15.06.2023 – Von Didi zu Dada

Gesehen irgendwo in Kreuzberg. Estragon ist nicht nur ein wohlschmeckendes Küchenkraut, sondern auch der Name eines Protagonisten in „Warten auf Godot“ von Samuel Beckett. Absurdes Theater, Existentialismus, das Leben ist sinnlos, es gibt keinen Godot, keinen Gott. Logische Reaktion auf den Zweiten Weltkrieg mit der Shoa und Gräueln, die Verstand, Vernunft, Erkenntnis so weit überfordern, dass nur die Flucht ins Absurde bleibt.
Blödelbarden späterer Jahre griffen gerne auf absurden Humor zurück. Wurzeln des Absurden als Kunstform gehen auf den Dadaismus zurück, der in seiner Sinnzertrümmerung wiederum eine Reaktion auf den Ersten Weltkrieg war, der mit seiner industriellen Massentötung auch das Fassungsvermögen überstieg. Alles was unvorstellbar ist, wird der Fall. Würde Wittgenstein gesagt haben, wenn er auf mich gehört hätte.
Der Titel „Warten auf Godot“ geht auf Zuschauer der Tour de France zurück, die am Wegesrand warteten, obwohl das Peloton schon lange vorbeigeradelt war. Auf die Frage eines Reporters, worauf sie denn noch warteten, war die Antwort: „Wir warten auf Godeau.“ Den mit Abstand langsamsten Radler der damaligen Tour de France. Beckett selber war begeisterter Radfahrer und griff das auf. Die Uraufführung von „Warten auf Godot“ in Deutschland fand 1953 im Berliner Schlossparktheater statt, das seit einigen Jahren Spielstätte der grimassierenden Knallcharge Didi Hallervorden ist.
Von Didi zu Dada ist es nur ein kleiner Schritt und so fand in der nebenan gelegenen Galerie Gutshaus Steglitz letztes Jahr die kleine, aber überaus feine Ausstellung „Fluxus New York and Elsewhere“ statt. Fluxus war eine Form der Aktionskunst in den 60ern, die anknüpfend an Dada sich gegen elitäre Hochkunst wandte, als Versuch, neue kollektive Lebensformen und Möglichkeiten der Kulturproduktion zu schaffen., Fluxus hat mich, nach Dada und Situationismus, beeinflusst, so wie ich in der Küche gerne Estragon verwende. Bekannte Fluxus-Künstler waren Joseph Beuys, Nam June Paik, Wolf Vostell und Dieter Roth, Schlingensief ist der Post-Fluxus-Bewegung zuzurechnen. Dieter Roth ist in Hannover geboren, starb früh an Alkohol und war ein gottverdammtes Genie. Wer weiß, was er noch alles geschaffen hätte, hätte er mehr Estragon gegessen statt zu saufen.
Eigentlich wollte ich was über Sprache schreiben, warum soziale Brennpunkte jetzt „Gebiete mit besonderem Förderbedarf“ genannt werden sollen. Das ist mir offensichtlich misslungen. Echt absurd.

1 thought on “15.06.2023 – Von Didi zu Dada

  1. Wolfgang Berg

    Ich entschuldige mich aufrichtig für diesen Kommentar! Aber ich teste einige Software zum Ruhm unseres Landes und ihr positives Ergebnis wird dazu beitragen, die Beziehungen Deutschlands im globalen Internet zu stärken. Ich möchte mich noch einmal aufrichtig entschuldigen und liebe Grüße 🙂

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