05.02.2024 – Bauer sucht Frau, Teil 3

Ein paar Ziegen sind auch dabei …

In die Medien, gerade auch die sozialen, setzten Generationen von Linken und Alternativen große emanzipatorische Hoffnungen, fast so wie auf eine ökonomische Umwälzung der kapitalistischen Gesellschaft. Dahinter steckte die große ungelöste Frage aus Zeiten, als es noch eine nennenswerte Linke gab: Ist der neue, bessere, aufgeklärte Mensch die Voraussetzung für eine revolutionäre Umwälzung oder schafft diese erst den neuen Menschen?

Kritische Medientheorie knüpfte an den Doppelcharakter von Medien an. Zitat: „…. (Medien haben…)  sowohl einschränkende wie auch befreiende Elemente. Einerseits übernehmen die elektronischen Medien in der modernen Gesellschaft immer mehr „Steuerungs- und Kontrollfunktionen“, andererseits durchbricht ihre technische Struktur bisherige Beschränkungen. Da elektronische Medien die Information beliebig reproduzierbar und allgemein zugänglich machen, durchbrechen sie auch soziale Barrieren: „Die neuen Medien sind ihrer Struktur nach egalitär.“

Das stimmt, nur leider hatten die Genossen nicht bedacht, dass das Egalitäre zunehmend darin besteht, dass alle gleichberechtigt senden und empfangen, allerdings auf niedrigstem Niveau rumpöbelnd und dummes Zeug verbreitend.

Hier weiter mit dem Bauern seine Antwort auf die Frage, wie denn wohl sein Tagesablauf aussehe:

 Unveröffentlichtes Manuskript, Kapitel 4 „Bauer sucht Frau“. Auszug, Teil 3:

„ …. Woher sollte ich das wissen. Bin ich Bauer?

„Ich frühstücke erst mal.“

Zeit gewinnen. Aber frühstücken kann ich ja schlecht den ganzen Tag, ergo trieb mein Gegenüber den Gesprächsfluss voran:

„Prima. Und dann geht es also los…“

Sie rettete mich mit einem Meta-Ebenen Einwurf:
„Wenn ich manchmal nicht antworte oder nichts sage, das hat nichts weiter zu bedeuten, das liegt daran, dass ich mir Notizen mache.“

„Ich auch“,

rutschte mir heraus, was zwar logisch war, weil Lügen kurze Beine haben, die unbedingt per schriftliche Notizen verlängert werden müssen, was allerdings zu Irritationen führen könnte. Aber dieses Intermezzo hatte mich erstmal gerettet. Mir fiel ein, was jeder Bauer mit Rindviechern morgens macht:
„Ich melke die Kühe.“

Na also, geht doch, so schwer ist das Bauernleben gar nicht und ich kam in Fahrt:

„Das müsste später aber die Bäuerin übernehmen, gerade in der Erntezeit. Aber damit das klar ist, das ist kein Öko- Hof. Bei uns hat nicht jede Kuh ihren Namen und wir nehmen auch keine Kälber zum Kuscheln mit ins Schlafzimmer. Wenn es soweit ist, kommen die alle zum Schlachter und dann heißt es ‚Schlachter, den Bolzen’ und peng!.“

Das saß, Treffer ins Schwarze. Von da an war ich in Hochform. Frage:

„Was wären denn die Aufgaben der zukünftigen Bäuerin?“

Ich erschuf sofort einen 1.200 Quadratmeter großen Gemüsegarten, nebenan Ziegen und Gänse, in dem sich die Bäuerin von früh bis spät tummeln könnte:

„Perspektivisch wollen wir da einen Hofladen aufmachen, für Durchreisende und Touristen. Auch mit einer Streichelwiese mit Ziegen und Schafen.“

Wenn ich bei meinem Programm auf der Bühne nur halb so gut improvisieren würde …

„Wie soll Ihre künftige Bäuerin denn aussehen und welche Eigenschaften soll sie mitbringen?“

„Wie Christine Neubauer.“

Ein gequältes Stöhnen am anderen Ende. Das war in meinen Ohren die halbe Casting-Miete in Sachen Bauernhof, von dessen realer Existenz ich mittlerweile selbst überzeugt war. Ich hatte ein derartiges Vertrauensverhältnis zu meiner Interviewerin aufgebaut, dass sie die neutrale Ebene verlassen hatte und wertend wurde. Ich ließ die öffentlich-rechtliche Möpse-Quotenkönigin Neubauer so nicht auf mir sitzen:
„Wieso denn nicht?! Einen Hungerhaken kann man auf einem Bauernhof nicht gebrauchen, da muss was dran sein, damit sie auch anpacken kann. Und rauchen darf sie auch nicht, ich will keinen Aschenbecher knutschen.“

„Wer will das schon.“

Jetzt hatte ich offensichtlich nicht als Bauer, sondern persönlich bei ihr verschissen. Das war mir auch nicht recht, deshalb zog ich die Frauenversteher-Karte und revolutionierte mit einem Satz die über Jahrhunderte gewachsenen Geschlechterverhältnisse im Eichsfeld:
„Meine Frau kann ruhig ihren eigenen Willen haben.“

Zu revolutionär wollte ich aber auch nicht erscheinen, ich war ja kein alternativer Öko-Softie und setzte der freien Willensentfaltung eine klare Grenze:

„Aber sie darf nicht das ganze Dorf rebellisch machen und meinem Clan erzählen wollen, wie man alles besser macht. Wir wissen selber seit 500 Jahren wie das geht. Da kann sie gleich ihre Koffer packen.“

Meine Interviewerin wollte nun genauer wissen, was für eine Persönlichkeit der Nebenerwerbslandwirt war, den es da auf seine alten Tage back to the roots zog:
„Wie würden Sie sich selbst beschreiben?“

Fortsetzung folgt

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