

Weiß das Internet etwas, das ich nicht weiß? Die Doppel-Meldung in meinem Spamordner „Nagel Wohlbefinden – Mykose Toter im Pinsel“ verhieß nichts Gutes. Ich checkte die Örtlichkeiten. Alles ok. Es wurde Zeit für was Läckeres in meiner Beckerei.
Verfall vor der Tür: Mein Kiosk auf der anderen Straßenseite hat keine Zeitungen mehr im Angebot. Zeitungen werden nicht mehr gekauft. Auch im Kiosk herrschen die Gesetze des Marktes. In der Toreinfahrt des Nachbarhauses liegt seit einer Woche ein kaputter Kühlschrank. In der Einfahrt eine tote Ratte. Im Flachbau nebenan ist jetzt ein namenloser Fastfood-Lieferdienst eingezogen. Kein Schild, kein Aufsteller, keine Leuchtreklame, keine Vorhänge, die Fenster sind mit Pizzakartonpappen zugeklebt. Früher war hier „Toto“, erster „Italiener“ im Kiez, günstig, aber nicht gut. Kult. Generationen von Studierenden genossen hier im zauberhaften Garten mit einem pittoresken Riesenmosaik vom Golf von Neapel Pizza Napoli für 6 Mark Fummsich und Spaghetti Bolognese für n schlappen Siebener.
Verfall in der Welt: Selenskyj war mir nie sonderlich sympathisch. Das Schicksal teilt er mit fast allen Herrschenden dieser Welt, bis auf die Kategorie „Trump und Putin“. Für die habe ich Verachtung, Ekel und Abscheu übrig. Insofern hatte Selenskyj meine volle Sympathie beim denkwürdigen Eklat mit den beiden Psychopathen aus dem Weißen Haus. Hier der Wortlaut dieser karnevalesken Tiraden .
Wie denken die erst, wenn die schon so reden? Und was werden die Konsequenzen ihres Redens sein? Taktisch mag das nicht clever von Selenskyj gewesen sein, strategisch war es richtig. Er respektive die Ukraine war in die Hände von skrupellosen Erpressern und lupenreinen Imperialisten geraten, die sich an keine Verträge halten, nur an das Gesetz des Stärkeren. Das, was sie ihm jetzt zugesagt hätten, hätten sie in der nächsten Woche ohne mit der Wimper zu zucken gebrochen. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Für skrupellose Erpresser gibt es nur eine Lösung, zumindest im Kosmos eines Raymond Chandler: Eine Kugel zwischen die Augen. Und vielleicht sind ja demnächst zwei, drei ukrainische Elite-Soldaten und Scharfschützen auf dem Weg in die USA, die Demütigung ihrer Nation im Rahmen ihres Männer-Ehrenkodex reinzuwaschen. Die Welt wäre ein besserer Ort, wenn sich auch an ihrem Verfall strukturell nichts ändern würde.
Ob Trump ein halber Faschist ist, dreiviertel oder voll, darüber mögen die Nachgeborenen urteilen, wenn es dann noch welche gibt. Man müsste zu dieser Einschätzung unter anderem Vergleiche mit ehemaligen ziehen. Mit Hermann Göring z. B. teilt Trump die Vorliebe für kriminelle, hemmungslose persönliche Bereicherung, und die Figur. Wobei Göring eindeutig die besseren Manieren und die bessere Frisur hatte. Parallelen zwischen Hitler und Trump: Beide ungebildet, dumm, faul, ohne Ausbildung und Fachkompetenz, beide rassistisch, imperialistisch, misogyn, homophob. Trump ist an Kultur völlig desinteressiert, während Hitler zumindest Wagner und Breker schätzte. Was Trump zur mörderischen Vollendung zu fehlen scheint, ist Hitlers messianisches Sendungsbewusstsein eines von der Vorsehung Auserwählten, Trump sieht sich eher als von den Gesetzen des Marktes zu Recht als Stärkster gekürter. Und Trump scheint das wahnhaft-eliminatorische Hitlers zu fehlen, das in der Shoa mündete.
Außerdem hat Trump wohl beide Hoden, während Hitler einer fehlte. Was man Monochorie nennt. Aber das wussten Sie, liebe Leserinnen, natürlich.
Ich gebe zu, dass wir uns damit im Bereich von „Mykose Toter im Pinsel“ bewegen. Wenn sie einen besseren Umgang mit der Absurdität der Welt als meinen hier wissen, liebe Leserinnen, lassen Sie es mich wissen. Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, dass ich das ignorieren werde.