24.08.2024 – Wie fotografiert man Hitze?

Sowjetisches Ehrenmal, Berlin-Treptow. Zur Erinnerung an die Millionen Toten der Roten Armee, die die Befreiung vom Nationalsozialismus gekostet hat.

Zur Ambivalenz von Geschichte gehört auch, dass gestern der 85. Jahrestag des Hitler-Stalin-Paktes war, . Nach dessen Abschluss hatte Hitler freie Hand, er überfiel (nicht alleine, ein paar Millionen Nazideutsche waren schon mit dabei) Polen, der zweite Weltkrieg begann. Nach dessen Ende stand der Russe in Berlin und an der Elbe. Dann, 1989 ff. verschwand das Reich des Bösen (Russen) auf dem Misthaufen der Geschichte. Das Ende der Geschichte trat ein, alles wurde gut, Demokratie und Friede, Freude, Eierkuchen.

Bis auf ein, zwei Kleinigkeiten.

Die globale Ausbeutung nahm extreme Formen an. Der neoliberale Kapitalismus siegte an allen Fronten und produzierte wachsende Spaltungen der Gesellschaften und Demokratie-Abbau weltweit. Im Osten muckte ein weiterer böser Russe auf, im Westen kamen die Nazis wieder schwer in Mode, global ging der Planet langsam über jenen Jordan, der kein Wasser mehr führt, wg. Klima. Und immer mehr Hungerleider machen sich auf den Weg zu „uns“, mit Seuchen, Armut, Gewalt im Gepäck. Ein bisschen Terror, wen wundert es, darf auch dabei sein.

Egal, ob die Terrorattacke in Solingen IS-Hintergrund hat oder nicht, ein besseres Timing für den Sieg der AfD nächste Woche im Osten hätte sie gar nicht haben können.

Es ist alles in seiner trivialen Zwangsläufigkeit so ermüdend, dass selbst eine Wurst wie Scholz mit seiner grotesken Witznummer einen nicht mehr erheitern kann: Kanzler Scholz will »mit der ganzen Härte des Gesetzes« gegen den Attentäter vorgehen. Echt jetzt? Nicht nur mit der halben?

Schrecklicher kann man die vollständige eigene Hilflosigkeit, Überforderung und Kapitulation nicht formulieren. Und leider merken auch immer mehr geneigte Sozis und andere (H)Ampelmäner, dass dieser Kaiser schon lange keine Kleider mehr anhat. Isch over.

Man retiriert ins Private und hofft, dass das Allerschlimmste erst post mortem eintrifft. Ich für meinen Teil frug mich in Berlin bei sengenden 35plus Graden unlängst: Wie fotografiert man Hitze? Sonnenball mit ins Bild, weite, leere Fläche, Zentralperspektive. Siehe oben. Ich find’s gelungen. Was meinen Sie?

Später auf der Oranienstr., neben dem SO 36, einem Musikschuppen, Mekka von Hardcore und Punk. Wir saßen zwecks Imbiss vor einem kurdischen, arabischen, persischen, ich weiß nicht mehr was, Laden, von nebenan dröhnte Motörhead, the late Lemmy Kilmister. Ich musste plötzlich an einen Freund denken, der obzwar Künstler, Lehrer und deutlich älter als ich, auf so Zeug stand. Unlängst Selbstmord. Erinnerungen gingen mir durch den Kopf. Ich ging ins Lokal, wollte mir noch einen Wein holen. Drinnen spielte „Smooth Operator“. Als ob die Baustelle eben nicht reichen würde. Das gab mir erstmal den Rest, bittersüßer Erinnerungsschmerz drückte mich mit dem Wein auf die Holzbank vor dem Lokal zurück. Hört das nie auf, dachte ich noch, dann brauste ein Motorrad direkt an uns vorbei, auf dem Bürgersteig. Bestimmt Migrationshintergrund, dachte ich wütend, die halten sich selbst in SO 36 nicht an die Regeln der alternativen Weltverbesserinnen und COzwo Abstinenzler. Heute würde ich bestimmt noch ein, zwei Liter Wein brauchen, und keine Weltpolitik mehr.

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