
Nach ca. 15 Jahren auch in Hannover.
Thema in diesem Blog seit Jahren: Der Kapitalismus ist in einer Übergangsphase, unsere bürgerlich-liberale Gesellschaft löst sich nach Jahrzehnten der Stabilität auf und der Faschismus als extremste Form bürgerlicher Herrschaft ist auf dem Vormarsch. Wie der Vormarsch in seiner militanteren Form aussehen kann, ist zur Zeit in England zu begutachten, wo der faschistische Mob auf den Straßen seit Tagen nicht unter Kontrolle gebracht werden kann. In der Mehrzahl agiert er in Hafenstädten, wo der Verfall der klassischen Arbeiterklasse, der ehemaligen weißen, männlichen Facharbeiterelite, am fortgeschrittensten ist. Hier agiert SA-ähnlich organisierter Faschismus, den es in der Form bei den spontanistischen Ausschreitungen von Lichtenhagen noch nicht gab. Ca. 7 Prozent der englischen Bevölkerung befürwortet diese Gewalt, ca. 4 Millionen. Wenn von denen ca. 10 Prozent gewaltbereit sind, wären das ungefähr 400.000. Das entspricht der Mitgliederzahl der SA vor der Machtübernahme der Nazis. In England sind die Klassengegensätze ausgeprägter als bei „uns“, die Armut wesentlich elender. Aber da holen wir den Engländer noch ein. Anders als beim Fußball und den olympischen Spielen.
Hauptursache für den Vormarsch des Faschismus ist die wachsende Spaltung zwischen Arm und Reich. Immer mehr Superreiche auf der einen, immer mehr Arme, die zusehends verelenden, auf der anderen Seite. Die Mitte der Gesellschaft, ihre tragende Säule, erodiert, fühlt sich vom sozialen Absturz bedroht und reagiert darauf zusehends aggressiv. Sie tritt nach unten.
Wenn ich sowas erzähle, kann man das als Angstlust getriebene Wahnvorstellung eines unheilbar undogmatischen Linken abtun.
Wenn das millionenschwere Investmentbanker erzählen, die das Herz der Bestie von innen kennen, hat das eine andere Bedeutung.
Gary Stevenson z. B. wuchs in einfachen Verhältnissen auf und verdiente später als Investmentbanker Millionen. Inzwischen wirbt er dafür, große Vermögen stärker zu besteuern. Nur so seien die westlichen Gesellschaften zu retten.
Zitate: „
… Ich kam zu dem Schluss, dass der Grund für die Flaute der westlichen Volkswirtschaften ein wachsendes strukturelles Problem der Vermögensungleichheit ist. Und dieses Problem wird immer größer. Die Ungleichheit wird schneller wachsen und schließlich außer Kontrolle geraten….
…. Wir befinden uns derzeit in einer Phase der sich schnell ändernden Vermögensverteilung. Wir hatten eine 60- bis 70-jährige Periode in Westeuropa, in der wir eine große, bedingt wohlhabende Mittelschicht hatten. Das ist eine historische Anomalie. Und jetzt verlieren wir das, weil die Mittelschicht ihren Wohlstand an die Eliten abgibt. Es gibt einen massiven Vermögenstransfer innerhalb unserer Gesellschaften, der für Reiche sehr gut funktioniert…
….. die Geschwindigkeit, mit der sie die Mittelschicht enteignen und die Lebensstandards für normale Leute verringern, ist so hoch, dass sie die westlichen Gesellschaften destabilisieren
…
In der ganzen westlichen Welt gewinnt die extreme Rechte an Popularität. Und es ist wirklich schwer, dabei nicht an das frühe 20. Jahrhundert zu denken. Wenn die Mainstream-Politiker keine Lösungen zum Erhalt der Lebensstandards haben, werden die Leute nach extremeren Alternativen suchen. …“
Wenn Sie mich fragen, lieb Leserinnen: Die Leute haben die extremen Alternativen gefunden. Die Wahlen in der Ostzone im September werden das an den Tag legen.
Die AfD macht vor den Wahlen sehr geschickt: Sie hält die Füße still. Nichts zu sehen, nichts zu hören. Die AfD lässt ihren Dreckswahlkampf von der Realität erledigen, die schmutziger und hässlicher, realer und wirksamer als jede rechte Hetzkampagne den Abgehängten ihr Elend vor Augen führt und die noch nicht Abgehängten mit Angst vor dem Absturz erfüllt