29.04.2019 – Entweder man hat eine Überzeugung oder man ist eine Wetterfahne.


Vortrag Andrej Holm zur Wohnungssituation beim Armutskongress von Parität, DGB und anderen im April in der Charité. Holm ist sicherlich jenseits des „Der Markt wird es richten blablabla“ der Experte schlechthin in Sachen Stadtentwicklung, Gentrifizierung und Wohnungsproblematik. Es war einer jener makellosen Vorträge, die mich an Gitarrensoli von John Fogerty erinnerten: Kein Ton zu viel, alles passte, klar und brillant.
Holm sieht ein bisschen aus wie der pummelige, unbeliebte Nerd, der beim Fußball immer als letzter gewählt wurde. Seine Biographie sagt allerdings anderes:
Er war MfS-Mitarbeiter. Die Stasi-Akte lobte Holms Standhaftigkeit, Mut und Klassenstandpunkt. Das kostete ihn 2017 den Job als Staatsekretär für Wohnen beim Senat von Berlin.
Nach der Wende wurde Holm keineswegs zur Wetterfahne, die ihr Karrieremäntelchen in den Renegaten-Wind hängte, was ihm mittlerweile ohne Zweifel eine Professur eingebracht hätte. Er engagierte sich in der „Marxistischen Jugendvereinigung Junge Linke“ und dem Oppositionsbündnis Vereinigte Linke. Später war er in der autonomen Hausbesetzerbewegung und in verschiedenen Stadtteil- und Mieterinitiativen aktiv. Und neben zahlreichen Publikationen war er aktiv im „Berliner Bündnis gegen Privatisierung“ und im „Netzwerk Privatisierung/Öffentliche Güter“.
Wir können davon ausgehen, dass Holm nicht nur am Schreibtisch saß, Literatur wälzte und den Griffel schwang.
Holm ist dezidiert für eine Stärkung des öffentlich-rechtlichen Wohnsektors, was Enteignungen beinhaltet. Er bezieht damit Stellung gegen rein profitorientierte Wohnungskonzerne, die in letzter Konsequenz als Folge ihrer Profitgier bei wachsender Obdachlosigkeit im wahren Sinn über Leichen gehen, nämlich die von erfrorenen Obdachlosen, die nach Mieterhöhungen von 60 oder mehr Prozent auf der Strasse landeten, und auch jener Menschen, die ihre Wohnungen nach extremen Mietsteigerungen nicht mehr angemessen heizen können. Auf dem Totenschein steht dann vielleicht: Herzversagen infolge chronischer Bronchitis und akuter Kreislaufschwäche. Aber jede, die ihren Verstand und ihre Moral nicht am Kleiderständer abgehängt hat, weiß, was die Ursache ist. Die Verantwortung hat einen Namen: Deutsche Wohnen, Vonovia.
Insofern ist Andrej Holm Teil der Lösung und nicht Teil des Problems und der pummelige Nerd hat eine Biographie, vor der ich sage: Chapeau.
Ich hoffe inständig, dass er als Referent zu unserem Fachtag „Alternativer Wohngipfel“ am 04.11 kommt, in der hannöverschen Marktkirche. Dann könnte im Prinzip alles andere suboptimal laufen und ich könnte mich trotzdem beruhigt zurücklehnen. Der Erkenntniswert wäre gesichert.
Zusammengefasst können wir am Ende der heutigen Unterrichtseinheit sagen: Entweder man hat eine Überzeugung oder man ist eine Wetterfahne. Es reduziert sich auf die Frage: Hast Du Eier? Wie das gegendert wird, weiß ich im Moment nicht und es würde auch nicht zur Überleitung zum Abschlussbild dieses Eintrags passen, dass ein Appell der antiklerikalen Fraktion des SCHUPPEN 68 für säkulare F-Eiertage ist:

Von: Hermann Sievers, genannt „Der Heide“.

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