15.01.2023 – Meldungen aus dem Irrenhaus respektive Parkhaus.

Rettungsschuppen 68. Dass der Rettungsschuppen ein Restaurant geworden ist, finde ich sehr charmant, wohnt dieser Tatsache doch symbolisches inne. Es gibt keine Rettung mehr, letzte Zuflucht vor Untergang und Absaufen ist das Restaurant, sozialer Kulturort des Verweilens und von Genuss – wenn man Glück und entsprechend Kohle hat.

Wenn man (also ich) zum Schluss gekommen ist, dass Rettung aus Krisen nicht mehr möglich ist, zumindest nicht unter Bedingungen von Kapitalismus und Demokratie, ist es nur ein kleiner Schritt dahin, bei den allfälligen morgendlichen Katastrophenmeldungen in Gelächter auszubrechen. Diese Reaktion ist eine Mischung aus Hilflosigkeit, Katharsis und feinem Gespür für jenes komödiantische Moment, welches aller Tragik innewohnt. Es ist im wahren Sinne z. B. großes und eben auch komödiantisches Theater in der Tragödie, wenn Richard III nach verlorener Schlacht über die Wallstatt irrt und klagt: „A horse! A horse! My kingdom for a horse!“ Und danach von Richmond im Kampf getötet wird.

Eine dieser Meldungen mit Lachreizcharakter: Der Raum für innerstädtische Parkplätze soll vergrößert werden, um 15 cm pro Blechhaufen. Begründung: Die Autos werden immer größer.

Das ist angesichts der Tatsache, dass allein die Batterien der größten SUVs, jenen Autopanzern mit den größten Zuwachsraten, mittlerweile so viel wiegen wie ein Kleinwagen und das Todesrisiko bei Unfällen für Andere um 30 Prozent erhöhen, nur noch grotesk. Das Autowachstum ist selbst bei uns ungebrochen, weltweit explodieren die Zahlen in den wachsenden Mittelschichten gerade bei Ressourcenvergeudenden Monsterhubraumern. Anstatt also Autos sofort konsequent in einem ersten Schritt aus den Städten rauszuschmeißen, wird ihnen hier der Betonteppich ausgerollt.

Rausschmiss ist problemlos machbar. In Holland z. b. kommt kein Mensch auf die Idee, mit einem Auto in den Citybereich zu fahren. Verboten. Dafür gibt’s Parkhäuser, die allerdings nicht billig sind. Urlaub in Holland besteht, mit Auto, aus mindestens 4 großen Kostenblöcken: Unterkunft, Ernährung, Benzin und Parkhaus.

Was aber will der doitsche Michel respektive seine Michelin und hier wollen wir in Ehrfurcht vor dem demokratischen Willen der Mehrheit unser Haupt neigen, wenn Lachanfälle das überhaupt zulassen? Eine breite Mehrheit sagt ja zu schnellerem Autobahnneubau. Und wer riskiert schon Entscheidungen und Wahlen gegen diesen fanatischen Block?

Es ist billig und wohlfeil angesichts Lützerath die Gier von RWE anzuprangern, die auf Kosten der Um- und Nachwelt Extraprofite ohne Ende abzocken. Erstmal schön vor der eigenen Automatte kehren und dann vielleicht zur Erkenntnis gelangen (Lektürehinweis liegt im Rettungsschuppen oben), dass der Kapitalismus einem Ritt auf dem Tiger gleicht: Der Ritt endet ebenso im Untergang wie das vorzeitige Abspringen.

Und für alle Technikfreaks, die an Heilung durch technischen Fortschritt glauben: Es gibt seit Jahren keine bahnbrechenden Erfindungen mehr, der Fortschritt in Forschung und Technik ist an seine Grenzen gestoßen. Die großen Erfindungen der Moderne – Treiber von Innovation und Produzenten von Narrativen – PC, Internet, Smartphone und Zollstock für Linkshänder sind gemacht, und das nächste große Ding sehnlichst von Allen – außer mir – erwartet, ist nirgendwo in Sicht. Und Silicon Valley liegt in Agonie.

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