
Mutti und Männersache.
In der Arte Mediathek ist zur Zeit der Film „Jud Süß 2.0“ zu sehen, der unter anderem der Frage nachgeht, welche Bild- und Sprachmuster stecken hinter dem immer stärker um sich greifenden Antisemitismus.
Was macht Menschen zu Antisemiten, wo greifen gesellschaftliche Krisen, platte Propaganda, alte Ressentiments und neue Klischees ineinander? Oft sind es quasi subkutane Bilder und Botschaften, die den Antisemiten in uns triggern, wie die Goblins in Harry Potter-Filmen, die in der Bank das Gold bewachen: Kleine, gebeugte Kobolde mit großen Nasen in schwarzen Anzügen. Antisemitisches Stereotyp par excellence, das an alte Muster anknüpft.
Niemand wird Antisemit, nur weil jemand brüllt: Der Jude ist unser Untergang. Die Fratze des Antisemiten ist ein Mosaik, zusammengesetzt aus unzähligen Bildern, Sprachbotschaften, Facetten, oft nur mikroskopisch, verschwommen, verschwurbelt. Das Finanzkapital, die Eliten, die Heuschrecken, usf. usw. , eine endlose Kette von vermeintlich harmlosen, oft links gemeinten, immer aber antisemitisch konnotierten Phrasen, an deren Ende der ewige Antisemit steht. Gegen die Macht des Ressentiments ist die Kraft des Argumentes hilflos.
Das Resultat ist immer öfter auf den Straßen dieser Republik zu begutachten. Wahn, der wütet.
Diese Prägungen sind natürlich auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen zu sehen. Was produziert z. b. das Frauenbild bei Männern? Wie kommt es, dass die Emanzipationsdebatten der letzten 50 Jahre scheinbar durch die Gesellschaft, selbst durch durchaus aufgeklärt sich verstehende Männer hindurchgerauscht sind wie Wasser durch ein Sieb? Dass da Frauenbilder reproduziert werden wie aus den (falschen) Fünfzigern?
Neben der Angst der Männer vor den Frauen sind das sicher ähnliche Wirkmuster wie beim Entstehen des Antisemitismus und nicht umsonst dürfte beim Kratzen an der Oberfläche des Antisemiten und Faschisten im Normalfall Frauenhass zutage treten. Wer Theweleit gelesen, wird verstehen, wie das funktioniert. Hier ist eine wirklich excellente Zusammenfassung. An der Stelle musste ich lachen, es geht um den männlichen Körperpanzer, Zitat: „Wer sich entspannt, sein Inneres herauslässt, ist ein Feigling. Körperströme sind peinlich und lästig. Das Einzige, was fließen darf, sind Schweiß, das Blut der anderen und Alkohol.“
Wem fiele da nicht der Fussball ein…
Moderne Klischees zur Rollenverfestigung hie Männersache – da Mutti-Prinzip finden Sie, liebe Leser, in jedem Supermarkt. Das gibt Ihrem Bild neue Nahrung. Und ich war stolz, derartig profunde Funde beim letzten Einkauf gemacht zu haben.
Das mit der Mutti kam mir allerdings irgendwie spanisch (genauer: italienisch, wg. Tomaten) vor. Ein Google-Klick: Mutti ist der Firmenname. Oje, da hätt ich mich aber echt blamieren können.
Aber abgesehen davon, ist das hier Beschriebene natürlich richtig und exakt.
Nützen tut’s zwar nix. Aber gelernt haben wir in der heutigen Vorlesung, wie wichtig Recherche und Quellenstudium ist. Verifizieren Sie alles und sei es, die Tatsache, dass 2 x 2 = 5 ist.
26.01.2022 – Neulich beim Einkauf
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