19.11.2023 – Der veränderte Blick

Plakat Zielona Gora, Boxhagener Platz, Berlin. Die Zielona Gora ist ein alternatives Kulturzentrum mitten in einem Berliner Epizentrum des Partygeschehens, in Fhain, vulgo Friedrichshain, oder auch Fuckhain genannt. Eingeweihten reicht das Kürzel auf dem Plakat „Vegane VoKü“ zur Einordnung. Für den Rest: VoKü = Volksküche, günstiges Essen für die revolutionären Massen, eingedenk des Brechtschen Mottos: Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral. Links von den Genossinnen dort kommt nur noch die Wand, es geht bunt, divers, kämpferisch, kreativ, solidarisch zu. Ich habe mich früher immer gefreut, wenn ich inmitten der toten Konsumzone des Boxi, wie der Boxhagener genannt wird, die Berlinerin neigt zur Niedlichkeitsform, an der Zielona Gora vorbeikam. Ein Rest Rebellion, anderes Leben inmitten einer von Gentrifizierung und saufender und kotzender Jugend der Welt zernagten Gegend. Auch wenn vegane VoKü nicht so mein Ding ist.

Hoch die Internationale Solidarität, so schwebt ein unsichtbares Motto über dem Hort von Fortschritt und Revolte.

Bis auf eine kleine Soli-Ausnahme: Israel. Es geht nur um Palästina, immer. Ein klassisches antisemitisches Framing, die Umwidmung der Opfer zu Tätern auf dem Weg des Verschweigens. Unsichtbar hängt neben dem Gaza-Plakat ein zweites: Volle Solidarität mit der faschistischen Hamas und ihrem Vernichtungskampf gegen Israel.

Das ist der antisemitische Tenor, der die meisten linksradikalen Zusammenhänge eint. Übrigens auch die Berliner Clubszene . Das ist insofern unfassbar, als das größte Einzelmassaker der Hamas-Terrorbanden mit über 250 Toten bei einem Tanzfestival stattfand, wo viele Frauen vergewaltigt und abgeschlachtet wurden . Ein direkter Angriff der Faschisten auf genau die bunte und diverse Kultur, die linke Zentren und Clubs ausmacht.

Das Schweigen der genannten Szenen zu den Opfern, ihre offene Sympathie mit den Tätern ist ein weiteres Indiz dafür, dass Antisemitismus nicht nur ein politisches Verbrechen ist, sondern eine tiefe psychische Störung. Ich halte nicht viel von einer Psychatrisierung politischer Konflikte, weil da mitunter für deren Lösung so esoterische Vorschläge wie Selbsthilfegruppen und Tai Chi rauskommt. Aber im vorliegenden Fall überschreitet das Motiv für den Antisemitismus zum Beispiel jenen Neidgetriebenen (auf die Rothschilds dieser Welt z. B.) Antisemitismus so fundamental, dass im Umkehrschluss auch psychische Störungen in Frage kommen. Für die Praxis sind mir allerdings die Meisen dieser Bekloppten wumpe, Hauptsache, ihre Orte der Artikulation und Kulmination von Antisemitismus verschwinden von der politischen Landkarte. Und so ertappte ich mich neulich vor der Zielona Gora bei einem anderen Blick.

Nämlich dem Wunsch, der Laden möge geräumt werden, platt gemacht und von einem Investor aufgekauft. Am besten einem, der Rothschild heißt und da Luxuslofts hinbaut. Find ich auch Scheiße, aber allemal besser.

Der veränderte Blick, Teil 2: Das FDP-Verkehrsministerium plant mit Unterstützung des neuen Berliner Autosenats eine Verlängerung der A 100 mitten durch Fuckhain in die City hinein. Eine eigentlich irrsinnige Maßnahme, die auch den Tod zahlreicher Clubs bedeuten würde. Ich bin im Sommer die Strecke entlang geradelt, ein buntes Biotop von lebendiger Szene, und ich hegte volle Solidarität mit all den Transpis, die entschlossenen Widerstand gegen die Räumungen ankündigten.

Heute, mit dem veränderten Blick wäre meine Forderung: Ausbau der A 100, 12spurig, bis nach Kreuzberg und über die komplette Sonnenallee.

Ich arbeite gerade an einem Transpi mit der Forderung und werde Fotos von der Hängung hier veröffentlichen. Bleiben Sie drin, liebe Leserinnen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert