23.11.2020 – Man kann ja nie wissen


Grab Kurt Schwitters, Engesohder Friedhof Hannover.
Bei der Corona Demo am Wochenende in Hannover hat eine selbst ernannte Sophie Scholl mit ihrem Verhalten erhellendes zu Charakter und Mentalität der Verschwörungsspinner beigetragen. Hier das Video ihres Auftritts und der genialen Intervention eines Genossen, die sogar bei Bild lobend kommentiert wird.
Das Verhalten der jungen Dame ist gekennzeichnet durch Größenwahn, Paranoia, Infantilität, Selbstmitleid (Vergleich mit Sophie Scholl, Parallelen Deutschland 2020 zu Drittes Reich 1943, nach Intervention Mikro wegwerfen und anfangen zu heulen). Das Ganze erinnert an Donald Trump und dürfte von der Charakterstruktur her für einen großen Teil des bürgerlichen Flügels der Corona-Idioten stehen. Es sind ja bei weitem nicht alles Hardcore Faschisten, die da mitmarschieren. Interessant ist die Schnittstelle, da wo der Bürger in den Faschisten übergeht, also welche Mentalitäten entwickeln sich im werdenden Faschisten zusätzlich zu den oben geschilderten: Männlichkeitswahn gepaart mit Gewaltverherrlichung auf Basis von stählern-gepanzertem Körperkult als Religionsersatz, autoritärer Charakter und Unterwerfung unter das Führerprinzip, die jederzeit auf Basis von Hass in mörderische Aggression gegen alles Andersartige umschlagen kann. Der Krieg als Vater aller Dinge und der Körper (jener in Rausch und Extase entgrenzte) als Feind, auch der eigene, daher der massive Schwulenhass, zur Abwehr der eigenen Homosexualität, siehe auch Islamisten oder Fußballfans. Natürlich bin ich nicht der Meinung, dass die alle wegen psychischer Defizite in Selbsthilfegruppen oder auf die Couch gehören, wir sind ja hier nicht auf einem Grünen-Parteitag. Die gehören alle nach Bergkarabach zum Minenräumen zu Fuß, da kriegt der Begriff Springerstiefel dann völlig neue Dimensionen, aber um das aktuelle Geschehen zu begreifen, ist es mitunter ganz sinnvoll, Dinge auf den Begriff zu bringen und Differenzen heraus zu meißeln. Insofern ist einerseits lobenswert, dass sich eine AfD-Verbots-Diskussion bis in Parteien hinein entwickelt, aber zu beklagen, dass das wieder ohne ausreichende Analyse und Begrifflichkeit geschieht. Ein derartiges Verbot mit NPD-Nähe oder Demokratiefeindlichkeit zu begründen reicht nicht. Es geht hier vor dem oben skizzierten Massencharakter um das Ausgreifen von Faschismus in die Mitte der Gesellschaft.
Wenn das so benannt ist, wird man auch erkennen müssen, welche Strukturen der real existierenden bürgerlichen Gesellschaft Faschismuskompatibel sind und wo die aufgebrochen werden müssen. Beispiele: eine nach wie vor in Teilen korporative, hierarchische Wirtschaftsorganisation; das sich in gesellschaftlichen Funktionshierarchien widerspiegelnde und wachsende Elitenbewusstsein; Expansionsbestrebungen nicht nur auf Basis von ökonomischem Imperialismus sondern zunehmend militärischer Art etc. pp.
Wohin die Reise gehen kann, haben „wir“ in den USA gesehen, die uns ja in allem 20 Jahre voraus sind, und kann aktuell in Ungarn besichtigt werden. Da ist es nur noch wenige Schritte vom Spanien zu Francos Zeiten entfernt, wo es sicher keinen lupenreinen Faschismus wie bei Mussolini gab, sondern eher einen vorbürgerlich-autoritären Ständestaat nach dem Führerprinzip. Deswegen erfolgte ja auch der Übergang konsequenterweise zur Monarchie und ohne Blutvergießen.
Und hier kriege ich endlich die Kurve zum Persönlichen, denn Francos Guardia Civil holte mich Anfang der 70er irgendwo auf Ibiza beim Nacktbaden nachts aus dem Wasser, mit vorgehaltener MP. Insofern bin auch ich Widerstandskämpfer.
Wenn ich’s mir aussuchen könnte aber lieber in der Tradition von Werner Seelenbinder. In der nach ihm benannten Halle in Ostberlin habe ich 1991 UB 40 gehört. Glaube ich jedenfalls. Es ist lange her und das Grass wuchs hoch damals.
1992 wurde die Halle abgerissen. Deutsche Vergangenheitsbewältigung.

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