
EXPO 2000, Hannover, Pavillon Venezuela. Das Dach öffnete sich abends in Form einer Dschungelblüte. Märchenhaft. Mein EXPO-Bildarchiv fiel mir neulich in die Hände, in Vorbereitung des Datentransfers zum neuen Laptop. Der letzte in diesem Leben, so wahr mir Göttin helfe. Irgendwann ist auch mal gut. Die Bilder rühren mich nach wie vor an. Erinnerungen an 6 Monate Party mit der ganzen Welt. Einmalig

Natürlich gab es auch die notorischen Radaubrüder und Schwestern, die getreu dem Motto von Marx (Groucho) „Whatever it is, I am against it“ auch gegen die EXPO waren. Wobei das SPD-Verarschungs-Transpi zeitlose Gültigkeit hat. Das hätte man von 1914, der Zustimmung der SPD im Reichstag zu den Kriegskrediten, bis Heute, der Zustimmung der SPD zu jeder Schweinerei, über fast jede Periode der Sozialdemokratie hängen können.

Zeitgeschichtlich interessant im Sinne einer postmodernen Archäologie der nahen Vergangenheit ist auch dieses Mauer-Teilstück auf der EXPO. 10 Jahre nach der Annexion der DDR war die nationale Besoffenheit 89ff. schon lange dem sozialökonomischen Kater gewichen, wie dem naiven Geschmiere auf dem Überrest des Antifaschistischen Schutzwalls zu entnehmen ist.
Und da war von dem dicken Ende, an dessen Anfang wir gerade stehen, noch nicht mal ansatzweise was zu sehen. Die EXPO 2000 bildete mit ihrer teils naiven, teils verspielten Fortschrittsgläubigkeit eine Zäsur. Im März 2000 begann die Dotcom-Blase zu platzen. Explodierten vorher die Kurse von allem, wo Internet draufstand, fingen jetzt ein paar Experten, denen die Gier noch nicht den Verstand vernebelt hatte, an zu fragen: Was produzieren all diese Digitalbuden denn eigentlich an Werten? Wenig …. Und ruckzuck donnerte einer Stampede gleich die ganze Anlagenherde in die entgegengesetzte Richtung. Der DAX fiel in kurzer Zeit von über 8.000 Punkte auf unter 2.500 und brauchte ca. 13 Jahre, um sich davon zu erholen.
Mittlerweile ist er fast zehnmal so hoch wie an diesem Tief und das trotz der Tatsache, dass wir seit 2000 praktisch nicht mehr aus dem Krisenmodus gekommen sind: 9/11, Irakkrieg, Lehman, die Eurokrise, Corona, Kriege, Klimakatastrophe, Spaltung der Gesellschaft, Aufkommen von Nationalismus und Faschismus ….
Inwieweit diese Entwicklung der Börsen nachhaltig ist und das, was die überlebenden Nachfolger der damaligen „Digitalbuden“ real produzieren, diesen nun zehnfachen Wert legitimieren, steht in den Sternen. Wir werden es erleben. Wenn man vom Amt kommt, ist man schlauer.
Mir fiel beim Anblick der Mauer oben natürlich die aktuelle Brandmauerdiskussion ein. Der Verband der Familienunternehmer, mit DAX-Unternehmen wie BMW und Merck, gibt die Brandmauer zur AfD auf. Man will die AfD politisch stellen. Ein echter Brüller, diese Ansage, eine typische Mischung zwischen dumm und dreist. Teile des Kapitals wollen die AfD zum Bündnispartner machen, um auch die Reste des Sozialstaates zu demontieren. Gleiches gilt für den Bundesverband Mittelständische Wirtschaft
Es ist davon auszugehen, dass die Verbandsvertreter*innen Mittel und Wege, viele Mittel, Millionen, finden werden, um auch dem letzten widerborstigen Demokratie-Deppen in der CDU klarzumachen, dass die Christenpartei gefälligst mit der AfD zu koalieren habe, sie demnächst mindestens zu tolerieren habe, im Sinne der gemeinsamen Sache. Dass sich manche Kapitalvertreter jetzt noch zieren, ist rein taktisch. Getrennt marschieren, vereint schlagen, das ist auch da die Devise.
Was mir bleibt ist, neben den Erinnerungen an eine einmalige EXPO-Zeit, die Vorstellung der Brandmauer als einem Bauwerk aus Dominosteinen. Einerseits knabbern viele vorweihnachtlich so lange am leckeren Gebäck, bis von der Mauer nichts mehr übrig ist. Andererseits ist das ja die Natur der Dominospielsteine: Nimmste einen weg, fallen se alle um.