
(Quelle: AWO Hannover). Wahl der Stellvertreter*innen der*des Vorsitzenden des Präsidiums. Ist nicht so sexy, wie es sich liest. Gehört aber dazu, Demokratie ist nun mal an Formalitäten und Bürokratie gebunden. Immer weniger Menschen lassen sich auf das trockene Brot des oft ehrenamtlichen Engagements ein. Die Arbeit von Verbänden, Organisationen, Parteien, Gewerkschaften, Kirchen etc. unterliegt einem dramatischen Wandel, wenn die jetzigen Babyboomer*innen, die noch das tragende Element dieses Engagements bilden, irgendwann wegsterben, sehe ich wenig, was da nachwächst. Die Menschen hängen oft lieber in Fitnessstudios ab, wenn es hochkommt, arbeiten sie kurze Zeit in punktuellen Bürgerinis mit („Kein Windrad vor meiner Tür!“) und verbringen ansonsten tendenziell eher Zeit damit, in sozialen Medien rumzuplärren.
Bei aller Kritik an zivilgesellschaftlichen Strukturen, und die habe ich reichlich und berechtigt: Wir haben nichts anderes und können uns auch nichts anderes schnitzen. Insofern genieße ich durchaus Auftritte wie den oben als Kunsthausierer, der mit seiner Kunst hausieren geht. Das ist was anderes als abstrakte Theorie und Kritik am Schreibtisch, das ist live, auffem Platz. (In obigen Fall singe ich gerade Frank Sinatras „I did my way“). Und nur dort erfährt man im letzten Grunde, wie stark zivilgesellschaftlicher Widerstand gegen den immer stärker werdenden Faschismus ausfallen kann.
Für eines muss man im Kulturkampf dieses Sommers dankbar sein: Sobald sich der Rauch der Kanonen etwas legt, werden die Frontverläufe sichtbarer. Immer mehr Bürgerliche schlagen sich rechts in die Büsche und sägen am Ast der Demokratie, auf dem sie gerade noch sitzen. Paradebeispiel: Der Wolf im Wolfspelz, Wolf Weimer, keinesfalls zu velwechsern mit „Weimar“. Eigentlich ein Wertkonservativer, wie er im Buche steht. Niemand würde ihn einen Radikalen nennen. Außer mir. Warum? Anlässlich des von seiner Partei zu verantwortenden Debakels um das Bundesverfassungsgericht schlug er eine Reform des Wahlverfahrens vor. Motto: Schuld ist nicht die eigene Partei, sondern die blöde Demokratie. Zitat: „„ …. Er sei zwar kein Verfassungsjurist, so Weimer, plädiere aber »für einfache Mehrheiten«. Der Bundestag beherberge mittlerweile zu viele Extremisten. »Und die sollten möglichst wenig Einfluss haben… .« Er sagt nicht, wie es korrekt wäre: „zu viele Faschisten“, sondern holt die uralte, peinliche Kulturkampfkeule des „Rechts-gleich-Links-Extremismus“ raus. Auf dieser grotesken Basis will er sich flink das Wahlrecht zurechtschnitzen. Nachtigall, ick hör Dir trapsen. Da kann sich jede vorstellen, was dann bei einer CDU/AfD-Mehrheit im Bundestag, die es umfragemäßig stabil mit wachsenden Werten schon lange gibt, abgeht. Mich erinnert dieser Wolf im Wolfspelz an einen Brandstifter, der in der Maske des Biedermanns mit der Brandfackel der Demokratie-Tankstelle heimleuchtet, wo gerade aus allen Tanks das Benzin ausläuft. Und nach dem absehbaren Desaster alle Linken für den Brand verantwortlich macht.
Es gibt linken Extremismus und es gibt rechten Extremismus, der Wolf ist ein Paradebeispiel für Extremismus der Mitte.