21.10.2023 – Installation & Inspiration, wo sind sie geblieben? Installation & Inspiration, beide wurden sie zerrieben!

Israelfahne auf Sonnenblume. Ein paar halbverrottete Sonnenblumen „Goldener Neger“ spenden noch den einen oder anderen gelben Farbklecks im zusehends entlaubten herbsttrüben Garten.  Ein aus mehreren Gründen schönes Ensemble. Ideologiekritische Feinschmecker wissen, dass die schwarze Community in den USA, und nicht nur da, starke antisemitische Züge hat. Eine ihrer Ikonen neben Malcolm X und Martin Luther King, Louis Farrakahn, ist ein völlig durchgeknallter Antisemit. Er ist eine Art Säulenheiliger der Gangsta-Rap Szene in den USA, Zitat Ice Cube: „ … you can’t be the Nigga 4 Life crew, with a White Jew telling you what to do… „

Also ein  schönes Bild im Morgengrauen, wie die Fahne auf dem Goldenen Neger prangt. Ich möchte dieses Meisterwerk der zeitgenössischen Installationskunst als Appell an alle Minderheitern verstanden wissen: Only united you stand! Ich werde einen Rap darauf machen, und damit ein neues Rap-Genre gründen, den Old-White-Man-Senior-Rap.

Auch auf der poetologischen Ebene ist die Installation zielführend, schafft sie doch mit ihrer in düsteren Tagen im kalten, trüben Herbstwind wehenden Fahne begreifende Klarheit in Hölderlins schwer verrätselnden Zeilen, die nur versteht, wer sich auf das Mysterium der Transzendenz einlassen kann:

Die Mauern stehn

sprachlos und kalt, im Winde

klirren die Fahnen.

Wohingegen beim biederen Bürger Zuhause nur alle Tassen klirren, die er nicht mehr im Schrank hat. Umgekehrt gilt allerdings das Gleiche. Obige Installation hat mich auf eine Idee gebracht. Das dialektische Duo Installation & Inspiration, getreu dem Motto:

Installation & Inspiration, wo sind sie geblieben?

Installation & Inspiration, beide wurden sie zerrieben!

(dedicated to Matthias Beltz )

Zur Idee: Es ist ja noch offen, wie wir Neukölln vom Erdboden kriegen, jenen Ort der Schande, an dem (aber nicht nur da) die Häuser jüdischer Mitbürger*innen wie zur Nazizeit mit Davidsternen beschmiert wurden. Mein biblischer Wunsch, die Erde möge sich auftun und dann hau wech die Scheiße, wird sich eher nicht erfüllen. Was also tun? Ich werde im Dunkeln durch die dortige Sonnenallee flanieren, verkleidet als Gangsta Rapper, und unerkannt im Gewühl in den Auslagen der Läden dort kleine Israelfahnen deponieren. Den Rest können sich Phantasiebegabte vorstellen.

Die Macht der Phantasie. Macht aber auch nix, wenn Sie keine haben. Phantasie ist keine Charaktereigenschaft, wie ich immer sach. Fahnen, Phantasie, Charakter, all das wird sich morgen auf der zentralen Israelsolidaritäts-Demo vor dem Brandenburger Tor zeigen. Der Ort ist ein kleiner, später Sieg über die Nazis, die ihn immer wieder für Aufmärsche instrumentalisierten. 10.000 werden erwartet. Viel zu wenig, finde ich. Aber wenigstens ein Anfang, den die Zivilgesellschaft für einen Prozess des Umdenkens nutzen muss. Weg von Lichterketten-Denken, Gutmensch-Geschwurbel und Toleranzbesoffenheit, hin zu radikalem Kampf gegen faschistische Strömungen und Antisemitismus jeglicher Art.

Ich habe mich hier im Blog öfter migrantischer Machokultur angenommen, eine Unkultur, die geprägt ist von Homophobie, Frauenverachtung und vor allem Antisemitismus, also das Milieu, was sich gerade in Neukölln austobt, aber nicht nur da. Berlin, zur Erinnerung, ist auch ein gesellschaftlicher Laborgroßversuch, an dem sich Entwicklungen der nächsten Jahre in der BRD jetzt schon realiter ablesen lassen. Mein früherer satirischer Vorschlag: Alle abkommandieren zum Minenräumen in Syrien, und die hiesigen Nazis gleich mitnehmen. Putziger Vorschlag, aber wir gehen wir real und pragmatisch mit der Situation um?

In Teilen der alternativen und linksliberalen Zivilgesellschaft herrschen immer noch Vorstellungen, die einem „No border, no limis“ nahekommen, was Migration angeht. Das würde unter den jetzigen Bedingungen auch den wachsenden Zuzug von migrantischem Antisemitismus bedeuten, und das in einer gesellschaftlichen Situation, die ohnehin von anschwellender Faschisierung gekennzeichnet ist.

Diese Situation muss bedacht und analysiert werden, ohne in die Nähe einer wachsenden rassistischen Grundströmung eines „Wir müssen viel radikaler abschieben“ zu geraten. Die auf der Straße ankommt als „Alle raus“ und als nächste politische Konsequenz die Demontage des Asylrechts hat.

Schönes Wochenende und bleiben Sie drin, liebe Leserinnen, demnächst hier live aus Berlin. …

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