Körnerpark, Neukölln. Verbote betrachtet der gemeine Berliner eher als Appell, sich nicht nur nicht daran zu halten, sondern direkt neben den Verbotsschildern das genaue Gegenteil sofort und nachhaltig zu praktizieren.
Der Körnerpark gehört nach wie vor zu meinen Lieblingsparks, reiner Anwohnerinnenpark, mitten im Beton, oft nur überschaubar voll, mit Sonntagsnachmittags-Konzerten an der freien Luft. Vor der Orangerie – im Bildhintergrund – sitzt man dort angenehm unter Palmen und die kleine Galerie im Park hat immer sehenswerte und ambitionierte Ausstellungen, auf der Höhe der Zeit. Oder, da wir in Berlin sind, der Zeit immer ein Stück voraus, Avantgarde. Was zur Folge hat, dass die Texte zu den Ausstellungen derart verblasenes Geschwafel sind, dass sie außer von ein paar Eingeweihten der Kulturszene niemand versteht. Bei Lichte betrachtet und in normales Deutsch übersetzt sind es oft Plattitüden, Naivitäten und esoterisch dummes Zeug, im Zweifel immer Lichtjahre entfernt von der sozialen Realität der Anwohnenden in Neukölln. Ich habe in all den Jahren, in denen ich dort verkehre, nicht einmal erlebt, dass normale Neuköllner Probleme wie Wohnungsnot, Armut, prekäre Beschäftigung, mangelnde Teilhabe an Bildung und Gesundheit ein Thema gewesen wären. In der aktuellen Ausstellung flattern allerlei esoterische Gräser und Wandteppiche ins esoterische Abseits . Kein Wunder, dass da außer mir und meinen Gästen meist nur ein paar Kunststudentinnen und Eingeweihte rumlungern, während der Neuköllner Normal-Mob sich lieber draußen auf dem Rasen hinter den Verbotsschildern seit Jahren regelmäßig die Hucke vollkifft. Man könnte das Ganze schulterzuckend als die üblichen Hanswurstiaden eines notorisch elitären Kulturbetriebs abtun, wären die Zeiten nicht so, wie sie sind. Wo immer mehr Menschen sich ausgegrenzt fühlen, nicht wahrgenommen, von denen da oben, den linksgrünversifften Gender-Eliten. Also jenen, deren Kenntnis der Berliner Realität sich auf riesige, Stuckverzierte Altbauwohnungen in Prenzlau und den Vernissage-Betrieb in Mitte beschränken.
Wohin das führt, wird am Sonntag um 18 Uhr bei ARD und ZDF in den Wahl-Prognosen für Sachsen und Thüringen zu betrachten sein. Es sollte mich wundern, wenn die AfD nach Solingen nicht in beiden Ländern die Sperrminorität von einem Drittel der Sitze im Landtag erhält, um Verfassungsänderungen zu blockieren. Verfassungsänderungen, die zum Beispiel den Antifaschismus als eine Art Staatsziel für Staat und Gesellschaft in die jeweilige Landesverfassung schreiben, mit ganz konkreten Auswirkungen wie der Förderung von demokratischer Bildung, Kultur, Projekten, Strukturen.
Statt nun wie in der Weimarer Republik oder in den 70ern des vorigen Jahrhunderts in Kultur- und Kunstkreisen sowas wie Klassenbewusstsein, Solidarität und gesellschaftliches Engagement zu entwickeln, flüchtet sich das heutige Kunstprekariat in Esoterik, Kunsthandwerk, Belangloses und Alkohol und Drogen. Die Meldungen vom finalen Abgang Kunstschaffender im Bekanntenkreis häufen sich in letzter Zeit.
Was soll’s. Wenn alle Stricke, an denen Demokratinnen baumeln könnten, im faschistischen Osten reißen, kann ja immer noch die Bundeswehr da einmarschieren und die demokratische Ordnung wiederherstellen. Ein Witz? Keineswegs. Das ist im Grundgesetz Artikel 37 so vorgeschrieben, im sogenannten Bundeszwang: „Wenn ein Land die ihm nach dem Grundgesetze oder einem anderen Bundesgesetze obliegenden Bundespflichten nicht erfüllt, kann die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates die notwendigen Maßnahmen treffen, um das Land im Wege des Bundeszwanges zur Erfüllung seiner Pflichten anzuhalten. „
Alle Maßnahmen, auch den Einsatz der Bundeswehr. Dieser Artikel bezieht sich ausdrücklich auf den sogenannten Reichszwang, auf dessen Basis 1923 die Reichswehr Thüringen besetzte, um die Ordnung wiederherzustellen .
Damals ging es allerdings gegen die Kommunisten.
Logisch.