19.03.2023 – 35 Dollar oder mehr Pornografie?

Durchschnittlicher stündlicher Verkehr pro Tag auf diesem Blog im März. Zwischen 22 und 4 Uhr nächtliche Ruhe im Blog-Karton, dann bis 10 Uhr Anstieg, 15 Uhr Peak. Werbewirksam entscheidend wären die hellblauen Balken, sogenannte Pageimpressions. Das sind die Klicks, die jede Besucherin (sogenannte Visits) pro Besuch hinterlässt, wenn also beispielsweise Bilder angeklickt werden. Der Blog hat ca. 25.000 Besucher*innen jeden Monat, die bis zu 70.000 Pageimpressions hinterlassen. Das ist für eine Seite, für die ich keinerlei Werbung betreibe, recht ordentlich. Also sollte ich einigermaßen sauber arbeiten, auch wenn ich dafür keinen Cent kriege. Meine Währung sind die Klicks, zumindest auf dieser Ebene bin ich im Zeitalter der digital natives angekommen.

Wollte ich Cents, also Werbung schalten, würde ich pro Monat Stand jetzt dafür zwischen 30 und 40 Dollars kriegen. Ab wann also wäre ich käuflich, würde Werbung schalten? Natürlich nur sozialökologisch vertretbare, mit Ethiksiegel und so Zeug, großes Ehrenwort! Ab dem 10fachen? 100fachen? 3000 Dollar im Monat, whow. Da kann ich nur sagen: Und führe uns nicht in Versuchung. Und bin froh darüber, dass die Hürden dafür zu hoch wären. Als Erstes müsste ich virale Werbung betreiben, in den sozialen Netzwerken präsent sein, den Content neu ausrichten und in der realen Welt präsenter werden. Content neu… hm.

Was immer geht, ist Pornografie, das erzielt Klicks ohne Ende, wird aber mit Ethiksiegel nicht zu vereinbaren sein, und ist in der Praxis eher schwierig zu gestalten. Explizite aber unpornografische literarische, noch dazu feministische Geschichten wie in „Delta der Venus“ von Anaïs Nin würden heutzutage vermutlich keine Klickrekorde erzielen. Also Widersprüche, Arbeit ohne Ende.

Wir lassen es vorerst beim Zustand wie besehen. Sollten Sie, liebe Leserinnen aber in Zukunft hier mehr explizites lesen, wissen Sie: Er kann dem Lockruf des Geldes nicht widerstehen. Allein die Verwendung des Begriffes Pornografie ist vermutlich Trigger genug für höhere Klickzahlen. Würde ich das darüber hinaus als „Tag“ für diesen Blog einpflegen, wäre hier der Teufel respektive die Teufelin los. Mit Tags werden Webseiten-Inhalte und Themen kategorisiert, um Konsument*innen die Suche und Orientierung zu erleichtern, wobei eine Spezifizierung hilfreich ist. Also z. B.: Pornografie, Erotik, Sadomasochismus, Unterwerfung, Dominanz ….

Für Schreibende, Kulturproduzent*innen allgemein, gibt es kaum eine höhere Lust und Erfüllung als damit Geld zu verdienen. Jenseits von bürgerlicher Erwerbsarbeit in das Reich der grenzenlosen, selbstgeschaffenen Freiheit einzutreten, ist sowieso schon Verheißung genug und dann dafür noch Kohle? Whow!

Weshalb nehmen wohl Hunderttausende für diese Utopie Entbehrung und Armut in Kauf, nur um in dieser Branche zu arbeiten? In keiner Branche ist der Durchschnittsverdienst so niedrig und die Altersarmut so hoch wie im Kultursektor. Natürlich sind da viele, die zu faul für die Fron der bürgerlichen Erwerbsarbeit sind, wer wollte es ihnen verdenken. Aber da sind ganz viele Überzeugungstäter dabei, die sich hier neben dem Geld nach der Aufmerksamkeit, Anerkennung und Liebe sehnen, die ihnen im Alltag des Kapitalismus verwehrt bleibt.

Ich bin vorerst dankbar dafür, dass der Blog überhaut noch online ist, nachdem er vor ein paar Monaten mal final abgekackt war, weil ich noch nicht mal Lust für notwendige Software-Updates hatte. Ohne meinen Mediamaster Achim wäre der Blog im Daten-Nirwana verschwunden und das, obwohl wir in einigen gesellschaftlichen Fragen eher gegensätzlicher Meinung sind. Was die mildeste Formulierung ist, die mir dazu einfällt. Da lautet die gegenseitige Zuschreibung schon mal: Alles Quatsch, was Du da von Dir gibst. Trotzdem war die Einstellung des Mediamasters: „Es ist zwar quätscher als Quatsch, was Du da erzählst, trotzdem werde ich alles versuchen, damit Du deinen Quatsch weiter öffentlich machen kannst.“

Chapeau. Das ist die Essenz von Aufklärung und nichts brauchen wir zur Zeit notwendiger als das.

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