27.12.2022 – Vorsätze

Weihnachtsimpressionen. Ein paar Konstanten muss es doch geben in dieser Zeit der rasenden Veränderungen. Und wenn es die ist, sich in der Jahresendzeit ordentlich die Kante zu geben. Ein beruhigendes Bild insofern, als dass es ein Ritual abbildet und Rituale in dieser Zeit nicht das Schlechteste sind. Rituale bilden Orientierungsrahmen für Menschen in einer zunehmend sinnentleerten Zeit. Sie geben uns Halt, Sicherheit, Struktur und mir persönlich halten sie den Kopf frei für Kreativprozesse. Rituale sind da, brauchen nicht geplant zu werden. Rituale sind eine feine Sache, recht eigentlich gar lebensnotwendig.

Nun gut, vielleicht nicht alle.

Proportional zum Konsum obiger Flaschen, explodiert zu den Feiertagen die häusliche Gewalt, bei der Männe gerne mal härter zulangt. Die Einsamkeit nicht nur bei Älteren und bei Ärmeren das Gefühl des Ausgeschlossenseins treten noch greller als eh schon zutage. Die Müllmenge wächst zu Weihnachten um 20 Prozent im Vergleich zum Jahresdurchschnitt. Feinstaub aus Raketen und Böllern zum Jahreswechsel gefährden massiv unsere Gesundheit. Es kommt jedes Jahr zu schwerwiegenden Verletzungen, das medizinische Personal ist nicht am Limit, sondern darüber. Private Feuerwerke produzieren jährlich tausende Tonnen an unnötigem Müll und Millionen Sachschäden. Ein großer Teil der Feuerwerküberreste landet dabei auf Grünflächen, in Gewässern oder Waldgebieten, wo sie entweder gar nicht oder nur mühsam und unvollständig eingesammelt werden. ….

Ok, war vielleicht keine so gute Idee, mit Ritualen anzufangen. Ich wollte halt nur was Positives gegen diese rasenden Veränderungen anführen, die uns zunehmend überfordern.

Vielleicht was Niedliches? Es gibt ja durchaus Bollwerke gegen Veränderungen. Unlängst erhielt ich z. B. von einem Künstler eine Einladung zu einer Ausstellung: „Liebe Freunde der Kunst und des Künstlers, … kommt zur Ausstellung … und bringt gerne Freunde mit…“

Mir lag auf der Tastatur zu antworten, ich käme gerne, würde aber reine Männerveranstaltungen ätzend finden. Ich hab‘s natürlich gelassen, der gute Mann würde gar nicht verstehen, wovon ich rede. Aber diese Art Verweigerung gegenüber Veränderungen hat insofern was Niedliches, als die Vorstellung des Künstlers, er könnte im 21. Jahrhundert professionell bestehen mit derartigen Anredeformen in einer Branche, der Kulturbranche, die von einem hohen Anteil von Frauen geprägt ist, die dazu überdurchschnittlich offen sind für zeitgenössische Gender- und Diversity-Diskussionen, so grotesk aus der Zeit gefallen ist, dass es, siehe oben, nur noch niedlich ist.

 Abseits der Tatsache natürlich, dass das in eine reaktionäre, misogyne Tendenz unserer Tage passt, Frauen zurück an den – weihnachtlichen – Herd zu drängen. Da kann man (!) nur froh sein, dass es den Kapitalismus gibt. Der braucht nämlich zur Aufrechterhaltung seines Geschäftsmodells zunehmend jede Arbeitskraft, Frauen, Geringqualifizierte, Ausländerinnen, dem Kapital ist die Nation scheißegal. Das Kapital wird also jenen weißen, alten Männern, die nicht immer nur weiß und alt und auch keine Männer sein müssen, was husten mit ihren skurrilen Ansichten.

Ich lass das jetzt mal mit dem Thema „Veränderungen“, ich hatte eigentlich den Vorsatz, zum Jahresende was Nettes, Versöhnliches, Beruhigendes zu predigen. Aber wie das so ist mit Vorsätzen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert