
Karl Kraus. Mich aus den öden Niederungen der Erwerbsarbeit lösend, habe ich nach längerer Pause wieder die Schwingen der Kulturarbeit entfaltet (wobei ich das verdiente Glück habe, Erwerbsarbeit und Kulturproduktion verbinden zu können), steige zu den kühnsten Höhen empor und siehe, ich finde Wohlgefallen an mir. „Echt geil, Deine Ideen, voll krass, Alder“, so sprach ich also zu mir. Wenn man mit Selbstbewusstsein handeln könnte, würde ich einen Vertrieb damit aufmachen. Ich halte mich schon für ein Geschenk an die Menschheit. Die das weder würdigt noch verdient hat. Und in den Momenten, wo ich drogentechnisch sauber eingestellt bin, ist mir schon klar, dass ich weder ein Karl Kraus noch Marcel Duchamp bin. Aber die zeitgenössische Konkurrenz zumindest im Dreieck zwischen Intervention, Performance und sozialer Plastik ist eher inferior. Da ist viel Kraft- und Saftlosigkeit und Ideenanämie. Nacktheit zum Beispiel ist weder auf Theaterbühnen noch auf Vernissagen ein Ausweis von grandioser Kreativität und das Hinterlassen von Körpersäften in der Öffentlichkeit ist, um es mit einem Kalauer aus der Wassersportszene zu formulieren, Geschmackssache.
Der Satz mit dem „drogentechnisch sauber“ eingestellt ist übrigens eine Solibotschaft an Volker Beck. Chemisches Zeug find ich eher ätzend und Chrystal Meth, oder wie das heißt, war ja auch die Hitlerdroge, wie die Bild im Wahlkampfmodus gestern feinsinnig formulierte, Grün = Braun ist die Botschaft.
Ich steh mehr auf Natur, Hopfen und Malz und so Zeug.
Es werden immer weniger politische Typen in der Öffentlichkeit, die wie Beck eine durchgängige Haltung haben und deren Anblick, Habitus und Charisma einen nicht sofort an ein Glas Wasser denken lassen. Haben Sie mal auf den Sprachduktus der Politikerinnen geachtet, unabhängig von den Inhalten? Alle die gleiche rhetorische Schule, gleiche Phrasierung, Satzbau, Melodie. Komplett austauschbar, wie ihre Frisuren.
Schrecklich.
Hören Sie sich mal Herbert Wehner auf Youtube an dagegen.
04.03.3016 – Wenn die Sonne der Kultur tief steht, werfen selbst die Zwerge lange Schatten.
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