
Meine persönliche Weltuntergangsuhr steht seit Jahren auf 5 nach 12. Es ist eine Bundesbahnuhr. Welch feine Ironie (Für Bahnfreaks: Alte Miniatur Eisenbahn-Laterne mit Junghans Uhr). Im Sommer ist sie von Wein zugerankt, im Winter lacht mich das postapokalyptische Symbolgrauen in voller Pracht an.
Die reale Weltuntergangsuhr steht seit dem 24.01.23 auf einem neuen Rekordwert, auf 90 Sekunden vor 12. Begründung: „ …. dass „die russische Invasion in der Ukraine das Risiko des Einsatzes von Atomwaffen erhöht, das Gespenst des Einsatzes biologischer und chemischer Waffen heraufbeschworen, die Reaktion der Welt auf den Klimawandel lahmgelegt und internationale Bemühungen behindert hat, andere globale Probleme anzugehen.“
Mal sehen, wo die Uhr nächstes Jahr steht.
Ab einem bestimmten Punkt wird der Russe, der Ami aber auch, so sind die Beiden nun mal, Atomwaffen einsetzen im Zuge der Eskalationsspirale. Wir wissen nur nicht, wann. Wir wissen nicht, ob der Ami die Zerstörung von New York und Washington für die Verteidigung von Riga, Reval oder Berlin riskiert, wie das laut Artikel 5 des Nato-Vertrages geboten wäre . Mein Tipp: Tut er nicht. Aber wissen weiß ich das auch nicht. Wir wissen sehr viel zurzeit nicht. Wir wissen Stand heute, dass der Ami (und der Franzmann) Kampfflugzeuge an die Ukraine liefern würde. Morgen sind wir schlauer.
Steht das, was wir zurzeit riskieren, in einer ethisch vertretbaren Relation zu unserem Nichtwissen?
Wenn Sie wissen wollen, warum meine Doomsday Clock auf 5 nach 12 steht, obwohl die Welt noch nicht in Scherben gefallen ist, zumindest bei uns in Mitteleuropa nicht, dem möchte ich mit einer kleinen Anekdote vom Lande weiterhelfen. Wer wie ich agrarisch sozialisiert ist und Hausschlachtungen miterlebt hat, weiß, dass geköpfte Hühner noch längere Zeit mit den Flügeln flattern, mitunter kopflos auf dem Hof rumrennen. Vitalfunktionen sind noch erhalten, obwohl die Rübe runter ist.
Oder um in der Scherben-Analogie zu bleiben: Mitunter hat die Schüssel schon einen Sprung, hält aber die Suppe noch. Noch.
So, jetzt geh ich auf die Veranda und stelle meine DB-Uhr auf 6 nach 12. Und dann ab in die Küche. Hühnerbrühe kochen.
Entspanntes Wochenende, liebe Leserinnen