
Korfu, im Frühjahr 23.

Kreuzberg, Viktoriapark, 22 Stunden später.
Wenn ein Blick in die Zukunft eher trübe scheint, hilft mitunter der ins Fotoarchiv.
Was immer hilfreich ist: Der Blick in die Vergangenheit, hier in den Januar 1933. Am 4. Januar 1933 traf sich Hitler mit dem exponierten Vertreter der konservativen Eliten der Weimarer Republik, Franz von Papen, und einem Vertreter des Kapitals, Kurt Freiherr von Schröder, in dessen Landsitz. Dieses Treffen leitete die nach Maßstäben der Weimarer Republik demokratisch erfolgte Machtübernahme Hitlers am 30. Januar 1933 ein. Am 15. Januar 1933 fand die letzte freie Wahl statt, in Lippe, einer Art Bundesland damals, bei der die NSDAP 36 Prozent dazu gewann und stärkste Partei wurde. Das Ergebnis stärkte und legitimierte den faschistischen Führungsanspruch Hitlers gegenüber den Konservativen und Reaktionären der damaligen Republik.
Treffen von Faschisten mit konservativen Eliten und Vertretern des Kapitals, war da nicht was? Und Wahlen, ist da nicht was? Kommunalwahlen in 8 Bundesländern, 3 Landtagswahlen in der Ostzone, EU-Wahl. Die schon seit langem vertreibungsradikal auftretende AfD wird nach zu erwartenden Rekordergebnissen noch militanter auftreten, dann werden aus den Deportationsphantasien Vernichtungsphantasien. Sie treibt dann die hilflos überforderten demokratischen Kräfte vor sich her und die bisher verdeckte Militanz über befreundete, aber noch halbwegs geleugnete Nazi-Schlägertruppen wird offen zutage treten. So wie im Osten teilweise jetzt schon flächendeckend Gewalt und faschistische Ideologie im Hegemonialkampf um die Alltagskultur gewonnen haben, wird das auch im Westen der Republik um sich greifen. Immer mehr Vertreter*innen der Zivilgesellschaft, von Abgeordneten bis hin zu Flüchtlingsinitiativen und Restlinken, werden bedroht sein.
Damit ist der demokratische, bürgerliche Antifaschismus völlig überfordert. Es ist ja erfreulich, dass die schweigende Mehrheit nicht mehr schweigen will, laut Spiegel. Da ist aber eher der Wunsch die Mutter des Gedankens, bei 2000 TN in Hamburg. Wir erinnern uns an die 90er, Rostock Lichtenhagen und die daraufhin flächendeckende Erleuchtung der Republik durch Lichterketten, ca. 400.000 TN. Gut gemeint, fürwahr, und die Initiatoren erhielten dafür 1992 bei der Bambi-Verleihung einen Sonderbambi .
Bei auch nur oberflächlicher Kenntnis der Verfasstheit der bürgerlichen Gesellschaft war klar: Das hält nicht lange vor. Gut gemeint ist eben nicht gut gemacht. Was langfristig daraus wurde, sehen wir heute.
Jetzt warten wir erstmal ab, die Wahlen im Juni und September, und dann schaun mer mal. Und im Dezember singen wir dann: Morgen, Kinder, wird’s was geben…
Und was war nochmal im Februar 1933? Da brannte der Reichstag, in dessen Folge wurde die Reichsbrandverordnung erlassen und die Demokratie auch formal abgeschafft
So richtig hilfreich war der Blick ins Fotoarchiv auch nicht. Wenn ich jetzt aus dem Fenster schaue, trübe Nasskälte, verspüre ich ein schmerzhaftes Sehnsuchtsziehen in meinen Innereien.
Was soll’s.