
Park Gleisdreieck, Berlin. Direkt vor meiner Haustür, riesiger innerstädtischer Park, über 30 Hektar groß. Immer wenn ich in diesem Wildnisteil flaniere, denke ich, hier ist ein ideales Terrain für innerstädtische Wölfe, vielleicht ist da schon einer …
Hier sollen bis zu 7 Hochhäuser, 90 Meter hoch, entstehen. Ausschließlich für Gewerbe und Büros. Das Vorhaben ist völlig grotesk in Zeiten von Homeoffice, Klimawandel und sozialökologischem Umbau der Städte. Außerdem zerstört es sämtliche Sichtachsen im Park und entwertet das Panorama der alten Gleisanlagen und Brücken, städtebaulich einmalige Denkmäler, komplett. Die Brutalität, mit der an diesem Projekt festgehalten und das notfalls mit maximaler staatlicher Gewalt gegen Widerstände durchgeknüppelt wird, macht die Mentalität in Teilen unserer Profitgesellschaft deutlich: Wir gehen über Leichen. Das nämlich ist das Produkt solcher kranken Planungen, der innerstädtische Klimawandel kostet Menschenleben. Gerade in Berlin, wo in grünlosen Betonwüsten Temperaturen von über 40 Grad keine Seltenheit mehr sein werden. Dieses Projekt wird von der Betonmafia CDUSPD in Berlin durchgezogen, gnadenlos, selbst der rotgrünrote Vorgänger-Senat hatte keinen Planungsstopp durchgesetzt. Als Kompromiss kommt später dann: ein Hochhaus weniger, zwei Stockwerke niedriger und zwei Räume für Klimainitiativen, mit hauptamtlichen Geschäftsführerinnen, die von den Bauträgern bezahlt werden. Das pazifiziert noch jeden Widerstand.
Leider ist das Leben komplexer als die Wirklichkeit, und jene Betonmafia, die ich eben noch in die Hölle gewünscht habe, plant Wohnungsbau auf dem Tempelhofer Feld, wofür ich sie lobe und preise in hohen Tönen. Diese riesige innerstädtische Freifläche, das Areal des alten Flughafens, von mir aus in 15 Minuten zu Fuß zu erreichen, ist 355 Hektar groß und ein traumhaftes Erholungs- und Freizeitareal für ganz Berlin, vorrangig natürlich für das anliegende Neukölln und Kreuzberg, Hochburgen der Alternativszene.
Dieses asoziale Pack hatte mit einem Volksbegehren 2014 eine Bebauung komplett verhindert, auch keine Wohnungen, und das in dem aus den Fugen geratenen Wohnungsmarkt Berlin. Die Initiatoren wollte die Spielwiese für ihr alternatives Kaspertum (wenn ich diese Schrottkunst da nur sehe, entsichere ich regelmäßig die Pistole in meinem Halfter) komplett ungestört erhalten, was ihnen auch gelang. In Berlin herrschen Zustände von Obdachlosigkeit wie in den Peripherien des Südens, ganze Zeltstädte. Zustände, von denen sich Kiezhipster keine Vorstellung machen. Zustände, die Leben kosten.
Und so ist es durchaus möglich, dass ich am Park Gleisdreieck den Widerstand gegen mögliche Polizeigewalt im Falle von Räumungen unterstützen werde, wohingegen ich im Falle von polizeilicher Räumung auf dem Tempelhofer Feld den Repressionsapparat anfeuern und mit Erfrischungen versorgen werde. Ich habe auch schon einen Claim, für Flugis und Transpis. Sowas ist wichtig für öffentliche Akzeptanz und mediale Kommunikation. Er lautet: Stullen für die Bullen.
Solche Geschichten kann nur das Leben schreiben.