19.02.2018 – Weltuntergangsstimmung und Friedensbewegung 3.0

180215-003
Echt oder Marmor? Kunst ist immer auch Schule der Sinne, was sie unter anderem mit handwerklichen Effekten wie dem Trompe-l’œil versuchte zu befördern. Der andere Blick auf die Welt, wenn der nicht gelingt, bleibt das Individuum gefangen im Ressentiment seiner eigenen Vorstellungen. Die Welt ist nur selten das, was wir glauben, was sie ist. Ich glaube zum Beispiel, die Welt ist auf dem Marsch in die De-Zivilisierung, gesellschaftlicher Rückschritt auf allen Ebenen, wir rasen mit SUVs in den ökologischen Abgrund, das Ende der Geschichte naht, indem sich der Nationalstaat als zivilisatorische Errungenschaft auflöst, aber in einem ganz anderen, nämlich barbarischen, Sinne als linke Utopien sich das erträumt hatten. Und jetzt droht auch noch der Rückfall in die Achtziger, Atomwaffen sind wieder diskutierte Politikoptionen. Die Konsequenzen jagen mir Schauer über den Rücken. Nicht, dass ich Angst davor hätte, dass mir so ein Ding auf die Birne fällt. Das Arsenal meiner Ängste ist überschaubar, ich leide höchstens an Angst vor Ängsten, weil ich keinen Bock auf Angst habe. Man nennt das Phobophobie und das ist immer noch besser als Paraskavedekatriaphobie. Nein, die Schauer rühren von der Vorstellung her, dass uns irgendwann eine Friedensbewegung 3.0 ins Haus stehen könnte. Wir erinnern uns an die Achtziger: Lichterketten, die Bots, Menschen guten Willens in lila Latzhosen und 300.000 Bewegte demonstrierten im Bonner Hofgarten.
Die Praxen der Therapeuten füllten sich, Angst umnebelte den Verstand und wie das mit umnebelten Verstand so ist, nahm neuer Nationalismus seinen Ausgang aus der Friedensbewegung. Die ihren beschämenden Höhepunkt in den Demos gegen den Irakkrieg fand, auf denen das Existenzrecht Israels missachtet wurde und der deutsche Friedenskasper sich aufführte, als würden die Bomben auf Bagdad jeden Moment auf seine Stuckverzierte Altbauwohnung prasseln. Oder schlimmer noch: Auf die Praxis seiner Therapeutin.
Und vor dem Hintergrund der Geschichte eine neue Friedensbewegung im aktuellen gesellschaftlichen Gewand? Liebe Göttin, dann gib mir bitte meine lila Latzhose zurück!
Aber bevor wir nun alle Hoffnung fahren lassen, werfen wir einen Blick ins Geschichtsbuch:
Wie müssten dann Oppositionelle im Jahre 1942 drauf gewesen sein, als nichts den Vormarsch des Faschismus aufzuhalten schien? Oder Doitsche im Jahre 1946, die zu Recht die Strafe der Alliierten zu fürchten hatten für den Holocaust. Der Morgenthau Plan z. B. sah eine Aufteilung und Umwandlung Deutschlands in einen Agrarstaat vor, damit von deutschem Boden nie wieder ein Angriffskrieg und Verbrechen gegen die Menschheit (nicht: gegen die Menschlichkeit, das ist eine blödsinnige Übersetzung) ausgingen. Eine Umwandlung in einen Agrarstaat auf der Basis der damaligen Produktionsverhältnisse, das ist keine Veranstaltung, bei der ich gerne dabei gewesen wäre.
Also gemütsmäßig sach ich mal: deeskalieren. War schon mal schlimmer.
Fazit: 1. So böse ist der Ami dann wohl doch nicht, wenn er das mit dem Morgenthau hat sein lassen. 2. Allein dafür müssen wir dem Russen dankbar sein, dass die Alliierten damals lieber den kriegserprobten Germanen als Bündnisgenossen gegen den Kommunismus dabei hatten denn als Kartoffelklaubenden Agrarökonom. 3. Ich werde den Grünen beitreten und eine Arbeitsgruppe gründen „Ökologie radikal denken – Der Morgenthau Plan als Masterfolie für eine nachhaltige Zukunft!“
Ich sehe mich schon als Umweltminister, spätestens 2029.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert