
Großwohnsiedlung High-Deck, Berlin-Neukölln, Sonnenstraße. Aus der Siedlung stammt das medial weit verbreitete Bild des brennenden Busses nach Sylvesterkrawallen. Menschen sind in der Siedlung auf die hier sichtbare zweite Ebene verbannt, die erste ist für Autos, damit die schnell rein und rauskommen. Ein Bau aus den 70ern, als Viergeschosser ein Nachfolgekonzept der gescheiterten Hochhauskonstruktionen wie Märkisches Viertel, Gropiusstadt, Ihmezentrum in Hannover, in jeder Großstadt zu finden. Auch dieses High-Deck Konzept gilt als gescheitert. Hoher Migrationsanteil, die Hälfte im Transferleistungsbezug, mangelhafte Infrastruktur, den Mythos High-Deck im Kopf habend, fühlte ich mich bei meiner Exkursion da unbehaglich, beklommen. Ich bekam die ganze Zeit nicht eine Menschenseele zu Gesicht, über allem lag ein gespenstisches Schweigen. Flanieren, Stadtexcursionen, all das hat immer auch über das reine Gehen hinaus eine körperlich-sinnliche Dimension. Was tun mit dem Beton, und den Menschen? Umsiedeln, in Einfamilienhäuschen, Beton sprengen und Park dahin?
Das Problem bei allen Konzepten des Städtebaus: Hier trifft das Grundrecht auf menschenwürdiges, bezahlbares Wohnen auf Profitinteresse des Kapitals. Das ist ein unauflösbarer Widerspruch, wie wir an der Entwicklung des Wohnens der letzten Jahre sehen. Das Scheitern liegt in der Struktur.
Scheitern ist relativ, da tobt kein Bürgerkrieg. Die Menschen dort fühlen sich wohl, wollen kaum weg, Zitat: „ …. Insgesamt sind die Konflikte eher im Bereich weicher Faktoren angesiedelt und nicht im Bereich krimineller Delikte, von einer sichtbaren Ghettoisierung kann nach Haberle keine Rede sein. Vandalismus oder Graffiti waren 2002 nicht sichtbar und zumindest tagsüber herrschte unter den Bewohnern kein vordergründiges Unsicherheitsgefühl…“
Das fällt mir in Berlin extrem auf: Milliarden Graffiti in Kreuzberg und Friedrichshain, zur Peripherie hin kaum was bis teilweise nichts, da, wo es nötig und angebracht wäre.
Mitglieder aus dem Widerstand gegen das Märkische Viertel landeten übrigens in den 70ern bei der RAF. Der Wohnfrage wohnt immer existentielles, extremes inne.
Meine private Excursion im High-Deck steht im Schnittpunkt mit den aktuellen Haushaltsberatungen (kleiner mach ich es nicht). Lindner sagt ganz klar: Mehr Waffen, kürzen bei den Armen, im Sozialbereich. Das hat mehrere praktische Dimensionen: Die Rüstungsindustrie boomt, das sind zusätzliche Anlagemöglichkeiten für Reiche, neben denen bei Staatsanleihen. Die Armen werden diszipliniert und als Kanonenfutter rekrutiert, wer arm ist, nimmt zur Not auch Jobs mit tödlichem Risiko wie beim Bund. Und Aufrüstung nach Außen kann auch nach Innen instrumentalisiert werden, falls den Armen doch mal die Geduld reißt und Riots auch hier zunehmen.
Also All-in bei Waffen. Die Nato hat 2023 1.341 Milliarden US-Dollar für Waffen ausgegeben, das Zwölffache von Russland mit 109 Milliarden. Das Nato-Konzept des Todrüstens des Gegners hat ja schon mal erfolgreich funktioniert, als das böse Reich im Osten 89 mit einem Wimmern implodierte. Es hätte auch mit einem Bang explodieren können, darüber wurden damals keine Wetten angenommen.
Aber vielleicht klappt das mit dem Bang ja beim zweiten Versuch des Todrüstens