02.05.2023 – Ein Kessel Buntes?

1. Mai Transpi, Rosa Luxemburg.

Bewegung, Veränderung ist Leben. Alles fließt. Panta rhei. Wer sich verändert, bewegt, spürt sich selbst, seine Grenzen und die Kühnen überschreiten sie. Heuer war meine Teilnahme an den Kreuzberger Maifestspielen umständehalber verhindert. rbb sendete  abends live Impressionen vom 1. Maigeschehen in Berlin, insgesamt waren 31 Veranstaltungen angemeldet, in Kreuzberg praktisch eine an jedem Späti, eine skurriler als die andere. Die traditionelle DGB-Latschdemo mit ein paar 1000 TN der Generation „Hackenporsche“ und aufwärts, die bundesweit mit Lustgrusel beäugte revolutionäre Maidemo mit 25.000 TN und mein Favorit mygruni mit 7 – 8.000, so genau kann das niemand sagen. Gerade bei den Revoluzzern sind die Grenzen fließend zu neugierigen Touris, oft Testosterongesteuerte Radaubrüder, die für die meiste Gewalt verantwortlich waren in den letzten Jahren. Womit ich keineswegs politisch motivierte Übergriffe negieren will, die sind aber mittlerweile die Ausnahme und verteilen sich in Berlin übers Jahr.

Mygruni zieht seit ein paar Jahren durch das Villenviertel Grunewald und wollte heuer da mit einem Kohlebagger die dortige Kohle abbaggern. Der Protest, da wo er hingehört, mit Satire und Ironie, mein Style. Die revolutionären Demos sind oft sehr unübersichtlich, Repressionsapparat und Revoluzzer laufen kreuz und quer durch einander, die Polizistinnen sind frustriert, weil sie nicht genau wissen, wann sie auf wen einknüppeln sollen, könnten ja auch Touris sein, oder Journalistinnen. Es ist so wie das Spiel „Packen“ früher auf dem Schulhof. Über das DGB Trauerspiel decken wir lieber die Rheumadecke der Verschwiegenheit und berechtigterweise spielte die in der lokalen TV-Berichterstattung auf rbb am Abend eine untergeordnete Rolle. Die übrigens ein herausragendes Beispiel an zeitgemäßer Live-Berichterstattung war

Junge Reporter*innen an diversen Standorten berichteten kompetent, kritisch, kenntnisreich und rhetorisch jederzeit auf der Höhe, moderiert von einem stets präsenten Host im Studio, der mit dem Smartphone in der Hand sowohl die breaking news mit einbaute als auch Zuschauer*innenkommentare. Die Übertragung lief ebenfalls auf Facebook, Insta und YouTube.

So erfuhr ich live um kurz nach 20 Uhr, dass die Veranstaltenden die revolutionäre Demo abgebrochen hatten, am Kotti, weil der Repressionsapparat ein paar Meter weiter am Oranienplatz einen weiträumigen Kessel aufgebaut hatte, in den die Demo reingelaufen wäre. Mit allen Konsequenzen. Wie ein Hochschaukeln der Gewalt z. B. Was der neuen CDU-geführten Regierung und der synchronen Springerpresse wunderbar in die Karten gespielt hätte.

Da muss sich der Faktennebel noch lichten und da bin ich auf die Kommentierung in der Bürgerpresse gespannt.

Es war im rbb so ganz anders als die Live-Wahlberichterstattung auf ARD und ZDF; die niemand voneinander unterscheiden kann, wo steife, mittelalte Gestalten ungelenk die ewig gleichen Rituale zelebrieren, der mediale Höhepunkt das moderative Hin – und Herwischen auf einem Riesentablet ist und soziale Medien eher so ein Nischendasein wie ein rosafarbenes Einhorn spielen. Bewegung, Veränderung? Fehlanzeige. Öffentlich-rechtliche Ketten.

Dass es anders geht, hat der öffentlich-rechtliche rbb am 1. Mai gezeigt.

Ich fand’s spannender als jeden Krimi.

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