29.03.2020 – Wie ich einmal stolzfrech satirisch an Humorgrenzen rüttelte


taz Artikel über die März Intervention zum 250. Geburtstag von Hölderlin. Der Artikel hat mir aus zwei Gründen gefallen: 1. Fehlt ihm der hohe Ton, der Hölderlin Artikel sonst mit weihevoller Bildungsbürgerhuberei durchweht und damit hat der Artikel den grundsätzlichen Ansatz meiner Interventionen auch im Duktus getroffen – bei aller Ernsthaftigkeit des Anliegens und aller Autonomie der Kunst sollte in allem ein heiter-leichtes Augenzwinkern wirken, als ob ein Taschentuch im Windhauch unter dem Gelächter der Musen zu Boden schwebt. So ungefähr jedenfalls, ich bin ja kein Hölderlin des Sprachgesangs sondern eher Hufschmid der Satire. 2. Grund: Mir gefällt jeder Artikel über mich. Ein Kulturarbeiter, der behauptet, er sei nicht eitel, lügt oder ist anders begabt (= voll bekloppt) in seiner Selbstwahrnehmung.
Meine Selbstwahrnehmung sagt mir gerade, dass ich ein Idiot wie jeder andere bin. Bei der im Artikel erwähnten Performance Anfang März hatte ich mich über Gäste mokiert, die sich umarmten und Hände schüttelten. Aber ich war selber als Performer mitten drin.

Corona Performance, die Handschuhe fanden auch hier Erwähnung ..
Der Median der Corona-Inkubationszeit liegt bei 5-6 Tagen in einer Spannweite von 1 – 14 Tagen. Ich bin darüber wech, aber woher weiß ich, ob ich nicht als Virusträger bei eigener milder Symptomatik, die ich von meinem morgendlichen Röcheln auf Grund der Wohnsituation an der dreckigsten Straße des Universums nicht unterscheiden konnte, jemanden aus einer Hochrisikogruppe angesteckt habe …. Natürlich habe ich mich am nächsten Tag für meine Idiotie gescholten, die Performance gemacht zu haben, aber scheiß auf den nächsten Tag. In Krisenzeiten ist heute der Tag der Entscheidung, nicht morgen.
Soweit das Wort zum Sonntag. Unser Krisenbewusstsein ist evolutionsbiologisch wohl immer noch auf das Erscheinen des Säbelzahntigers in unserer Höhle oder den Speer-Angriff der Horde aus der Nachbarhöhle ausgerichtet. Den notwendigen Adrenalin-Ausstoß, der uns die Kraft und Fähigkeit zum Überleben verleiht, gibt es nur im direkten Reiz-Reaktionsmoment: Säbelzahn, Adrenalin, sofortige Flucht oder direkter Angriff. Auf sowas abstraktes wie Virus oder Ökokatastrophe reagieren wir verhalten, nur über Bewusstsein, bis auf die Hochrisikogruppen, die reale Angst haben und Zuhause bleiben, Fluchtreflex. Also reagieren wir oft idiotisch, wie ich. Pater peccavi …
Und was kommt am Ende hinten dabei raus? Jetzt ist die Zeit der Krisenszenarien, die Zeit der großen Schwafler wie Matthias Horx, selbsternannter Zukunftsforscher, abgebrochener Soziologiestudent, früher linksradikaler Autor beim Pflasterstrand , Motto „Links von uns ist nur die Wand“. Später als geheilt entlassen in die Welt des real existierenden Neoliberalismus mit schwerer Schlagseite nach rechts, wie bei der Achse des Guten.
Liebe Leserinnen, hören Sie nur auf meine Krisenszenarien! Ich bin der wahre Futurologe:
Szenario 1: Die postcoronale Welt wird sich wandeln.
Szenario 2: Alles bleibt wie es ist.
Rütteln gehört zum Handwerk. Übrigens nicht nur in der Satire, sondern auch in der Sektherstellung.
Prost und eine gesunde Woche, liebe Lesende.

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