit dem Fahrrad dorthin, gucke, ob Wasser und Horizont noch da sind und seufze mitunter: „Noch x Monate, bis es wieder soweit ist.“ So weit so banal, aber letzte Woche war Ende im Gelände mit Banalität:

Die erste Spannerdrohne am Kiesteich.
Wenn das einreißt, krame ich meine Luftpistole wieder raus und hole die Dinger vom Himmel. Aber haben würde ich so eine Drohne irgendwie auch schon. Ich wüsste auch schon, wen ich damit observieren würde. Pervers? Meine Güte, jeder von uns hat seine Abgründe.

05.02.2014 – Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit, selbst auf Gebieten, auf denen es Frieda Normalverbraucherin nicht vermutet. Zum Beispiel bei der Wahl der Garderobe für einen Empfang wie den in Brüssel (siehe 01.02). Informeller Dresscode für Herren in so einem Fall: Anzug in gedeckten Farben, maximal im Revers einen Sticker der eigenen Partei, Organisation etc. . Das ist nicht mein Stil und da ich auch als Künstler geladen bin, habe ich eine Publikumserwartung zu erfüllen. Bei meinem Anblick sollte jede sofort denken: Ach, das ist bestimmt der Typ mit dem Kunstprojekt. Ich habe verschiedene Outfits in verschiedenen Rollen.

Smoking fällt flach. Leider, mein Lieblingskleidungsstück, es vermittelt dem Träger per se und per Stoff ein lässiges Gefühl von Überlegenheit und Eleganz.

Blaumann fällt auch flach. Da hört doch keiner auf die Präsentation, alle denken: Hat der ne Meise oder was kommt jetzt?
So steht man also stundenlang vor dem Spiegel und fragt sich: Kann ich so gehen? Und später: Hast du noch alle Tassen auf dem Bord? Beim Frisör war ich natürlich auch. „Schneiden Sie’s so, dass man auf keinen Fall sieht, dass da was geschnitten wurde!“

Diese Deko sah ich bei einem Frisör in Matonge. Schön, dass die reiche und luxuriöse EU Metropole Brüssel auch noch Raum für so was hat. Und was es mit den OP Einmalhandschuhe auf dem Smokingbild für eine Bewandtnis hat, das erfahren wir das nächste Mal. Tolle Geschichte!

01.02.2014 – Brüsseler Spitze. Die Vorstellung des Projektes „Armut? Das ist doch keine Kunst!“ in der niedersächsischen EU Vertretung in Brüssel vor Abgeordneten, Fachverbänden etc. war ein toller Erfolg. Es hat auch Vorteile, als Künstlerparadiesvogel unterwegs zu sein und Projekte präsentieren zu können abseits der grauen Welt der Statistiken, Jobcenter und Inklusionsdebatten, das Publikum gibt einem einen gewissen Vorab-Kredit (den Witz vom 28.01 hab ich weggelassen). Eingeladen hatte Sozialministerin Cornelia Rundt. Unterliegen Frauen weniger der Hybris der Macht? Die Sozialministerin jedenfalls war bar jeder Eitelkeitsallüren und hatte einen erfrischenden Humor.

Spaß beim Empfang, Sozialministerin in der Mitte.

Habe ich da gerade den Witz vom 28.01 erzählt? Wurde meine Jackenfarbe als politische Botschaft interpretiert? So ein Empfang hinterlässt offene Fragen. Hinterher war ich in Matonge, dem afrikanischen Viertel von Brüssel, in einer Kneipe, in der sie Samba Mapalanga spielten, Musik, zu der ich früher auch das Tanzbein zu schwingen pflegte. Außer mir waren in dem spartanischen und doch sehr bunten Etablissement noch drei Schwarze, deren Kinder zur Musik tanzten und einen Höllenlärm veranstalteten. Es war eine gänzliche andere Anmutung als die Welt der Kristalllüster und Stuckdecken in der niedersächsischen EU-Vertretung, aber auch in Matonge fühlte ich mich sauwohl. Doch, doch, Brüssel war Spitze…
(Bildrechte bei der Vertretung des Landes Niedersachsen bei der EU)

28.01.2014 – Eine Frage der Wahrnehmung. Für eine Fotoserie hatte ich Porzellanfiguren auf die Veranda gestellt und dort vergessen. Am nächsten Morgen waren sie eingeschneit und wirkten anders als auf der blanken Veranda, wo sie nicht viel hergaben.

Nun muten sie lebendig an, fast menschlich, wie sie da durch den Schnee zu stapfen scheinen. Alles eine Frage der Wahrnehmung. Wie im richtigen Leben, wo ich auf gepacktem Koffer sitze. Ein falsches Bild übrigens. Kein Mensch benutzt heute noch Koffer, auch ich fröne seit Jahren dem Hackenporsche, vulgo Trolley. Das waren noch Zeiten, als ich mit dem Daumen im Wind nach Portugal trampte, mit einem leuchtend orangefarbenen Rucksack auf einem Alugestell. Heute werde ich schon panisch, wenn meine Platzreservierung im ICE nicht klappt. Jetzt geht es nach Brüssel, vor EU Abgeordneten das Projekt „Armut? Das ist doch keine Kunst!“ präsentieren. Ich soll es tendenziell eher heiter machen, getreu dem Motto: „Ernst ist das Leben, heiter die Kunst (Friedrich Schiller)“. Nach meiner Erfahrung gilt da eher Karl Valentin: „Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit.“ Gutes Entertainment ist viel Arbeit, die wie mühelos aussieht. Und vielleicht ist das ja auch der Durchbruch: Europa, wir kommen! Ich überlege, ob ich als Intro einen Knaller aus meinem Witzeverleih präsentieren soll: „ Kommt ein Künstler zum Arzt … (Rest hier) . Wenn das allerdings in die Hose geht, kann ich die ganze Präsentation abhaken. Mal wieder Adrenalin pur. Andere jumpen Bungee ….

25.01.2014 – Ich bin dem Paradies nahe. Ich lebe mit und in der Natur, was ja eine Idealvorstellung vom Paradies ist.

Am Hinterausgang des SCHUPPEN 68 hänge ich zum Beispiel die Wäsche zum trocknen einfach dort hin, wo Mutter Natur ihre Geschöpfe wachsen lässt, in diesem Fall die Socken in die Reste der Sonnenblume „Goldener Neger“
Zeitpunkt der Aufnahme war November, die exotische Blüte im Vordergrund ist längst vom Frost gemeuchelt. Wissen Sie übrigens was passiert, wenn man Wäsche bei Frost raushängt? Klar, die friert sofort und wird nie trocken? Von wegen. Die friert zwar sofort, wird aber trotzdem trocken und zwar schneller als auf dem Trockenboden! Außerdem riecht sie hinterher wundervoll nach Luft und Frische. Probieren Sie es mal aus, das hat mit den Grundsätzen der Thermodynamik zu tun und nennt sich Sublimation . Gibt es auch bei Menschen, hat aber nichts mit Frost sondern mehr mit Frust zu tun.

23.01.2014 – Ich hasse Winter. Alles ist grau, öde, matt, kältestarr. Man kann nicht Rad fahren, die Meisen betteln auf der Veranda mit traurig-süßen Knopfaugen um Atzung und ich kriege Kältepickel an Körperstellen, über die des Sängers Höflichkeit lieber schweigt.
So stelle ich mir die Hölle vor, nur ohne Zentralheizung. Wir haben es aber einfacher als Friedrich Hölderlin in seiner Klage über den Winter, bei der ihm scheinbar Thanatos die Feder führte
Weh mir, wo nehm’ ich, wenn
Es Winter ist, die Blumen, und wo
Den Sonnenschein,
Und Schatten der Erde?

Wir öffnen unseren Ordner mit Urlaubsfotos aus dem Winter,

hier eines der weißen Dörfer der Algarve, Burgau, wo ich im Winter 2012 zu Studienzwecken weilte (es ging um Medronho die Sache ging nicht gut aus). Meer, Sonne, Licht, Frieden – das Paradies kann kaum schöner sein. Und eine Zentralheizung braucht man auch nicht. Aber jedem Zauber wohnt ein Grauen inne!

Am Rande von Burgau diese Siedlung! Unsere Aufgabe für heute: Finden Sie die Abweichungen in der Häuserreihe im Bildvordergrund heraus und diskutieren Sie mit Ihrer Nachbarin über mögliche Beweggründe der Eigentümer.

17.01.2014 – EROTIK, SEX, PORNOGRAPHIE in die Praxis dieses Blogs umzusetzen, wie Anfang des Jahres angekündigt, ist echt nicht leicht. Das Thema verfolgt mich schon in meine Träume! Neulich hatte ich einen feuchten Traum, genauer: Pausentraum.

Latte! Morgens? Abends? In der Pause?
(Fundort: Hannover, Uni, Mensa)

14.01.2014 – Tunis und Penis. Die derzeitige Regierungskrise in Tunesien und der bedauernswerte Mangel an Erotik in zeitgenössischer Lyrik haben mich zu folgendem Gedicht inspiriert, dass man dereinst als Paradigmenwechsel in der Poesie des postpoetischen Zeitalters betrachten wird. Mindestens.

Tunis und Penis
beide liegen eher südlich
Tunis und Penis
beide sind mitunter niedlich.

Tunis und Penis
beide sind mitunter schön
Tunis und Penis
wie’s mit beiden weitergeht, wird man seh’n.

12.01.2014 – Was haben Pofalla und Hitzelsberger gemeinsam? Sie tauchen beide in diesem Blog nicht auf. Hier geht es um öffentliches Nachdenken und Lernen und was soll man aus den Angelegenheiten Pofalla und Hitzelsberger lernen? Dass Politiker korrumpierbar sein und skurrile ethische Grundsätze besitzen können und dass ein Männerbund wie Fußball, dessen herausragende identitätsstiftende Merkmale gemeinsames Duschen und koitusähnliche Umarmungen im Rudel auf öffentlichen Spielplätzen sind, nicht nur latent sondern manifest homophob ist? Diese tiefschürfenden Erkenntnissee dürfen Leidartikler verbreiten, wir melden uns zwecks gemeinschaftlichen Lernens nächste Woche im Lernschopp an.

In welcher Sprache eksistiert der Begriff Lernschopp und welche Kualifikation muss man hier als Leerkraft haben?

10.01.2014 – Seit dem 01.01.2014 gilt für alle deutschen Behörden und öffentlich-rechtliche Organisationen eine erweiterte Kennzeichnungspflicht. Zwecks größerer Bürgerinnennähe wird in der ersten Stufe zumindest das Amtsführungspersonal im öffentlichen Verkehr visualisiert: Auf Formularen, Internetseiten, Broschüren werden Portraits des Amtsführungspersonals veröffentlicht.

Beispielgebend für die Republik auch wieder die Hauptstadt! Der Berliner Zoo tut verwaltungsseitig seiner erweiterten Kennzeichnungspflicht sogar an seiner Außenfassade Genüge. Vom berühmten Charme der Berlinerinnen lernen heißt siegen lernen!

05.01.2014 – EROTIK, SEX, PORNOGRAPHIE! Kommen in diesem Blog eher selten vor. Das wird sich im neuen Jahr radikal ändern. Mit EROTIK, SEX, PORNOGRAPHIE! erzeugt man im Netz hohe Zugriffszahlen und da wir alle marktförmig sein müssen, braucht dieser Blog höhere Zugriffszahlen. Ich find’s ja eher moralisch verwerflich und zyklisch, stehe mehr auf Moral und antizyklisch und so Zeug. Aber der Markt, was soll man machen …
Im letzten Jahr hatte dieser Blog knapp 100.000 Leserinnen mit ca. 300.000 werberelevanten sogenannten Page Impressions. Nicht schlecht, aber das hat jede schlappe Pornoseite am Tag. Also steht in meiner internen Zielvereinbarung für 2014:
Zugriffszahlen verdoppeln (mit Qualität?).
Ich versuche es erst mal mit EROTIK, SEX, PORNOGRAPHIE! Wir fangen mit einem Fundstück von gestern an, sozusagen am Wegesrand gepflückt.

Erotik im Verleih. Erotik im Verkauf kann ich mir vorstellen, wobei es sich dabei vermutlich eher um Sex im Verkauf handelt (die Grenzen sind da wohl fliessend). Aber Erotik im Verleih? Ich hab schon Probleme mit meinem Witze-Verleih!
Im nächsten Blogeintrag gibt es was wirklich versautes! Bleiben Sie drin auf www.schuppen68.de und begleiten Sie uns atemlos und erregt bis zum Höhepunkt unseres Relaunchs .
Das alles kommt Ihnen absurd vor? Der Ex-Popbeauftragte und jetzige Vizekanzler Gabriel lässt sich als „neuer Vater“ feiern, weil er sich ab und zu einen Nachmittag in der Woche um sein Kind kümmert (wenn die Presse gerade dabei ist).
Das ist absurd.

02.01.2014 – Für Donald begann das Jahr vielversprechend.

Daisy erfüllte Donald in der Neujahrsnacht einen langgehegten Wunsch.
Ich beschliesse, mich wieder mehr der Literatur zuzuwenden. Beginne mit dem Hyperion von Friedrich Hölderlin. Keine gute Wahl. Nach der Lektüre Depressionen. Zitat
„So kam ich unter die Deutschen. Ich forderte nicht viel und war gefaßt, noch weniger zu finden. Barbaren von Alters her, durch Fleiß und Wissenschaft und selbst durch Religion barbarischer geworden, tiefunfähig jedes göttlichen Gefühls, verdorben bis ins Mark […], in jedem Grad der Übertreibung und der Ärmlichkeit belaidigend für jede gutgeartete Seele, dumpf und harmonielos, wie die Scherben eines weggeworfenen Gefäßes.“
Der Mann hat ja so recht. Unter solchen Barbaren ist meines Bleibens nicht länger. Nehme Strick und will Haken an der Decke (wer hat den da hingemacht?) nutzen, um in eine andere, bessere Welt hinüberzugehen. Haken hält nicht, unser Haus ist über 100 Jahre alt. Stürze zu Boden und habe jetzt neben Depressionen Prellungen am ganzen Körper. Ich wünsche allen Leserinnen angenehme Lektüre für 2014.

31.12.2013

„Bei so einem Wetter jagt man ja keinen Hund vor die Tür“, knurrte ich, tätschelte meinem Dackel Rigobert von Bilshausen den Kopf und schickte meine Frau zum Brötchenholen. Allen Leserinnen dieser Seite eine entspannte Jahresendzeit, einen guten Rutsch, Glück, Erfolg und Gesundheit! Und denken Sie daran, den Barolo für heute Abend rechtzeitig kalt zu stellen.

30.12.2013 – Es ist ein Russ‘ entsprungen. Weihnachtsliederwahrnehmungsnachbetrachtung: Es ist ja nicht so, dass ich nur mit Latein in der Kirche Schwierigkeiten hatte im Messdieneralter. Ich verstand vieles nicht, so auch Deutsch. Ein altes Kirchenlied z. B. geht wie folgt in der ersten Strophe:
„Es ist ein Ros‘ entsprungen
aus einer Wurzel zart,
wie uns die Alten sungen,
von Jesse kam die Art“
Schon bei der ersten Zeile wurde ich aus der Verständniskurve getragen, weil ich als Kind des kalten Krieges, in ewiger Feindschaft dem Sowjetrussen verbunden, ich sage nur: Kubakrise und Berliner Mauer, verstand:
Es ist ein Russ‘ entsprungen.

Es ist ein Russ entsprungen? (englische Duftrose Graham Thomas, auf meiner Veranda, üppiger Duft mit Veilchenanmutung, in der Kopfnote Zitronen- und Mangoaromen)
Sollten wir den entsprungenen Russ jetzt einfangen und wenn ja, wo? Bevor ich nachgrübeln konnte, was das für ein Ort namens Wurzelzart war, aus dem der Russ entsprungen war:
aus Wurzelzart,
where the fuck is Wurzelzart und was für eine PLZ hat das, musste ich mich fragen, wer waren die alten Sungen
wie uns die alten Sungen …
aus welchem Ort in der BRD, aus welchem Land dieser Erde kamen die Sungen? Sungland? Sungarien? Und was wollten uns die Sungen? Das blieb ja völlig offen!
Hier schaltete ich ab. Das überforderte das Hirn eines ABC-Schützen.
Drei, vier Jahre später, der wilde Westen hatte mich in seinen Bann gezogen, grübelte ich über die Folgezeile des Liedes, das sich natürlich unlöschbar in meine bionische Festplatte vulgo Gedächtnis eingefräst hatte:
von Jesse kam die Art.
Jesse kannte ich von Jesse James, neben Billy the Kid und Wild Bill Hickcock der bekannteste gunman in the whole Wild West. Was hatte um alles in der Welt Jesse zu schaffen mit den Russen aus Wurzelzart, wo uns die alten Sungen, ja was bloß, das blieb ja offen, was uns die alten Sungen …
Kein Wunder, dass ich Künstler geworden bin. Alternativ wäre ich in der Klapsmühle gelandet. Meine ganze Jugend habe ich mit solchen Grübeleien zugebracht und selbst heute noch denke ich mir manchmal einen Schrott zusammen …
Nachtrag: Die Strophe geht so zu Ende
„… und hat ein Blümlein bracht
mitten im kalten Winter,
wohl zu der halben Nacht.“


mitten im kalten Winter (Bei mir im Garten, Anfang Dezember 2006, Fragrant Gold)

28.12.2013 – Mal was politisches. Die SPD hat einen festen Platz bei mir im Garten, im Rahmen meiner Installation „Die Arbeiterklasse“.

Installation „Die Arbeiterklasse“. Der Zwerg vorneweg symbolisiert die Vorhut der Arbeiterklasse, er trägt ein Windrad, das sich dreht, egal aus welcher Richtung der Wind bläst. Auf dem Windrad steht SPD. Es ist aber nicht die SPD, die sich da dreht, sondern das Windrad. Wir haben es also mit einem Etikettenschwindel zu tun, kunsttheoretisch könnte man in Richtung „tromp l’oeil“ denken, muss man aber nicht. Hinter dem SPD-Windrad Zwerg kommt ein Zwerg mit einer Sackkarre. Es ist eine Sackkarre der Fa. SK-Sackkarrenverleih, die mal ein Start-Up von mir war, was aber nicht hierher gehört. Der Zwerg scheint zu arbeiten. Er symbolisiert die Arbeiterklasse, wobei man nicht weiß, ob er der SPD oder dem Windrad folgt oder einfach nur einem anderen Zwerg. Das habe ich bewusst offen gelassen, damit sich die Betrachterin eigene Gedanken machen kann.
Neulich war ein Sturm bei mir im Garten. Nicht nur da, aber da ganz besonders. Da sind die SPD und die Arbeiterklasse von ihrem Sockel gefallen. Dabei war der Sturm gar nicht so heftig.

Ach Du Scheiße, dachte ich, als ich das sah. Hoffentlich ist dem Windrad nichts passiert. Schliesslich ist das Kunstwerk bestimmt eine geniale Idee, um Frauen anzusprechen: „Hast Du Lust, Dir in meinem Garten meine Installation „Die Arbeiterklasse“ anzugucken?“

27.12.2013 – Basilika ist nicht der Plural von Basilikum. Sondern Bauform oder Ehrentitel einer Kirche, im konkreten Fall von St. Clemens in Hannover, woselbst ich mit einem alten Freund regelmäßig zu Feiertagen das Hochamt aufsuche, so auch heuer zu Weihnachten.

St. Clemens ist die nördlichste Kirche Europas im italienischen Baustil, sie verbreitet in der hiesigen vorherrschenden düsteren Backsteingotik eine lichte mediterrane Anmutung. Ich war dort Messdiener, lernte die Gebetsrituale gemäss dem tridentinischen Ritus noch auf Latein: („ Quia tu es, Deus, fortitudo mea; quare me repulisti, et quare tristis incedo, dum affligit me inimicus? – Gott, Du bist meine Stärke. Warum denn willst Du mich verstoßen? Was muss ich traurig gehen, weil mich der Feind bedrängt?“)
Quare me repulisti – für einen Siebenjährigen, dessen Feinde maximal aus dem Ohrfeigenverteilenden, sein linkes Bein im Kessel von Brjansk gelassen habenden Pedell der Volksschule sowie Baumann und Pakulla aus der Nachbarklasse 2a bestanden, klang das leicht verschwurbelt. Wenn die mich bedrängten, musste ich nicht „traurig gehen“, sondern hurtig laufen, sonst gab’s Senge. Heute, wo ich mich angesichts einer See von Plagen dauernd mit dem verstörten Hamlet frage „Ob’s edler im Gemüt, die Pfeil und Schleudern / Des wütenden Geschicks erdulden oder, / Sich waffnend gegen eine See von Plagen, / Durch Widerstand sie enden?“ lese ich diese Zeilen anders. Man sehnt sich ja mitunter regelrecht nach dem Pedell, Baumann und Pakulla zurück. Trösten tun mitunter Kleinigkeiten, wie der Name des Kölner Weihbischofs: Dominikus Schwaderlapp, geboren in Selters. Also dann doch ein fröhlicher Ausblick auf 2014: Prost!

24.12.1013 – Feiertagssplitter. Heute gibt es Rinderroulade mit Kartoffelstampf und Rotkohl, vorweg Hühnersuppe, hinterher Eis. Vormittags wird ein 1989er Chateau de Fieuzal dekantiert, damit er bis zum Verzehr genug Luft kriegt. War ein Geschenk, ich könnte mir so was nicht leisten. Als Digestif wird Ouzo verklappt, zum Andenken an einen alten Freund. Ouzo ist in der arrivierten ex-alternativen und jetzt maingestreamten Mittelschicht dermaßen von Edelgrappe und Single Malts verdrängt worden („Was?! Ouzo? Bist Du verrückt, das trinkt doch kein Mensch mehr!“), dass er schon wieder Avantgarde ist. Was auch das Einzige ist, was mich interessiert. Mainstream hat mich nie interessiert, am albernsten fand ich den alternativen und linken früherer Jahrzehnte, K-Gruppen, Bots, lila Latzhosen und so Zeug. Das war so was von neben der Kappe, dass man es jetzt wieder hochfahren sollte. Das wäre mal eine Idee für eine Performance: Wir gründen eine K-Gruppe. Wobei die Bots gerüchteweise bei den Grünen immer noch auftreten. „Alle, die gegen das Aufstehen sind, sollen sich hinsetzen“, solche Ansagen haben die damals gemacht, liebe Kinder, und deshalb habe ich Euch ein Weihnachtsgedicht mitgebracht:
Ihr Rinderlein kommet, o kommet doch all‘!
Zum Schlachthof her kommet, heraus aus Eurem Stall!
Und seht, das in dieser vollblutigen Nacht
der Metzger im Schlachthof Hackfleisch aus Euch macht.

Endlich wieder Weihnachten ohne Schnee, Eis oder Kälte. Ich hasse weiße Weihnacht. Weiße Ostern auch.

Und wer hat eigentlich den Thesaurus meiner Word Version gefüllt, dass der mir solche Begriffsvarianten anbietet?

23.12.2013 – Die Wahrheit ist ein hochtrabendes Ross, das auf dem Prüfstand der Logik zur Schindmähre wird. Hört sich toll an, habe ich mir gerade selbst ausgedacht, stimmt aber. Beweis: Wenn ein Kreter sagt: „Alle Kreter lügen“, so kann er rein logisch nicht die Wahrheit sagen. Wenn es stimmt, was er sagt, wäre er ja kein Kreter, was aber die Prämisse war. Nicht stimmen darf seine Aussage ruhig, es geht hier nur um „wahr“, nicht um „unwahr“.

Das ist eine Bild-Text Schere, was Sie hier sehen. Das Bild sagt etwas anderes als dieser Text. Und das ist nun wirklich nichts als die Wahrheit (Das Foto übrigens auch, es ist keine Photoshop Lüge. Diese Warenpräsentation hab ich in einem Tchibo Laden gesehen). Damit haben Sie auf diesen wenigen Zeilen heute mehr gelernt als in der ganzen letzten Woche. Wetten?! Ich habe diesen Ausflug in die Logik auf den Spuren Wittgensteins nur deshalb unternommen, um meine von Gefühlsduseligkeiten getrübte Aussage vom 21.12 „… wo der Schreiber selber nicht immer weiß, ist das wirklich passiert, was er da gerade schreibt..“ zu präzisieren. In dem Moment, wo der Schreiber schreibt und es veröffentlicht, ist „es“ passiert. Es ist völlig unerheblich, auf welcher Realitätsebene „es“ passiert ist, weil es sich hier um Literatur handelt. Denken Sie beim Lesen von Literatur deshalb bitte ständig daran zu vergessen, dass es sich um Literatur handelt. Und wenn Sie beim Lesen dieser Zeilen das Gefühl haben, da hat aber einer echt keine Lust, seine Erwerbsarbeit aufzunehmen, könnten Sie Recht haben.

21.12.2013 – Ich wünsche allen Leserinnen eine entspannte Jahresendzeit und fröhliche Festtage! Ehrlich. Muss man ja dazu sagen in so einem Blog, wo der Schreiber selber nicht immer weiß, ist das wirklich passiert, was er da gerade schreibt. Was kein böser Wille ist. Irgendwo muss es ein Reich geben, in dem die Grenzen zwischen Wahn und Wirklichkeit, zwischen Realität und Rausch, meinetwegen auch zwischen Freibier und Erbsensuppe, nicht mehr existieren. Und wenn nicht hier, wo dann? Denn mal ehrlich, unter uns Pfarrerstöchtern, dauernd kiffen hält doch in unserem Alter kein Schwein mehr aus; bei dem Zeug, was heutzutage auf dem Markt ist, fliegt einem ja die Schädeldecke weg. Also warum nicht mal sentimental werden und zu Weihnachten was wünschen. Angerührt wurde bei mir der für Sentimentalität zuständige Bereich in der Großhirnrinde (mediale insula und anteriore Cingulus) eben gerade durch den Anblick dieses Fotos von mir aus den Achtzigern

Laufmaschenladen Hannover, Grotestr.
Wehmütig weht mich die Erinnerung an eine Zeit an, in der noch Laufmaschen aufgenommen wurden. Es gab noch den Wettkampf der Systeme, die D-Mark und man hasste Weihnachten wie die Pest. Das war was für Spießer! Ach ja, da war die Welt noch in Ordnung.
Seufz, würde Donald sagen.

20.12.2013 – Ich war vom Treiben der niederen Wühlmäuse nicht amüsiert! Bei meiner Excursion in die Welt des Luxus wurde es abschließend dann keine Nobelboutique (siehe 17. und 19.12), sondern die hiesige Topadresse, was Damenoberbekleidung angeht,

das „Mäntelhaus Kaiser“. Überwiegend Ehefrauen älteren Jahrgangs der gehobenen Stände befingerten kundig edles Material von Escada, Armani, natürlich Burberry, aber auch meiner Lieblingsmarke Etro. Selbst ich ließ, angenehm berührt, Kaschmir- und Seidenoutfit durch meine Hände gehen und gab meiner Begleiterin die erwarteten fachlichen ästhetischen Einschätzungen zum Einkauf (wir erinnern uns, ich bin Künstler!): „Nein, dieses mauvefarbene Janker korrespondiert überhaupt nicht mit Deiner entzückenden Stupsnase. Mich erinnert die Farbe eher an Erbrochenes nach einem Zechgelage inklusive Mozzarrella Pizza.“

Mauvefarben?
Es war überhaupt eine von Dezenz und Anflügen von Demenz geprägte Atmosphäre.
Hektik, Arbeit, Stress, aufdringliches und das Auge unangenehm berührendes waren hier ebenso unvorstellbar wie Sigmar Gabriel im Tutu oder im Mixed Martials Arts Ring. Wir fuhren mit der Rolltreppe aus dem Obergeschoss nach unten, ich frug: „Gucken wir nicht im zweiten Stock auch?“ – „Nein, nach unten wird es immer billiger.“ Selten war die Klassengesellschaft zentraler auf den Punkt gebracht! Im Erdgeschoss wieselten tatsächlich die niederen Stände um Wühltische (!) herum! Rascher war meine Wahrnehmung in kürzester Zeit kaum je gewandelt: Ich war vom Treiben der niederen Wühlmäuse nicht amüsiert!
Echauffiert ging ich meine Begleiterin an: „Gibt es hier keinen Fahrstuhl von der Tiefgarage nach oben, damit man sich diesen Anblick ersparen kann? Ich bitte Dich: WÜHLTISCHE, das ist doch degoutant!“
Draußen holte ich Luft. Können ein paar Minuten Sein das Bewusstsein derartig auf den Hund bringen und was würde aus mir werden, käme ich je zu Geld? Ein richtiges Schwein? Zuhause las ich ein paar Seiten Karl Marx „Das Kapital“. Alles war gut.
Zumindest theoretisch.

19.12.2013 – Ich lese was ich denke. Beim Gang zur am 17. erwähnten Nobelboutique schaute ich in die Auslagen eines Juweliers, bewunderte das teils geschmackvolle Geschmeide und bedauerte, dass ich mir meinen Geschmack voraussichtlich nie würde leisten können. Als ich den Namen des Juweliers las, entfleuchte mir ein „Potzdonner! Welch Zynismus!“

Ich las „Clochard“ (=Bettler).
So geht es meiner Wahrnehmung aber dauernd. Ich höre zum Beispiel im Radio immer statt „Statistisches Bundesamt“: Faschistisches Bundesamt. Absurd, unser Statistisches Bundesamt ist die mit Abstand ideologiebefreiteste Behörde, die es gibt. Aber absurd ist einfach schöner, sagt mein Gehirn.

Solarfeminstin! Mein von Feministinnen und Ökologen maltraitiertes Bewusstsein nimmt wahr was niemals war. (Die Anzeige ist, glaube ich, hier schon mal veröffentlicht. So was kann passieren. Ich pflege diesen Blog spontan morgens, wenn ich Zeit habe, zur der letzten Tasse Frühstückstee, was mir gerade so durch den Kopf geht. Merkt man mitunter sicher auch an der Rechtschreibung.)

17.12.2013 – Ich seh so Scheiße aus. Umständehalber betrat ich kürzlich eine Edelparfümerie, Kategorie Douglas aufwärts. Dezent-betörende Düfte umwehten meine Nase, mattgold gedämpftes Licht tauchte puppenhaft-elegante Verkäuferinnen in eine überirdische Aura und alle anderen Kunden waren mit Sicherheit von jenem Spitzensteuersatz in der Einkommenssteuer betroffen, der unter Helmut Kohl noch 53 Prozent betrug und von Gerhard Schröder auf 42 Prozent gesenkt wurde.
Umstandslos erschien mir meine Kleidung wie aus dem Container gezogen, meine Frisur mit der Heckenschere gefräst und meine Achselhöhlen mutierten zu Geruchshöllen, aus denen Miasmen fauliger Gerüche dünsteten. Ich schaute in einen der zahlreichen Spiegel und über meinem Kopf flackerte dort in rotleuchtender Flammenschrift ein Menetekel:
“DU SIEHST SO SCHEISSE AUS!“
Zuhause kramte ich umgehend alte Fotos raus, mit denen ich meinte, mein zertrümmertes Selbstbewusstsein wieder auf Vordermann bringen zu können.

Das hier zum Beispiel: Einweihung des Kassenhauses des SCHUPPEN 68 am Lindener Marktplatz. Eine völlig sinnfreie Aktion, kein Mensch brauchte unser Kassenhaus auf Rollen, niemand hatte auf unsere Einweihungsparty gewartet, die wir mit riesigem Aufwand geplant und durchgeführt hatten. Die Bezeichnungen „Dadaismus“, „anarchisch“ oder „Dekonstruktion“ wären viel zu sinnhaft für das, was da 1991 geschah. Da bin ich stolz drauf.
Und nun auf in die nächste Nobelboutique …

14.12.2013 – Gestern jemanden mit E-Zigarette gesehen.

Was ist eigentlich aus E-Zigaretten geworden? Zeitweise schossen Läden nur mit E-Zigaretten Kram wie Fußpilze nach einem Hallenbadbesuch aus dem Boden. Nach Videotheken, Handyläden und Backshops schien das die nächste große Einzelhandelsverdrängungsseuche in den Einkaufsstrassen zu werden und dann auf einmal – Ruhe. Alle weg. Lungenkrebs? Vernunft? Ruhe vor dem nächsten Sturm?
Ich warte übrigens immer noch darauf, dass ein Milliardenerbe, den der ganze Zaster und das unoriginelle Gehampel um immer mehr Kohle einfach nur langweilt und der was sinnvolles aus seinem Leben machen möchte, mal eine Ladenkette in unseren Einkaufsstrassen eröffnet mit einer wirklich zündenden, revolutionären Idee: In seinen Läden gibt es NICHTS zu kaufen. Steht in großen Lettern drüber: NICHTS Laden. Im TV gibt es Werbespots ohne Ende mit nur einer Botschaft: Kaufen Sie NICHTS. Kunden fragen Verkäufer, die natürlich NICHTS zu tun haben: „Was haben Sie im Sonderangebot?“ – „NICHTS. – „ Und was kostet das?“ (Die Antwort können Sie sich sicher denken …) Die Internetadresse www.nichts.de wird nicht mit Inhalt gefüllt, es gibt NICHTS zu sehen.

Das würden sicher auch die Philosophen des SCHUPPEN 68 unterstützen, die 2008 auf der Agora gemeinsam mit allen Bürger/innen das NICHTS ergründeten (But who the fuck is Hans-Dieter?).
Was wäre das für eine Befreiung vom lästigen ETWAS.

12.12.2013 – Solidarität mit den Barrikadenbauern

in der Ukraine gibt es bei uns auf allen Kanälen und in allen Kommentaren. Ich blick da nicht so recht durch, sind mir zuviele nationalistische Spinner und Kapitalinteressen dabei. Nicht alles, was sich auf der Strasse artikuliert, steht in der Tradition jener Aufklärung, deren hohes Gut die mögliche Herstellung von Öffentlichkeit ist, von allen für alle. Und ich frage mich, was wohl passieren würde auf allen Kanälen und in allen Kommentaren, wenn sich z. B. bei uns der Widerstand gegen die zunehmende Verdrängung von Minderheiten aus bestimmten Stadtvierteln massenhaft auf der Strasse artikulieren würde.

Das heutige Bild-Material wurde uns freundlicherweise von unserer Neuköllner Filiale im Kampf gegen Gentrifizierung und zunehmende Verrohung der Sitten zur Verfügung gestellt. Wobei der Hinweis an die GenossInnen gestattet sei, dass sich revolutionäre Akte erst in zweiter Linie gegen die überteuerten Preise der BSR (Berliner Stadtreinigungsbetriebe) richten sollten ….

09.12.2013 – Performance „Doppelhelix DNA: Duck, Gleitze, Schlingensief“

Spektakuläres Video der Performance „Doppelhelix DNA: Duck, Gleitze, Schlingensief“
Am 04.12.2013 fand eine faszinierende Performance von Klaus-Dieter Gleitze, SCHUPPEN 68, in den Berliner Kunstwerken anlässlich der dortigen Ausstellung „Christoph Schlingensief“ statt. Bekleidet mit einem Donald Duck Strickschal (handmade by BIBO, einer Vorläuferin des Urban Knitting) fuhr Aktionskünstler Gleitze mit einem Lift eine schräge Rampe auf und ab, während auf den Aktionshintergrund Fragmente des Schlingensief Films „THE AFRICAN TWIN TOWERS“ projiziert wurden.
Das Strickmuster des Schals entspricht schematisch der Doppelhelix unserer DNA

Doppelhelix DNA
die in ihrer ikonografischen Bedeutung diejenige des Atoms, das zur Zeit noch in aller Munde und Köpfe ist, überholen wird. In 100 Jahren kräht kein Ökohahn mehr nach AKWs, während man dann wahrscheinlich im Internet (?) Bausätze zur Optimierung seiner DNA oder der der eigenen Brut bestellen kann.
Die postmodernen Interventionisten Donald Duck, Klaus-Dieter Gleitze und Christoph Schlingensief haben sich immer wieder mit dem Bedeutungswandel von Ikonographien auseinandergesetzt. Alle drei sind unter diesem Vorzeichen in der Performance vereint.
Der Wandel wird symbolisiert durch das Auf- und Abfahren. Indem Gleitze quasi als Deus ex machina den Schalter des Liftes eigenhändig umlegt, stellt er die Frage nach der menschlichen Selbstbestimmung. Wissen wir, wohin die (Technologie-) Reise geht, haben wir das Ziel dieser Reise selbst in der Hand? Der Kreis der Projektionsfläche steht für den ewigen Kreislauf des Lebens, Kommen und Gehen, Ying und Yang, Ping und Pong.
Und auf meinem Schreibtisch türmt sich die Arbeit ….
Die Ausstellung ist sensationell, nix wie hin. Schlingensief ist leider tot und so was wie Hirst und Koons produziert munter weiter. Die Welt ist ungerecht. Aber wenigstens lebt Donald Duck noch…

07.12.2013 – Wo ist unser kulturelles Kapital?

Kulturelles Kapital in weiter Ferne?
Gesehen an einer Hauswand in der Schönhauser Allee am Prenzlauer Berg. So gentrifiziert die Gegend auch sein mag, ein Rest lebendiger Kultur glimmt doch ab und an unter der Latte macchiato Schlacke. Anders als in der Gegend um den Kollwitz Platz in Prenzlau, da glimmt nix mehr. Vielleicht sollte man von allen betroffenen Kiezen in der BRD eine Gentrifizierungsfarbskala erstellen, von „gelb“ über „grün“ bis „rot“, wobei folgendes gilt (mit 18 Schattierungen):
gelb = nicht betroffen. Hier gibt es noch Restbestände von sozialem Wohnungsbau.
grün = Achtung! Hier wohnen alternative Kommunalpolitiker!
rot = tot & erledigt. Hier hängen haushohe Werbeplakate mit „Hier entstehen exclusive zweigeschossige Penthäuser mitten in lebendigem Kiez!“
Kollwitzplatz wäre dann tiefrot. Andererseits, und jetzt wird es etwas unangenehm für mich als überzeugten Streiter wider alle Gentrifizierung: im „1900“ am Kollwitz Platz nahm ich unlängst ein excellentes Mittagsmahl zu mir: Tomatensuppe mit Mandelschaumcreme, Sauerkrautgulasch mit Petersilienkartoffeln, Quarkplinsen mit Rotweinbirne, dazu einen Pfälzer Riesling und hinterher einen Quittenbrand, für: 18 Euro. 18 für alles, nicht nur für den Quittenbrand.
Das neue Kioskquartett ist da! Wer noch nicht weiß, was er mir oder auch sonst zu Weihnachten schenken soll: Das neue Kioskkultquartett ist da. Das ist doch wirklich mal was anders als die neue CD mit dem Geheimtipp des Fado. Geheimtipp-CDs sind megaout und langweilig, um nicht zu sagen: viel zu fado.

03.12.2013 – Manche Sprüche sind wie alte Kumpels, die man nach Jahren wieder trifft. Manchmal ist man erstaunt, dass man sie überhaupt noch erkennt, mitunter verblüfft, wie gut sie sich gehalten haben, meist aber will man einfach nur schnell weiter, weil …Aber lesen Sie selbst.Beispiel, gestern beim Einkauf, Zitat:
„Ja, ja, man hat’s nicht leicht, aber leicht hat’s einen. Und sonst? Alles paletti?“
Muss ja. Was soll’s.

02.12.2013 – Kann er auch über Wasser gehen? Messianische Heilserwartungen wurden an Obama gestellt anlässlich seiner Erstwahl. Mittlerweile hat sich heraus gestellt: Auch die US-Variante von Jesus kocht nur mit jenem Wasser, dass man zum Brauen von Bier braucht. Aber zum Namensgeber für Gerstensaft langt es allemal noch und soll in diesem Fall besonders gepriesen und gelobt werden, weil es von unserem Freund Djalal stammt.

Wir sind Dose!
Wer in der Nähe von Djalals Kiosk (Ecke Dragonerstr., gegenüber dem Freizeitheim Vahrenwald) wohnt und Lust und Zeit auf ein Schwätzchen über Gott und die Welt hat, mit einem ungewöhnlichen Zeitgenossen, der möge an diesem Kiosk seinen Tagesbedarf an Bier, Zigaretten und Knabberkram decken. Er leistet damit auch einen kulturellen Beitrag zum Erhalt einer urhannöverschen Institution, dem Kiosk. Die ist nämlich durch die Aldi-sierung der Republik in ihrer Existenz bedroht. Friede den Kiosken, Krieg den Lidls!

28.11.2013 – Wir haben eine große Koalition. 8,50 Euro Mindestlohn. Und Freibier und Erbsensuppe für alle.

Mein Kampf am 1. Mai hat sich gelohnt.
Ich schaue aus dem Fenster. Die Republik ist im Freudenrausch: Die Leute tanzen auf der Strasse, Feuerwerk funkelt über den Dächern, wildfremde Menschen fallen sich um den Hals, küssen sich, es kommt sogar zu Spontanpaarungen auf dem Bürgersteig, der wollüstig unter der süßen Last stöhnt, seine Platten wölben sich. Der Bürgersteig ist stolz auf seinen Namen. Der Papst spuckt in die Suppe und sagt: „Diese Wirtschaft tötet.“ Die Botschaft des Papstes wird untermalt von Lou Reed, “Strawman” vom Album „New York“ (1989)
We who have so much to you who have so little
To you who don’t have anything at all
We who have so much more than any one man does need
And you who don’t have anything at all
Does anybody need another million dollar movie
Does anybody need another million dollar star
Does anybody need to be told over and over
Spitting in the wind comes back at you twice as hard

Lou Reeds Gitarre ist trocken wie ein Martini ohne Wermut, lakonisch wie „No Country for old men“ und pathetisch genug, um einen beim Hören anzurühren.
Mit seinen versöhnlichen Zeilen
Does anyone need yet another politician
Caught with his pants down and money sticking in his hole

Does anyone need another racist preacher
Spittin‘ in the wind can only do you harm

im Ohr beginne ich den Tag. Ich stelle mir den Popbeauftragten Siggi Stardust vor „Caught with his pants down and money sticking in his hole“. Alles wird gut.

25.11.2013 – Ich hasse Zirkus und Kaspertheater, von Kindesbeinen an. Damals intuitiv, heute fundiert. Tierdressuren, „Akrobat schöön“ und ähnliches Gedöns sind stinkend langweilig und phantasielos. Daher wird gerade im Umfeld von Zirkussen ständig rumgeplärrt, dass wir mehr Phantasie im Alltag bräuchten, gar, dass die Phantasie an die Macht solle! Gott bewahre mich vor einer Gesellschaft, in der pathologische Gemütszustände an die Macht kommen.
Noch schlimmer ist „Kaspertheater“.

Bei mir nebenan auf der Festwiese.
Kaspertheater: Die reine Einübung in die Klassengesellschaft. Alle Figuren, die deviantes Verhalten an den Tag legen, werden im Kaspertheater mit brachialer Gewalt niedergeknüppelt: Hexe (= starke Frauen), Teufel (= Minderheiten grundsätzlich, meist schwarz!), Räuber (= Eigentumsverletzer), Krokodil (= Naturzustand als Bedrohung der kapitalistischen Produktionsweise). Gewaltausführender ist ein Angehöriger des Lumpenproletariats, nämlich Kasper, der dazu seinen Knüppel benutzt, was eine geradezu niederträchtige sexistische Vergewaltigungsphantasie konnotiert. Miserabel ausgebildet, daher einfältig und dumm wie Bohnenstroh, und keiner geregelten Arbeit nachgehend, wird er schnell zum willfährigen Büttel des Repressionsapparates, hier vertreten durch den Polizisten, und schleimt sich populistisch an alles ran, was ihm auch nur einen Hauch Anerkennung verspricht („Hallo liebe Kinder, seid Ihr alle da!?“ Natürlich sind da! Sonst würde die Vorstellung ja nicht stattfinden. Sein durch rote Nase und Wangen indizierter schwerer Alkoholabusus hat also schon die Wahrnehmungsfähigkeit dieses Psychopathen eingeschränkt).
Um so was auf Kinder loszulassen, muss man schwer gemütsgestört sein. Erwachsene ahnen, was sie ihren Kindern damit antun, deshalb ist die Bezeichnung „Kaspertheater“ für bestimmte gesellschaftliche oder private Beziehungen niemals positiv gemeint.
Die Einzigen, die bei der Veranstaltung “Kaspertheater” meinen Respekt haben, sind die ausführenden Künstlerkollegen, die im Normalfall unter prekären Bedingungen ihr Bestes geben und mitunter versuchen, diesem trostlosen Traditionsmüll irgendetwas anderes einzuhauchen. Für die Eltern, die ihre Kinder dahinzerren, gilt: “Schämt Euch!” Und für die Kinder: “Guckt lieber Internet.”

20.11.2013 – Arbeitsteilung und Kunst im Alltag

Sievers säuft und Gleitze kotzt.
Wir waren im Sommer mit unserer Intervention „fountain II“, einer Hommage an Marcel Duchamp, auf der Documenta. Details hier und in der NP:

Das Publikum war begeistert, Sätze wie „Das war das Witzigste und Beeindruckendste auf der Documenta“ waren kein Einzelfall. Das musste gefeiert werden. Aber bereits in Göttingen (ich glaube zumindest, dass das Göttingen war) ereilte mich das Schicksal all derer, bei denen der Durst größer ist als das Fassungsvermögen. Kollege Sievers ist da eindeutig besser aufgestellt.
Da behaupte noch jemand, dass man mit Kunst im Alltag nichts anfangen kann ….

17.11.2013 – Kai Pflaume, der Name steht für ein Programm. Was mich als Günter Wallraff der deutschen Casting Szene nicht davon abhielt, mich für Pflaumes TV- Quizsendung „Der klügste Deutsche“ zu bewerben, gemeinsam mit zehntausenden Wettbewerber/innen. 30 kamen nach diversen Castingrunden zur Endausscheidung in die TV Studios Berlin Adlershof

Einer davon war ich mit der Nummer 18853.

Ich fuhr mit dem Fahrrad in das Studio („Der Mann, der aus Hannover mit dem Rad nach Berlin reiste“, solche Geschichten will das TV Publikum hören. Alles Lüge. Das Rad hatte ich mir vom Pedell in Adlershof geliehen und war vor der Studiotür aufgestiegen.). Bei einer der Prüfungen (Jury unten von links: Mathias Opdenhövel, Judith Rakers und der notorische E. v. Hirschhausen) riss die Naht meiner Smokinghose ein.

Man sollte mit einem Lineal und einem Strohhalm eine Erdnuss aus einem 30 Zentimeter hohen, schmalen Glaskolben rausholen, der auf einem Tisch stand. Ich kletterte auf den Tisch, um das Lineal aus dem Kolben wieder raus zu ziehen, ich hatte es leider im Kolben verkeilt. Praktischerweise hielt ich meinen Arsch dabei in die Führungskamera, so dass das Reißen der Naht vor Millionen von Zuschauern im TV übertragen wurde, in einer der Preview Sendungen.

Da ward auch dem Dümmsten klar,
dass ich nicht der klügste Deutsche war.

In die Sendung bin ich dann nicht gekommen, weil eine Maskenbildnerin mich ein paar Woche vorher schon für das TV-Quiz „Das Duell“ geschminkt hatte und das umgehend meiner zuständigen Redakteurin petzte. Die machte mir klar: „Zweimal in TV Quizsendungen innerhalb weniger Wochen? So was geht gaaarnicht! Das Publikum will Frischfleisch.“
Ich und Frischfleisch.
Geschichten gibt’s, die kann man sich gar nicht ausdenken. Da könnte man Bücher drüber schreiben….

12.11.2013 – Wer sich gewundert hat, warum Günther Jauch mir gestern bei WWM geholfen hat wie die Kuh ihrem kranken Kälbchen, hier die Auflösung.

Wir sind uns sehr nahe gekommen

Mich hat dieses späte Coming out so sehr verwirrt, dass ich selbst bei den einfachsten Sachen nicht klar kam

Günther hingegen lebte nach dieser hormonellen Frischzellenkur förmlich auf

Ich schämte mich noch ein bisschen

sackte immerhin 500 Euro ein

und angesichts des zahlreichen Publikums fiel unsere Verabschiedung dann doch förmlich aus.

Die BILD delirierte was von mir als selbsternanntem Wortakrobaten rum , t-online dachte, ich hätte während der Sendung gedacht und ich kann Ihnen nur raten: Bleiben Sie drin! Es wird noch toller…

11.11.2013 – Desaster & Triumph

Desaster am 11.11.2013 bei WWM! Günther Jauch unterstützte mich wie eine Kuh ihr krankes Kälbchen, aber selbst WWM Millionär Ralph Schnoor als Joker konnte mir nicht helfen: Mein Auftritt bei WWM am 11.11 war ein Desaster! Ich würde mir lieber meine eigene Hinrichtung angucken als diese Sendung!

Triumph am 02.09.2011 bei „das Duell“ – Ganz anders dagegen meine Auftritte in der ARD Quizsendung „Das Duell“, wo ich im Duell gegen insgesamt 5 Wettbewerber ein kleines Vermögen gewann.
Seit Jahren toure ich nach Art des Hauses Wallraff durch die deutsche TV Casting Szene und sammele Einblicke und Erfahrungen (und Geld!) über das, was sich hinter den Kulissen unserer gecasteten Gesellschaft abspielt. Krönender Höhepunkt bisher: Das Casting für „Bauer sucht Frau“. Obwohl ich Kartoffeln kaum von Hafer unterscheiden kann und selbst für die im Melkfall lebensnotwendige Unterscheidung zwischen Bulle und Kuh Wikipedia zurate ziehen müsste, wollte mich die Castingfirma in der Sendung haben.

02.11.2013 – Ich habe das Gefühl, ich verliere langsam den Verstand.
Aus beruflichen Gründen google ich regelmäßig meinen Namen. Heute stieß ich auf diese Quelle. Falls der Link nicht mehr aktuell ist, hier ein screenshot:

Klaus-Dieter Gleitze zockt um 2 Millionen Euro.
Hinter dem Link die ganze Sendung vom 01.11.2013, 1,5 Stunden lang. Hab’s mir angeguckt. Weit und breit kein Klaus-Dieter Gleitze. Verwirrung, paranoide Anflüge. Steckt die NSA dahinter?
Das alleine wäre schon irritierend genug, hätte da in der HAZ vom 31.10.2013 nicht der folgende Terminhinweis gestanden

Kunst am Kiosk! Diesmal nicht in Onkel Olli’s Kiosk in Hannover-Nordstadt, wie jeden letzten Donnerstag im Monat seit Juli und bis dato von der Presse auch immer so korrekt berichtet?
Es gibt eine Tanzschule Dance & Friends in Traunstein, das liegt in Asien. Respektive in Bayern, in der Nähe von Petting und Wonneberg (sic!). Will man mich hier los werden, vielleicht weil ich der NSA ins Visier geraten bin und die Deutsch-Amerikanischen Beziehungen belaste?
Kennen Sie dieses Gefühl, wenn der Boden unter Ihren Füßen langsam weich wird, verschwindet, sich zäher Morast um Ihre Knöchel legt, Sie langsam in einen Moorgrund gezogen werden, heraus aus Ihrer alten Welt der nackten Fakten und unumstößlichen Wahrheiten, hinein in einen Alptraum voller Dance & Friends, wo Günther Jauch mit zwei Millionen Euro lockt? Das Gefühl kennen Sie nicht? Mann, haben Sie’ s gut.

29.10.2013 – Ausgefickt.

Fick am Fischmarkt, St. Pauli, 1990er.

Ausgefickt, Oktoberwochenende 2013.
Nichts gegen Wandel, auch im Stadtbild. Es gibt ja Kiezexperten, die hysterisch hyperventilieren, wenn in ihrem Kiez auch nur mal eine Mülltonne umgestellt werden soll und dann sofort Gentrifizierungsalarm ausrufen. Das ist reaktionär, auch wenn es gerne im pseudolinken Gewand daherkommt. Diese Gesinnung konsequent angewandt, hätten wir immer noch Kohleofen und Toilette auf halber Treppe oder Plumpsklo über’n Hof. Das ist im Winter unerfreulich, ich bin im Eichsfeld auf dem Plumpsklo groß geworden und weiß, wovon ich rede. Und für die Nachwinterzeit galt:
Wenn es stinkt auf den Aborten,
wird es Frühling aller Orten.
Tauch wech, den Scheiß, aber hallo. Nasenalarm vom feinsten.
Wenn aber zusehends Kneipen aus dem Stadtbild verschwinden, die nur an diesem Ort ihre Aura entwickeln konnten, wo sie jahrzehntelang gestanden haben und dafür dann gesichts- und geschichtslose Orte installiert werden, die in Paris, London, Wernigerode oder sonst wo stehen könnten und dazu fast immer einem monströs-gruseligem Zeitgeistgeschmack unterworfen sind, an dem jede Aura wie an Teflon abperlt, dann ist …, ja, was ist dann eigentlich? Dann ist es eh zu spät und was bleibt, ist eine ziehende, nagende Gefühlsmelange von Wehmut, Verlust, Melancholie und Wut irgendwo zwischen Herz und Magen. Wie bei einem Besuch neulich an einem zauberhaften Oktoberwochenende in St. Pauli.