10.10.2023 – Gedankenarm

Israel Solidaritätsdemo, Hannover, 09.10.2023. Demos mit Nationalfahnen und Hymnen verheißen normalerweise nichts Gutes, im Fall Israel ist das was anderes. Dass der Heimatstaat der Juden in seiner Existenz bedroht wird, muss gerade für Deutsche unerträglich sein. Zumindest für jene, deren ethischer Kompass noch funktioniert. In Hannover waren ein paar Hundert bei der Demo. Ich habe einige Freunde und Bekannte getroffen, was immer mit zum warmen Gefühl von Solidarität bei derlei Veranstaltungen beiträgt. Aus den Zusammenhängen der Landesarmutskonferenz habe ich niemanden getroffen. Das kann natürlich an der Unübersichtlichkeit der Demo gelegen haben.

Die Stimmung, meine Stimmung, eher grau in grau und düster, wie im Foto vom Freund und Kollegen Achim Beinsen

Neben mir Marc Beinsen, Chef der Theatergruppe Improkokken, mit dem ich für die Landesarmutskonferenz in der Flüchtlingskrise 2015/16 zwei Theaterstücke mit Geflüchteten produziert habe . Ich bin mir nicht sicher, ob ich ein derartiges Projekt in dieser Form nochmal produzieren würde. Die Vorfälle in Neukölln und anderswo, wo auf Hass-Demos offene Freude für den Terror der Hamas gezeigt wurde, belegen wieder einmal, dass wir ein wachsendes Problem mit migrantischem Antisemitismus haben, verbunden mit mangelnder Akzeptanz unseres Rechtsstaats, mangelndem Integrationswillen und mangelnder Akzeptanz der Grundwerte der Aufklärung, die die Basis unserer – noch – zivilisierten Gesellschaftsordnung bilden. Diese Grundwerte sind abgebildet im Grundgesetz Paragraph 1, Absatz 1: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt“. Und Paragraph 3, Absatz 3: „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“

Ich habe mich hier im Blog schon mehrfach kritisch über die Intoleranz von Teilen der muslimischen Migranten geäußert, was gerade in Neukölln auf Grund der kritischen Maße dort permanent im Alltag sichtbar wird. Eine No go Area für Juden mit den Insignien ihres Glaubens, es wäre lebensgefährlich dort mit einer Kippa unterwegs zu sein, Misogynie ist dort ebenso an der Tagesordnung wie Angriffe auf Mitglieder der queeren Community. Da ist das Machogehabe von testosterongesteuerten, fast immer arabischen jungen Männern noch ein geringeres Übel, die bei mir in Hannover umme Ecke mit ihren tiefergelegten Hart-Proll-Schlitten demonstrativ durch eine autofreie Straße brettern. In deren Herkunftsländern gehört der Antisemitismus fast durchgängig zur nationalen Identität und dieses wachsende Problem kommt täglich zu uns. Migration.

Das ist ein heikles Thema, weil bei einer falschen Formulierung spielt man den hiesigen Rassisten in die Karten, mit ihrem dumpfen „Ausländer raus“, und die notorischen Gutmenschen mit ihrem „No borders, no limits“ jaulen sofort auf. Was sich in alternativen Vierteln, weitab vom Geschehen in Neukölln in der Sonnenallee und überhaupt weitab von sozialen Brennpunkten, leicht jaulen lässt. Es ist aber kontraproduktiv, vor aktuellen Entwicklungen die Augen zu verschließen und sich in ideologischen Grundsätzen zu verbunkern, die von der Realität überholt werden. Auch hier gilt: Was schlecht verdrängt wird, kommt niemals gut wieder, und der Kopf ist rund, damit die Gedanken die Richtung ändern können. Letztlich geht es um die Frage der uneingeschränkten Solidarität mit Israel und der, wie wir mit Migration umgehen.

Nicht hilfreich sind da auch Äußerungen von Politikern wie dem niedersächsischen MP Stephan Weil, der gedankenarm die klassische Politposition des Einerseits/Andererseits und „Interessen beider Seiten berücksichtigen….“ daherplappert, wenn er sagt: „Diese furchtbaren Terrorangriffe müssen schnell beendet werden, es darf auf beiden Seiten kein weiteres Blutvergießen mehr geben“. Das stellt eine inakzeptable Äquidistanz zu beiden Seiten her, Israel und Hamas. Wie soll sich Israel anders vom faschistischen Terror der Hamas befreien als durch Gewalt, Militär, Waffen, Krieg? Nochmal für Herrn Weil zum Mitdenken: Das ist ein Terrorüberfall von Barbaren auf eine demokratische Zivilisation. Es gibt da keine zwei Seiten, die gleichberechtigt wären.

2 thoughts on “10.10.2023 – Gedankenarm

  1. Pingback: Entsetzen über den Massenmord. Israelsolidarität in Hannover – Beinsen: Politik + Kultur

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