16.08.2021 – Ernte 23 vs. Taliban.


Ernte 21. Man weiß ja nie, was kommt, nach Corona und all den in rasendem Tempo sich vermehrenden anderen Katastrophen, und so übe ich mich in meinem Garten in Subsistenzwirtschaft, was ja auch aus Öko-Sicht ein Brüller ist. Aber ach, auch heuer fällt die Zwischen-Bilanz der Ernte 21 wieder miserabel aus: Die Tomaten reifen nicht aus, die zwei Birnen sind wie immer vollkommen geschmacksbefreit, der Wein besteht nur aus Schale und die Kürbisse sehen nett aus, das war’s aber auch.
Lassen Sie, liebe Leserinnen, sich von den ganzen Hobbyfarmern der Republik nichts vorgärtnern, von wegen der Geschmack des Eigenanbaus sei einzigartig. Das trifft vielleicht auf Kräuter zu, inclusive Marihuana, aber bei Obst und Gemüse ist das ein Mythos. Die kosten einen Haufen Arbeit und Geld, der Ertrag ist mickrig und der Geschmack existiert nur in der Einbildung des ob der Eigenleistung berauschten, in Kriegsfällen vermeintlich semiautonomen Großstadtbauern. Es bleibt dabei: Ist der Hanfhandel auch noch so klein, bringt er doch mehr als Gemüseanbau ein.
Ernte 21 erinnerte mich an die guten alten Zeiten, als an jeder Ecke noch gequarzt wurde und der Rausch einem nicht von Gesundheits-Taliban vermiest wurde. HB. Peter Stuyvesant. Ernte 23! Tauchen Sie in dieser Werbung aus den 70ern in einen anderen Kosmos ein.
By the way: Dechiffrieren Sie mal die Botschaft der Werbung, was die Rolle der Frau in der Gesellschaft angeht (bis 1977 durften Frauen nur dann erwerbsarbeiten, wenn das mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar war. Kostenlose Care-Arbeit durften und dürfen sie natürlich weiter ohne Ende leisten, sonst läuft der Kapitalismus nicht.)
Ach, Ernte 23, Du Motor des Fortschritts, Du fehlst an allen Ecken. Vor allem in Afghanistan, wo die Real-Taliban ihrem barbarischen Handwerk wieder ungehemmt nachgehen werden. Als erstes werden diese fanatischen thanatoiden Verächter des Lebens und der Lust Frauen aus der Öffentlichkeit verschwinden lassen, komplett unsichtbar machen. Hierzulande erledigen das die Sprach-Talibane, jene weißen, alten Männer, die in ihrer kleinen Geisteswelt Frauen, zumindest auf der Ebene des Überbaus, in der Sprachsphäre unsichtbar machen wollen … „Liebe Freunde und liebe Kollegen“ (Doch, sowas gibt’s noch).
Was sich in ein paar Jahren erledigt haben wird, siehe Rauchverbot in Restaurants, da kräht nach militantem Kulturkampf auch keine Henne mehr nach. Schön, dass sich immer mehr nachwachsende Geistesrohstoffe, sprich Jungjournalistinnen (zumindest im DLF, was anderes höre ich nicht), eines phantasievollen Umgangs mit diesem Problem befleißigen, nämlich einem freien Fluten der Sprache, wo sie wechselnd, je nach Anlass, die Formen ändern, mal weiblich, mal männlich, mal beides, mal gendernd. Wie das Leben eben so ist und dieser Blog auch teilpraktiziert, je nach Lust und Laune.
Ob diese Art der Dialektik in den Niederungen der Ernte 23-Werbung ihren Ursprung hat, entzieht sich allerdings meiner Kenntnis.

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