31.01.2024 – Vom Fiasko über den Jodelkeller zur Grotte, dann in den Uterus, danach ins Flugzeug und rein ins Dilemma.

Schild Fiasko, Ex-Szenekneipe in Hannover. Ein paar Meter weiter droht das „Debakel“. Beide Namen sind kein Produkt der Polykrisen der letzten Jahre, sondern teils deutlich älter. Sie offenbaren eine schwer eschatologische Weltsicht, in der Armageddon ein Sehnsuchtsort der sie besuchenden Klientel zu sein scheint. Pragmatischer sind da Kreuzberger Szenekneipen vom Namen her aufgestellt, sie machen einen Teil ihres Geschäftsmodells zum Namen wie: Trinkteufel und Jodelkeller, nach dem Trinken wird gejodelt. Der Jodelkeller trägt eine weitere Komponente des psychologisch bedingten Erfolgs von „Kneipe“ in sich, als Ort von Zuflucht, Sehnsucht, Geborgenheit. Neben dem „Keller“ fällt mir da spontan die immer noch existierende Fiasko-Schwesterkneipe „Grotte“ ein. Weitere Kneipennamen, die dunkle Hohlräume im Namen tragen, sind z. B. „Bieberer Stollen“ oder „Zur Höhle“.

Gemeinsam ist allen Kneipen der ständige Zustrom nährender Feuchtigkeit, oft mit der Folge eines sich ausweitenden ozeanischen Glücksgefühls (mit nachfolgendem Kater), die Abgeschlossenheit vor der Welt da draußen, der Wunsch, alles möge so bleiben wie es ist, und eine vorwiegend männliche Klientel, die sich tendenziell eher regressiv verhält. Der Austritt aus diesem Ort ruft ein Art Trauma hervor. Wer hätte nicht schon draußen vor der Tür in den Rinnstein gekotzt?

Man muss kein Meisteranalytiker sein, um die Analogie von Kneipe und Uterus zu erkennen, und ich gehe nicht davon aus, dass ich der Entdecker dieser psychoanalytischen Komponente von „Kneipe“ bin, einer Analogie, die einen großen Teil ihres Erfolges ausmacht. Ich hab das sicher auch schon mal hier thematisiert, aber da der Blog mittlerweile seit über 15 Jahren existiert und sich nicht gerade durch strukturierte Datenbanken auszeichnet, ist ein Wiederfinden eher aussichtlos.

Fiasko und Debakel sind auch Synonyme für eine grottenschlechten Klimapolitik, mit der auf Teufel komm raus die Umwelt zuschanden geritten wird, auf dass nach dem Klima-Armageddon die, die überleben, nur noch in Höhlen und Kellern hausen.

Allerdings ist die herrschende Klimapolitik nicht nur im Interesse der Herrschenden, die sich von Umweltmäkeleien nicht ihr kurzfristiges Profitmodell zerstören lassen, sondern auch demokratischer Ausdruck des Willens der Mehrheit der Bevölkerung. Siehe Fliegen.

Der Mob (Autor eingeschlossen) will nach der Pandemiepause fliegen, koste es, was es wolle, weiter noch als alle Fliegen. Die Buchungszahlen explodieren, die Lufthansa hat sogar ihren A380 wieder ausgemottet. Der verbrät 80 % mehr CO2 als die ähnlich große A350. Ein paar A380 fliegen zwar mit Speiseöl, aber das regnet auch nicht vom Himmel, und kommt im Zweifel von Flächen, die sonst der Ernährung von Eingeborenen dienen. Außerdem werden zunehmend tierische Fette verwendet und da freut sich die vegane Genossin beim „Kuba si!“-Flug, wenn dabei ein Dutzend Schweine durch die Düsen gejagt werden. Fliegen bis 2050 klimaneutral? Kein Problem, dann müssen wir bis dahin nur Klimaneutralität anders definieren.

Wir haben es offensichtlich mit einem Dilemma zu tun: Mit den Mitteln der Demokratie ist die Klimafrage nicht zu lösen.

Demokratie verstanden als Herrschaftsform, in der die Mehrheit entscheidet, und die dazu dient, die unauflöslichen Klassengegensätze zwischen Kapital und Arbeit, Arm und Reich, im Sinne der Herrschenden zu moderieren. Was am Ende zunehmend zu ihrer allmählichen Abschaffung führt, Demokratie ist eine weltweit verschwindende Herrschaftsform. Sie bietet also nicht die unabdingbaren Voraussetzungen für ihren Erhalt. Noch ein Dilemma. Aber was für eins! Wir leben offensichtlich im Zeitalter des Dilemmas.

 Es gibt einige Bezeichnungen für die gegenwärtige Epoche: Postmoderne, Anthropozän, ihnen ist gemein, dass sie chronologisch eine Abfolge beschreiben. Dilemma-Zeit ist insofern treffender, weil es analytisch die Funktionsweise beinhaltet, unsere Epoche (dis-)funktioniert auf der Basis von Dilemmata.

Der Begriff wird sich nicht durchsetzen. Auf mich hört ja kein Schwein.

Was für ein Dilemma.

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