07.09.2023 – Der Goldene Neger

BILD

Der Gang in die Archive, der heutzutage aus zwei Klicks besteht, fördert durchaus unterhaltsames zutage. Da ich die Geschichte komplett vergessen hatte, musste ich beim Lesen lachen, als ob ich sie zum ersten Mal gehört hätte. Vor 10 Jahren ging die Geschichte vom geklauten Bahlsen-Keks weltweit steil. Hannover, endlich in den Breaking news und der Verdacht der Medien ging in eine Richtung. Dauernd klingelte das Telefon bei mir, ich solle endlich gestehen, und je heftiger ich dementierte … Na ja, als Ende vom Lied begrüßt mich meine Konditoreifachverkäuferin, bei der ich meinen regelmäßigen Tortenbedarf decke, immer noch mit: „Hallo, Krümelmonster“. Haha. Mein Glückwunsch für die geniale Aktion und erstaunlich, dass das Rätsel immer noch nicht gelöst ist. Das spricht für einen äußerst begrenzten Täter*innenkreis, alle halten dicht ….

Apropos Täter*innen. Wie gehen wir mit Sprache um? Dazu ein Ausflug in meinen Dschungel: Mein Goldener Neger ist der Größte

Sonnenblume, über 300 cm, hieß früher mal Goldener Neger, hier die Geschichte

Die Aktion war mit Ambiguitätstoleranz versehen, natürlich ernst gemeint, Neger geht gar nicht, aber auf einer Metaebene auch ein augenzwinkernder Moment von Nachdenken zu Übereifrigkeit in der politischen und kulturellen Arena. Die Entwicklung zeigt, dass das nicht ganz unberechtigt war. Der Begriff „Neger“ ist im öffentlichen Gebrauch selbst als Zitat und Beleg für Rassismus geächtet. Maximal zulässig ist das „N*“-Wort, oft versehen mit Warnhinweisen. Mittlerweile werden Neu-Übersetzungen oder Auflagen zunehmend mit Platzhaltern versehen. Statt „Fick Dich“ „ Obszönes Wort Dich“.

Ich bin weiß Göttin jemand, der schon seit Jahren geschlechtersensible Sprache verwendet, in verschiedenen Spielarten, mitunter auch augenzwinkernd, meist aber im ernsthaften Bemühen die Sprache in einem mählichen Prozess mit weiter zu entwickeln. Wie es der Sache angemessen ist. Aber ich wünschte mir in letzter Zeit immer öfter angesichts der zunehmenden gesellschaftlichen Erosion, eines schleichenden Faschismus, dass die Sprachpolizei raus aus dem elfenbeinernen Turm kommt, raus den Arbeitskreisen, Unis, Verbänden, Parteien, Fachtagen, Konferenzen, Bubbles, und sich mal dahin begibt, wo es real brennt. Wo es weht tut. Wenn nur ein Bruchteil des Bemühens und auch des Geldes (!) in all den Lektoraten, Redaktionen, Büchereien statt auf Sprachsäuberung auf Gesellschaftssäuberung verwendet würde. Auf dieser Gesellschaft klebt nämlich, immer größer werdend, ein Warnhinweis: „Achtung! Kann Spuren von Faschismus enthalten.“

Als Orientierung: Die letzte Bayern-Umfrage nach dem Aiwanger-Skandal ergab ein Plus von 4 Prozent für die Halbnazis von den Freien Wählern, jetzt bei 15 Prozent, während die Vollnazis von der AfD unverändert bei 14 Prozent liegen. Die Linke übrigens stabil bei 1 Prozent ….

Das ist das Problem in diesem Saustall und nicht die verwegen inkorrekte Verwendung des Begriffs „Neger“ in diesem Blog.

Sonnigen Tag, liebe Leserinnen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert