10.12.2022 – Ein schmutzig Beiwort

BILD

Ich bin ein Polit-Clown. In der Asphalt 11/2022 war eine Einschätzung von mir zur geplanten Landeswohnungsbaugesellschaft in Niedersachsen abgedruckt, die perspektivisch für nicht profitorientierten, bezahlbaren Wohnungsraum sorgen soll. In der Folge-Asphalt erschien daraufhin der obige Leserbrief.

Wir brauchen hier ca. 100.000 bezahlbare Wohnungen zusätzlich. Die Wohnungssituation nicht nur in Ballungsräumen ist eine Katastrophe, das verschwindet zur Zeit hinter all den anderen Krisen, wird uns aber im Gegensatz zu denen auf Jahre begleiten. Nach jahrelangen Forderungen und Aktionen der Landesarmutskonferenz haben SDP und Grüne zu Beginn ihrer Koalitionsverhandlungen in Niedersachsen verkündet: Sie soll kommen. Laut Sozialministerin Behrens soll Startschuss Anfang nächsten Jahres sein. Angepeiltes Volumen ca. 1 Mrd. Euro. Natürlich begrüße ich das aufs Schärfste, wenn ich auch aus meiner Skepsis gegenüber der Trägheit von Politik und Behörden kein Hehl gemacht habe. Das kann dauern …

Dieses Projekt stößt natürlich bei den Apologeten des besinnungslos freien Marktes auf erbitterten Widerstand, schmälert es doch unter anderem die Rendite von Börsengaunern wie Deutsche Wohnen und Vonovia und wirkt Mietpreisbremsend. Auftragskiller der Betonmafia habe ich in meiner Hood noch nicht gesichtet, aber immerhin hat sie schon Horst Träger, siehe oben, auf mich angesetzt. Die Titulierung Polit-Clown hat mich tief verletzt.

Nicht etwa, weil das eine Verbalinjurie wäre. Göttin bewahre. Es wäre ja völlig grotesk und jammerlappig, wenn ich Beleidigungen aller Art nicht aushalten könnte; ja, sie regelrecht genieße, so wie ich nicht nur in diesem Blog polemisch austeile. Es ist wohl mit dem schmutzig Beiwort so, wie Hamlet in weiser Einsicht es formuliert:

(… Man heißt uns Säufer …) , hängt an unsre Namen
Ein schmutzig Beiwort; und fürwahr, es nimmt
Von unsern Taten, noch so groß verrichtet,
Den Kern und Ausbund unsers Wertes weg.

Was mich regelrecht verbittert hat, ist die Kategorisierung als Clown. Ich habe Clowns als Kind schon gehasst, wie sie als fürwahr dummer August durch die Manege torkelten, unoriginell und witzlos wie Mario Barth und unterschiedslos brutal auf alles einprügelten, was ihnen vor den Gummihammer kam. Nichts habe ich damals sehnlicher gewünscht, als dass die Zirkuslöwen diesen öden Possenreißer in tausend Stücke reißen würden. Da wo der Hofnarr der Obrigkeit noch den Spiegel vorhielt und der Harlekin eine gewisse Eleganz und Kritikfähigkeit an den Tag legte, vermittelt der Clown dem Betrachter nur die geistlos-depressive Stumpfsinnigkeit der eigenen Existenz.

Und das also soll ich sein. Träger, es wird wie ein Unfall aussehen. Die Humormafia wird Deine Füße mit Beton ummanteln …

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