
48 Grad in der Sonne neulich auf der Veranda. Und noch ist kein Extremwetter. Es kommt regelmäßig in den letzten Jahren vor, dass die Thermometernadel am Anschlag ist, mindestens 50 Grad in der Sonne. Wieviel im Extremfall drüber, weiß ich nicht. Bei derartigen Temperaturen brauche ich den Grill gar nicht einzuschalten, da wird nicht nur der Hund in der Pfanne verrückt, sondern das Würstchen auf dem Tisch von alleine gar. Natürlich Elt-Grill. Oder haben Sie schon mal im plötzlich aufkommenden Regen versucht, den Holzkohlegrill in die Küche zu verlegen.
Ich habe vor Jahren mal in Berlin, wo das Wetter wegen Kontinentalklima noch ne Nummer heftiger ist, ein paar Tage während Extremhitze unter einem ungedämmten Dach vegetiert. Von Wohnen konnte da nicht die Rede sein. Hell ain’t a bad place to be, dachte ich des Nachts regelmäßig, die Hölle ist dagegen ein Luftkurort, kurz bevor mein Kreislauf abkackte. Die zu erwartenden Hitzewellen der Zukunft werden allein in Europa Zehntausende das Leben kosten. Die hitzebedingte Übersterblichkeit 2022 lag nur in Frankreich, England, Deutschland und Spanien bei ca. 20.000. Und das ist erst der Anfang.
Für Kranke, Alte, Heimbewohner*innen, Adipöse, Babys, Obdachlose (wir brauchen für sie dringend als Pedant zu Wärmestuben im Winter Kältebusse für den Sommer) , Menschen, die im Freien arbeiten, unterm Dach wohnen etc. pp. wird das Leben in den zukünftigen Sommern eine bedrohliche Form der Existenz. Lauterbach hat einen nationalen Hitzeschutzplan angekündigt. Bevor die Bürokratie da ins Traben kommt und der von Interessengruppen kleingeschrotet wird, wird noch viel Wasser die Spree runterfließen und auf vielen Totenscheinen stehen: Kreislaufversagen. Wo eigentlich stehen müsste: Menschengemachter Klimawandel.
Wenn dann noch Spreewasser zum runterfließen da ist. Die Berliner Wasserbetriebe sehen keine Notwendigkeit, das Trinkwasser zu rationieren. Vorerst. Allein die Tatsache, dass sowas in der öffentlichen Diskussion auftaucht, spricht Bände.
Warum um Himmelswillen ich dann mit dem bösen Strom grille, der doch den Klimawandel befeuert? Ich sehe, Oscar Wilde folgend, die Welt als Bühne, als Theater. Und meine Funktion als Theaterkritiker. Der Kritiker kritisiert, muss aber keinesfalls ein guter Schauspieler oder Regisseur sein.
Das ist eine ethisch bedenkliche Position, aber gut formuliert. Und eine gute Formulierung ziehe ich in Zeiten des Untergangs allemal der Ethik vor.
Mein individueller lokaler Hitzeschutzplan sieht so aus:

Über die Veranda einen Draht zum Haus gespannt und daran den Wein verrankt, der sich jetzt zügig zu einem preisgünstigen, ökologisch nachhaltigen und mit keinerlei Arbeit verbundenem, was mir mit Abstand das Wichtigste ist, Sonnenschirm auswächst. Bei den Temperaturen hält es da sonst kein Schwein aus. Es sei denn, das liegt schon auf dem Grill. Schwein ist übrigens ok. Anders als Rind. Rinder sind ganz böse für das Klima und deshalb will Irland in den nächsten Jahren 200.000 Rinder keulen . In Deutschland undenkbar, die Tierschützer würden einen Bürgerkrieg anzetteln.
Ich finde das konstruktiv, aber halbkonsequent. Die Ursache der Existenz von so vielen Rindviechern ist ja der Mensch und konsequenterweise sollte das Keulungsverfahren hier ansetzen. Dass das der Ideologie der Avantgarde der Klimakrieger entspricht, ist allerdings eine böse Unterstellung. Noch.
Sonnigen Sommer wünsch ich.