23.04.2022 – Supermärkte besuchen


Der erste Blick in den Garten nach der Rückkehr aus Berlin. Birnenblüte. So trostlos kann die Lage zumindest in unseren Breiten gar nicht sein, dass nicht der Anblick von frischer Blüte einen Hauch heiterer Hoffnung ins Herz senken würde. Die Seele atmet auf. Wobei wir Seele mal als die Summe all dessen nehmen wollen, was wir nicht mit dem Verstand fassen, und nicht als göttliches Geschenk an einen unbeseelten Klumpen Lehm. Nur schwer mit dem Verstand fassen kann ich die Tatsache, dass sich bis dato noch nichts auf der Straße rührt gegen Verarmungstendenzen bis in die Mitte der Gesellschaft. Für Wahnhaftes nehmen Zehntausende ihr Recht auf Demonstration wahr, an was die verschwörungstheoretische Corona-Schwurblerszene so alles glaubt, das glaubt man als Verstand-Besitzer gar nicht und wurde hier schon so oft beschrieben, dass ich mir Aufzählungen schenke.
Für handfeste ökonomische Überlebens-Interessen aber, das im wahren Sinne tägliche Brot, rührt sich auf der Straße nix.
Dass wissenschaftsfeindlicher Irrationalismus, also der Glaube, Impfungen schadeten, Corona sei sowas wie ne Grippe und Masken kein Schutz, sondern ein staatlich aufgepresstes Repressionsinstrument, eine postmoderne Form von Religiosität geworden ist, ist mir schon klar. Aber früher waren solche Verrücktheiten was für die stille Betkammer und nicht für die Öffentlichkeit, die Straße, fast im Sinn einer sozialen Bewegung.
Wie klein sind die Menschen doch gemacht worden, wie entsolidarisiert, dass sie nicht völlig berechtigterweise kollektiv Supermärkte wie Lidl oder Aldi besuchen und sich gemeinsam das nehmen (natürlich gegen Hinterlegung eines Obolus, je nach Bedürfnis ud Möglichkeit), was ihnen zunehmend fehlt: Das tägliche Essen. Und dann vor die Staatskanzleien, Bankenhäuser und Konzernzentralen ziehen und dort ihrem Unmut Luft machen.
Ein kluger Kopf hat gestern im NDR verlautbart: „Gleichzeitig sei es ein Skandal, dass in einem der reichsten Länder Welt darüber diskutiert werden müsse, wie sich Millionen Menschen ausreichend ernähren könnten.“ Geneigte Leserinnen werden es ahnen, um wen es sich dabei handelt…
Tränen gelacht habe ich bei der Formulierung in der Mitteilung: LAK-Chef. Und sie nannten ihn: Chef. Dass ich das noch erleben durfte…
Weniger geneigte Leserinnen werden bei dem bis hier Geschriebenen denken: Was stimmt mit dem, also mir, nicht?! Ähnliches habe ich allerdings auch gedacht, als ich mein Ergebnis der Wahl-O-Mat Auswertung für die NRW-Wahl las. Meine Wahlpräferenz laut Wahl-O-Mat. in der Reihenfolge: Tierschutzpartei, Die Partei, DKP, Die Urbane, MLPD, ÖDP, Die Linke.
Das fand ich doch irgendwie verstörend. Nur die Letzen in der Reihenfolge beruhigten mich wieder etwas: Die Basis, Team Hodentöter, Zentrum, FDP, AfD.
In Bochum findet heute eine Mieter*innen-Demo statt. Ein Hoffnungsschimmer. Ich versuche zur Zeit, in meinen Zusammenhängen für eine Demo zu werben (früher sagte man: mobilisieren) gegen wachsende Verarmung. Das wird nach Lage der Dinge ohne Gewerkschaften und Verbände nicht wirkungsvoll realisierbar sein. Dagegen dürfte Sisyphos‘ Job ein Strandspaziergang sein.
Apropos Strand ….

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