24.09.2022 – Die Macht der Bilder


Aktion 22.09.22 vor dem niedersächsischen Landtag mit riesigem, leerem Einkaufswagen, in dem normalerweise Autohäuser ihre Karren präsentieren. Damit wurde die verzweifelte Situation vieler in ein Bild umgesetzt, die im Winter die Wahl haben werden: Hungern oder frieren. Im Gegensatz dazu standen daneben ein paar kleine Warenkörbe Hartz-IV 2.0.

In der ursprünglichen Warenkorbversion 1.0 waren wenigstens noch Spaghetti und Tomatensoße. Bei Preissteigerungen von 180 Prozent und 70 Prozent für Beide seit Anfang 2020 fällt selbst das flach.
Starke Bilder, fürwahr. Die Eingeladenen waren alle da, die Spitzen der demokratischen Fraktionen im Landtag und Sozialpolitiker*innen, Medien, LAK Mitglieder, von Armut Betroffene und alle kamen ins Gespräch miteinander, die Sonne schien, alles klappte, niemand wurde überfahren, was ein schlechtes Bild auf mich als Verantwortlichen geworfen hätte und über mein Angebot an die Jungs von der Verleihfirma, dass es mir 50 Euro extra wert wäre, wenn sie den Einkaufswagen in den Dienstwagen von MP Stephan Weil (Plenum im Landtag, alle waren da) rollen lassen würden, weil wir dann in die Tagesschau kämen, wurde herzlich gelacht.
Kaum meine ich mal was ernst, kommt es auch wieder nicht an. Die Presse berichtete umfangreich und brachte unsere Forderungen in die Öffentlichkeit. Man muss sich mich als zufriedenen Menschen vorstellen.
Bis auf eine winzige Kleinigkeit. Die Bilder waren offensichtlich so stark, dass sie unsere Inhalte regelrecht kannibalisierten. Sie liefen jenseits unserer Aussagen, Forderungen etc. für sich medial. In den NDR Abendinfos hieß es lapidar: Ein riesiger leerer Einkaufswagen als Protest vor dem Landtag. Und der Wagen mehrfach aus verschiedenen Perspektiven. Der Warenkorb ikonisierte sich quasi, tauchte als dpa-Version in diversen anderen Zusammenhängen und Artikeln auf, ohne Rückgriff auf den ursprünglichen Kontext.
Künstlerpech? Eher eine Praxislehrstunde über die Macht der Bilder. Wir leben in einer durch und durch visualisierten Welt, zumal im digitalen Zeitalter. Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte. Papier ist geduldig und kommt im Zweifel in die Rundablage P. Papierkorb. Niemand liest mehr zusammenhängende Texte von mehr als einer Seite. Was übrigens im Normalfall das Maß dieser Blogeinträge ist.
Weswegen unsere heutige Vorlesung über die Macht der Bilder hier endet, mit der Empfehlung an alle, die irgendwas in eine wie auch immer geartete Öffentlichkeit transportieren wollen: Investieren Sie Ihr Hirnschmalz nicht in Texte, sondern dampfen Sie Ihre Message in ein Bild ein. Die nächste Vorlesung erfolgt mit Praxisbeispielen über: Der macht die Bilder. Männerphantasien Teil 1.

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