11.08.2021 – Eigentlich kann ich Sonnenblumen nicht leiden


Simulation des Paradieses. Eigentlich kann ich Sonnenblumen nicht leiden. Allein die Tatsache, dass sie Symbol der Grünen sind, macht sie mir unsympathisch. Sonne, Licht, Leben, blablabla, Friede, Freude, Eierkuchen. Dieses aufdringlich-platte Rumklappern mit Botschaften, die so selbstverständlich sind wie Ebbe und Flut, nervt mich. Wer ist denn schon gegen Sonne, Licht und Leben? Außerdem sind die Dinger im Garten genauso undezent wie ihr Symbolgehalt: Riesengroß, plump, tollpatschig stehen sie wie Goofy in der Gegend rum und stehlen zartgliedriger Monbretie oder exotischer Fuchsie Wirkung. Zusätzlich, und das gibt diesen Stengelprotzern für mich den Rest, sind sie das Hippiesymbol.
Wir leben ja laut Alice Weidel in einem Hippiestaat. Ob sie bei der Aussage selber zugeraucht war oder meinte, dass das Kabinett eine Bande von Kifferinnen, Nichtstuern und Esoterikkaspern sei, weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass ich in einem Hippiestaat genauso wenig leben möchte wie in einem, in dem eine Alice Weidel ungestraft Nazimüll absondern darf.
Ich möchte lieber im Paradies leben und hier sind wir wieder bei des Pudels Kern, der Sonnenblume. Da ich seit der Entdeckung des Goldenen Negers jedes Jahr notgedrungen dutzende Exemplare im Garten stehen habe (eine derartige Inszenierung kann ich mir einfach nicht entgehen lassen. Wer sein Leben nicht inszeniert, ist im falschen Film), muss ich irgendwas mit ihnen machen. Also habe ich welche auf meiner Veranda so drapiert, dass sie eine Art enges Spalier bilden, durch das ich quasi durchmäandern muss. Die üppige, verschwenderische Natur als naive Phantasmagorie des Paradieses.
Das ja auf Erden stattfinden soll und in der postmodernen Variante des Pursuit of Happiness allerlei Stilblüten produziert. Gehen Sie mal in einen Buchladen und fragen nach „Irgendwas mit Glück“. Oder googlen Sie „Glück und Bücher“. Nach einer 10sekündigen Suche ward ich ob der Fundstellen sofort todunglücklich, soviel esoterischer Seelenmüll prallte mich via Bildschirm an. Hoffnung versprach mir nur Barbara Fredricksons „der macht die guten gefühle“ (in unsäglicher Kleinschreibung), was sich leider bei genauem Hingucken entpuppte als „die macht der guten gefühle“.
Die Sehnsucht nach dem Paradies vulgo die Jagd nach dem Glück wird angesichts des brennenden, versinkenden, vergifteten Planeten immer drastischere Züge annehmen und sie wird sich nach innen richten, da die äußeren Statussymbole eines vermeintlichen Glücks sich als nichttauglich und kontraproduktiv erwiesen haben. Wäre ich jünger und noch zynischer als eh schon, würde ich eine Sekte gründen.
Altersgereift und milde stelle ich einen ETF zusammen, in dem börsengehandelte Unternehmen sind, die sich irgendwie mit Glück beschäftigen: Cannabis, Bücher, Healthcare, Biotechs, Ökozeug etc. pp. Den Namen hab ich schon: Happiness Paradise ETF. Erinnert mich an meinen derzeitigen Liebling „ÖkoWorld Rock ‘n‘ Roll Fonds“. Eine Perfomance in den letzten fünf Jahren von 68 Prozent.
Wenn da keine Glücksgefühle aufkommen ….

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