10.02.2020 – Thüringer Rostbratwurst


Nach dem Unwetter kaum vorstellbar, dass das zu sonnigeren Zeiten ein lauschiges Plätzchen zum Grillen ist. Die Zeit des Grills kommt aber wieder und dann wird sicher auch die eine oder andere senfbetupfte Bratwurst das Ziel ihrer Bestimmung erreichen. Thüringer Rostbratwürste sind die schlechtesten nicht, würzig und schön braun, dazu einen Maiskolben in Butter, etwas Kartoffelsalat und einen kräftigen Weissburgunder Winzersekt – es muss nicht immer ein Drei Sterne Restaurant sein, um kulinarisch glücklich zu werden. Zwei Sterne reichen auch. Der Grillmaster muss nur aufpassen, dass die Wurst nicht schwarz wird.
In Thüringen ticken die Wurst-Uhren anders. Jede Menge Politik-Wurste, die sich zum Hans-Wurst machen, ersatzweise zur Grete-Tofu. In Thüringen ist ein Wurstbürgerliches Trauerspiel zu beobachten: die Wurst wird hier nicht erst braun und dann schwarz, die Bürger-Wurst wechselt von schwarz zu braun. Das Bürgertum, mittlerweile Lichtjahre entfernt von Lessings nobler Zuschreibung des edlen Charakters und der sittlichen Reife, entfaltet immer mehr seinen rohen, antidemokratischen Kern. Jede Klasse teilt sich in Fraktionen und im Bürgertum gibt es durchaus moralisch Denkende und Handelnde, Engagierte, die den derzeitigen Zustand der Gesellschaft nicht als das letzte Wort der Geschichte betrachten. Doch ihrer werden weniger und ihre Kräfte schwächer. Die Masken der Biedermänner und – frauen fallen und unverhüllt betritt Kamerad Brandstifter die Bühne. Lemuren wie der Kümmerling Kemmerich oder der Mohr, der demnächst seine Schuldigkeit getan haben wird, Mohring stehen nackt und ertappt da, als das, was sie sind: Gewissenlose Undemokraten. Sie sind das Produkt einer jahrzehntelangen Erziehungsgeschichte, die die zwei Mantren des Neoliberalismus „1. Alles muss sich rechnen. 2. Was nutzt es mir?“ bis in jede Zelle und Gehirnwindung der Individuen gepresst hat. Rest-Gefühle für Anstand, Demokratie, Moral sind zu Asche gebrannt, es herrscht das reine Kalkül. Gottseidank auch schiere Dummheit. Aber wenn die beiden Hanswurste schwarzbraun verbrannt durch den Grill-Rost der Geschichte fallen, rücken sofort vier andere, noch skrupellosere und schlimmstenfalls intelligentere, nach.
Zwei Dinge habe ich in diesem Blog das eine oder andere Mal schon angesprochen (kein Wunder, der ist mittlerweile über 10 Jahre alt, da wurde einiges schon mal verwurstet, und ich neige zur Geschwätzigkeit): Die Dummheit der bürgerlichen Totalitarismustheorie (Nazis = DDR) und die Reichsexekution. Die in den Köpfen des Bürgertums immer noch verbreitete Totalitarismustheorie verhindert zur Zeit noch die Lösung der Thüringer Krise und ist ein schönes Beispiel dafür, wie einem falsche Ideologie vom Theoriekopf auf die Praxisfüße fallen kann und einen ins Stolpern bringt.
Eine Lösung nach meinem Geschmack nicht nur der Thüringer sondern der Ostzonenkrise insgesamt wäre die Reichsexekution, die heute nach Artikel 37 Grundgesetz „Bundeszwang“ heißt: Einmarsch der Bundeswehr in die Ostzone und Wiederherstellung demokratischer Verhältnisse, also jener Verhältnisse, die allen Menschen, gleich welcher Hautfarbe, ein Leben ohne Angst und Lebensgefahr beschert. Eine Reichsexekution gab es schon mal: 1923, in Thüringen. Natürlich ging es damals gegen links und natürlich waren Sozialdemokraten dafür mitverantwortlich.
Ich muss wieder raus, schauen, ob der Sturm vorüber ist. Entspannten Start in die Woche, liebe Leserinnen, und säubern Sie schon mal Ihren Grill. Irgendwann is wieder Sonne.

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