Vor dem niedersächsischen Landtag startete Klaus-Dieter Gleitze vom Künstlernetzwerk SCHUPPEN 68 am 08.11.2024 ab 13 Uhr die bundesweite Kunstaktion „Verteilung von Marx-Riegeln gegen Rechtsruck“. Der Start erfolgte anlässlich des Landtag-Plenums am 8.11.2024.
Zahlreiche Landtagsabgeordnete, prominente Vertreter*innen der politischen Szene und interessierte Zuschauer*innen waren dabei und nahmen Marx-Riegel Kunstwerke in Empfang.
Im Bild oben von links (!): Greta Garlichs, Landesvorsitzende der Grünen Niedersachsen, Nicolas Beer, Grünen-Landtagsabgeordneter, Klaus Wallbaum, Chefredakteur des „Rundblick“, dem Politikjournal für Niedersachsen, und Swantje Schendel, Grünen-Landtagsabgeordnete.
Mit als Erster am „Tatort“: der unverwüstliche Jan Henner Putzier, SPD-Landtagsabgeordneter aus Uelzen.
Marie Kollenrodt, Mitglied im Grünen-Fraktionsvorstand,
Außerdem schauten vorbei: Der CDU-Landtagsabgeordnete Christian Fröhlich aus meiner Heimat, dem Eichsfeld, der mich korrekt titulierte: „Ah, der Aktionskünstler aus Bilshausen“. Was tatsächlich mein Heimatdorf ist, frühere CDU-Wahlergebnisse in dieser schwarzen Gegend oft nahe 100 %. Vorbei kam auch Sozialminister Philippi, aus profanen Gründen nach langer Sitzung: „Ich habe Hunger, kann ich den Riegel essen?“ Ich habe ihn vermutlich angeschaut, als ob ich gerade einen Hirnschlag hätte. Er blieb nicht lange.
Das ganze Namedropping täuscht nicht darüber hinweg: Die Aktion war aus professioneller und kunsttheoretischer Sicht ein Misserfolg. Wer nämlich nicht kam, waren die Medien. Ich habe mich wirklich herzlich über alle Besuche gefreut, allenthalben nette Menschen, gute Laune, Lachen, profunde Gespräche, die Aktion wurde gelobt, die politischen Entwicklungen diskutiert. Unter Netzwerk-Gesichtspunkten wäre die Aktion im Zusammenhang der Landesarmutskonferenz ein schöner Erfolg gewesen.
Aber unten rein künstlerischen Vorzeichen im Zusammenhang mit dem verdienten Kunstkollektiv SCHUPPEN 68 hat eine Aktion ohne Medien nicht die Realität geschaffen, die ein Kunstwerk in Zeiten von Postmaterialität erst zum Kunstwerk macht. Was in den Medien nicht stattfindet, hat grundsätzlich nicht stattgefunden. Abgesehen davon und viel wichtiger als der kunsttheoretische Aspekt ist mein Ansatz ein aufklärerisch-interventionistischer, der die Massen erreichen will (siehe Walter Benjamin und Bert Brecht). Mit einer Aktion in der Innenstadt erreicht man 30,40 Menschen direkt, wenn es gut läuft, nehmen die ein paar Hundert wahr. Mit einem Bericht in NDR Hallo Niedersachsen oder der HAZ erreicht man ein Millionenpublikum.
Zuhause, völlig steifgefroren, überlegte ich, warum ich trotzdem so gute Laune hatte. Ich machte mich ehrlich: Was geht mich das Millionenpublikum da draußen an. So wie die bei der nächsten Wahl wählen, sind die doch Aufklärungsresistent. Und haben mich gar nicht verdient. Und Reich und Berühmt werde ich mit sowas auch nicht mehr. Maximal regional teilbekannt. Letzten Endes kommt es auf Spaß, Action und Begegnung an. Und das war durchaus gegeben. Es hatte nämlich wohl doch eine kurze Vorab-Notiz wenigstens in der hiesigen Presse gegeben, was an mir vorbei gegangen war. Auf Grund dessen war Besuch von einigen wenigen Interessierten vor Ort. So war z. B. ein kunstsinniger Rechtsanwalt da, der die Riegel-Kunst völlig korrekt in der Tradition des genialen, in Hannover geborenen Dieter Roth verortete und der hinterher zur nebenan gelegenen Ausstellung „Anwalt ohne Recht“ wollte, mit der die Bundesrechtsanwaltskammer an die Schicksale jüdischer Anwältinnen und Anwälte erinnerte, die durch die Nationalsozialisten entrechtet, verfolgt und ermordet wurden. Außerdem eine überaus muntere Dame aus dem Seniorinnenbeirat, die Lichtjahre entfernt von ihren 80 Lenzen wirkte. Und die beste Yogalehrerin der Welt war auch dabei, die einen extra signierten Riegel kriegt.
Ich grüße also alle ganz herzlich, die das hier lesen, bedanke mich für Kommen, Gespräche und Spaß und gerne wieder. Irgendwann in einem Sommer ….
Am Ende des Tages, völlig durchgefroren im kalten Wind, interessierte mich nur eins: Sitzen meine Haare? Und wann kann ich endlich den ersten Schluck Karl-Marx-Rotwein verklappen, der Bestandteil meines Kunsthausierer-Bauchladens war?!
mdfcij