
Spandau, Havelbrücke zur Insel Eiswerder. Die Havel kommt dort regelrecht majestätisch breit daher, die Szenerie erinnert an Elbhamburg. Spandau ist eine Wasserstadt, umgeben von Seen, durchzogen von Kanälen, eine Gartenkolonie trägt den Namen „Klein-Venedig“. Die Altstadt dort ist überaus charmant. Jeder der 12 Bezirke in Berlin ist eine Großstadt für sich mit eigenem Charakter und Spandau ist das Spiel mit dem mythologischen Element Wasser. Nichts zieht mich so an wie Wasser, selbst der winzige Teich in meinem Garten hat für mich magische Anziehungskraft.
Ganz andere Auswirkungen hat das Element Wasser zur Zeit in Berlin, in den Freibädern. Dort eskaliert die Gewalt derart, dass das Neuköllner Freibad Columbia auf absehbare Zeit geschlossen wurde. Auslöser sind migrantische junge Männer, die oft homophob und frauenfeindlich agieren. Duschräume und Umkleidekabinen werden laut Berliner Medien zugeschissen, Windeln überall hingeworfen, Papierkörbe ignoriert, Polizisten mitunter von hunderten Jugendlichen angegriffen. Sicherheitskräfte sind überfordert. Alle Akteure hilflos. Wohlmeinende Sozialarbeiter, mit Migrationshintergrund, fordern, die Eltern der Delinquenten aufzusuchen, weil die angeblich von nichts wüssten, und die Politik fordert mehr Polizei. Technokratische Lösungsvorschläge gehen in Richtung personenbezogene Einlasskontrollen, Video-Überwachung und Hausverbote. Dieses Dilemma zwischen hanebüchener Einfältigkeit und Überwachungs-Allmachtsphantasien macht eins deutlich: unser System kommt an Grenzen. Auch hier, im Freibad.
Wenn eine Gesellschaft in ihren zentralen systemstabilisierenden Funktionen Kontrollieren, Überwachen, Strafen an und über ihre Grenzen kommt, gleicht das dem sagenhaften Menetekel. Die DDR könnte ein Lied davon singen, sänge sie noch.
Schwanengesang Teil 2: Nebenan in Brandenburg verlassen zwei Lehrer*innen ihre Schule, an der sie mit einem Brandbrief auf zunehmend faschistische Umtriebe aufmerksam gemacht hatten. Daraufhin wurden sie sofort massiv von den Faschisten in der Region bedroht. Staat und Gesellschaft haben es nicht geschafft, Kontrolle, Überwachung und Strafe so zu organisieren, dass die Beiden unbehelligt weiter leben und arbeiten konnten. Systemisches Versagen, an immer mehr Fronten.
Wir aber schwelgten abends beim Bier vor unserem türkischen Imbiss „Hades“ in Untergangsphantasien, wie berittene Polizei mit gezogenem Säbel die Freibäder der Republik stürmt. Freiheit für alle Freibäder. Und Freibier für Alle!