08.02.2022 – Arsch und Titter


Mandelblüte, Mittelmeer und Masochismus. Der gehört jedenfalls dazu, wenn man sich bei den Aussichten hierzulande, die zwischen trostlos grau, trübdüster und nieselnass changieren, orchestriert von eiskaltem Ostwind und Temperaturen nahe Kelvin, solche mediterranen Urlaubsfotos anguckt.
Würden Physiker*innen ihren Sohn Kelvin nennen? Als Doppelnamen? Kelvin-Fahrenheit? Und wenn das Ehepaar hinten schon einen Doppelnamen hat? Kelvin-Fahrenheit Noelle-Neumann? .
Ich bin bekannt für die Missachtung des Individuums, für die schleichende Ableitung von Imperativen aus vermeintlichen Fakten, bei mir ballt sich das intellektuelle Elend des zeitgenössischen linken Mainstreams und ich tue alles dafür, die Linke als bedeutende politische Kraft zu beseitigen.
Wer sagt das? Rainer Fickbach sagt das, in „Pandemie der Eindimensionalität“ auf den früher kritischen und durchaus auch von mir geschätzten Nachdenkseiten, die mittlerweile, nach rechts weit offen, im Verschwörungserzähler-Lager angekommen sind.
Wenn Sie im Artikel weit nach unten scrollen, bis Landesarmutskonferenz, können Sie das nachlesen. Es geht um das Eintreten für die Impfpflicht, Fickbach bezieht sich dabei auf einen Artikel in der jungen Welt. Der Nachdenkseiten-Artikel besteht aus ellenlangem Geschwurbel nach dem Muster „Impfen blöd, Corona nicht schlimm, individuelle Freiheit, Freiheit über alles“. Ich hab spätestens bei der folgenden Stelle aufgehört, das auch nur halbernst zu nehmen: „ …. werden die Status ›geimpft‹ und ›genesen‹ einzig nach dem Antikörpertitter zugeteilt …“
Titer (!) sind Maßangaben für Verdünnungen von Antikörpern oder Antigenen, die gerade noch eine positive Antigen-Antikörper-Reaktion ergeben. Der Titer gibt also die Verdünnungsstufe an, bei der ein diagnostischer Test noch positiv ist.
Titter dagegen sind köstliche halbrunde, ach, lassen wir das. Mir gehen ja beim Abfassen komplexerer Texte auch manchmal Dinge durch den Kopf, die da in dem Zusammenhang nicht hingehören. Im Gegensatz zu Rainer Fickbach bin ich mir allerdings über eins im Klaren: Unsere Sprache verrät uns. Immer und überall. Mit jedem Wort und jedem Buchstaben. Denn alles, was wir sagen und schreiben, hat nicht nur einen Anlass, sondern einen tiefen Grund.
Apro Po Klaren: Prost und hau wech, den Klaren sieht die Leber nicht. Frostfreie Tage, liebe Leser, ich arbeite jetzt wieder an meinem Auftrag: Die Beseitigung der Linken als bedeutende politische Kraft.
Rein männlich, ach, was sag ich, sogar menschlich (!), gesehen kann ich den Autor aber gut verstehen: Sich vom Antikörper über den Körper hin zu den Titter vorzutasten, das hat was.

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