23.08.2021 – Über die Liebe in Zeiten des Pop oder: The times they are a changing


Klassischer Fall von Text-Bild-Schere?
Nach dem Motto: „Denken Sie stets daran, das Gedachte zu vergessen“ sind mir nach dem gestrigen Blog-Eintrag leider noch jede Menge Bands inklusive Songtakte eingefallen, die für mich am magischen Ort des alten Tempodrom in Frage gekommen wären. Unter anderem Radyo, eine Soulfunkband aus dem vorigen Jahrtausend. Eigentlich die falsche Stilrichtung, Phillysound mit Streichern, Synthesizer, Zuckerbäcker-Arrangements, da bluten einem schon mal die Ohren. Bei sowas würden sich Otis Redding und Wilson Pickett im Grabe umdrehen. Aber gut tanzbar war der Stil von Radyo allemal und ihr „You can’t change that“ hatte Ohrwurmcharakter, von dem mir sogar ein paar Textzeilen in Erinnerung waren. Normalerweise achte ich bei Pop nicht auf Texte, da ist die Erkenntnisfallhöhe meist unter Null, à la „The times they are a changing“. Potzdonner, wer hätte das gedacht.
Aber im Radyo Fall bürstete meine Erinnerung irgendwie gegen den Strich. Ich schaute mir die Lyrics näher an und, ei der Daus, da hat sich ein gewaltiger Bedeutungswandel abgespielt seit dem Entstehen des Songs. Damals las sich das wie eine anrührende Liebeserklärung für romantische Gemüter. Es beginnt mit Schwüren, von denen 13 auf ein Dutzend gehen, was aber mitunter volle Wirkungstreffer landen kann:
Honey, I’ll always love you
I promise I’ll always love you

Danach wird es aus heutiger Sicht allerdings schon leicht bedrohlich, kriegt was Obsessives nach dem Motto „Widerstand ist zwecklos“:
There’s nothing you can do or say
I thought about this for many a day

Um spätestens dann aus heutiger Sicht in den Horror des Stalkens abzugleiten, das ist kein Liebesschwur, das ist eine nackte Drohung:
You can change your telephone number
And you can change your address too
But you can’t stop me from loving you
No, you can’t change that, no, no
You can change the color of your hair
And you can change the clothes you wear
But you’ll never change the way I care
No, you can’t change that.

Übersetzt: Du bist mein Besitz, mit Haut und Haaren.
Wer das damals so interpretiert hätte, wäre vermutlich für paranoid, schlimmer noch: uncool erklärt worden. Die in den letzten Jahren zunehmend öffentlich diskutierte Geschichte von obsessiven männlichen Besitzansprüchen und Gewalt an Frauen in Beziehungen gibt dem Text heute eine vollkommen andere Konnotation.
Wie schon auf dem Plattitüden-Markt verkauft: The times they are a changing.
Als Dokumente zeitgeschichtlichen Wandels sind Pop-Texte jedoch mitunter interessant. Und wer wollte sich der Magie einer Zeile von Johnny Nash wie „Fels mich, Säugling, fels‘ mich hier draußen auf dem Boden“ entziehen („Rock me, Baby, rock me out here on the floor“)

1 thought on “23.08.2021 – Über die Liebe in Zeiten des Pop oder: The times they are a changing

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