
Dies war einmal mein Zimmer! Nach Bombenangriffen auf Hannover Dezember 1944. Aus einem privaten Fotoalbum.
Am 8. Mai 1945 jährt sich zum 75. Mal der Tag der Befreiung vom Faschismus. Mir fehlt die Phantasie, wie seine nächste Ausprägung als Herrschaftsform in unserer Gesellschaft aussehen könnte. Früher, in den goldenen Zeiten des Kapitalismus, in den 70ern, habe ich den an jeder linken Ecke geäußerten Faschismus-Verdacht für analytisch eher unscharf gehalten, milde formuliert. Jedes Mal, wenn ein Angehöriger des Repressionsapparates vorschnell sein Gewaltpräventionsinstrument vulgo Gummiknüppel auf das Haupt eines Genossen niedersinken ließ, hieß es sofort im gängigen subkulturellen Diskurs: Faschistische Bullenschweine (Slime, 1980). Das relativierte in meinen Augen dann doch die mörderischen Qualitäten beispielsweise einer Gestapo deutlich.
Angesichts der heutigen Verhältnisse muss ich den Genoss*innen von damals allerdings fast seherische Qualitäten zusprechen. Eingebettet in einen allgemeinen Trend zur Faschisierung der Gesellschaft tun sich Angehörige des Repressionsapparates durch besonders intensive und aktive Tätigkeiten in dem Bereich hervor. Der Deutschlandfunk fragt z. B.: Gibt es ein rechtsextremes Netzwerk bei der Polizei?
Sollte sich demnächst herausstellen: Die Polizei – mitsamt Bundeswehr, Verfassungsschutz etc. – ist ein rechtsextremes Netzwerk, wäre ich nicht sehr überrascht.
Wenn also meine Fantasie nicht ausreicht, mir vorzustellen, wie die Renaissance des Faschismus als Herrschaftsform aussieht, um wieviel mehr reicht sie dann nicht aus, mir vorzustellen, wie eine zweite Befreiung davon aussehen möge? Britische Bomber, siehe Bild oben? Amerikanische Panzer? Sowjetische Rotarmisten? Ooops, die fallen schon mal aus. Aber das Boris Johnson oder Donald Trump nennenswerten Einsatz zeigen würden, um die Doitschen mal wieder auf demokratische Vorderfrau zu bringen, dafür fehlt mir die … siehe oben.
Andererseits: Geschichte wiederholt sich nicht und angesichts der Tatsache, dass die Atomkriegsuhr zur Zeit (24.01.2020) auf einem neuen Höchststand (besser: Tiefstand) steht, nämlich 100 Sekunden vor 12, muss ich mir vielleicht keinen großen Kopp mehr machen. Es laufen nicht nur in unserer Alltags-Gesellschaft so viele durchgeknallte Viertel-, Halb- und Vollfaschisten rum, sie sitzen auch in Regierungsämtern in Ost und West, Nord und Süd, da kriegen wir die 100 Sekunden auch noch rum. Ob ich dann meinen Nachkommen ein privates Fotoalbum mit Bildern hinterlassen kann, wo drinsteht: Dies war mal mein Zimmer! also dafür fehlt mir die …. siehe oben.
Zwei Sachen sind sicher:
1. Hätte ich so einen Text vor 10 Jahren geschrieben, hätte ich mich auf meinen Geisteszustand untersuchen lassen.
2. Urlaube müssen her, so schnell, so viele und so lange wie möglich.
Ich wünsche Ihnen, liebe Leserinnen, einen entspannten und fröhlichen Start in die neue Woche.
23.02.2020 – Dies war einmal mein Zimmer!
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