26.06.2023 – Ohne Mauern keine Zivilisation

Ein Mittel, sich auf die Klima-Katastrophe einzustellen, ist Begrünung. Im Stadtraum, aber auch individuell, wo möglich. Grün, wo immer möglich. Spendet Schatten, hält Feuchtigkeit, ist Isolierung, Refugium für Insekten, Tiere grundsätzlich, ist aber natürlich auch ästhetischer Gegenpol zur Unwirtlichkeit der Städte, Raum für Inszenierung, Gestaltung, Erholung usw. usf. Grün war immer schon in der Moderne und wird immer mehr Distinktionsmittel. Nichts ist mittlerweile peinlicher als die Anschaffung eines Mercedes oder die Erwähnung eines Fluges in die Ferne, sozial geadelt hingegen wird man durch die locker hingeworfene Bemerkung, man besitze jetzt ein mit Grün bewachsenes Dach, in dem schon Meisen brüten. Da ist zwar der Dachschaden nicht fern, aber jeder Photosynthesemotor hilft. Mein Nachbar im ersten Stock ist absolute Avantgarde. Er lässt seine Wohnung völlig zuwachsen, siehe oben.
Ein beliebtes Topos der Kunst ist Metamorphose, in der Postmoderne speziell die von Menschen in andere Spezies, siehe der Horrorklassiker „Die Fliege“, aber auch in Pflanzen. Vielleicht kommt mir mein Nachbar demnächst als Sonnenblume entgegen oder ist er gar schon ein Baum? Hab ihn länger nicht gesehen.
Empfinden wir Mauern also in Zeiten der Klimakatastrophe als bedrohlich, müssen wir doch akzeptieren, dass Mauern Grundbedingung der Entwicklung von Zivilisation sind. Ohne Mauern keine Häuser, keine Burgen, kein Schutz, keine Fabriken, Krankenhäuser, Schulen etc. pp. Ohne Mauer hätte es die DDR schon viel früher nicht gegeben; Wenn sie nicht in einem Akt der Notwehr am 13. August 1961 den von ihr so genannten „Antifaschistischen Schutzwall“ errichtet hätte, um ihre Bürger*innen am Verlassen ihres Staatsgebietes, vulgo Flucht, zu hindern. Prävention, Gefahrenabwehr. Das, und vor allem den mörderischen Schießbefehl, kann man ethisch verurteilen, es ist aber das völkerrechtlich verbriefte Privileg eines souveränen Staates. So wie es das völkerrechtlich verbriefte Privileg souveräner Staaten ist, Menschen anderer Staatszugehörigkeit am Betreten des eigenen Territoriums zu hindern. Wie es die EU zurzeit flächendeckend in Europa und darüber hinaus praktiziert, um Migration zu verhindern. Mit dem Ergebnis, dass binnen kürzester Zeit ein Vielhundertfaches an Toten zu beklagen ist, als es in den knapp 30 Jahren Existenz der Mauer zu beklagen war. Auch das kann man ethisch verurteilen. Aus struktureller, nämlich völkerrechtlicher Sicht, gibt’s da nix dran zu rütteln. Prävention, Gefahrenabwehr. Justitiabel sind höchstens die Mittel, nicht aber das Prinzip.
Es wird Sie, liebe Leserinnen, also sicher nicht überraschen, dass ich auf Grundlage meiner Ausführungen nach der ersten Wahl gestern eines Faschisten zum Landrat im Landkreis Sonneberg, der eher Finsterwalde heißen sollte, also auf dem Gebiet der ehemaligen Ostzone, beabsichtige, die Mauer wieder aufzubauen, höher als je zuvor. Gefahrenabwehr, Prävention. Mit einem Sonderstatus für Berlin und freiem Zugang dort für Westbürger, zumindest für mich. Baubeginn ist am 13. August. Über Unterstützung freue ich mich. Bitte bringen Sie Mörtel und Steine mit.
Wir haben gegenüber den Insassen der ehemaligen Ostzone nach der Annexion der DDR mit allen Mitteln versucht, Demokratieähnliche Wesen aus ihnen zu machen, mit Bananen, Mallorca-Reisen, unglaublich viel Bimbes und viel zu viel guten Worten. Es hat nichts genützt. Du kriegst aus dem Mob den Nazi nicht raus. Es wird immer schlimmer. Die Politik, die Gesellschaft ist völlig hilflos, überfordert mit der Gefahrenabwehr. Nur Phrasen, Gestammel.
Und die Seuche breitet sich auch bei uns immer weiter aus. Daher darf keiner von drüben das Virus des Faschismus bei uns verbreiten.

Ovid hatte recht: Principiis obsta, sero medicina paratur. Tritt den Anfängen entgegen sonst kommt das Heilmittel zu spät.

Ohne Mauern keine Zivilisation. Wir sehen uns am 13. August.

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