09.02.2020 – Ob ich nochmal Staatssekretär werde, wage ich zu bezweifeln.


An einem Sonntagmorgen, irgendwo in Neukölln. Für einen Moment war die Zeit aufgehoben, ich fühlte mich in eine Kindheit versetzt, in der es noch Laufmaschenannahmestellen gab. Für derlei Empfindungen braucht es nicht nur Bilder wie diese, sondern auch eine ganz eigene Stimmung wie leere Straßen, die im Gegensatz zum Gewusel des Alltags stehen, kühle Temperaturen und trübes Licht, ein strahlender Sommermorgen macht eher ein fröhliches Erwarten in die Zukunft, was bringt der Tag an Sonnenwonnen, denn einen melancholischen Blick zurück. Wenn ich dieses Foto nicht gemacht hätte, wäre das ein flüchtiger Moment gewesen, vergessen und verweht. So ist diese Empfindung aufbewahrt. Aufgehoben.
Und damit sind wir mitten in unserer heutigen Vorlesung über Hegels Begriff der Dialektischen Aufhebung und was das Führen eines Internetblogs damit zu tun hat. Also, wat is en Dialektik? Da stelle mehr uns janz dumm. Und da sage mer so : Bei der Dialektik wird das Gegenteil von einer Position behauptet und mittels der Synthese beider soll eine höhere Erkenntnis erlangt werden.
Manchmal hilft Kiffen da auch, führt aber meist nur zu höherem Blödsinn. Zuverlässiger sind da morgendliche Geistesblitze, sie sind oft das Resultat vorherigen Bemühens um Erkenntnis. Gleiches funktioniert auch beim Duschen und beim Kacken. Verlass ist da aber nicht drauf. Ich erwähne diese Alltagsphänomene nur, um das Wesen der Hegelschen Dialektik sinnlicher zu machen, denn Sinnlichkeit ist neben Lachen der beste Weg zur Erkenntnis.
Werkzeug der Dialektik ist die Dialektische Aufhebung von Widersprüchen, in einem dreifachen Sinn :
Aufheben im Sinne von Aufbewahren, im Sinne von auf eine höhere Ebene (Stufe) heben und im Sinne von überwinden, beenden (wie: Die Sperrstunde ist aufgehoben.) Die Widersprüche einer Argumentation werden also nicht einfach in die Tonne gekloppt, sondern ihre bedenkenswerten Anteile bleiben erhalten, die falschen Bestandteile werden überwunden und wir erlangen eine höhere Erkenntnis. Im Idealfall jedenfalls.
Was hat das mit dem Führen eines Blogs zu tun und warum ist ein Leben ohne Blog machbar, aber nicht wünschenswert?
Siehe oben, Bild und Empfindung aufheben, die Funktion von Archiv & Dokumentation. Alle Macht den Archivaren, sonst wird die Nachwelt Nichts erfahren!
Im Schreiben des Blogs werden im Idealfall eigene Argumente gegen externe abgewogen und im günstigen Fall verändert man/frau die eigene Sichtweise, Perspektive, und gelangt zu neuer Erkenntnis. Die Funktion von Reflexion. Und wer geht schon gerne unreflektiert ins Bett?
Natürlich gibt es noch andere Funktionen beim Führen eines Blogs: Schreibschulung, Präzision & Logik schärfen, das ästhetische Auge fokussieren, sich für Veränderungen öffnen, aus der Fron der Erwerbsarbeit in das Reich der Zwangfreien Welt flüchten für ein paar Momente, etc. pp (Ich arbeite gerade an einer Theorie des Blogs, dauert noch)
Sollten Sie, liebe Leserinnen, allerdings in irgendeiner Form von irgendjemanden abhängig sein oder noch was irgendwas werden wollen, wägen Sie Ihre Worte in einem Blog wohl. Ob ich z. B. mit meinen prononcierten Sentenzen in diesem Blog nochmal Staatssekretär oder ähnliches werde, wage ich zu bezweifeln.
Auch kein Verlust.

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