18.11.2023 – Hierzulande

S-Bahnhof Neukölln, 60er Jahre. Ausstellung „Hierzulande“ mit Fotos von Robert Lebeck  Damals gab’s noch flächendeckend Sinalco und statt Fishermens Vivil.

Heute Hierzulande als Trauerspiel zu bezeichnen, hieße die Realität schönzureden.

Wenn ich jetzt durch den Kiez Sonnenallee/Karl-Marx-Str. in Neukölln schweife, merke ich, dass die letzte Krise, der Überfall der Hamas am 7. Oktober, Spuren bei mir hinterlassen hat. Mein Blick auf die überwiegend arabische Community da ist ein anderer geworden. Ich habe vor Jahren einer verstorbenen Freundin mit familiären palästinensischen Verbindungen den Kiez gezeigt. Ihr Kommentar: „Hier ist es wie in Ramallah.“

Was ich damals, bis vor kurzem, als skurril, exotisch, bunt, anders empfand, ähnlich meinetwegen einer Radtour durch die Villengegend im Grunewald, einem Spaziergang durch Marzahn oder gar dem Touri-Inferno in Mitte, nehme ich heute mit einer Grundströmung von Abwehr, Aggression und Fremdheit wahr. Ich habe hier im Blog schon früher meine Abneigung gegen migrantische, vorwiegend arabische, Macho-„Kultur“ artikuliert, mit den Merkmalen von Antisemitismus, Frauenverachtung, Homophobie. Diese so offen zutage getragenen Minderwertigkeitskomplexe der jungen Testosteronis werden dann gerne in gigantischen Prollschüsseln, mit heulendem Motor, quietschenden Reifen und 100 km/h am helllichten Tage auf der Sonnenallee kompensiert. Muss ich nicht haben und daher sporadisch früher meine Resozialisierungs-Vorschläge für die Jungs, sich beim Minenräumen in Syrien, Irak abzureagieren. Schreiben, zumal satirisches, als Katharsis. Im Lachen löst sich Aggression auf.

Heute, nach Wochen von Pro-Hamas Demos und antisemitischen Ausschreitungen dort und nicht nur dort, ist mir Heiterkeit flöten gegangen und hat einem xenophoben Reflex Platz gemacht: Was wollen die überhaupt hier? Natürlich rufe ich mich dann zur Ordnung und rationalisiere das durch. Aber welch schwaches Instrument der Kopf, der Verstand mittlerweile geworden ist, sehen wir bei jedem Blick ins Hierzulande.

Ich bin in diesen Konflikten nicht das Opfer und mein Mitgefühl gilt den Opfern des Hamas-Terrors, auch den palästinensischen, denn jedes tote Kind in diesem Krieg ist ein Opfer des faschistischen Hamas-Terrors. Diese Kinder würden noch leben, hätte die Hamas nicht diesen Irrsinn begonnen. Ich begreine hier also keinesfalls die Tatsache, dass sich mein Gemüt verfinstert, das hellt sich spätestens beim nächsten Besuch beim Georgier auf (Kleiner Hinweis aus der Metropole: Italiener sind out, man geht jetzt zum Georgier ) . Es geht mir nüchtern (noch) darum, jenseits der medial vermittelten Nachrichtenlage von der eigenen Mentalitätsverschiebung rückzuschließen auf grundsätzliche Mentalitätswandel in der Gesellschaft. Niemand ist eine Insel und die seit Jahren anhaltenden Polykrisen bringen etwas ins Rutschen, das irgendwann nicht mehr zu bremsen ist. Über ein „Wehret den Anfängen!“ sind wir bereits jetzt weit hinaus , Verrohung der Gesellschaft auf allen Ebenen.

Ich wette, bei einer Umfrage würde schon heute, keine sechs Wochen nach dem Hamas Überfall, ca. ein Drittel der Befragten Hierzulande behaupten, dass Israel am 7.10 den Gazastreifen überfallen hat. Steht ja bestimmt auch schon irgendwo so im Internet

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert