27.04.2020 – Wer Publikum braucht, ist ein Loser


politik & kommunikation, Dezember 2008. Das Magazin für politische Entscheider.
Aus der Zeit der Bankenkrise, wo der Staat auch mit Milliarden parat stand. Ich weiß nicht, ob Angela mir damals geantwortet hat, sie macht sich gerne rar. Einen nennenswerten Kontoeingang in der Größenordnung hatte ich nicht zu verzeichnen. Der Satz im Artikel, dass in der Krise den Menschen das Geld und damit den Künstlern (damals noch ungegendert) das Publikum ausgeht, stimmt im Fall des verdienten Kollektivs SCHUPPEN 68 nicht ganz. Richtig ist vielmehr, dass es auch vor der Krise kein Schwein interessiert hat, was wir machen.
Und das ist auch gut so. Publikum ist wirklich das Letzte. Wer Publikum braucht, ist unsicher, letztlich ein Loser. Ich weiß, dass ich ein gottverdammtes Genie bin, dazu brauche ich doch nicht den Applaus von den billigen Plätzen. Und wer auf Einnahmen aus der Kunst angewiesen ist, ist nur zu faul zum Arbeiten gewesen, und hat es im echten Leben zu Nichts gebracht. Oder ist gar Lehrer geworden. Kunstlehrer.
Ich könnte Angela nochmal schreiben, wir haben ja wieder Krise. Aber ich will sie nicht stören. Und außerdem könnte mein Ansinnen auf Staatsknete dieses Mal tatsächlich von Erfolg gekrönt sein. Da käme ich mir vor wie ein Schmierlappen. Aber ich drücke ich den zahlreichen Kulturschaffenden, die sich in existentiellen Nöten befinden, alle Daumen.
Nur eins, liebe Kolleg*innen: Aus Euren Kreisen, auch von Verbänden, hörte man in letzter Zeit, verbunden mit der berechtigten Forderung nach staatlicher Unterstützung, die empörte Einlassung, dass widrigenfalls Hartz-IV drohe und das ginge ja gar nicht, verbunden mit einem Unterton angeekelter Abscheu allein vor dem Begriff.
Liebe Kolleg*innen, da schreibe ich Euch mal eins hinter die kunstsinnigen Löffel: Kunst ist Arbeit, oft auch Erwerbsarbeit, wie Bierbrauen, Steine klopfen, Bücher drucken, Kranke pflegen, Pakete ausfahren, regieren etc. pp. Wenn die Arbeit auf einmal weg ist, ist es in unserem Staat so geregelt, dass es unter bestimmten Bedingungen Alg I und Alg II, vulgo Hartz-IV gibt. Das ist viel zu wenig Staatsknete und mit menschenunwürdigen Bedingungen verbunden und ich habe mich von Anfang an politisch dagegen engagiert, auch auf der Straße. Kann man und frau ja mal machen, liebe Kolleg*innen, sich politisch engagieren, auch auf der Straße.
Aber wenn es nun mal so ist, dass der Fall eintritt – und den trifft oft auch die Besten, unverschuldet – dann ist es aus Gründen demokratischer Gleichbehandlung so geregelt, dass es alle gleich trifft. Und es für Künstler*innen kein mit einer Genieaura verbundenes Picasso-IV gibt, mit eingebauter Ekelautomatik vor den niederen Hartz-IV-Ständen.
Also Genosse Künstler, heraus zum 1. Mai, auf Deine ganz individuelle Ein-Personen-1. Mai-Demo und kreativ für eine bessere Gesellschaft gekämpft.

Gemälde von Jörg Immendorf, früher Mitglied der KPD/A0 (ANull), einer ganz schrägen Mao-Politsekte. Mitglieder der KPD/ANull unter anderem Ex-Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer, die Nazis Horst Mahler und Michael Kühnen und zahlreiche andere illustre Gestalten des BRD-Kulturlebens. Immendorf aber pinselte später Gerhard Schröder und die BILD-Bibel.
Geht doch. Man muss nur wollen.

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