13.12.2015 – Mir tut Sigmar Gabriel leid und deshalb fange ich diesen Blogeintrag mit einer faustdicken Lüge an:

An und für sich bin ich kein rechthaberischer Mensch. (Das ist die gleiche rhetorische Figur der Antiphrasis wie die des notorischen Rassisten: „Also, ich hab ja nichts gegen Ausländer.“ Dahinter kommt in beiden Fällen ein „aber“, womit die Uraussage in ihr blankes Gegenteil gewendet wird. Mit einem Unterschied: Der Rassist meint das ernst, weil er ein Idiot ist. Ich nutze die Antiphrasis als Stilmittel der Selbstironie, weil ich ein kultivierter Mensch bin und „Augenzwinkern“ mein dritter Vorname ist.
Also: Natürlich bin ich ein unfassbar rechthaberischer Mensch, der noch nach Jahren Dokumente ans Licht zerrt, die sein Rechthaben belegen. Hier ein Dokument aus dem Jahre 2003, die HALZ – Hannöversche Arbeitslosen Zeitung, ein famoses Projekt, das ich gemeinsam mit anderen herausgegeben habe. Die HALZ war ihrer Zeit um Jahre voraus und hat über 10 Jahre später in der NETZ ihre Vollendung gefunden.
HALZ 2003 - 1
HALZ 2003. Agenda 2010 – Auflistung der Gewinner und Verlierer.
Mit der Konjunktur als Verliererin hatte ich unrecht, weil ich die Rolle der Binnennachfrage überschätzt habe. Alles andere: Ich hatte recht ( Die FDP hat bei zwei Folgewahlen ihr Wahlergebnis verdoppelt, bevor sie verschwand. Und die offizielle Arbeitslosigkeit sank zwar, aber die präzisere Kenngröße der Unterbeschäftigung steigt kontinuierlich. Mittlerweile suchen über 10 Millionen Menschen Existenzsichernde Arbeit.)
Mir fiel die HALZ wieder ein, als der mediale Mainstream das Wahlergebnis von Sigmar Gabriel bei der SPD-Vorsitzenden Wahl beklagte. Dass die SPD à la longue zu den ewigen Verlierern der Agenda 2010 gehören würde, war bereits 2003 klar wie die legendäre Kloßbrühe – mir jedenfalls. Der SPD geht es wie einem Bob auf der Fahrt nach unten: kommt sie nach links aus der Spur, knallt sie gegen die Bande und wird langsamer, kommt sie nach rechts aus der Spur, ist der Effekt der gleiche. Die Situation der Tragödie: man kann machen, was man will, es geht immer Scheiße aus. Insofern kommt die SPD sicher aus ihrem 25 Prozent Ghetto raus – und zwar nach unten.
konfrontation
Diese Beiden haben die Wahl in ihrem Konflikt. Die SPD nicht.
Zum Titelbild der HALZ: Der letzte Betonkopf, Eisenhüttenstadt. Der steht real in Nizza , in einem zauberhaften Park, und gemeint war damit der damalige IG Metall Vorsitzende Jürgen Peters, der letzte IG Metall Chef, der noch politisch dachte. Er wurde für seinen Widerstand gegen die Agenda 2010 als Betonkopf bezeichnet.
Komisches Wetter im Moment, viel zu warm.
Hab ich recht?

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