
Revolutionäres 1. Mai Plakat Berlin 1988. Die letzte Schlacht gewinnen wir …

Revolutionäres 1. Mai Plakat Berlin 1990. Da hatte der Kapitalismus mal wieder eine der letzten Schlachten gewonnen, die Ostzone kehrte heim ins Reich. Von nun geht’s bergab.
Interessiert sich überhaupt noch irgendein Schwein für den 1. Mai als Kampftag der Arbeiterklasse, außer dem Rollatorgeschwader des DGB, das auf der traditionellen Mai-Latschdemo den Valium gedämpften, von keinerlei rhetorischem oder gar inhaltlichem Furor tangierten Ansprachen der – notorisch mit SPD-Parteibuch bewaffneten – jeweiligen DGB-Vorsitzenden entgegen rollert? Nö, eher nich. Es gibt zwei Gründe, diese Mai-Mischung aus Zombies und Zauseln gerade in Hannover zu meiden: 1. Hannover. Und 2. ist hier offensichtlich die zentrale Mai-Veranstaltung des DGB mit der Vorsitzenden Yasmin „Hoch lebe die Sozialpartnerinnenschaft“ Fahimi. Schöne Partnerschaft, bei der der Eine dem Anderen das Fell über die Ohren zieht und es hinterher meistbietend auf dem Weltmarkt verscherbelt. So weit so bekannt. Aber wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Arschloch her … Und damit sind wir bei einer zweiten Gruppe, die sich auch noch für den 1. Mai interessiert, nämlich die notorisch revolutionären Genoss*innen vom wahlweise schwarzen, feministischen, antikapitalistischen, auf jeden Fall aber antisemitischen Block.
Vor 8 Jahren wurde in Berlin versucht, antisemitische Parolen auf der sogenannten revolutionären 1. Mai-Demo zu unterbinden. Das wurde im Koordinierungsrat mit großer Mehrheit abgelehnt und die betreffenden Initiatoren des Minderheitenantrags sind seitdem völlig zu Recht nicht mehr dabei. Zur Größenordnung: Auf dieser Mai-Demo werden mehrere tausend TN erwartet, sie ist damit wesentlich größer als die DGB-Demo und vereint mittlerweile, soweit mir bekannt, alle anderen früheren schrägen und durchgeknallten Veranstaltungen an diesem Tag, wie die der peruanischen Genossen vom Leuchtenden Pfad hinter irgendeiner Hecke in Lichterfeld.
Was von Relevanz bleibt, ist also die Razzia im Grunewald Villenviertel
Das wird eng getaktet am 1. Mai für mich. Natürlich strebe auch ich auf der traditionellen DGB-Latsch-Demo Freibier und Erbsensuppe entgegen, allein des Genius Loci wegen: Die Demo startet an der Ecke Karl-Marx-Allee/Straße der Pariser Kommune und endet am Roten Rathaus! Mehr revolutionäres Erbe geht nicht. Abmarsch 10 Uhr.
Um 12 Uhr geht es dann mit meinem Klappi zur Fahrraddemo in Richtung Grunewald, zur sachgemäßen Durchführung der Razzia. Ab 14 Uhr läuft auf dem legendären Mariannenplatz, wo früher immer die autonome Hütte brannte, dann ein Maifest der Linken. Mit Lesung! Siehe auch Blücherplatz, da geht auch irgendwas ab. Ab 18 Uhr bin ich dann am Südstern beim Abmarsch der Antisemitinnen. Natürlich nicht um mitzumarschieren, sondern um das Geschehen zu dokumentieren und archivieren, für diesen Blog. Früher war es Konsens unter Linken: Antisemitismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen. Da bin ich wertkonservativ, das gilt.
Spätestens danach werde ich wahrscheinlich leicht beduselt vor dem Hades, dem Imbiss in unserem Haus, einen Absacker nehmen und endlich den Helm abnehmen. Fahrrad-Helm natürlich, in Berlin ist Radln lebensgefährlich. Ich werde hier also in loser Folge Material um den 1. Mai, auch historisches, veröffentlichen. Denn:
Damit sich keine hier beschwert,
falls die Nachwelt nichts erfährt:
Nicht nur zum 1. Mai,
bleibt es für mich dabei:
Alle Macht den Archivaren,
sonst wird die Nachwelt nichts erfahren.
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