03.02.2021 – Liegt nicht die Lebendigkeit unserer irdischen Existenz im Scheitern der Pläne?


Diese Halbjahresübersicht 2021 an meinem Kühli wäre normalerweise übersät mit Termineintragungen aller Art und Urlaubskorridoren, die mittels Linien, Pfeilen, Fragezeichen, kryptischen Kürzeln, deren Sinn ich nach zwei Tagen schon nicht mehr verstehe, mit Berlinanwesenheitskorridoren kollidieren. Das Ganze sieht üblicherweise komplexer als das Schnittmuster für eine Hochzeitsrobe und das Gefühl, dadurch Planungssicherheit zu bekommen, ist trügerischer als der Gang über eine Eisdecke nach zwei Frostnächten. Alles natürlich in Blei, das hält ja keine drei Tage vor. Aber es gibt dem Leben Struktur und Zuversicht.
Wenn man so will, sind unplanbare Seuchenzeiten wie diese das Maximum an Struktur und Zuversicht. Mein 21er Plan ist übersichtlich wie ein einteiliges Puzzle und könnte mit maximaler Zuversicht erfüllen: Es kann nur besser werden. Die Mutter aller Zuversicht aber ist die Hoffnung, wo sie nicht ist, wächst keine Zuversicht.
Hört sich irgendwie ergreifend pseudoweise an, nach Konfuzius, Dalai Laber oder anderen ostasiatischen Dünnbrettbohrern, ist mir gerade in den Kopf gepurzelt, können Sie, liebe Leserinnen, für Ihr Poesiealbum kopieren. Vorerst verlassen wir aber die schwankenden Planken der Laberei und wenden uns den nackten Fakten aus dem Reich der Statistik zu, den Fallzahlen von heute, die irgendwo im Nirwana zwischen Hoffnung und Stagnation oszillieren. Die Infektionen nehmen ab, aber nicht so richtig, die Todeszahlen bleiben hoch, die 14-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohner sieht nicht mehr ganz so dunkel gefärbt aus wie vor Wochen aber richtig hell auch noch nicht.
Es bleibt nach Abwägen dabei: Keine Pläne und schon gar nicht auf die heimtückische Tochter der Hoffnung setzen: Auf die Vorfreude. Auf Sonne, Meer, Licht und Wärme. Also folgen wir dem legendären Pauker Brömmel aus der „Feuerzangenbowle“:
“ … dat krieje mer später.“
Fazit: Nicht schlecht, Herr Brecht, hier hatten Sie mal wieder Recht:
„Ja; mach nur einen Plan
sei nur ein großes Licht!
Und mach dann noch´nen zweiten Plan
gehn tun sie beide nicht.“

Nicht traurig sein, liebe Lesende, folgen Sie lieber dem chinesischen Philosophen aus dem 8. Jahrhundert Mao glei-tse:
Liegt nicht die Lebendigkeit unserer irdischen Existenz im Scheitern der Pläne?

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