26.02.2023 – In dieser Tragödie gibt es keine Helden, nur Verlierer und Schurken.

Mein Zimmer in Kreuzberg.

Kleiner Scherz, muss auch mal sein. Ich würde niemals einen derart geschmacklosen Vorhang aufhängen. Diese Installation ist Teil der Ausstellung „The Great Depression“, siehe Eintrag von gestern. Der Titel der Ausstellung bezieht sich auf die weltweiten Folgen des Börsencrashs 1929 und könnte auch der Untertitel dieses Blogs der letzten Jahre sein.

Depressiv könnte man z. B. werden, wenn man sich den Umgang mit Fakten des „Faktenfinder“ der so hochseriösen und vermeintlich objektiven Tagesschau anguckt. Zitat Artikel „Faktenfinder“ Tagesschau unter der Überschrift „Westen hat Waffenstillstand nicht verhindert“:

„Im Netz hält sich das Gerücht, die USA und Großbritannien hätten einen bereits ausgehandelten Waffenstillstand zwischen Russland und der Ukraine torpediert. Doch der ehemalige israelische Premier hat das so nie gesagt.“

Hat er doch, steht im selben Artikel 9 Absätze später:

„Auf die Nachfrage des Journalisten, ob der Westen den möglichen Waffenstillstand blockiert hätte, antwortet Bennett: „Grundsätzlich ja.“

Die Basis des Artikels ist ein Interview mit dem ehemaligen israelischen Premierminister Naftali Bennett, der als einziger Staatsmann das Vertrauen sowohl der Ukraine als auch Russlands besaß, mit beiden über die Möglichkeit eines Waffenstillstandes verhandelt hat  und über diese Bemühungen im März 2022 im Interview berichtete. Im März 2022 waren Waffenstillstandsverhandlungen so realistisch wie nie wieder danach. Was wurde daraus? Zitat aus dem Artikel:

 „Während Scholz und auch Frankreichs Präsident Macron „mehr pragmatisch“ gewesen seien und auf einen Waffenstillstand gedrängt hätten, sei Großbritanniens damaliger Premierminister Boris Johnson für einen harten Kurs gegen Putin gewesen. Biden habe beide Positionen vertreten (!, der Autor), sagt Bennett.“ Weiter: „Insgesamt habe der Westen die „legitime Entscheidung“ getroffen, den härteren Kurs gegen Putin zu verfolgen.“

Wie der Tagesschau Faktenfinder zu seiner Überschrift kommt, „Westen hat Waffenstillstand nicht blockiert“, wird sein Rätsel bleiben, ebenso wie die Tatsache, sich selbst innerhalb von 9 Absätzen fundamental zu widersprechen.

Ganz nebenbei wird hier auch mit dem Märchen aufgeräumt, dass die Ukraine allein bestimme, wann Verhandlungen aufgenommen würden. Der Westen bestimmt den Kurs.

Das Massaker von Butscha fand übrigens nach dem Ende der Waffenstillstandsbemühungen statt. Es kann, so moralisch berechtigt das auch gewesen wäre, rein zeitlich nicht der Grund für deren Abbruch gewesen sein. Auch das ist ein in den Medien oft kolportiertes Märchen.

Es geht mir hier nicht um plattes USA- und NATO-Bashing, gar Russland Apologie, oder auch nur um wohlfeile Medienschelte. Russland ist der imperialistische Aggressor und die Ukraine hat alles Recht zur Verteidigung. Die Frage ist nur: Um welchen Preis. Und wo wurden Chancen vertan und aus welchem Interesse? Wer trägt dafür die Verantwortung? Und was läuft schief in der öffentlichen hiesigen Diskussion?

Das deprimierende Fazit: In dieser Tragödie gibt es keine Helden, nur Verlierer und Schurken. Und ja, der Oberschurke ist Putin, aber deswegen muss man ja nicht dem bellizistischen Mainstreamgeheul hierzulande auf dem Leim gehen.

Von einer Lösung entfernen wir uns immer weiter, ein März 2022 ist nicht in Sicht. Vorschläge zur Lösung sind nach wie vor Mangelware im öffentlichen Diskurs. Einen hab ich neulich gehört: Krieg einfrieren, Waffenstillstand, die besetzten Gebiete unter UN-Mandat stellen und die Lösung des Problems in die nächste Generation der Verantwortlichen vertagen. Das geht nur, wenn beide Seiten annährend gleichzeitig das Gefühl bekommen, nicht als Sieger aus dem Konflikt hervorzugehen.

Mehr Vorschläge in diese Richtung sind aus meiner Sicht sinnvoller als dauernde Panzer-Bataillon-Verschiebungsdiskussionen.

2 thoughts on “26.02.2023 – In dieser Tragödie gibt es keine Helden, nur Verlierer und Schurken.

  1. gralion torile

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