08.12.2015 – Die einzige Fahne, die ich achte, ist die des Trinkers.

Nationalfahnen und Hymnen sind mir als Kosmopoliten suspekt. Zum konstituierenden Merkmal von Rassismus gehört die Nation, der übermäßige Gebrauch ihrer Symbole befördert ersteren. Ich möchte mir das Liebesleben von niemandem vorstellen, aber ganz und gar nicht das derjenigen, die ihr Vaterland lieben. Ich bin zum Beispiel stolz darauf, neulich ein Denkmal gesprengt zu haben, für den Rest Stolz halte ich es mit Schopenhauer: „Aber jeder erbärmliche Tropf, der nichts in der Welt hat, auf das er stolz sein könnte, ergreift das letzte Mittel, auf die Nation, der er gerade angehört, um stolz zu sein.“
080607Deutschland einig Fahnenmeer
Entwurf zu einer Groß-Installation (Veranda, Sommer 2008)
Was die Sache in unübersichtlichen Zeiten zusätzlich kompliziert macht (dazu immer wieder der Jandl, Ernst in „Lichtung“: „manche meinen lechts und rinks kann man nicht velwechsern. werch ein illtum!“) ist das Verhältnis von Nation zu Staat. Mittlerweile ist der Staat mit der ehernen Klammer des Rechts der letzte zivilisatorische Damm vor der Barbarei. Was hat unsere Gesellschaft noch an Verbindendem, an Rest-Kitt? Fußball und Kultur, das sind die zwei Erzählungen, auf die sich Mehrheiten einigen können. Einen, wie auch immer gearteten, Begriff von Kultur hat noch fast jede.
Muss man sich nun, weil am Staat festzuhalten ist, nolens volens locker machen, was „Nation“ angeht?
Muss man, wie die junge Union es will, die Nationalhymne im Grundgesetz verankern?
Man muss nicht alles per Gesetz regeln, was eh schon unangenehme Praxis ist.
Als Künstler habe ich natürlich einen Gegenentwurf anzubieten: Statt der Nationalflagge hissen wir zukünftig ein Ensemble, bestehend aus einem Putzlappen, an dem eine Schnapsflasche und ein Dildo hängen. Dazu singen wir statt: „Einigkeit und Recht und Freiheit“ die Zeile „Reinlichkeit, Schluckspecht und Geilheit“, was die innere Zerrissenheit der deutschen Seele aufs trefflichste abbildet. Schließlich wurde von 1945 – 52 bei offiziellen Anlässen keine Nationalhymne gespielt, sondern Lieder wie „Heidewitzka, Herr Kapitän“ oder „Wir sind die Eingeborenen von Trizonesien“
Schöne Zeiten.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert