BILD

Aus dem Archiv. Ohne Entertainment geht hier gar nichts, da kann das Thema so ernst sein wie es will. Es gilt das Diktum vom Meister: Der beste Weg zum Nachdenken führt über ein Lachen. (Walter Benjamin, bedeutendster Philosoph des 20. Jahrhunderts, als Jude und radikaler, undogmatischer Linker von den Nazis in den Tod gehetzt, starb auf der Flucht 1940. Zocker, Drogenfreak von Opium über Haschisch bis Mescalin, Schürzenjäger, entdeckte in 30ern Ibiza als locus amoenus, also 30 Jahre vor den Hippies.) Ich würde ergänzen: Der beste Weg zum Nachdenken führt über ein Lachen, das im Halse stecken bleibt.
Dem Zusammenhang von Prekarität und Kulturwirtschaft gehörte schon immer (na ja, ab der Volksschule, vorher noch nicht) meine besondere Aufmerksamkeit. Die Branche Kulturwirtschaft mit ihren diversen Unterabteilungen wie Literatur über Kunst bis Film, Presse, Software etc. ist mittlerweile die drittgrößte in der BRD und wie keine von prekärer Beschäftigung und Bezahlung, von Armut, vor allem im Alter, gekennzeichnet. Das wird in der Jugend als Boheme-Verheißung glorifiziert, Hauptsache, ich mach irgendwas mit Kultur, in reiferen Jahren mit Sorge und Skepsis betrachtet und im fortgeschrittenen Alter als Not und Elend erfahren. Wenn die politischen Verhältnisse prekär werden, also zunehmend autoritär, repressiv, völkisch, klerikal, reaktionär, all das, was wir in Gesellschaften am Übergang zum Faschismus erleben, geht es der Kulturbranche zuerst an den Kragen. Missliebige Kultur wird nicht mehr gefördert, Zensur, Gewalt gegen entartete Kunst, ein Blick in die USA, nach Ungarn, Türkei, auf den Balkan, reicht; von Ländern mit islamistischem Faschismus wie Iran, Afghanistan ganz zu schweigen, oder China, Russland, die Kette wird immer endloser, wobei der Komparativ zu „endlos“ Blödsinn ist.
Bleiben wir bei „uns“: Mit dem hiesigen Kulturkampf zwischen rechts und links werden die sozialen und ökonomischen Umwälzungen im Interesse von Kapital und Eliten einerseits verdeckt, aber andererseits vorbeibereitet und vorangetrieben. Mit dem Kulturkampf werden die Köpfe des Mobs verkleistert und ideologisch zugerichtet. Schönes Beispiel: Gendersprache, Diversität. Eine Petitesse, ein vollkommener Nebenwiderspruch, lächerliche Angelegenheit, im Vergleich zur Gender-Pay-Gap. Da bildet man und frau sich eine Meinung zu, praktiziert das irgendwie, diskutiert paarmal und gut ist, dann geht’s an die wesentlichen Dinge, wie die zunehmenden Verheerungen des Kapitalismus. Stattdessen wird hier seit Jahren ein Gender-Popanz aufgebaut und gekeift und gezetert, als würde daran das Abendland untergehen.
Währenddessen stören Rechte hier massiv und zunehmend Veranstaltungen in Bibliotheken, die nicht in ihr Weltbild passen. Von da bis zu Bücherverbrennungen ist nicht weit. Das ist kein qualitativer Sprung mehr, nur ein paar Schritt weit entfernt. Die Künstler*innen sind immer als erstes dran, an ihnen exerziert aufkommender Faschismus als erstes exemplarisch, was dem Rest droht, wenn er sich nicht fügt. Künstler*innen, Jüd*innen, Queere. Also im Kapitalismus Prekarität und Armut, im Faschismus Gewalt, Vertreibung, siehe Benjamin, oder Tod, wie Erich Mühsam, den die Nazis gleich nach Machtübernahme zu Tode folterten
Man sollte also meinen, dass oberste Pflicht und Ehre der Kulturschaffenden angesichts des Rechtsrucks in unserer Gesellschaft die intervenierende Wahrnehmung eines politischen Mandats sei, also das aktive, konkrete Eingreifen in die gesellschaftlichen Verhältnisse. Raus aus den Museen, Theatern, Poptempeln und rein in die sozialen Brennpunkte, zum Beispiel. Muss ja nicht gleich Nazis boxen sein.
Und was is? Nix is. Ich hör nix von Dir, Genosse Kulturschaffender. Still ruht der See, außer bisschen politisches Geplänkel auf Theaterbühnen und paar Aufrufen.
Wenn aus der Stille des Sees nicht mal irgendwann eine Friedhofsruhe wird.
Wie krieg ich jetzt die Kurve ins Positive, Versöhnliche, Heitere? Vielleicht so: Als Meditation für Heute spüren wir dem Klang des Wortes „Schürzenjäger“ nach und schauen, was es für Bilder in uns hervorruft.
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