
Reicht, mehr braucht’s nicht. Irgendwann, irgendwo auf den Diapontischen Inseln. Keine Zeitung, kein Handy, keine Gedanken.
Stattdessen muss man sich Gedanken machen über hiesige Erzählungen, die auch dadurch, dass sie zum 20sten Mal wieder erbrochen werden, nicht wahrer sind. Eine geht so: Den Firmen, der Wirtschaft geht es aktuell schlecht. Die müssen entlastet werden. Umsatz und Gewinne müssen steigen. Davon profitieren alle. Also Steuern für Unternehmen und Leistungsträger runter. Sozialleistungen kürzen. Maßhalten bei Löhnen.
Und später, irgendwann profitieren dann auch die „kleinen Leute“ davon. Das ist keine Geschichte aus Grimms Märchen, sondern wird in der Volkswirtschaft, so eine Art Voodoo-Kult, als Trickle-Down-Effekt , oder auch Pferdeäpfel-Theoriebezeichnet. Vereinfacht: Man muss den Pferden, dem Kapital, nur reichlich zu fressen geben, dann können sich die Spatzen, die kleinen Leute, hinterher was zum Picken aus deren Scheiße klauben.
Diese Politik ist derzeit, wie grundsätzlich in den letzten Jahrzehnten nach dem Siegeszug des Neoliberalismus, vorherrschendes Paradigma in westlichen Demokratien, oder was davon noch übrig ist, siehe Trump, Merz, Meloni, Macron. Diesen Unsinn predigen CDU, AFD, SPD, Teile der Grünen, Splitterparteien wie die FDP sowieso, also glauben das über 80 % des Wahlvolkes und über 90 % der Medien.
Ich weiß, dass es völlig sinnlos ist, in Diskursen mit Fakten und Zahlen aufzuwarten, ich tue es trotzdem. Zur Steuerentwicklung der letzten 30 Jahre: Die Körperschaftssteuer, also die Steuer für Unternehmen, betrug 1995, unter einer CDU/FDP-Regierung von Helmut Kohl, 45 %. Sie wurde im Laufe der Jahrzehnte auf demnächst 10 % gesenkt. Wg. Trickle-Down. Der Spitzensteuersatz für Hochverdienende betrug damals 57 %, jetzt 42 %.
Resultat: Die Eigenkapitalquote der umsatzstärksten DAX-Konzerne beträgt jetzt eine Billion, also tausend Milliarden, Euro. Ihre Schulden liegen bei ca. 250 Mrd. Euro. Also eine Schuldenquote von 25 %. Zum Vergleich: Die Verschuldung der BRD liegt bei 62 %. Die der USA übrigens bei 120 %, die von Japan bei 240 %.
Der Börsenwert der DAX-Konzerne hat sich seitdem verzehnfacht, ist um 1.000 Prozent gestiegen. Die Zahl der Milliardäre hat sich seitdem versechsfacht. Wobei 75 Prozent davon durch Erbschaften zu Milliardären wurden.
Was ist davon in den letzten 30 jahren bei den Spatzen angekommen?
Die Bruttolöhne sind real, also inflationsbereinigt, um 16 Prozent gestiegen, pro Jahr um ca. 0,5 %. Der Niedriglohnsektor hat um ca. 60 Prozent zugenommen. Mittlerweile arbeiten über 7 Millionen Menschen zu Löhnen, von denen man, und vor allem frau, nicht existieren kann. Die Armutsquote hat um ca. 60 Prozent zugenommen.
Kein Wunder, dass uns die Demokratie um die Ohren fliegt. Und trotzdem wird diese Politik aktuell wieder verstärkt umgesetzt. Da ist ungefähr so, als ob man bei jemandem, der von einer Medizin immer kränker wird, einfach nur die Dosis erhöht.
Würde Vernunft in minimalen Dosen im Lande vorhanden sein, könnte man den Fakten zufolge wie folgt argumentieren: Die Unternehmen sind auf Grund der riesigen Eigenkapitalquote und minimaler Verschuldung zu träge geworden, verwöhnt durch ständige Umverteilung von unten nach oben. Gemäß dem Motto: Fordern statt fördern, muss man ihnen so viel Eigenkapital, sagen wir 75 %, wegnehmen und in die Infrastruktur investieren, dass sie Unternehmergeist an den Tag legen, investieren, forschen, entwickeln, damit sie wieder eine höhere Eigenkapitalquote erreichen.
Manchmal komme ich mir beim Schreiben irgendwie blöd vor. Ich sollte hier vielleicht lieber Kindermärchen erzählen. Oder, das läge mir näher, Reisegeschichten schreiben.
Schaun mer mal.
t7kw0b