17.08.2023 – Krieg

Oleksij Makejew, Botschafter der Ukraine beim Sommerempfang der niedersächsischen CDU. Im Rahmen meiner sozioempirischen Feldforschung über divergierende Lebenswelten und habituelle Strukturen in der deutschen Parteienlandschaft war ich natürlich auch bei diesem Empfang. Etwas volksnäher formuliert: Es gab für lau lecker was zu Mampfen und alkoholische Getränke und ich konnte mit ein, zwei netten Leuten was abhängen und lästern. Außerdem ist es tatsächlich durchaus spannend und lehrreich, sich andere Lebenswelten anzugucken, immer nur in der eigenen Bubble zu blubbern, erweitert den Horizont nicht gerade. Und die Gastrede des ukrainischen Botschafters war ein Impuls. (Der Bubi neben ihm im Bild könnte der nächste niedersächsische MP sein, der derzeitige CDU-Chef Sebastian Lechner.) Der Botschafter sprach perfekt Deutsch, frei, humorvoll, ohne Forderungen zu stellen, stattdessen schilderte er seine Empfindungen im Krieg, was seine Familie in Kiew angeht. Das dürfte nicht nur bei mir Eindruck hinterlassen haben, ist was anderes als die Bilder im TV.

Grundsätzlich hat dieser Eindruck meine Sicht bestärkt: Frieden, so schnell wie möglich. Dass die offizielle Ukraine, so auch der Botschafter, das anders sieht, ist klar. Sieg, so schnell wie möglich und um (fast?) jeden Preis.

Wir wissen wenig über den Krieg, trotz der Bilder- und Informationsflut, die aber eher verschleiert als erhellt. Was wir wissen, in diesem Stellungskrieg sterben zehntausende, werden Hunderttausende verwundet, Millionen zu Flüchtlingen, traumatisiert. Ist das die nationale Integrität wert? Ist die Scholle des Vaterlandes soviel Blut und Verwüstung wert? Aus meiner Sicht nicht.

Der Stabschef von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat unlängst einen Vorschlag gemacht: Abtreten von Gebieten der Ukraine, im Gegenzug eine Nato-Mitgliedschaft und damit Schutzschirm für die Restukraine, als Grundlage für einen Waffenstillstand. Das hat der Mann natürlich nicht ohne Rückendeckung der Nato öffentlich gemacht.

Die Behauptung in hiesigen Medien und Politik, dass die Nato grundsätzlich keine Staaten aufnehme, die in Konflikten sich befinden, um da nicht mir hineingezogen zu werden, stimmt so nicht. Die BRD wurde 1955 Mitglied der Nato, obwohl sie den Verlust der Ostgebiete nach dem 2. Weltkrieg nicht anerkannt hatte und trotz der Existenz der DDR einen Alleinvertretungsanspruch für beide Staaten erhoben hatte, bis 1969. Eine ebenso irre wie unhaltbare Position, die einer unformulierten Kriegserklärung an die DDR und Polen nahe kam.

Natürlich ist die Nato nicht erst seit dem völkerrechtswidrigen Überfall auf Serbien in den Jugoslawienkriegen keine Vereinigung von Friedensaposteln und Lichterkettenschwenkern und gehört wie alle Militärbündnisse auf den Misthaufen der Geschichte, aber das ist im Moment eine akademische Diskussion.

15.08.2023 – Drogen

Ernte 23.

Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer . Dieser Titel einer Serie von Radierungen von Goya könnte über der Eintrittspforte zu unserem Zeitalter stehen. Ein eher kleines, aber nerviges Bürokratie-Ungeheuer, bei dem die zuständigen Referenten sich durch Schlaf und Unkenntnis der Materie auszeichneten, ist der ca. 90 Seiten starke Entwurf zum Gesetz zur Legalisierung von Cannabis, interministeriell von sechs Ministerien abgestimmt. Ich muss dem aufgeregten medialen Sommerloch-Geschnatter dazu nicht viel hinzufügen, die Argumente sind bekannt, auch dieses Projekt ist Teil des wachsenden Kulturkampfes in Deutschland.

Drogensucht ist Scheiße, übermäßiger Konsum von Drogen oder Alkohol ist in erster Linie Symptom, von Trauma, Überforderung, Leistungsdruck. Die besten Mittel gegen Drogensucht sind Mietpreisdeckel, hohe Mindestlöhne, großzügige Sozialleistungen, einfacher Zugang zu Psychotherapie, siehe hier

Die Menschen sterben nicht an Drogen, sie sterben auf der Straße an den sozialen Bedingungen. Drogenpolitik ist immer auch Teil des Klassenkampfes. Im War on Drugs, von Richard Nixon 1972 ausgerufen, lösten Drogen den Kommunismus als Hauptfeind des Westens ab. Aus dem Vietnamkrieg kamen zunehmend traumatisierte Drogenabhängige GIs zurück und importierten tödliches Heroin in Riesenmengen. Die Welle wuchs und schwappte nach Europa. Amerika drohte eine Generation von kriegsunfähigen und unwilligen Jugendlichen und Verelendung im Inneren. Da sich der War on Drugs nur auf die Sucht-Phänomene, nicht aber auf die sozialökonomischen Ursachen konzentrierte, nämlich die wachsende Verelendung auf Grund des Kapitalismus, scheiterte er notwendigerweise. Nach Heroin kamen Crack, Cristal, Fentanyl etc. Der Kapitalismus wurde immer tödlicher und mit ihm seine Drogen. Eine tödliche Kette ohne Ende, und jede Menge failed states, Staaten, die als Hülle existieren, aber hauptsächlich Drogenhandels-Stützpunkte sind, in denen kriminelle Organisationen schalten und walten.

Da bei „uns“ der Klassenkrieg nicht so ausgeprägt ist wie in den angelsächsischen Ländern, ist alles halb so schlimm. Noch. Hier geht’s nur um Kiffen und die Einsicht, dass alle Repression gescheitert ist. Ich bin auch nicht dafür, dass 14jährige sich mit Grass dauernd die Birne vollknallen, das vielfach stärker ist als zu meinen ersten Drogenerfahrungen, aber ich bin auch nicht dafür, dass Menschen auf der Straße erfrieren.

Die edelste aller Drogen aber ist und bleibt ein gutes Glas Wein.

8000 Jahre Weinkultur in Georgien, der Wiege des Anbaus. Bei mir in Kreuzberg umme Ecke, ein Laden ausschließlich mit georgischen Weinen, sowas funktioniert nur in Kreuzberg. Wir waren sofort zur Eröffnung da, ich habe hier einen Wein im Glas, der nach dem Kwewri-Verfahren hergestellt ist . Kwewris sind große zitronenförmige Tongefäße zur Weingewinnung, die in die Erde eingelassen sind und in denen der Traubensaft zusammen mit der Maische (Stile und Schalen) gegoren wird. Dadurch wird der sortenreine Geschmack besser erhalten. Ein völlig ungewöhnliches Getränk, eine ungewöhnliche Kultur. Nach dem zweiten Glas war der Besitzer des Ladens mein allerbester Freund, nach dem dritten wollte ich sofort Urlaub in Georgien machen und nach dem vierten wollte ich der georgischen Armee beitreten, um sie im Kampf gegen Russland zu unterstützen. Wie wir nach Hause kamen, weiß ich nur noch schemenhaft. Scheiß Drogen.

Das ist das Schöne an Kreuzberg: Man braucht nicht in die Welt zu reisen, die Welt kommt mit allen Sitten und Gebräuchen hierher. Dass allerdings das Servicepersonal hier in der Gastronomie zunehmend kein Wort Deutsch mehr spricht, höchstens noch Englisch, ist eine grobe Unsitte und zeugt von mangelndem kulturellem Respekt dem Gastland gegenüber. Der alte Augustinus hatte recht: Si fueris Romae, Romano vivito more. When in Rome, do as the Romans do.

13.08.2023 – Es war mal wieder der Teufel los

Reichsbürger am Brandenburger Tor. Es war mal wieder der Teufel los. Direkt daneben Alt-Kommunisten, die für Solidarität mit Russland warben. Ein paar Schritte neben denen die Falun Gong Sekte, in China heimisch und verfolgt, Motto: Der Kommunismus ist das bösärtigste Virus der Welt. Über allem schwebte intensiver Marihuana-Geruch von der Hanfparade, die am Brandenburger Tor vorbei zum Reichstag zog.

Um das Brandenburger Tor ist normalerweise ein Bogen zu machen, aber derartig skurriles, pralles Demo-Leben, das tiefe Einblicke in den Zustand der Gesellschaft freilegt, gibt es nur da. Ganz schräge Vögel, Reden wie aus Satirefilmen, Impressionen der dritten Art, oft zum Lachen, aber auch brandgefährliche Hinter- und Abgründe wie bei den Reichsbürgern , eine faschistische Fraktion, die die Existenz der Bundesrepublik leugnet und mitunter mit Waffengewalt gegen deren Organe vorgeht.

Am Ende eines solchen Tages weiss man mitunter nicht, ob man Lachen oder 😢Weinen soll. Auf Grund der Auswirkungen der nebelartigen Dunstwolke von Marihuana, die über allem schwebte, entschied ich mich für Lachen.

11.08.2023 – Sie mussten sterben, damit Deutschland leben kann

Kriegerdenkmal am Spandauer Rathaus. Ich habe viele Kriegerdenkmäler fotografiert, wollte mal eine Serie daraus machen. Stoff gibt’s genug, allein in Deutschland gibt es über 100.000. Ich hab’s gelassen, der Anblick dieser grauenhaften Monumente zum Gedenken an Killer des Nazikrieges (oder wie im obigen Fall erster Weltkrieg) ist auf Dauer eher unerträglich. In Bronze gegossener oder Stein gemeisselter Faschismus. Meist stählerne, muskulöse, gepanzerte Männerkörper, uniformiert, mit Todesverachtung im auf einen fernen Feind gerichteten Blick, gerne mit Bajonett oder Handgranate in der Faust.

Ich habe noch nie so eins gesehen wie in Spandau, wo die latente, unterdrückte Homoerotik in der Soldatenkaste so offen ästhetisiert ist. Männerbünde, siehe auch Priesterkasten oder Fußballwelten, sind immer durch latente Homosexualität geprägt. Die nie offen sein darf und diese dauerhafte Unterdrückung produziert jene Gewalt, Frauenverachtung und Hass auf Minderheiten, die kennzeichnend sind für diese Männerbünde. Brutstätten von Faschismus.

Und diese Ästhetik prägt unseren Alltag und damit unsere Wahrnehmung und Einstellung mit, nach wie vor, hunderttausendfach. So wie bestimmte Sprachmuster. Sie mussten sterben, damit Deutschland leben kann. Genuines Nazisprech, siehe Höcke, und andere, immer mehr, immer offener.

Wie anders dagegen der Spandauer Soldat oben, nackt, lässig, fast von postcoitaler Entspanntheit gezeichnet, der Faltenwurf des Lakens über dem Schenkel ist nicht umsonst in der Gegend drapiert, prononcierte Brustwarzen, die Gesichtszüge weich, feminin, das phallische Schwert ermattet zur Linken. Im Zwielicht des wolkigen Tages betrachtet: ein Trans-Soldat. Was mich auch irritiert hat, ist dieser schlappe Adler daneben. Nix mit ausgebreiteten Schwingen, auf kriegerische Attacke gebürstet. Da könnte man ja auf ganz schräge Gedanken kommen, beim Anblick dieses Ensembles.

Auf alle Fälle ein schräges Denkmal, bei dem bisher noch niemand auf die Idee gekommen ist, es durch Graffiti umzugestalten. Kein Wunder, ist es doch das eines Trans-Soldaten…

08.08.2023 – Mäusebunker und Mikrobiologie

Mäusebunker, so genannte ehemalige Tierversuchsanstalt der Berliner Charité.

Ehemaliges Institut für Hygiene und Mikrobiologie, direkt gegenüber. Beides ikonische Beispiele des Brutalismus, der letzten heroischen Bauphase der Moderne mit Höhepunkt in den Siebzigern. Die heisst nicht so, weil sie so brutal wirkt, sondern weil hier vorwiegend mit Sichtbeton gearbeitet wird. Kommt aus dem Französischen. Wegen Le Corbusier, dem Hauptprotagonisten. War jahrelang schwer verpönt, als alle Welt anfing, Nippes auf dem Flohmarkt zu sammeln und in Altbauwohnungen mit Stuckdecken hauste. Der Brutalismus ist seit einiger Zeit bis in die Popkultur schwer angesagt, es gibt Bands, die so heißen. Herausragende Gebäude aus der Phase werden mittlerweile unter Denkmalschutz gestellt.

Diese Tatsache hat auch den Mäusebunker vor dem Abriss bewahrt. Während beim Hygieneinstitut nach Ende seiner Nutzung von Anfang klar war, dass es umgenutzt und unter Denkmalschutz gestellt wird, galt das für den Mäusebunker nicht. Zu finster sein Äußeres und seine Geschichte. Mittlerweile hat sich aber rumgesprochen, dass Umnutzung eine erhebliche bessere Energiebilanz als Abriss und Neubau hat. Im Mäusebunker sind 12.500 Tonnen Kohlendioxid gespeichert, eine gigantische Menge, der Lebensbilanz von tausenden Bäumen. Also geht die Tendenz zu Erhalt und Umnutzung. Das Gebäude soll sogar zum Teil geöffnet werden als Rückzugsareal für heimische Wildtiere, also eine faszinierende Symbiose von Natur und Moderne.

Noch fällt man auf, wenn man wie ich diese Gebäude exzessiv filmt und fotografiert, die Stein gewordenen Spuren einer Metropole sind für mich mit ihr Faszinosum. Ich kam darüber mit Eingeborenen ins Gespräch, die dazu Geschichten erzählen konnten. Aber falls es noch sowas wie gedruckte Stadtführer gibt, würde es mich nicht wundern, wenn demnächst Mäusebunker und Mikrobiologie als Geheimtipp da erwähnt werden. Filme werden da schon jede Menge gedreht, wie mir der total bekiffte Pförtner des Hygieneinstituts verriet.

07.08.2023 – Nicht witzig

SCHUPPEN 68-Aktion Heimat im Fahrradkorb, HAZ 19.08.2010. Der Gang in die Archive fördert auch Aktionen zutage, die missglückt sind. Gerade bei so einer Aktion, wo es vordergründig um einen Bundespräsidenten, Heimat und regionale Produkte geht, sollte, muss die Satire klar erkennbar. So wie die Aktion da beschrieben ist, steht das, was gesagt wird, auch für das, was gemeint ist, und genau das ist Satire nicht. Sie meint das, was nicht gesagt wird, respektive sagt es so, wie es nicht gemeint ist. Wenn ich der Einzige bin, der etwas als Satire meint und wahrnimmt, ist es keine.

So bleibt mir beim Lesen der fade Eindruck, mir ginge es damals vorrangig darum, mal wieder in der Presse zu stehen. Was per se nichts schlechtes ist, aber bitte immer mit Niveau. Da bin ich mal gespannt, was der Sommerloch-Gang in die Archive, welcher aus zwei Mausklicks besteht, noch zu Tage fördert. Wobei Sommerloch auch nicht mehr das ist, was es mal war. Die AfD hat leider auch da professionell agiert und ihren EU-Parteitag genau ins Sommerloch gelegt. Plan aufgegangen, die Medien sind voll drauf eingestiegen, haben die AfD zu Recht einhellig niedergemacht. Mit dem Trotzeffekt, dass die Wagenburg der Faschisten noch enger geschlossen wird und weitere Frustrierte da rein strömen, die Schnauze voll von den Krisen haben. Was ihnen nix nutzt, weil die Krisen ja nicht verschwinden vom Schnauze voll haben.

Dass die AfD für ihre EU-Feindlichkeit kritisiert wird in den Medien, ist ja schön und gut, aber nur eine frustrierte Pflichtübung, mit Null Effekt, eher gegenteiligem, siehe oben.

Man kann die EU nämlich durchaus kritisieren: Sie ist ein Bürokratiemonster und als Wertegemeinschaft ein Witz. Wie kann jemand, der von Werten spricht, kalten Herzens den Tod von Tausenden an den Außengrenzen in Kauf nehmen. Und: Über eine tatsächlich seit 1961 existierende EU-Sozialrechtscharta redet seit Jahren niemand mehr. Es geht ausschließlich um den freien Verkehr von Kapital, Waren, Dienstleistungen und den Transfer von billigen Arbeitsmarktsklaven aus Südosteuropa ins Herz der Bestie.

Dass alles und noch viel mehr könnte man kritisieren in den Medien. Stattdessen überlässt man aus den falschen Gründen den falschen Leuten ein richtiges Feld.

Ich bin auf die nächsten AfD Umfragewerte gespannt und mache mir in der Zwischenzeit ein paar Gedanken über konkrete Forderungen zur Bekämpfung der AfD. Beschreibung und Analyse ist ja schön und gut, aber irgendwann muss dann der nächste Schritt erfolgen. Action speaks louder than words.

04.08.2023 – Ich hätte mich selbst sofort gefeuert.

Südwestpresse, 08.10.2010, Die Kunsthausierer Gleitze & Sievers aus dem SCHUPPEN 68 machen in Villingen auf prekäre Beschäftigung und Leiharbeit aufmerksam. Mittlerweile hatte sich das ingeniöse Wirken des SCHUPPEN 68 bis kurz vor Afrika rumgesprochen. Villingen im Schwarzwald ist zumindest für mich, der ich mit Süddeutschland wenig am Hut habe, kurz vor Afrika. Mit unkonventionellen Mitteln Menschen erreichen: Der Chef der dortigen IG Metall hatte seine und unsere Absichten auf den Punkt gebracht. Die Zeitungen berichteten ausführlich und wohlwollend.

Zeitungen, Medien sind immer zentrales Ziel und Bestandteil aller Aktionen. Was nicht in Medien stattfindet, hat überhaupt nicht stattgefunden. Ich habe selber verantwortlich diverse Zeitungen, Broschüren etc. herausgegeben, durchaus in nennenswerter Auflage von mehreren 10.000. Wäre mir in meiner Funktion als Herausgeber ein derartiger Klops wie im gestrigen Blog unterlaufen, hätte ich mich sofort selbst gefeuert. Sowas darf unter keinen Umständen passieren, selbst in einem Blog nicht. Die von mir unter der Überschrift „Nonne trifft Stripperin“ in ein vormaliges SCHUPPEN 68-Kollektiv eingemeindete Nonne Sr. Lioba ist keinesfalls die Lioba, die ich meinte, obwohl die Ähnlichkeit frappant ist und der Name eigentlich singulär. Eigentlich, denn es gibt mehrere Liobas. „Unsere“ ex-SCHUPPEN 68 Lioba ist diese hier im Beitrag der Deutschen Welle „Im Kloster fehlt der Nachwuchs ….“

Sie ist Cellerarin, Finanzchefin, im Kloster Mariendonk und sorgt mittels Börsenspekulation für laufende Einnahmen der selbstständig wirtschaftenden Klostergemeinschaft. 

Auf diesen Fehler hat mich dankenswerterweise der SCHUPPEN 68-Generalbevöllmächtigte für Hamburg und angrenzende Nord-Gaue, Peter Popstar, aufmerksam gemacht, dem an dieser Stelle mit der Verabreichung eines Freibiers, ohne Erbsensuppe, bei meinem nächsten HH-Besuch gedankt sei.

Bei Licht, Rotlicht, betrachtet, finde ich die Geschichte mit der Cellerarin noch faszinierender als die mit der Stripperin. Lioba hat aus der, auf der Basis exakter nationalökonomischer Kenntnisse fundierenden, antikapitalistischen, neomarxistischen Ausrichtung des SCHUPPEN 68 gelernt und schlägt nun den Teufel des Kapitals mit eigenen Waffen. Ave Lioba, well done. (Für Interessierte zur Vertiefung: Bei der nationalökonomischen Ausrichtung des SCHUPPEN 68 handelt es sich um heterodoxe Ökonomiemodelle).

Interessant, dass wir es in dieser Causa mit den zwei Sphären zu tun haben, die die Welt beherrschen: Gier und Geilheit, Geld und Eros, Macht und Herrschaft. Mit der Börse kenne ich mich einigermaßen aus und die Anlagestrategie von Sr. Lioba (Im Beitrag ab Minute 2) auf der Basis von ETFs ist solide. Ein DAX-ETF hat sich in den letzten 10 Jahren verdoppelt, 10 Prozent Wertzuwachs per anno ist schon mal ne Hausnummer.

Bei Striplokalen ist meine Kenntnis rudimentär. Ich war einmal in einem derartigen Etablissement. Darüber ein andermal mehr. Ich muss erst noch den Klops, siehe oben, noch verdauen.

03.08.2023 – Nonne trifft Stripperin

Hallo Sonntag, 03.05.10, SCHUPPEN 68 Aktion „Bürgerinitiative Landtag privatisieren“. Unsere Utopie: Niedersachsen als Monarchie und als König Ernst-August, der Prügelprinz. Hinweis für Ausländer*innen: Der Esel oben im Logo mit der Blindenbinde ist das abgewandelte Wappentier der Niedersachsen, das stolze Ross. Vermutlich ist die Verwendung der Blindenbinde heutezutage politisch inkorrekt. So what.

Langsam schälte sich ein neues SCHUPPEN 68-Kernkolloktiv heraus, hier mit Hermann Sievers und Harri Müller-Hoeppe. Später gesellte sich noch unsere Frau Dr. dazu, bei unserem Radio Flora-Satiremagazin Ohrensuppe. Bei volatilen Kunst-Kollektiven sollte man/frau übrigens nicht auf Kontinuität setzen, die andere Frau Dr., nämlich Dr. Anna-Maria Kötner-Holz z. B. wechselte schon vorher in ein Kloster, Benediktinerinnen. Den spektakulären SCHUPPEN Aktionen hat sie auch dort nicht ganz entsagt, wie man dem Filmbericht „Nonne trifft Stripperin“ entnehmen kann . Sr. Lioba, falls du das hier liest: Ave Lioba, well done. Frau Dr. Ohrensuppe ist einfach so verschollen. Bei Harri Müller-Hoeppe ist die Situation klarer, der ist tot.

Das lassen wir nicht so depressiv im Raume schweben und erden uns mit Politik.  Die italienische Regierung unter der Postfaschistin Meloni strich Hunderttausenden Bürgergeldempfänger*innen die Stütze, per SMS.

Zustände wie in Griechenland, wo auf Grund der vom Schäuble-Deutschland diktierten Austeritätspolitik nach der EU-Krise ein soziales Netz nicht mehr existiert.

Da ist eindeutig eine Süd-Nord-Wanderbewegung in Sachen Sozialabbau im Gange und es bleibt abzuwarten, wann hiesige Politiker*innen mit ähnlichen Vorschlägen hinter dem Busch vorkommen. Dazu muss man noch nicht mal Faschist sein, sowas kriegen auch demokratische CDU und FDP hin. Nicht zu vergessen: Den größten Sozialraub der Nachkriegszeit mit der Agenda 2010 hat Rotgrün durchgezogen. Muss ja nicht Stütze-Streichung sein, die Streichung der Übernahme der Kosten für Unterkunft reicht auch schon.

Die AfD propagiert bereits jetzt die Umstellung vom Bürgergeld auf Sachleistungen und plädiert für Zwangsarbeit. In Sachen Sozialpolitik hört man nicht viel von der Partei. Das ist taktisch gewollt, die wollen ihr Wahlvolk (Männeranteil zwei Drittel) aus den niederen Schichten nicht verschrecken. Die AfD ist neoliberal-faschistisch, das unterscheidet sie von klerikal-faschistischer Orientierung wie im Islamismus und Teilen der orthodoxen Kirchen oder „sozial“-faschistischer wie im Front national.

Das hält die Verlierer*innen aber nicht davon ab, die AfD zu wählen getreu dem Motto „Die dümmsten Kälber wählen ihre Metzger selber“. Jede*r 3. Arbeitslose will AfD wählen, seit dem Rechtsruck der Partei strömen ihr die erwerbslosen Massen zu .

Ich überlege eine nächtliche Plakatklebeaktion in sozialen Brennpunkten: „Die AfD will das Bürgergeld abschaffen“ und „Die AfD will die Zwangsarbeit für Arbeitslose einführen“. Allerdings mehr aus psychohygienischen Gründen, wegen des Gefühls, was getan zu haben. Nutzen wird es nix, denn die Kälber werden weiter bis zur Schlachtbank blöken: Rechts schwenkt.

Das Muster ist klar: Erst sorgt die AfD in einer Koalition (mit CDU/FDP?) für Abschaffung der Stütze und behauptet dann, dass die Ausländer daran schuld sind.

Aber noch ist es nicht soweit. Dauert noch und vielleicht übernehmen auch andere diese Drecksarbeit. Krisen dafür gibt’s genug.

01.08.2023 – Sucht ist nie Erfüllung, immer nur Versprechen

HAZ, 02.06.2009, Weltrekord für die kürzeste Kunstausstellung der Welt. Die HAZ hatte recht in Sachen geniale Öffentlichkeitsarbeit, klang aber wieder mal überfordert.

Wesentlich mehr Verständnis im Lindenspiegel 06/2009. Was daran liegen dürfte, dass der geschätzte Herausgeber unsere PM 1:1 übernommen hatte. Die Liste der Sponsoren ist programmatisch zu verstehen: Brauerei Herrenhausen, Gaststäte Lorberg, Fleischerei Gothe, Bierverlag Vogelmann, Fösse-Apotheke. Die letzten Drei sind den Weg allen Einzelhandels gegangen, sie existieren nicht mehr. Das Gleiche gilt für den Pflegetreffpunkt Linden, der die vom Guinness Verlag für Weltrekorde geforderte medizinische Betreuung leistete.

Medizinische Betreuung im Sinne langanhaltender Sedierung wäre auch bei der AfD angebracht, verstößt aber gegen das Grundgesetz Artikel 2, wonach jede*r das Recht auf körperliche Unversehrtheit hat. Bis zum Eintreten eines übergesetzlichen Notstands , wenn also Widerstand nicht nur als Recht gilt, sondern zur Pflicht wird, würde ich mich daran halten. Ein weites Feld. Der Erfolg der AfD unterliegt einer Korrelationsspirale. Je erschöpfter die Gesellschaft vom permanenten Krisenzustand ist, bei dem kein Ende abzusehen ist (Krieg, Klima, Migration, Wohnen in Ballungsräumen, Spaltung der Gesellschaft in Arm und Reich), desto mehr Zuspruch für Faschismus, der sich auch deshalb in einer beschleunigenden Erregungs- und Radikalisierungsspirale bewegt. Faschismus ist Dauererregung und Radikalisierung. Filmaufnahmen der alten Nazi-Redner zeigen das: Dauergebrüll, Gegeifer, Erregung. Der Nationalsozialismus radikalisierte sich ständig, in Gesetzgebung, Krieg, Vernichtung, ähnliches gilt auch in abgemilderter Form für den Mussolini-Faschismus. So wie der Faschismus nach innen hohl, leer ist, da er kein Ziel außer Unterwerfung und Vernichtung hat, so sehr ist er auf ständige Bewegung angewiesen, sei es psychopolitisch als gesellschaftliche Erregung oder geopolitisch als Eroberung und Krieg.

Die AfD, gestartet als harmlose EU-Skepsispartei (wer erinnert sich noch an den niedlichen Alfred E. Neumann-Verschnitt Bernd Lucke?), unterliegt nach der Entsorgung der bürgerlichen Elemente einem dreifachen Radikalisierungsmoment: Die CDU rückt immer weiter nach rechts und übernimmt AfD Forderungen, also muss das Original immer noch ne Schippe drauflegen; der Mob draußen, die AfD-SA, sieht sich in seinen dumpfen Phantasien bestätigt, radikalisiert sich angstgetrieben weiter und schaukelt sich mit seiner parlamentarischen AfD-Vertretung gegenseitig hoch; und die AfD selber muss sich mangels Ziel, Programm (siehe EU-Parteitag. Programm? Scheißegal) permanent dauererregend radikalisieren. Das ist wie mit Sucht: Die Dosis muss permanent erhöht werden, um den gleichen Zustand herzustellen, aber Befriedigung tritt nie ein. Sucht ist nie Erfüllung, immer nur Versprechen.

Oje, das war mir in der Ausprägung bis eben auch nicht so klar, die Gedanken verfertigen sich beim Schreiben. Das kann ja heiter werden. Auf die Aussichten muss ich erstmal einen Port nehmen.

31.07.2023 – Nazis im Höhenflug oder: Eure Rede aber sei: Ja! Ja! Nein! Nein! Was darüber ist, das ist vom Übel.

Wochenblatt, 01.04.2009. Eröffnung der Witzothek „Poke a Joke“ im Ihmezentrum. Auch das gab wieder Ärger, weil Leute im Ihmezentrum vergeblich nach der Location suchten. Ich könnte mich damit rausreden, dass der Klotz sehr unübersichtlich ist. Die Wahrheit: Eine Lieferung frischer Witze hatte sich verzögert, so dass bei einigen das Verfallsdatum überschritten war. Eine Eröffnung am 01.04.09 war daher nicht zu verantworten.

Eine der intelligenteren Aktionen, da steckte ‘ne Menge drin. Sie war eine Art Skizze für eines der späteren Highlights der zeitgenössischen Aktionskunst schlechthin: Der erste Witze-Verleih der Welt, bekannt durch Presse, Funk und Fernseh.

Vergehen tut einem das Witzemachen beim Blick in die breaking news. Beim EU- Parteitag der AfD zieht die taz das Fazit: Nazis im Höhenflug. Der Artikel beschreibt den Parteitag als eine Mischung aus groteskem Bauerntheater und tragödienhaftem Blick in einen Abgrund. Wenn dieser offen zutage tretende Unrat die Spitze der Partei kennzeichnet, wie verrottet muss dann die Basis erst ein.

Der Reichs-Parteitagssatz Satz von Björn Höcke: „Diese EU muss sterben, damit das wahre Europa leben kann“ ist eine Abwandlung des Spruchs auf dem Hamburger-Kriegerdenkmal, das die Nazis 1936 in Vorbereitung auf den Zweiten Weltkrieg errichteten: „Deutschland muss leben und wenn wir sterben müssen“.  l 

Das ist das Leitmotiv der Nazis: „„Du bist nichts, dein Volk ist alles!“ Lupenreiner, todessehnsüchtiger Faschismus und wer immer noch daran zweifelt, dass die AfD der parlamentarische Arm des Faschismus ist, ist entweder ein Narr oder ein Brandstifter.

Zur Bekämpfung von Faschismus gehört zuvörderst sprachliche Klarheit. Die älteste Gebrauchsanweisung zur Nutzung von präziser Sprache stammt aus der Bibel und jeder Schreiberling sollte sie an seinem PC kleben haben, Matthäus 5,37: „Eure Rede aber sei: Ja! Ja! Nein! Nein! Was darüber ist, das ist vom Übel.“

Wenn ich das peinliche Gelullere und verschleiernde Geschwalle der öffentlichen Verlautbarer*innen hierzulande höre, was die AfD angeht, schwillt mir nicht nur der Kamm, sondern auch die Bürste: „völkisch-national, rechtsextrem, undemokratisch etc. pp. „ Schreibt Euch das hinter die Löffel und dann in die öffentlich-rechtlichen Stammbücher, Ihr Penner da draußen: Das ist Faschismus und das Adjektiv dazu lautet: Faschistisch.

Schön, aber nur wenig tröstlich, der Hass, den das Pack untereinander pflegt, siehe taz-Artikel. Erinnert irgendwie an die Nazis, die, kaum an der Macht, konkurrierende Spießgesellen und ähnlich gesonnenes Pack gleich dutzendweise im Röhm-Putsch ermordeten. Aber wen aus der winzigkleinen demokratischen Restfraktion konnte das 1934 noch groß trösten.